Dennis und Guntram - Zaubern für Anfänger (Band1)

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Dennis und Guntram - Zaubern für Anfänger (Band1)
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Hubert Wiest


Dennis und Guntram – Zaubern für Anfänger

(Band 1)

Für Nina, Janek, Ben und Lola

1. Die Neuen


Dennis Blauberg sah sogar hinter der Mülltonne nach, aber es war weg – einfach verschwunden. Immer stellte er es vor dem Haus ab. Meistens schloss er es am Gartenzaun fest. Wer klaute so eine alte Möhre? Es war kein tolles Fahrrad gewesen, aber er brauchte es doch.

Obwohl, vielleicht war das gar nicht so übel, überlegte Dennis. Seine Eltern würden ihm ein neues Fahrrad kaufen – ein richtiges Mountainbike mit 27 Gängen, ohne Schutzbleche und ohne bescheuerten Gepäckträger. Aber er musste es geschickt einfädeln. Mama und Papa benahmen sich in solchen Dingen ziemlich komisch. Beim Abendessen würde er es versuchen, wenn Papa nicht so gestresst war. Den ganzen Nachmittag überlegte Dennis, wie er es am besten anstellen würde.

„Dennis, was ist heute mit dir los?“, fragte Frau Blauberg und legte sich noch eine Tomatenscheibe aufs Käsebrot.

„Gar nichts. Wieso?“

Frau Blauberg deutete auf Dennis’ Teller: „Du isst doch sonst dein Wurstbrot nicht mit Messer und Gabel.“

„Ich finde das so viel appetitlicher.“

Herr Blauberg grinste: „Man merkt, dass unser Dennis schon ein Großer ist und in die vierte Klasse geht.“

Dennis jubelte im Stillen. Seine Eltern hatten angebissen. Jetzt durfte er keinen Fehler machen: langsam essen, gerade sitzen, nicht schmatzen und dieser ganze Erwachsenenkram. Er tupfte sich den Mund mit der Serviette ab und nahm einen Schluck Mineralwasser.

„In das alte Haus schräg gegenüber sind Leute eingezogen“, sagte Frau Blauberg. „Ich dachte eigentlich, die reißen es ab und bauen etwas Vernünftiges hin.“

Herr Blauberg wischte sich mit der Hand über den Mund. „Ist doch gar nicht so übel. So haben wir keinen Baulärm. Und wer weiß, was die gebaut hätten – vielleicht irgend so ein Hochhaus.“

„Ja schon, aber die neuen Nachbarn laufen wie an Fasching herum: Rüschenhemden, Samtumhänge und die Frau trägt ein grell buntes Kleid – richtige Hippies.“

Dennis stopfte ein viel zu großes Stück Brot in den Mund. Das Gespräch nahm keine gute Wendung. Er wollte doch über sein neues Fahrrad sprechen.

Herr Blauberg nickte und murmelte mit leuchtenden Augen: „Die fahren einen Porsche und ihr Sohn ist fast so groß wie Dennis.“

„Das ist doch kein Auto. Diese lila Rostlaube ist bestimmt 20 Jahre alt und hat lauter Dellen und Schrammen“, sagte Frau Blauberg. Sie fuchtelte mit dem Messer durch die Luft.

„Schon, aber der Sound“, seufzte Herr Blauberg.

Dennis’ Gehirn ratterte auf Hochtouren. Wie bekam er das Gespräch jetzt wieder in die richtige Bahn? Die neuen Nachbarn waren ihm wirklich egal.

„Bernd, mit so einem Auto kann man nicht einmal in den Urlaub fahren. Es hat keinen Platz für Gepäck.“

Da nahm Dennis seinen ganzen Mut zusammen. Er schluckte seinen Bissen hinunter und sagte trocken: „Mein Fahrrad ist weg.“ Sonst nichts.

Seine Eltern hörten auf zu essen. Sie sahen Dennis an.

