Wellen meines Lebens

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Irgendwann um die Mittagszeit kamen wir dann im Dorf an. Frank kam schon bis an die Straße gelaufen und empfing uns. Wir fielen uns um den Hals und waren froh, dass jeder gesund war. Dann begaben wir uns nach Hause. Meine Schwiegermutter hatte schon ein notdürftiges Mittag vorbereitet. Es war ja alles anders geplant.

Das nächste Problem war die Anzugs-Ordnung. Frank hatte keinen Hochzeitsanzug. Bei mir war es sowieso egal, was ich anhatte, wegen der Schwangerschaft.

Ich durfte zwar die Schiene für den heutigen Tag ablassen von meiner Hand, aber sie war trotzdem noch stark geschwollen, sodass mein Ring nicht passte.

Da sagte mein Schwiegervater: „Versuch doch mal meinen Ring. Es ist doch eigentlich egal, mit welchem Ring du heiratest.“ Der passte zwar, aber auch nach der Trauung hatten wir arge Probleme, ihn wieder ab zu bekommen. Es stand schon auf der Kippe, ihn zerteilen zu müssen. Aber mit Seife und viel Geduld schafften wir es.

Frank war während der Armeezeit sehr dünn geworden. Nach langem Hin und Her zog er dann über dicker Winterunterwäsche seinen Jugendweihe-Anzug an. Aber auch der war noch zu groß. Auf die Idee, Hosenträger zu benutzen, kam er nicht. Als wir dann während der Hochzeitszeremonie aufstehen mussten, rutschte ihm die Hose Stück für Stück runter. Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen und machte ihn heimlich darauf aufmerksam. Er stoppte das totale Chaos dann noch schnell mit den Händen.

Die Standesbeamtin warf mir deshalb einen bösen Blick zu.

Ab Mittag hatte das Wetter sich etwas beruhigt und die Räumfahrzeuge bekamen die Straßen frei. Die gesamte Familie von Frank wohnte mit im Dorf. Sein Onkel fuhr uns dann zur Trauung per Shuttle ins nächste Dorf, in dem die Trauung dann stattfand. Die Rücktour wurde genauso abgehandelt.

Ein paar Kekse und etwas selbst gebackener Kuchen waren dann unser Hochzeitsessen. Zu Trinken war aber reichlich vorhanden.

Meine Schwiegereltern hatten eine 2,5-Zimmerwohnung. Zur Nacht mussten dann die Betten auf die Leute aufgeteilt werden. So verbrachten wir die Hochzeitsnacht mit 6 Personen im kleinen Kinderzimmer.

Am nächsten Tag war der Wetterspuk vorbei. Die Züge fuhren zwar noch nicht, aber per Taxi fuhren dann mein Vater, Frank und ich wieder nach Hause, da ja meine Fingerbehandlungen weitergehen mussten. Meine Oma hatte alle Torten gewinnbringend verkauft, und die Postangestellten hatten sich sehr über diese Aktion gefreut.

Frank musste den Abend wieder einrücken. Wir brachten ihn zum Bahnhof. Nun fuhr er als verheirateter Mann wieder zur Armee.

Diese Hochzeit war so spektakulär, dass wir sie nie vergessen würden. Nach meiner Entbindung im Mai, als ich wieder eine normale Figur hatte, das Kleid und auch der Ring passte, holten wir in kleinem Kreis die Feier nach und machten auch die Hochzeitsfotos.

Mein kleiner Finger war zwar noch sehr empfindlich bei Berührung, aber ganz gut abgeheilt. Nur hatte der Arzt mein Gelenk festgenäht, sodass der Finger steif blieb. Aber das wird dann eine weitere interessante Geschichte.

In einer seiner Urlaubszeiten, wir waren schon einige Zeit verheiratet, wollte ich mich dann auch mal als Hausfrau nützlich machen. Zwar hatte ich nie so den Hang zum Kochen, aber nun wollte ich es mal versuchen. Meine Schwester hatte gerade Schulferien und war auch zu Hause. Zuerst ging ich einkaufen. Es sollte Bratklops geben. Im Fleischerladen in der damaligen Laden-Straße war eine überschaubare Schlange. Es wurde mit 2 Verkäufern bedient. Ich hatte mich zwar vorher noch bei meiner Mutter über den Werdegang der Herstellung dieses Gerichtes unterhalten, brachte dann aber letztendlich doch alles durcheinander.

Kurz, ich kam dann an die Reihe und die Verkäuferin fragte, was ich haben möchte.

