Buch lesen: «Ein gutes Herz»
Ein gutes Herz
Hendrik Conscience
Inhaltsverzeichnis
I. Kalter Winter und warme Herzen.
2. Glück und Unglück liegen nahe zusammen.
3. Wohlthun trägt Zinsen.
4. Schluß.
Impressum
I.
Kalter Winter und warme Herzen.
In einem Nachmittage im Monat Januar 1847 schritten zwei Jünglinge singend, jauchzend und voll Lebensluft über die Landstraße, die von Ninove nach Brüssel führt.
Sie konnten kaum das Alter von sechszehn Jahren erreicht haben und hatten ganz das Aussehen von Studiosen des Athenäums, welche die Freiheit des Sonntags dazu benutzten, um den Schulstaub von ihren Schultern zu schütteln und ihre Fittige in freier Luft und weitem Raume auszurecken.
Der Eine, schlank von Gestalt und ein wenig mager, hatte lebendige schwarze Augen und seine Gesichtszüge, die Ueberlegung und Tiefe des Gefühls vermuthen ließen. Der Andere, mehr gesetzt von Statur, mit blühenden Wangen und mattem Blicke, konnte nur ein unbedeutender Mensch werden, der wenig Aufsehen in der Welt machen und nie viel Böses noch viel Gutes thun würde.
Das Wetter war sehr kalt; Erde und Bäche waren seit vielen Tagen mit einer dicken Eiskruste bedeckt; weil aber die Sonne den ganzen Tag geschienen hatte und noch jetzt als eine rothe Feuerkugel im fernen Westen glühte, hatte der prächtige Wintertag auf das Gemüth der beiden Jünglinge ermunternd eingewirkt; sie lachten und scherzten voll ausgelassener Lebenslust.
Vielleicht war auch ein besonderer Umstand nicht fremd an dieser fröhlichen Gemüthsstimmung: es war nicht lange nach dem ersten Januar, und die beiden Burschen hatten wahrscheinlich noch einige Franken von ihrem Neujahrsgelde im Beutel. Dieses trägt wunderlich viel zur Aufgeräumtheit bei, besonders in den Jünglingsjahren, wo man fühlt, daß man noch nicht ganz ein Mann ist, aber gewaltig darüber aus ist, es wenigstens zu scheinen.
Rüstig schritten sie voran, und etwa eine gute halbe Wegstunde von Brüssel, kamen sie an einem bekannten Wirthshause vorüber.
»Franz, hast Du keinen Durst?« fragte der Eine.
»Und Du, Victor?« antwortete der Andere.
»Ich noch nicht.«
»Ich auch nicht.«
»Wir wollen aber doch zur Vorsicht ein Glas Bier trinken, für den Durst, der noch kommt.«
»O ja, so viel sitzt noch darauf.«
War es nicht bereits eine Mannesthat, in ein Wirthshaus zu treten und dort in befehlendem Tone zu rufen: »Wirthin, zwei Glas Bier!«
Die fröhlichen Burschen schritten also mit hoch aufgehobenem Kopfe der Wirthsstube zu und drückten kühnlich ihr Verlangen aus, während sie an einem kleinen Tische Platz nahmen.
Es saßen noch vier andere Personen rings um den Ofen; einer von ihnen las mit lauter Stimme einen Artikel aus einer Zeitung vor; seine Lesung aber wurde oft unterbrochen durch Ausrufe von Mitleid und traurige Aufklärungen.
Es war in dem Artikel Rede von der fürchterlichen Hungersnoth in Flandern, welche dort in Folge der Kartoffelkrankheit und des vollständigen Stillstandes der Webstühle eingetreten war. Alle Mittel der flämischen Gemeinden waren erschöpft; und die armen Menschen, sterbend vor Mangel, flohen zu Tausenden nach anderen Gegenden des Landes, um dort einen Bissen Brod zu suchen.
Weil aber die theuere Zeit überall große Noth verursachte, wurde den unglücklichen Flüchtlingen der Zugang zu den Dörfern und Städten meistens versagt. Sie irrten auf diese Weise hilflos umher, bis Ermattung oder Krankheit sie dahinstreckte und bei Vielen der Tod ihrem Elende ein Ende machte.