„Ich sperre es immer ab.“

Herr Blauberg wiegte seinen Kopf hin und her.

„Na ja, meistens.“

Frau Blauberg bekam rote Flecken im Gesicht. „Ich will wirklich niemand verdächtigen, aber …“

Dennis konnte sich auch nicht vorstellen, warum die Neuen das tun sollten. Überhaupt konnte er sich nicht vorstellen, dass irgendjemand sein Klapperfahrrad klauen würde. Aber wenn Mama das glauben wollte – bitte schön.

„Bestimmt nicht“, sagte Herr Blauberg und schüttelte seinen Kopf.

„Bernd, kannst du mir bitte den Brotkorb geben.“ Frau Blaubergs Stimme klang spitz.

„Ich brauche ein neues Fahrrad. Und da dachte ich mir, so ein richtiges Mountainbike wäre praktisch.“

„Wie bitte?“, fragte Frau Blauberg ungläubig, als hätte Dennis vorgeschlagen, den nächsten Sommerurlaub auf dem Mond zu verbringen.

„So ein Mountainbike hat ja nicht einmal einen Gepäckträger“, wandte Herr Blauberg ein.

„Ich könnte die Abkürzung über den matschigen Wiesenpfad in die Schule nehmen. Und wäre auch schneller bei Oma“, fügte Dennis hastig hinzu.

„Jetzt schauen wir erst einmal, ob dein altes Fahrrad wieder auftaucht“, sagte Frau Blauberg, und Herr Blauberg fügte hinzu: „Ein neues Mountainbike ist viel zu teuer.“

Dennis ärgerte sich, dass seine Eltern ausgerechnet heute so einen miesen Tag hatten. Sie konnten doch nicht ernsthaft erwarten, dass er mit dem Bus in die Schule fuhr. Kalle und die anderen von der Haibande würden ihn fertigmachen. Dennis pfefferte sein Besteck auf den Tisch und beschloss, mit den Fingern weiterzuessen. Warum sollte er sich jetzt noch bemühen?

Da klingelte es an der Haustür.

„Dennis, kannst du aufmachen?“, fragte Frau Blauberg.

„Hab den Mund noch voll“, murmelte Dennis und pustete dabei ein paar Brotkrümel über den Teller.

Seufzend stand Herr Blauberg auf und ging zur Tür. Es dauerte nicht lange. Er kam zurück und sagte: „Dennis, Besuch für dich.“

Dennis verstand nicht. Wer sollte ihn besuchen? Er bekam fast nie Besuch.

„Der neue Nachbarsjunge von gegenüber.“

Frau Blauberg rollte vielsagend mit den Augen. „Geh schon“, seufzte sie.

Mürrisch stand Dennis auf. Die Sache mit dem Mountainbike war total schiefgelaufen.

Vor der Haustür wartete ein blasser Junge. Seine roten Locken standen wirr ab. Er hatte sie bestimmt seit Tagen nicht mehr gekämmt. Der Junge grinste die ganze Zeit. Aber das Sonderbarste war seine Kleidung. Er trug eine lilafarbene Kniebundhose, dazu Stulpenstiefel und ein weißes Hemd, vorne mit fuddeligen Rüschen. Über seine Schultern hatte er einen flaschengrünen Samtumhang geschwungen. Das sah wirklich peinlich aus. Fasching war längst vorbei.

„Guntram“, sagte der Junge und streckte Dennis seine bleiche Hand entgegen. „Ich heiße Guntram Mempelsino von Falkenschlag.“

„Aha.“

„Und du?“

„Dennis, Dennis Blauberg.“ Im nächsten Augenblick ärgerte sich Dennis. Warum antwortete er überhaupt?

„Ich geh schon in die Vierte“, sagte Dennis und versuchte, so cool zu klingen wie Kalle von der Haibande.

Jetzt strahlte der Junge mit den roten Locken, als hätte er Fernlicht angeknipst.