Ganz stolz sagte ich: „50 Gramm Gehacktes.“ Ich wunderte mich über den fragenden Blick der Verkäuferin, checkte aber noch nicht die Lage. Die Verkäuferin warf einen Blick zu ihrer Kollegin, aber keine sagt ein Wort. Dann fiel mir ein, was ich vergessen hatte und ich fügte hinzu: „halb und halb“. Die anderen Wartenden hinter mir fingen an zu tuscheln und die Verkäuferin legte einen ganz kleinen Klops auf die Waage. Wahrscheinlich kam sie sich verarscht von mir vor. Ich guckte auch erst mal ganz dumm aus der Wäsche und fügte hinzu: „Davon sollten eigentlich 3 Erwachsene satt werden.“ Da brach ein großes Gelächter im ganzen Schlachterladen aus. Ich lief rot an vor Scham. „Haben Sie da nicht eine Null vergessen? Mit 500 Gramm halb und halb kämen Sie da eher hin.“ Was hatte ich mich blamiert. So schnell war ich noch nie aus einem Geschäft gelaufen. Ich hatte dann 500 Gramm gekauft. Mit der Zubereitung gab es dann Gott sei Dank keine Pannen mehr. Nächsten Tag sollte es „Senfeier“ für uns drei geben. Nochmals fragte ich meine Mutter um Rat, um nicht wieder so ein Desaster zu erleben. Aber auch da passierte es wieder. Ich kochte die Eier zu lange, sie waren blau. Die Kartoffeln waren dann zu früh abgegossen worden und sie waren noch hart. Bei der Soße vergaß ich, Wasser hinzuzufügen, und kochte sie nur aus Butter und Senf. Man konnte sie in Scheiben schneiden. Aber weder meine Schwester noch mein Mann muckten herum. Sie würgten sich das Essen runter, behielten aber einen Kommentar wegen des Geschmackes für sich. Ich bekam bald das Würgen, denn ich mag dieses Gericht eigentlich sehr gerne. Es hatte aber überhaupt keine Ähnlichkeit mit den Gerichten, die meine Oma oder meine Mutter sonst auf den Tisch brachte.

Nach diesen Erlebnissen legte ich mir erst mal Kochbücher zu und schaute auch mal hinein. Aber ich hatte Glück, Frank war ein Hobbykoch, und er übernahm dann künftig diesen Part. Ich grub dann währenddessen auch lieber den Garten um.

5. Kapitel - Hündin „Asta“ und die Geburt meines Sohnes

Während des 2. Jahres meiner Meisterausbildung lernte ich im Zuge der theoretischen Ausbildung einen Mann kennen aus meiner Klasse, der Hunde züchtete, Deutsche Schäferhunde. Diese Rasse war sowieso meine bevorzugte Rasse bei den Hunden. Ich zog nicht nur des Berufes und der Pferde wegen aufs Land, sondern ich wollte auch schon immer einen Hund haben. Alle Hunde unter 50 cm Körpergröße stufte ich als „Taschenwärmer“ ein. Mit einem Deutschen Schäferhund, kurz DSH, wollte ich trainieren, arbeiten. Wir kamen zufälligerweise ins Gespräch in einer Pause. Er hatte gerade einen Wurf junger DSH. Ich interessierte mich sehr für eine Hündin, denn später hatte ich auch vor zu züchten. Nur eine einzige Hündin gab es in dem Wurf, und sie war noch nicht vergeben. Die anderen 3 Rüden aus diesem Gespann waren alle schon verkauft. Da hatte ich ja Glück.

Da ich nach der Geburt meines Sohnes nicht gleich wieder arbeiten gehen wollte, konnte ich mich um einen Welpen kümmern.

Als die Hündin dann 12 Wochen alt war, konnte ich sie abholen. Frank war zu der Zeit noch bei der Armee, sodass ich ihn beim nächsten Urlaub damit überraschen konnte.

Mit der Geburt meines Sohnes war das auch so eine Sache.

Ich nahm den regulären Schwangerschaftsurlaub 10 Wochen vor dem Entbindungstermin. Ab dem 6. Monat hatten sich Komplikationen ergeben bei den Untersuchungen. Ich nahm ab, das Baby nahm nicht zu und mein Blutdruck war immer viel zu hoch. Auch hatte ich extrem viel Wassereinlagerungen im Gewebe. Keine Schuhe passten mehr, ich konnte kaum noch aus den Augen gucken, so war mein Gesicht aufgequollen. Ich wurde in die Klinik eingewiesen und sollte den Rest der Schwangerschaft unter ärztlicher Beobachtung verbringen.