Die gefühlvolle Sprache des Lesers erregte die Aufmerksamkeit der beiden Jünglinge. Viktor schien sogar mit inniger Theilnahme zu horchen.
Der Vorleser fuhr also fort:
»Hier ist es kalt, nicht wahr? Hier in der »Stille des Todes, befängt unser Herz Schauer und Schrecken. Wir sind hier im Reiche der Hungersnoth.
»Seht ihr dort die halbnackten Menschenschatten haufenweise über die Felder irren? Wie kraftlos schleppen sie ihre steifen Glieder über den Schnee! Eine unaussprechliche Pein durchwühlt ihr Inneres; ihr Auge ist ohne Leben und Glanz, sie haben Hunger und suchen Speise. Da fällt Einer, der nicht wieder aufsteht, noch Einer, noch mehr! Die Haufen vermindern sich, sie säen gleichsam Leichen der Straße entlang; — »Niemand sieht sich um nach dem gefallenen Bruder, denn Jeder fühlt gleichfalls, wie die eiskalte Hand des Todes sich auch auf seine beengte Brust legt. — Die Hungersnoth treibt die lebenden Gerippe voran, sie lassen den Kopf noch tiefer vor Verzweiflung sinken und irren sprachlos weiter, — immer weiter, — bis der letzte gefallen ist . . . «
»Richtet nun eure Augen dort nach jenen Bäumen! Seht ihr da nicht graue Flecken auf dem Schnee, welche sich rasch bewegen? Es sind Thiere, die nach Beute suchen, nicht wahr? — — Nein, nein, Menschen sind es, Menschen wie wir, Frauen und Kinder, die wimmernd über das Rübenfeld kriechen und sich ihre mageren Finger blutig kratzen, um aus dem gefrorenen Grunde Speise für noch eine Stunde des Lebens zu gewinnen. Auch hier liegen bereits viele ermattet, todt, mit der täuschenden Speise in der erstarrten Hand . . . «
»Dort vor uns strebt ein Kirchlein mit seiner blauen Thurmspitze himmelwärts. Es ist ein Dorf, berühmt durch den Gewerbsfleiß seiner Einwohner. Vor wenigen Jahren ertönte in jeder Hütte das Geräusch der Arbeit und der laute Gesang der Lebensfreude . . . Nun schweigt Alles: man sollte sagen, die Bewohner lägen in einem tiefen Schlafe versunken. — Irrthum! Da drinnen hinter diesen stummen Mauern sitzen auch solche Gerippe; sie schauen einander voll Verzweiflung ins brechende Auge und warten sprachlos auf den Ruf Gottes. — —
»Oeffnet eine Thür, — wählet nicht lange, — die Hungersnoth verschonte hier Niemanden. — Sieh, da auf seinem zerbrochenen Webstuhle sitzt der Arbeitsmann. Neben ihm auf etwas Stroh liegt die Leiche seines ältesten Sohnes; ein anderes Kind umfaßt seine Kniee und fleht um Speise, etwas weiter ab sitzt die Mutter; sie drückt ihren Säugling an die Brust und befeuchtet seine dürren Lippen mit ihren Thränen. Arme Frau! ihr Mutterherz blutet; denn sie sieht die Augen ihres Kindes brechen und fühlt, daß es in ihren Armen sterben muß. Wehe! Wehe! mitten zwischen der stummen Familie steht ein fürchterliches Gespenst und lacht grinsend: es ist der unerbittliche Tod, der lauernd auf seine Beute wartet . . . [Bruchstück aus einem Vortrage, welchen der Verfasser zu Antwerpen zum Besten der Nothleidenden in Flandern gehalten.]«
Als der Leser bis an diese Stelle des Zeitungsartikels gekommen war, wurde er durch die stürmischen Ausrufe einer lärmenden Gesellschaft unterbrochen, worunter sich einige seiner Freunde befanden, die ihm fröhlich die Hände drückten.
Das Tagblatt wurde bei Seite gelegt und man sprach lachend von weniger traurigen Dingen.