„Ich gehe auch in die Vierte.“

„Na wunderbar“, murmelte Dennis. Jetzt schickten sie schon Kleinkinder in die Vierte. Mit dem durfte sich Dennis nicht sehen lassen, sonst wäre sein Image total ruiniert. Die von der Haibande machten sich sowieso über ihn lustig.

„Und?“, fragte Dennis.

„Ich wollte hallo sagen. Wir wohnen gegenüber. Wir sind Nachbarn.“ Guntram lächelte Dennis an, als wären sie beste Freunde.

„Warum trägst du Faschingsklamotten?“, fragte Dennis.

Guntram strich über seinen Samtumhang und zupfte die Rüschen zurecht. „Ich bin Zauberer.“

„Ach ja?“ Dennis kannte sich mit Zaubererklamotten aus. Harry Potter würde niemals so komische Sachen anziehen.

„Du hast heute schlechte Laune“, sagte Guntram und sah Dennis mit Röntgenblick an. Dennis fühlte sich ertappt.

„Mein Fahrrad ist weg. Jemand hat es gestohlen.“ Dennis zog eine Augenbraue hoch, wie er es von Mama kannte.

„Wie sieht denn dein Fahrrad aus?“

„Ein Mountainbike mit 27 Gängen ohne Gepäckträger und …“ Dennis schüttelte sich. „Äh nein, ein hellblaues Kinderfahrrad mit Batman-Aufkleber.“

„Und einem Pumuckel-Wimpel?“, fragte Guntram.

Dennis nickte. Diesen blöden Wimpel hätte er längst abschrauben sollen. Dafür war er viel zu alt. Aber woher wusste der Junge das? Außer … Dennis stemmte seine Arme in die Hüften.

„Das Fahrrad steht vorne beim Bäcker, schon seit gestern“, sagte Guntram.

Au Mann, fiel es Dennis siedend heiß ein. Er selbst hatte das Fahrrad dort stehen lassen, um den Kuchen nach Hause zu tragen. Auf dem Gepäckträger hätte er ihn nur zerquetscht.

Der rothaarige Junge lächelte.

Dennis kochte vor Wut. Jetzt hatte ihm der Junge auch noch das Mountainbike vermasselt. Er war so dicht dran gewesen, seine Eltern zu überzeugen.

„Soll ich mitkommen, dein Fahrrad beim Bäcker abzuholen?“

„Danke, nicht nötig“, sagte Dennis und drückte die Tür vor Guntrams Nase zu.

Der hatte es wirklich nicht anders verdient. Ist doch wahr. Aber dann kroch ein seltsames Gefühl in ihm hoch und begann zu nagen. Quatsch, er musste kein schlechtes Gewissen haben. Obwohl, Guntram wollte ihm helfen. Und überhaupt kam fast nie jemand vorbei, um ihn zu besuchen.

Aber mit Guntram durfte er sich nicht sehen lassen. Sonst wäre er bei der Haibande unten durch.

„Alles in Ordnung?“, fragte Frau Blauberg.

„Der Neue von gegenüber hat mein Fahrrad gefunden.“

„Ach ja?“, Frau Blauberg zog eine Augenbraue nach oben.

2. Der Zauberstab


Eigentlich ging Dennis Blauberg ganz gerne in die Schule, nur die Pausen mochte er nicht. Die dauerten immer viel zu lange. Dennis hockte auf dem Rand einer betonierten Blumenschale und mischte sein Autoquartett. Die Karten waren schon ganz abgegriffen. Er kannte sie alle auswendig. Aber so hatte er wenigstens seine Ruhe.

 

Da fühlte Dennis eine Hand auf seiner Schulter. Er zuckte zusammen. Erschrocken drehte er sich um und sah in das blasse Gesicht des Neuen: Guntram Mempelsino von Falkenschlag. Seine roten Locken hatte er immer noch nicht gekämmt. Und wieder grinste Guntram bescheuert. Die anderen aus seiner Klasse hatten alle gekichert, als Guntram heute Morgen im Zaubererkostüm in die 4b kam.