Einen Monat hielt ich das dann durch. Um den Körper zu entwässern, bekam ich nur noch Haferschleim und Reis mit wenig Obst zu essen. Auch zu trinken gab es nicht viel. Aber es half alles nichts. Mein Blutdruck ging nicht runter. Das Osterfest nahte. Karfreitag fiel auf einen 13. Abends um 21.00 Uhr setzten die Wehen ein. Ich war einen Monat zu früh dran. Ich hatte dann schon Flimmern vor den Augen und schwebte in höchster Lebensgefahr.

Die Ärzte wollten immer noch den Geburtstermin hinauszögern bis zum errechneten Termin. Aber mir ging es immer schlechter.

Dann entschieden die Ärzte sich zur Kaiserschnittentbindung, um mein und des Babys Leben zu retten. Als sie mir das mitteilten, bekam ich das gar nicht mehr so voll mit.

Ich bat den Arzt nur: „Ich bin so abergläubisch, Herr Doktor, können Sie die Geburt meines Kindes auf den 14.04. hinausschieben? Sonst gibt es bestimmt nur Unglück in seinem Leben.“ Der Arzt erwiderte: „Wir werden versuchen, was sich machen lässt. Aber versprechen kann ich nichts.“ Mein Sohn wurde dann als Frühchen mit 8 Monaten um 0.30 Uhr am 14.04.1979 per Kaiserschnitt geboren. Ich merkte nichts davon. Ich sah ihn auch nicht. Da seine Organe nicht alleine arbeiteten, wurde er sofort in die Kinderklinik, in der ich als Kind auch schon lag, in einen Inkubator gebracht und dort intensiv versorgt. Als ich morgens aufwachte, erklärte mir der Arzt die Sachlage und dass wir beide, mein Sohn und ich, in Lebensgefahr geschwebt hatten. Jahre später erfuhr ich dann bei einer Routineuntersuchung, dass ich nur 1 Niere hatte. Da war ich schon über 40 Jahre. Da konnte ich mir dann auch denken, warum mein Körper ab einer bestimmten Zeit keine 2 Lebewesen mehr versorgen konnte. Denn auch der 2. Sohn starb in meinem Körper im 7. Schwangerschaftsmonat wegen Unterversorgung ab dem 6. Schwangerschaftsmonat. Marcel war auch ein Wunschkind, er sollte Marius’ Brüderchen werden. 3 Tage dauerte es, bevor die Ärzte die Geburt einleiteten und nach 36 Stunden dann endlich eine Geburt auf normalem Wege stattfand. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens. Solchen Wehenschmerz und die Gewissheit, das Baby ist bereits tot. Seine Organe waren so schwach entwickelt, dass er auch mit einer Notentbindung nicht hätte gerettet werden können. Ich hatte lange psychisch damit zu tun. Der Arzt sagte mir dann auch, dass ich kurz vor einem Nierenkollaps stand vor dem Kaiserschnitt von Marius` Geburt. Aber aufgrund des schnellen Eingriffes ging alles gut. Ein Kinderarzt informierte mich täglich, wie es meinem Kind ging. Auch ein Klinikseelsorger unterhielt sich mit mir, denn ich hatte hart zu kämpfen, zuzusehen, wie die anderen Mütter ihre Babys stillten, wickelten und mit ihnen umgingen. Ich musste die Milch abpumpen. Sie wurde täglich abgeholt und mein Sohn bekam sie dann mit der Flasche. Die Kaiserschnittnarbe heilte nicht gut ab. Später fand ich heraus, dass mein Körper allergisch auf das Nahtmaterial reagierte und es abstieß. Das führte zu Eiterungen, Entzündung und hohem Fieber.

 

Zudem durfte ich nicht aufstehen und mich waschen. Der Geruch beim Lüften der Bettdecke war unerträglich. Endlich nach 7 Tagen wurde der Verband gewechselt, nach 10 Tagen wurden die Fäden gezogen. Dann durfte ich auch Wasser an die Narbe lassen. Es war eine Erholung. Ich war sehr geschwächt. Aber dann ging das Fieber auch endlich runter. Ich sah Licht am Ende des Tunnels. Die Entlassung rückte näher, und ich würde bald zu meinem Baby können.

Einen Vorteil hatte dieser Klinikaufenthalt aber auch. Mein kleiner Finger der rechten Hand war ja immer noch steif. Ich sah, dass das Gelenk mit angenäht worden war. So nach und nach löste sich auch der Faden, ich zog ihn selbst, Zeit hatte ich ja genug, und siehe da, ich konnte auch den Finger ganz wieder bewegen und alle Glieder beugen. Probleme bereitete mir aber zeitlebens das Schneiden des Fingernagels, denn er war geteilt und wuchs auch in 2 Richtungen. Das schmerzte dann immer ziemlich stark, wenn ich dann überall hängenblieb mit dem Nagel.