Die beiden Jünglinge hatten« schweigend zugehört; endlich stand einer derselben auf und sagte zu seinem Begleiter:
»Komm', Franz, laß uns gehen, es wird sonst dunkel, ehe wir zu Hause ankommen. Ich weiß nicht, das Lachen dieser Leute schneidet mir durch das Herz.«
Außerhalb des Wirthshauses, nachdem sie eine Weile stillschweigend vorangeschritten waren, bemerkte der Andere:
»Virtor, wie bist Du nun auf einmal so traurig geworden? Sicher, das Loos der armen Leute in Flandern ist zu beklagen, aber wir können ihnen doch nicht helfen.«
»Ach, wenn ich reich wäre!« seufzte Viktor. »Wie glücklich würde ich sein, denn ich könnte dann den unglücklichen Brüdern in Flandern zu Hilfe eilen!i«
»Das würde schwerlich angehen!«
»Mit Geld kann man Alles, Franz. Ich kaufte dann in Brüssel einen großen Wagen und packte ihn voll Eßwaaren; ich zöge mit demselben nach Flandern, in die Umgegend von Thielt und Deerlik, weil man sagt, dort herrsche das größte Elend. Dort zöge ich von Haus zu Haus, um die sterbenden Familien aufzusuchen, und dort würde ich dann als Engel des Trostes den Verzweifelnden die Worte zurufen: Lebt Gott und seid froh, hier ist Nahrung und Leben!«
»Willst Du nun weinen, Virtor?«
»Ich kann an so viel Leid nicht denken, ohne in mir eine tiefe Rührung zu fühlen.«
»Aber wenn Du nun wirklich reich wärest, was könnte das helfen? Aus allen Städten des Landes sendet man große Summen nach Flandern; die Kaufleute an der Börse von Antwerpen haben an einem einzigen Tage mehr als achtzigtausend Franken gezeichnet, die Regierung kommt den ärmsten Gemeinden zu Hilfe . . . und dies Alles verhindert nicht, daß dort noch hunderttausend Menschen Hunger leiden; — was wirst Du denn wohl mit einem einzigen Wagen voll Nahrungsmittel ausrichten?«
»Es ist wahr,« seufzte Virtor enttäuscht, »der Mensch ist, ohnmächtig gegen die schreckliche Plage.«
Aber einen Augenblick darnach fügte er mit Kraft und Ueberzeugung hinzu:
»Und doch, um Tausende von Menschen zu retten, muß man mit einigen beginnen. O« könnte ich nur zehn von der Hungersnoth befreien, ich würde glücklich darüber sein mein Leben lang!«
»Aber wir können es nicht und haben darum Unrecht, deshalb zu trauern. Laß uns von etwas Anderem sprechen . . . Ist es wahr, daß Dein Vater seine Stelle auf der Fabrik zu St. Gilles verlassen will?«
»Ja, Franz, es ist wahr, mit dem Ende des Monats wird er Werkführer bei dem reichen Kaufmann Greps in der flämischen Straße. Er ist sehr zufrieden mit dieser Aenderung, denn er bezieht gegen fünfhundert Franken mehr wie früher; auch braucht er nicht mehr so weit zur Arbeit zu gehen, denn von Moolenbeek [Moolenbeek ist eine Vorstadt Brüssels.] bis zur flämischen Straße ist nicht so weit. Du solltest mal sehen, wie froh meine Mutter darüber ist! Und mit Grund, denn die Geschäfte in unserm Laden gehen in dieser theuren Zeit nicht besonders, und sie meint, daß es meinem Vater nicht unmöglich sein werde, mich im nächsten Jahre als Kaufmannslehrling auf dem Comptoir des Herrn Greps unterzubringen,«
»Du weißt wohl, Victor,« sagte der andere, »daß mein Vater vorhatte, aus mir einen Commis-Voyageur zu machen. Dieser Plan ist nun auch verändert, denn mein Onkel, der Thierarzt, will haben, daß ich die Universität besuche, um Doctor zu werden. Er will die Kosten mit bezahlen helfen. Ich habe aber nicht viel Lust dazu: Tag und Nacht Kranke besuchen und Menschen sterben sehen und nichts hören als Weinen und Jammern!«
»Wäre ich an Deiner Stelle, Franz, ich würde das gerne und mit Freuden thun. Kranke heilen, Leidende trösten, was gibt es Schöneres und Herrlicheres auf der Welt?«
So schritten sie voran und sprachen über dieses und jenes, ohne jedoch die fröhliche Gemüthsstimmung von früher wieder zu finden.