„Ja, was ist?“, fragte Dennis und sah sofort wieder auf sein Autoquartett. Er wollte auf keinen Fall zusammen mit dem Neuen gesehen werden.

„Möchtest du mein Freund sein?“, fragte Guntram.

Dennis wollte es nicht glauben. So einfach ging das nicht. Einen Freund zu finden war eine komplizierte Angelegenheit. Man konnte nicht einfach hingehen und fragen. Am besten wechselte man in der Klasse hier und da ein paar Worte, sodass es dem anderen kaum auffiel. Man lachte über Witze des anderen. Und wenn es dann gut lief, konnte man im Pausenhof zufällig ein paar Meter nebeneinander gehen und ein echtes Gespräch führen wie: „Hast du gestern auch AKDS im Fernsehen gesehen?“ oder „Cool, der TSV hat sein drittes Heimspiel in Folge gewonnen.“ Dann war man so gut wie befreundet. Aber das konnte dauern.

„Willst du?“, bohrte Guntram nach und hielt Dennis einfach die Hand hin. Guntrams Augen blinkten wie Weihnachtslichter.

Natürlich wollte Dennis einen Freund haben. Aber nicht so einen wie Guntram. Dennis starrte auf die oberste Karte. Vielleicht konnten sie außerhalb der Schule befreundet sein.

Genau in diesem Moment schoben Kalle, Eddie und Bruno um die Ecke. Sie trugen ihre schwarzen Jeansjacken mit dem aufgestickten Haifisch. Dennis schreckte hoch. Der Haibande ging er aus dem Weg, so gut es ging. Die machten nur Ärger. Alle drei waren viel stärker und besuchten die Parallelklasse. Beim Aufstehen stolperte Dennis und da passierte es: Guntram ergriff seine Hand und hielt sie fest. Dennis fühlte sich wie ein Trottel.

Kalle grölte: „Na, welche Teletubbies haben wir denn da?“ Eddie kicherte. Bruno mampfte grinsend sein Pausenbrot.

Dennis riss sich von Guntram los. Natürlich war es längst zu spät. Ausgerechnet die drei von der Haibande hatten ihn erwischt. Jetzt steckten sie ihn auch noch mit Guntram in eine Schublade. Mist!

„Warum trägst du diese Omaklamotten?“, stänkerte Kalle und stopfte sich eine Kirsche in den Mund.

„Ich bin Zauberer, und Zauberer tragen diese Kleidung. Sie ist bequem und sieht schick aus“, sagte Guntram. Er strich über seinen flaschengrünen Samt­umhang und sah dabei auch noch stolz aus.

Kalle spuckte den Kirschkern aus, mitten auf Guntrams weißes Rüschenhemd. Ein blutroter Fleck blieb zurück.

Guntram benahm sich wirklich dämlich. Man durfte Kalle und die anderen nicht reizen. Das war doch klar.

„Dann zaubere uns doch mal was Hübsches“, forderte Eddie.

„Ja genau“, echote Bruno.

Guntram stemmte seine Arme in die Hüften und schüttelte den Kopf. Seine Locken wippten wie Kugelschreiberfedern. „Nein. Ich zaubere nur für meine Freunde. Für Dennis würde ich etwas zaubern.“

Dennis wollte am liebsten im Boden versinken. Er hatte Guntram doch nichts getan und jetzt ritt dieser ihn immer tiefer hinein.

Zack. Kalles nächster Kirschkern traf Dennis genau ins Gesicht. Igitt. Mit dem Handrücken wischte er sich ab.

Endlich erlöste der Schulgong Dennis. Die drei von der Haibande zogen ab. Sie lachten laut und grob.

Unschlüssig blieb Guntram neben Dennis stehen.

„Kannst ruhig schon vorgehen. Ich muss noch etwas erledigen“, sagte Dennis.