Nach meiner Entlassung fuhr ich sofort in die Kinderklinik. Meine Eltern begleiteten mich. Meine Mutter und ich durften in voller OP-Montur durch eine Glasscheibe in der Frühchen-Abteilung meinen Sohn Marius das erste Mal sehen. Die Schwester hielt ihn auf dem Arm. Er schlief. Seine Werte waren bei der Geburt 1800 Gramm Gewicht und 51 cm Länge. Er war schon nicht mehr verkabelt, alle Organe arbeiteten alleine. Aber erst mit 2,5 kg konnte er entlassen werden. Alles andere wäre zu gefährlich.

Ich wohnte ja noch im „Speicher“. Da hatten Frank und ich auch ein Kinderbettchen aufgebaut, welches zum Schlafen und zum Spielen gedacht war. Wir hatten ja nur das eine Zimmer, in dem sich dann alles abspielte. Die erste Zeit lebte ich bei meinen Eltern. Ein Kumpel von Frank hatte uns zur Hochzeit eine selbst gezimmerte Babywiege geschenkt. Die hatten wir dann auch zur Wohnung meiner Eltern mitgenommen.

Am 1. Juni 1979 war es dann so weit. Vorher durfte ich täglich eine Stunde mit Marius in der Kinderklinik verbringen, um das Mutter-Kind-Verhältnis zu stärken. Das war immer ein Highlight. Ich konnte ihn füttern mit der Flasche und ihn beobachten. Ich war so stolz auf ihn. Er hatte dunkles Haar, welches dann später blond wurde. Aber meine dunkelblauen Augen hatte er jedenfalls geerbt.

Meine Schwester kam zur Unterstützung mit. Ich war so aufgeregt. Er wurde noch mal gefüttert und gewickelt. Als dann die ganzen Papiere und weiteren Untersuchungstermine besprochen waren, konnte ich ihn in den mitgebrachten braunen Kinderwagen legen. Er schlief da gleich weiter. Ganz stolz fuhren wir erst mal was essen und dann mit dem Bus zur Wohnung meiner Eltern.

Aber als er sich dann bemerkbar machte und ich vermutete, dass er neu gewickelt werden musste, bekam ich doch etwas Panik. Ich hatte das noch nie gemacht. Aus Angst, ihm weh zu tun oder die Knochen zu brechen, wagte ich mich nicht an das Windeln wechseln. Meine Mutter war auf Arbeit. So fragte ich unsere Nachbarin, ob sie helfen könne. Sie hatte 3 Kinder großgezogen und die entsprechende Erfahrung auch mit so kleinen Babys.

Sie zeigte mir das dann alles und versicherte, dass Kinder so gelenkig seien, dass man ihnen nichts brechen könne. Ich sollte nur immer aufpassen, dass er nicht vom Tisch rollt. Das kann dann gefährlich werden. Danach war ich dann auch ein bisschen selbstbewusster in Sachen Babypflege. Nach einiger Zeit bekam ich auch Routine in der Versorgung meines Sohnes und zog wieder zu mir nach Hause aufs Land.

Als Frank auf Urlaub kam, was ich nicht wusste, lief er im Hausflur an mir vorbei. Ich hatte Marius gerade gefüttert und wollte ihn wieder hinausbringen in den Kinderwagen. Zu den Zeiten konnte man das noch machen, heute kann man keine Kinder mehr unbeaufsichtigt irgendwo stehen lassen. Immer muss man ein Kidnapping befürchten.

Ich hatte nach der Entbindung 15 kg abgenommen und Frank hatte mich gar nicht erkannt. Erst als ich ihn ansprach, wo er denn hinwolle, erkannte er mich. Hatte er mich doch als Letztes als Hochschwangere gesehen. Ich drehte um, und er erfreute sich an seinem Sohn. Bald war dann auch sein Armeedienst zu Ende. Wir wurden eine schöne kleine Familie.

Es kam die Zeit, dass ich den Welpen abholen konnte. Die Hündin, „Asta“ hieß sie inzwischen, da es ein A-Wurf (also der erste Wurf der Mutterhündin) war, kannte schon Leine und Halsband. Sie war auch schon etwas an die Leine gewöhnt.