Die Sonne war inzwischen untergegangen, und ein grauer Nebel kündigte das Einbrechen der Dämmerung an.
Sie konnten noch eine Viertelstunde von der Vorstadt Moolenbeek entfernt sein, als Viktor voll Bestürzung sagte:
»Franz, Franz, sieh einmal da vor uns im Graben am Wege!«
»Was meinst Du?«
»Die Frau mit ihren Kindern.«
»Nun, es ist eine Bäuerin, die dort ausruht.«
»Ruht man so auf dem eiskalten gefrornen Erdboden? Nein, es sind arme Leute und sie beben vor Kälte. Sieh, wie sie da zusammengekauert sitzen! Mich dünkt, ich sehe, wie sie zittern und sich vor Frost schütteln!«
Die beiden Burschen schritten voran und näherten sich nach und nach der Frau, die sich am Wege niedergesetzt hatte. Es mußte eine Mutter sein, denn sie hielt einen Knaben von drei oder vier Jahren auf ihrem Schooß und drückte ihn an ihre Brust, während ein Mädchens von elf oder zwölf Jahren mit dem blonden Lockenkopfe an ihre Schulter sich lehnend, zu schlafen schien.
Die Kleidung dieser Leute, obschon sehr ärmlich und unzureichend gegen die scharfe Kälte, ließ doch den Gedanken nicht aufkommen, daß sie gewöhnliche Bettler seien. Daher zauderte Victor auch, das Wort an sie zu richten, und er wäre vielleicht, ohne sie anzureden, vorübergegangen, denn die Frau hielt den Blick trostlos zur Erde geschlagen, und die Kinder regten sich nicht; aber als er sah, daß aus den Augen der Frau stille Thränen rannen, blieb er stehen und fragte mit einer vor Mitleid gerührten Stimme:
»Frau, warum weint Ihr?«
Ein trauriges Schütteln des Kopfes und ein tiefer Seufzer war die einzige Antwort, die er bekam. Wenn die Frau auch der Hilfe bedurfte, so mochte sie doch denken, daß sie diese nicht erwarten konnte von zwei jungen Burschen, die kaum selbst den Kinderschuhen entwachsen waren. Wie es schien, war sie ganz muthlos.
»Sagt es mir doch,« bat Victor beinahe flehend.
»Ich sehe wohl, daß Ihr unglücklich seid.«
»Ja, ja, unglücklich, elend, verlassen von Gott und den Menschen!« seufzte die Frau.
»Aber, liebe Frau, Ihr könnt doch heute Nacht nicht mit Euren armen Kindern hier auf dem gefrorenen Erdboden sitzen bleiben.«
Auf diese Frage kam wieder keine andere Antwort, als ein peinlicher Seufzer und neue Thränen.
Ohne Zweifel hatte die sanfte, freundliche Stimme von Victor Anklang in dem Herzen des kleinen Mädchens gefunden, denn es schien aus seinem Schlummer auszumachen und betrachtete den Unbekannten mit einem Blick voll freudiger Erwartung. Das Kind war schrecklich abgemagert, seine eingefallenen Wangen waren bleich und blutlos; seine blauen Augen schienen zu verschwinden unter den hervorquellenden Thränen, die ihren Glanz verdunkelten, aber trotz der Magerkeit und der geisterhaften Blässe war das Mädchen überaus schön, und der dankbare Blick seiner umflorten Augen, das stille erwartungsvolle Lächeln um die fein geschnittenen Lippen waren so reizend und so rührend, daß Victor tief in seiner Seele davon getroffen wurde.