„Kein Problem, auf einen Freund warte ich gerne.“

„Wenn es unbedingt sein muss“, stöhnte Dennis

Die anderen Kinder tuschelten, als Guntram direkt neben Dennis zurück ins Schulhaus ging. Obwohl Dennis es nicht sehen konnte, fühlte er mindestens ein Dutzend Zeigefinger auf sich gerichtet.

„Morgen ziehst du normale Klamotten an, sonst wird das hier die Hölle“, sagte Dennis.

„Das geht nicht. Als Zauberer muss ich das tragen. Polizisten laufen schließlich auch nicht in Tennishosen herum.“

Dennis seufzte: „Es gibt keine Zauberer.“

„Doch.“ Dabei sah Guntram so ernst aus, dass Dennis ganz komisch wurde. Er wollte Guntram fragen, wie er das meinte, da betraten sie schon das Klassenzimmer. Ein Kichern schwappte durch die Reihen. Und diesmal galt es nicht nur Guntram.

In den Stunden bis zum Schulschluss konnte sich Dennis überhaupt nicht konzentrieren. Frau Bretscher ermahnte Dennis, doch endlich aufzupassen. Dennis überlegte die ganze Zeit, wie er aus dieser Nummer mit Guntram wieder herauskam. Natürlich gab es keine Zauberer. Aber irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Guntram gehörte vielleicht zu so einer Schaustellerfamilie, die von Jahrmarkt zu Jahrmarkt zog. Ja, genau, so könnte es sein. Deswegen trug er diese Klamotten.

„Kinder, denkt daran, wir schreiben morgen einen Mathetest“, hörte Dennis Frau Bretscher sagen, als der Schulgong endlich den Nachmittag einläutete. Auweia, ausgerechnet Mathe.

Heute ließ sich Dennis besonders viel Zeit beim Einräumen der Schultasche. Er wollte als Letzter gehen, damit die anderen nicht wieder über ihn lachten. Dennis schielte aus den Augenwinkeln nach hinten. Er hatte es schon geahnt. Guntram kramte auch in seinem Ranzen und schien auf ihn zu warten. Wenigstens waren die anderen schon gegangen.

Mit einem Ruck stand Dennis auf und ging.

„Halt, warte! Ich komme mit“, rief Guntram.

Dennis seufzte.

Gemeinsam verließen sie die Schule. Guntram quatschte die ganze Zeit. Dennis hörte nicht zu. Er musste aufpassen, dass niemand sie sah.

Als sie neben dem Stadtbach in die Mühlengasse einbogen und so einigermaßen in Sicherheit waren, fragte Dennis, was ihm die ganze Zeit keine Ruhe ließ: „Wie hast du das eigentlich mit dem Zaubern gemeint?“

Guntram zuckte mit den Schultern: „Na, ich kann eben zaubern.“

„Quatsch. Es gibt keine Zauberer.“

Guntram setzte wieder diesen komischen Blick auf. Er blieb stehen und schlug seinen Samtumhang zur Seite. Mit Daumen und Zeigefinger zog er ein braunes Holzstöckchen aus der Innentasche. Es war nicht größer als ein Filzstift und höchstens so dick wie Guntrams Daumen. Triumphierend hielt er das Stöckchen in die Luft.

„Was ist das?“

„Der Beweis“, erklärte Guntram. Seine Stimme zitterte.

Dennis blickte ihn verständnislos an.

„Na, der Beweis, dass ich Zauberer bin. Das ist mein Zauberstab aus feinstem Nussbaumholz. Unsere ganze Familie benutzt Zauberstäbe aus Nussbaumholz.“

Dennis schnaubte. Dieser Faschingsclown sollte endlich mit dem Unsinn aufhören. „Das sieht höchstens wie ein chinesisches Essstäbchen aus“, motzte Dennis.