So fuhren wir mit dem Zug auf unser Dorf. Da der Winter nahte, hielten wir sie erst mal in der Wohnung. Eine Hundehütte und ein stabiler Zwinger waren in Arbeit in unserem neu erworbenem Garten. Den hatten wir gemeinsam mit der Schwiegermutter gekauft. Mein Schwiegervater war vor kurzem mit 40 Jahren verstorben wegen einer Fehldiagnose. Ein unerkannter Blindarmdurchbruch wurde mit einer Nierenkolik verwechselt und dann auch nicht schnell genug operiert. Erst als der Notarzt zum 2. Mal kam und meinen Schwiegervater dann in die Klinik einwiesen ließ, war es bereits zu spät. Die Not-OP zeigte das total verseuchte Bauchfell und die damit sichere Todesursache. Meine Schwiegermutter, ihre 2 Töchter und ich konnten uns nur noch von dem Sterbenden verabschieden. Die Nacht überlebte er nicht mehr. Dem Arzt, welcher ihn falsch behandelt hatte, passierte außer einer Versetzung in ein anderes Dorf nichts weiter. Frank kam gerade noch rechtzeitig zur Beerdigung seines Vaters. Verabschieden konnte er sich aufgrund des Armeedienstes nicht.

Der Garten sollte meine Schwiegermutter etwas ablenken von der Trauer um ihren Mann. Ich lernte dann auch viel in der Gartenarbeit, was mir sehr viel Spaß machte.

Als Frank von der Armee entlassen wurde, konnte er wieder in seinem Ausbildungsbetrieb anfangen, was uns sehr zupass kam. Keine langen Arbeitswege, immer erreichbar.

Der Garten nahm dann Gestalt an. Wir bauten die Laube aus, beförderten die Hütte, die Frank gebaut hatte, in den neu erbauten Zwinger. Asta musste nun ausziehen aus der Wohnung. Sie wurde zu groß.

Nun hatten wir aber auch täglich 2-mal ihre Fütterung im Garten zu erledigen, bei jedem Wetter. Oft nutzten wir dazu einen Spaziergang mit Marius im Wagen.

Der Zwinger wurde gereinigt, Asta wurde bewegt und gefüttert. Aber der Abschied fiel allen sehr schwer. Lange noch hörten wir ihr Heulen, wenn wir den Heimweg antraten.

Aber so langsam gewöhnte sie sich daran. Wusste sie ja, dass wir immer wieder zurückkommen. Sie lernte dann so nach und nach die Grundbefehle „Sitz“, „Platz“, „Bleib“, „bei Fuß“.

Auch Fressen auf Kommando und Gehen in Freifolge (ohne Leine) lernte sie. Sooft ich konnte, nahm ich sie mit nach Hause und brachte sie dann nur für die Nacht wieder in den Garten.

Wir hatten eine sehr feste Bindung. Auch am Rad konnte sie schon gut mitlaufen und im Wald über Baumstubben springen auf Kommando. Am liebsten aber apportierte sie Gegenstände. Aus Unwissenheit ließ ich sie leider auch Steine apportieren, was ihren Zähnen nicht guttat.

Marius wuchs heran und lernte Laufen. Los ging es in der Küche. Er konnte sich schon an den Schränken hochziehen, aber traute sich noch nicht ganz loszulassen.

Frank und ich setzten uns auf den Boden und ließen Marius Spielzeug von einem zum anderen bringen. Er sollte „Bitte“ und „Danke“ lernen. Wir hielten ihn abwechselnd fest beim Laufen. Dann wurde er immer sicherer. Wir ließen los, sicherten aber, falls er fallen sollte. Er fiel nicht. Wir vergrößerten den Abstand und unser Sohn lernte an dem Tag das selbstständige Laufen. Wir hatten nun wieder eine größere Wohnung im Dorf bekommen. Im Neubaublock in einer 2,5 Raumwohnung war jetzt unsere neue Bleibe. Marius hatte nun auch sein eigenes Zimmer. Wir wohnten im 2. Stock, meine Schwiegermutter und die 2 Schwestern meines Mannes wohnten ganz unten. So konnte meine Schwiegermutter auch immer mal einspringen mit der Beaufsichtigung von Marius, wenn wir mal weggehen wollten oder anderweitig nicht konnten. Marius hatte ein sehr gutes Verhältnis zu Oma und Tanten.

Der Neubau stand an einer Hauptstraße des Dorfes. Wenn Asta bei uns war, wurde sie draußen an einem Baum angebunden, wenn wir uns in der Wohnung aufhielten. Waren wir mit draußen, durfte sie sich frei bewegen.

Ohne, dass ich ihr das beigebracht hätte, verhinderte sie immer mit ihrem Körper, dass Marius sich bei seinen Laufübungen zu sehr der Straße näherte. Sie stellte sich dann vor ihm hin, und er drehte wieder um. Da war ich ganz stolz drüber, dass sie unsere Familie so schön beschützte aus eigenem Antrieb.