Er wiederholte darum seine Frage mit noch mehr Mitleiden und in dringenderem Tone:
»Aber, Frau, Ihr könnt doch nicht die ganze Nacht hier sitzen bleiben? Ihr würdet ja erfrieren.«
»Schenkt Gott uns nach dieser Ruhe etwas Kraft, dann werde ich irgendwo bei einem Bauern anklopfen und ihn bitten, er möge uns doch in seiner Scheune schlafen lassen, aber auch diese Wohlthat wurde uns bereits so oft verweigert.«
»Komm Ihr aus Flandern, Frau?«
»Ja, junger Herr! Ich hoffte in Brüssel Hilfe zu finden, aber die Stadtwache hat mich aus dem Thore getrieben und mich bis hinter Moolenbeek gebracht. Nach einer langen, traurigen Reise, ohne andere Nahrung als ein Stückchen trockenes Brod, sitzen wir hier ermattet und ohne alle Hoffnung . . . «
Victor fuhr mit der Hand in die Tasche, um sein Geld zu befühlen oder zu zählen, und sagte, indem er der Frau die Hand reichte:
»Kommt, Mütterchen, Ihr müßt aufstehen; ich bin zwar nur ein Junge und habe nicht viel Geld, aber ich will Euch doch helfen.«
»Ach, junger Herr,« seufzte die Frau, »ich weiß nicht, was Ihr für uns thun wollt, aber seid tausendmal bedankt für Eure Barmherzigkeit.«
Franz neigte sich über die Schulter seines Freundes und sagte ihm etwas in's Ohr.
»Wie?« widersprach ihm Victor, »wir sollten eine arme Frau mit ihren zitternden Kindern vor Hunger sterben und vor Kälte umkommen lassen? Und wir haben ja Geld, wenn es auch nur wenig ist . . . Nein, nein, Frau, Ihr sollt hier nicht bleiben, Ihr sollt diesen Abend ordentlich zu essen haben!«
Franz, der bis jetzt noch gar keinen Antheil an dieser guten That genommen hatte und vielleicht Reue über seine Kaltherzigkeit fühlte, griff nun auch zu und half die Frau aufrichten; sein Freund hätte Recht, sagte er leise, denn man dürfe seinen Nebenmenschen nicht grausam leiden lassen, wenn man ihm vielleicht schon mit einem einzigen Franken aus der Noth helfen könne.
Sie waren nun auf die Straße getreten und schlugen den Weg nach Brüssel ein. Dieses schien die arme Frau zu erschrecken. »Nach Brüssel?« murmelte sie, »man wird mich von dort wieder fortjagen!«
»Ja, nach Brüssel,« antwortete Viktor, »oder doch nach der Vorstadt Moolenbeek. Fürchtet nichts; ich weiß dort ein Wirthshaus, wo man sehr wohlfeil die Leute beherbergt. Ihr sollt dort essen und schlafen, so viel Geld habe ich noch. Beruhigt Euch nur, Mutter, es ist nur zehn Minuten von hier.«
»Wenn es nur für eine Nacht ist, dann will ich die Hälfte bezahlen,« rief Franz.
»Thut mit uns, wie es Euer gutes Herz Euch eingibt,« sagte die Frau. »Wir können Euch nur segnen für die Wohlthat, die Ihr uns erweist, aber glaubt mir, es ist ein Gott im Himmel, der Euch die Schuld der armen Mutter bezahlen wird.«
Sie begaben sich aus den Weg.
Viktor hatte das kleine Mädchen bei der Hand gefaßt. Nachdem er dem Kinde einige tröstende Worte zugesprochen hatte, fragte er dasselbe nach seinem Namen.
»Ich heiße Mietje [Mietje, = Mietchen, Miechen; Abkürzungen und Verkleinerung von Maria, Mia, Mie, und daher unser »Mariechen.« ] Kornblume, Herr,« antwortete das Mädchen mit seiner lieblichen Silberstimme.
»Mietje Kornblume? Das ist ein passender Name, denn Du bist auch ein schönes Kind mit Deinen himmelblauen Augen und Deinen blonden krausen Haaren,« sagte Victor schmeichelnd, wahrscheinlich um dem Kinde Muth und Vertrauen einzuflößen.
»Bekommen wir etwas zu essen, Herr?« fragte das Kind. »Und können wir auch schlafen? In einem Bette?«
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