Guntram ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich beweise es dir. Was soll ich zaubern?“

„Hhmm“, überlegte Dennis. Sonst hatte er immer ein Dutzend unerfüllbarer Wünsche parat, aber ausgerechnet jetzt fiel ihm nichts ein.

Dennis zog sein Autoquartett aus der Jackentasche und suchte die Karte mit dem hellblauen Kleinwagen: die mieseste Karte im ganzen Quartett. Er fuchtelte mit der Karte vor Guntrams Gesicht. „Ich will, dass der Wagen 300 fährt.“

Guntram verbeugte sich: „Bitte sehr, kein Problem. Du musst still halten.“

Dennis hielt die Karte mit beiden Händen fest. Guntram schwang sein kleines braunes Stöckchen. Das sah ziemlich lächerlich aus. Er hätte sich wenigstens einen ordentlichen Zauberstab basteln können. In zackigen Bewegungen fuchtelte Guntram vor der Spielkarte auf und ab. Er murmelte unverständliche Dinge in einer Sprache, die Dennis noch nie zuvor gehört hatte. Und dann rief Guntram Mempelsino von Falkenschlag: „Plombat.“

In diesem Moment spürte Dennis einen Schlag in den Rücken. Er stolperte. Das Autoquartett rutschte ihm aus den Händen. Die Karten flatterten in den Stadtbach. Ein letztes Mal sah er den hellblauen Kleinwagen. Dennis stutzte. Das konnte doch nicht wahr sein. Es sah fast aus, als stünde auf der Karte: Höchstgeschwindigkeit 300 km/h. Im nächsten Moment war sie im Wasser versunken.

Dennis drehte sich um. Eddie von der Haibande hatte ihn gestoßen. Bruno stand neben ihm und Kalle hatte Guntram den Zauberstab aus der Hand gerissen. Er schwang ihn triumphierend. „So so, das Stöckchen kann zaubern“, lachte er spöttisch: „Hokuspokus, ich verwandle dich in ein Teletubby.“ Dabei drückte er Guntram den Stab in den Bauch. Nichts geschah.

„Hurra, es hat geklappt, Chef“, jubelte Eddie, und Bruno klatschte Beifall.

Dennis’ Puls raste. Sie mussten abhauen. Doch Guntram schien nicht einmal daran zu denken. Im Gegenteil, er ging einen Schritt auf Kalle zu und forderte: „Gib mir meinen Zauberstab zurück.“ Er griff sogar danach. Das war lebensgefährlich. Und Dennis wusste, er steckte auch in der Sache mit drin.

Kalle zog den Zauberstab einfach weg. Er schüttelte sich vor Lachen: „Nein, nein, das ist jetzt meiner. Ein Teletubby braucht keinen Zauberstab.“

„Ah-Oh“, sagte Eddie, und Bruno machte: „Winke-Winke.“

„Gib ihn endlich her“, schrie Guntram.

Kalle grinste. Er schubste Guntram, dass dieser rückwärts stolperte. Guntram fiel hin. Lässig steckte Kalle den Zauberstab in seine hintere Hosentasche und drehte sich zu Eddie und Bruno um: „Kommt, Jungs! Wir gehen.

Die drei von der Haibande verschwanden genauso schnell wie sie gekommen waren.

Dennis atmete erleichtert auf: „Da haben wir noch einmal Glück gehabt. Mein Autoquartett ist weg, aber sie haben uns nicht verprügelt.“

Guntram kniff seine Augen so komisch zusammen. Mit dem Handrücken wischte er sich übers Gesicht und schniefte: „Die haben meinen Zauberstab gestohlen. Ich brauche ihn doch!“

Das Holzstöckchen? Dennis fand es wirklich übertrieben, deswegen zu weinen. Doch dann dachte er an die Karte mit dem Kleinwagen: Höchstgeschwindigkeit 300 km/h.

„Kannst ja heute Nachmittag mit zu mir kommen“, schlug Dennis vor und Guntram nickte dankbar.

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