Nun wollte ich gerne mal mit ihr züchten. Ich wartete die nächste Läufigkeit ab, machte aber den Fehler, mit ihr am Rad zum Einkaufen zu fahren. Ich hatte natürlich einen DSH als Deckrüden beabsichtigt. Aber es lief uns während der Fahrt ein Dokö (Dorfköter) hinterher und interessierte sich sehr für Asta. Das gefiel mir gar nicht. Aber ich wurde den Dokö (Dorfköter) auch nicht wieder los. Im sicheren Abstand folgte er uns und ließ sich nicht ablenken. Mir war dann klar, wenn ich nicht unerwünschten Nachwuchs haben wollte, konnte ich meine Hündin nicht unbeschwert draußen anbinden und einkaufen gehen. Also drehte ich wieder um, nahm meine Hündin dann erst mal mit in die Wohnung, damit nicht sie sich auf ein Rendezvous einlassen konnte. Aber wie ich später erfahren musste, hatte dieses Erlebnis einen bleibenden Eindruck bei meiner Hündin hinterlassen. Sie war der Meinung, dass ich es nicht wünschte, dass sie sich paarte, und ließ zeitlebens keinen Rüden mehr an sich ran. Das war es dann mit dem Züchten.

Frank und ich entschlossen uns dann, einem Hundesportverein beizutreten. Ein Dorf weiter war gerade einer im Gründungsprozess. Überall wurde dafür Werbung um Mitglieder gemacht. Wir fuhren erst mal ohne Hund zur Gründungsversammlung. Wir wollten Erfahrungen und Informationen sammeln, wie so etwas funktionierte.

Beim Reiten war ich ja, sobald es nach der Entbindung möglich war, auch immer noch präsent. Marius verbrachte so manchen Tag im Kinderwagen am Pferdestall.

Aber das Training mit den Hunden fand nur an den Wochenenden statt.

Der Hundesportverein pachtete einen Platz, der in Eigenleistung umzäunt wurde. Wir bauten Hütten, bauten das Vereinshaus aus und dann ging es los mit dem Training.

Einer erklärte sich bereit, den „Scheintäter“ zu machen. Wir wollten unsere Hunde im Schutzdienst und als Fährtenhunde ausbilden und dann später auch an Prüfungen teilnehmen. Unsere Mitglieder hatten allesamt Dienst- und Gebrauchshunde, wie DSH, Dobermann, Rottweiler, Riesenschnauzer, Boxer und Airedale Terrier.

Mit ½ jährigen Welpen konnte man mit diesen entsprechenden Hunderassen dem Verein beitreten und sie ausbilden. In den Fächern Unterordnung (Sitz, Platz, Bleib, Steh, Vorsitz und Fuß) mit und ohne Sicht des Hundeführers, Bringen von Hölzern, Überspringen der 1 m-Wand und der 1,80 m-Wand, Balancieren über den Schwebebalken mussten die Hunde blinden Gehorsam leisten. Dann kamen noch Fährten-Arbeit mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Schutzdienst, Finden eines Verbrechers, diesen stellen und verbellen und die Mutprobe, Fangen eines Verbrechers und Beißen in den Beißarm dazu. Das Loslassen des Beißarmes musste auch auf Befehl erfolgen, was am schwierigsten beizubringen war. Ein Absuchen nach dem Scheintäter in 8 verschiedenen Hütten durch den Hund wurde dann „Revieren“ genannt.

Alle Ausbilder absolvierten im Voraus eine Schulung mit anstehender Prüfung. Ich war 8 Jahre Mitglied dieses Vereins, was mir sehr viel Freude bereitete. Wir verbrachten viele gemeinsame Stunden mit unseren Hunden. Auch nahmen einige an Prüfungen der Schutz- und Fährtenhunde erfolgreich teil.

3 Jahre war ich selbst Ausbildungswart des Vereins. Da trainierten wir aber Gebrauchshunde aller Rassen.

Der Wille zum DSH-Züchten war immer noch unterschwellig bei mir vorhanden. Ich greife dazu mal ein bisschen vor. Wir waren Jahre später in ein anderes Dorf gezogen, wo ich in der 800 Milchviehanlage den Posten des Schichtleiters übernommen hatte.

 

Wir wohnten dort in einem 4-Familienhaus mit Stall und Garten.

Die Wohnungen waren Dienstwohnungen. Es wurden die 2,5 Zimmer mit

Zentralheizung vom Bad aus beheizt. Die Zimmer waren schön groß und hell. Der Garten war gegenüber dem Haus. So konnten die Hunde nah am Haus sein.

Wir hatten uns aus „Sellin“ von der Insel Rügen eine weitere DSH-Hündin gekauft.

Sie stammte vom Züchter, war aber nicht für die professionelle Zucht zugelassen, da sie „HD leicht“ hatte. (Hüftgelenksdysplasie, eine unheilbare Hüfterkrankung, die auch erblich sein kann.) Ich sagte, dass wir nur für den Eigengebrauch einmal züchten wollten. Die Hündin hatte noch keine Jungen. Sie war sehr schüchtern und charakterschwach. Die Zusammenführung war deshalb auch nicht so leicht, da Asta etwas territorial war und Uta, wie die Hündin hieß, das nicht akzeptieren wollte. Aber mit der Zeit klappte das denn auch. Dann wurden sie ein Herz und eine Seele. Ich fuhr sehr häufig in die nächste Stadt mit dem Rad zum Einkaufen. Da der Weg einen sehr langen Berg beinhaltete, nahm ich eine Hündin mit. Die zog mich dann, mit einem Zuggeschirr versehen, den Berg hoch. Nicht immer konnte ich mit dem Auto fahren. Das Geld für Benzin reichte meistens nicht bis Monatsende. Asta hatte ich als Zughund ausgebildet. Sie zog mich im Handwagen, mit dem Rad oder mit dem Schlitten. Als Uta dann mehrfach einfach über den Zaun des Zwingers kletterte, weil sie mitwollte, nahm ich sie dann später auch beide mit zu den Fahrten. Mittlerweile vertrugen die beiden Hündinnen sich gut. Oft fuhr ich im Winter per Schlitten zum Einkaufen im Dorfkonsum oder zur Nachtschicht auch zur Arbeit. Später ließ ich mich dann von beiden Hündinnen überall hinziehen. Zum Hundesport nahmen wir Uta nicht mit. Sie erwies sich als ziemlich unbegabt für diesen Sport. Dann musste sie im Stall bleiben. Ein Kollege von mir hatte einen sehr charakterstarken bildhübschen DSH-Rüden. Er traute sich selbst nicht an den Hund ran. Der große DSH sollte ein Grenzhund gewesen sein und darum auch ziemlich bissig. Der Hund verbrachte sein ganzes bisheriges Leben an der Kette. Als Uta dann wieder läufig war, führte ich sie zu diesem Hund zum Decken. Beide kamen schnell zur Sache. Nach 65 Tagen warf Uta dann am 22.10.1987 in einer eigens dafür neu gebauten Wurfhütte 10 Junge. Die Geburten dauerten die ganze Nacht an. Bis Mitternacht beobachteten wir das Geschehen. Sie kümmerte sich rührend um ihre Kleinen, leckte sie ab, durchbiss die Nabelschnur und fraß diese dann auch gleich auf. Sie ließ die Kleinen auch gleich saugen. Das ist auch nicht immer so selbstverständlich bei Erstgebärenden. Mit so einem starken Wurf hatten wir natürlich beim ersten Mal nicht gerechnet und dachten, nach 5 Welpen wäre Schluss. Am nächsten Morgen sahen wir dann die Bescherung. Von den 10 Welpen waren 7 tot. Darunter auch alle 3 Weibchen, von denen ich eigentlich eines selbst behalten wollte. So waren 3 Rüden das Resultat. Wir hatten nun 5 Hunde.

Wir hatten immer die Möglichkeit vom Notschlachter Rindfleisch für die Hunde billig zu kaufen. Auch wenn es in der Anlage schwache Kälber oder Frühchen gab, wurden die als Hundekälber vom Tierarzt freigegeben. Die konnten wir dann mit nach Hause nehmen und aufpäppeln oder selbst zu Hundefutter verarbeiten. Schlachten konnte ich natürlich selbst nicht. Unser Nachbar übernahm den Part. Ausnehmen taten Frank und ich die Kälber, die sonst qualvoll verendet wären, selbst. Einen ausrangierten, aber noch funktionstüchtigen Kühlschrank hatten wir für das Hundefleisch in der Garage stehen.

Amigo

Uta hatte ihre 3 Jungen ganz gut aufgezogen. Verschiedene Charaktere bildeten sich heraus. Nun kam die Zeit, wo wir uns von Hunden trennen mussten, denn alle konnten wir nicht behalten. Uta verkaufte ich an eine Tierversuchsstation. Mit ihr wurden unterschiedliche Futterarten und deren Auswirkungen auf die Gesundheit ausprobiert. Da hatte sie ein schönes Leben und wurde nicht für qualvolle Tierversuche missbraucht. Das war meine Bedingung, sonst hätte ich sie nicht dahin gegeben.

Als allerdings der Zeitpunkt anstand, wo die Welpen zugefüttert wurden, mussten wir Uta von den Welpen trennen. Sie war so futterneidisch, dass sie einem ihrer Welpen den Ohrknorpel durchbiss und sich daraus ein Blutohr entwickelte, welches sich lebenslang nicht aufstellte. Das bemerkten wir leider zu spät. Aber das Gehör war dadurch nicht beeinträchtigt, wie uns der Tierarzt sagte, es wird ein Schönheitsfleck bleiben.

Astor hieß der kräftigste der 3 Rüden. Ich verkaufte ihn an den Schäfer, den ich gut kannte. Nachdem er erst mal 5 Schafe gerissen hatte (er hatte das Wesen des Vatersgeerbt), wurde er ein sehr guter Halben- und Beihund. Auf vielen Wettbewerben in der Schäferei glänzte er mit Superleistungen.

Anjo wurde an eine Familie im Norden Deutschlands verkauft. Von ihm hörte ich nichts mehr. Er hatte das Wesen der Mutter geerbt und war auch immer sehr zurückhaltend.

Amigo behielt ich selbst. Wegen seines Ohres wollte ihn keiner haben.

Anfangs tat Amigo sich schwer in der Ausbildung. Im Schutzdienst hauten wir ihm solange die Sackwurst um die Ohren, bis er endlich zubiss. (Dabei wird ein Jutesack zu einer Wurst mit Band umwickelt.) Später durchbiss er dann Beißarm + Wattejacke + Ledermanschette. Selbst dann sah man noch die Zahnabdrücke auf dem nackten Arm des Scheintäters. Selbst im Ernstfall, den der Scheintäter und ich mal im Wald ausprobierten, beschützte Amigo mich zuverlässig.

Im Jahre 1990 bestand er seine erste Begleithundeprüfung. Ein Jahr zuvor war er durch einen dummen Zufall durch die Schutzhund-Prüfung gefallen. Unterordnung und Fährte hatte er brav gemeistert mit guten Ergebnissen. Bei der letzten Prüfung, dem Stellen eines Scheintäters in der sogenannten „Mutprobe“, da läuft der Scheintäter vor dem Hund davon, reizt ihn aber. Dann wird auf ein Kommando der Hund hinterher geschickt. In dem Moment dreht sich der Scheintäter um und greift den Hund an. Der darf dann nicht zurückweichen, sondern muss den Scheintäter anspringen und sich in den Beißarm verbeißen und so lange festhalten, bis vom Besitzer das Kommando „aus“ kommt. Dann muss der Hund loslassen und sich neben dem Besitzer hinsetzen.

Zu DDR-Zeiten war diese Prüfung anders. Während der Scheintäter weglief, wurde der Hund schon hinterher geschickt und sprang den Scheintäter dann von hinten an und verbiss sich in den Beißarm. Nun mussten alle Hunde auf westdeutsche Prüfungsanforderungen „umgeschult“ werden. Wenn der Scheintäter nun auf den Hund zukommt, flößt das so manchem Hund Angst ein und er kehrt um. Dann ist er durchgefallen.

Amigo drehte auch um. Aber nicht aus Angst, sondern weil er sich beim Ansprung an den Beißarm den Hinterlauf verletzt und Schmerzen hatte. Aber das galt auch als „nicht bestanden“. Er lahmte dann noch ein paar Tage, bis sich die Zerrung wieder gab.

Er wurde ein zuverlässiger Fährtenhund und auch im Kuhstall konnte ich ihn zum Kühetreiben gut nutzen. Er bellte zwar, biss aber nie eine Kuh, was die Voraussetzung für seinen Einsatz gewesen war.

Später, als Marius etwas größer und älter war, nahm ich ihn mit zum Hundeplatz. Ich konditionierte die in die Jahre gekommene Asta auf ihn und übernahm Amigos Ausbildung selbst. Amigo bestand mit Bravour eine Begleithundeprüfung. Asta wurde 9 Jahre alt. Sie konnte sich nie abgewöhnen, mit Steinen zu spielen. Irgendwann ließ sie sich einen Stein auf die Pfote fallen, was eine starke Entzündung mit einer starken Phlegmone (starke Schwellung des Untergewebes bis zum Ellenbogen hoch) zur Folge hatte. Sie lief nur noch auf 3 Beinen und hatte hohes Fieber. Ich brachte sie zu einem Tierarzt. Asta war nie eine gute Patientin beim Tierarzt gewesen. Nur mit Maulkorb und viel Zuspruch ließ sie Behandlungen und Impfungen über sich ergehen. Auch fuhr sie nie gerne Auto. Nur im geschlossenen Kofferraum ging das geräuschlos. Den Tag war sie apathisch und unbeteiligt. Sie ließ sich ins Auto tragen und war auch beim Tierarzt teilnahmslos. Die Spritze und der Verband bewirkten leider gar nichts.

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