Frausein zur Ehre Gottes

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Frausein zur Ehre Gottes
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Hanna-Maria Schmalenbach

Frausein zur Ehre Gottes

In jeder Kultur anders?


ZU DIESEM BUCH

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau. Gab er ihnen dabei auch eine Schöpfungsordnung mit, die Mann- und Frausein definiert und die Beziehung der Geschlechter zeitlos für alle Kulturen regelt? Welche Rolle spielt die Sünde des Menschen; welche Rolle spielen kulturelle Einflüsse? Und welche Veränderungen im Geschlechterverhältnis können wir durch das Heil in Jesus Christus erwarten?

Um diese und ähnliche Fragen wird bis heute gerungen, vor allem im Blick auf die Stellung der Frau und ihren Handlungsspielraum in der Gemeinde. Frausein zur Ehre Gottes – das ist der Wunsch vieler Frauen! Aber was heißt das konkret: in jeder Kultur etwas anderes?

Hanna-Maria Schmalenbach zeichnet das biblische Frauenbild im Zusammenhang der Heilsgeschichte und vor dem Hintergrund der damaligen Kulturen nach. So ergeben sich überraschende Erkenntnisse und Orientierungshilfen, wie Frauen in den Kulturen unserer Zeit ihr Leben zu Gottes Ehre gestalten können.

STIMMEN ZU DIESEM BUCH

Ausgezeichnet mit dem George-W.-Peters-Preis des Evangelischen Forums für Mission, Kultur und Religion

„Keine Studie zum Dienst der Frau in der Gemeinde vereint Erkenntnisse aus humanmedizinischer, interkultureller, historischer und biblischer Sicht so gut wie die von Frau Dr. Schmalenbach. Wer diese Untersuchung ernst nimmt, wird seine Stellung zum Dienst der Frau neu bedenken müssen. Niemand, der mit dieser Frage zu tun hat, sollte an dieser Darstellung vorbeigehen.“

Dr. Helmuth Egelkraut (1938–2018)

„Um es gleich vorweg zu sagen: Das Buch von Hanna Schmalenbach ist eines der klügsten Bücher über die ‚Frauenfrage‘, das ich seit langem gelesen habe – und glauben Sie mir, ich kenne viele!

Die Autorin war als Missionsärztin in Mexiko tätig. Die indigenen Frauen suchten nach einer Art Antwort auf die Frage, wie die Rollen und Aufgaben einer christlichen Frau aussehen könnten.

Gründlich und mit großer Genauigkeit betrachtet die Verfasserin die relevanten Bibelstellen, ohne den größeren Zusammenhang der Texte aus dem Blick zu verlieren. Der wissenschaftliche Charakter des Buches hemmt keineswegs den Lesefluss. Es gelingt der Autorin, die geistlichen Erkenntnisse ihrer Forschungsergebnisse auf die indigene Kultur anzuwenden und auch auf unsere westliche Kultur zu übertragen.

Wie gesagt, ein kluges Buch, das helfen kann, unsere Rolle als Frauen neu zu entdecken.“ Monika Kuschmierz in der Zeitschrift Joyce

„Die Frage nach dem Lehr- und Leitungsdienst von Frauen innerhalb der Gemeinde ist im evangelikalen Kontext nach wie vor heiß umstritten. Die Fülle der Literatur und Standpunkte zu dieser Thematik sind geradezu überwältigend. Dennoch gibt es meiner Erfahrung nach nur wenig wirklich empfehlenswerte Literatur, die sich mit dieser – für viele begabte Christinnen sehr existenziellen – Frage sachgemäß auseinandersetzt.

Mit dem Buch von Hanna Schmalenbach ist nun ein Beitrag zur Thematik erschienen, der sich durch großen Respekt vor dem biblischen Zeugnis, ein tiefes Verständnis kultureller Zusammenhänge und eine gründliche Kenntnis der bisherigen Diskussion zum Thema auszeichnet. Frau Dr. Schmalenbach beschränkt sich weder allein auf bestimmte viel zitierte Einzeltexte, noch übergeht sie diese oft als problematisch empfundenen Stellen einfach. Vielmehr kommt sie durch gründliches Studium des biblischen Gesamtbefundes zu einem theologisch verantwortbaren Urteil, das hoffentlich vielen Frauen – und Männern! – in Gemeinden und Leitungskreisen zu einer guten Orientierungshilfe wird.

Darüber hinaus ist ihre Arbeit für ein theologisches Sachbuch außergewöhnlich flüssig geschrieben und sehr angenehm zu lesen.

Für mich ist diese Buch definitiv die beste und überzeugendste Arbeit zur ‚Frauenfrage‘, die ich bisher kennen gelernt habe!“

Rezension einer Kundin

ZUR AUTORIN

Dr. med. Hanna-Maria Schmalenbach lebte mit ihrer Familie 14 Jahre als Missionsärztin und Pioniermissionarin in einem indigenen Volk in Mexiko. Danach studierte sie am deutschen Zweig der Columbia International University in Korntal Missiologie (M. A.) und promovierte an der University of South Africa (DTh, Missiology). Vier Jahre war sie als Dozentin in Korntal tätig und anschließend neun Jahre als Dozentin und Studienleiterin an der Mission Academy der Kontaktmission (Wüstenrot).

Gemeinsam mit ihrem Mann Dr. med. Karl-Heinz Schmalenbach begleitet sie ein einheimisches Missionarsteam in Mexiko und unterrichtet dort an einem Bibelinstitut das Fach Mission.

Hanna-Maria Schmalenbach engagiert sich in Leitungsgremien verschiedener Missionswerke und ist Gemeindereferentin in der Freien evangelischen Gemeinde Tübingen.

IMPRESSUM

Dieses Buch als E-Book: ISBN 978-3-86256-784-3

Dieses Buch in gedruckter Form:

ISBN 978-3-86256-168-1, Bestell-Nummer 590 168

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.d-nb.de abrufbar

Bibelzitate, soweit nicht anders angegeben, wurden der Übersetzung von F. E. Schlachter (AT 1951, NT 2000) entnommen. Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft

Umschlaggestaltung: spoon design, Olaf Johannson

Umschlagabbildung: Zolotarevs/Shutterstock.com

Satz: Neufeld Verlag

2., durchgesehene Auflage 2021

© 2021 Neufeld Verlag, Sauerbruchstraße 16, 27478 Cuxhaven

Eine erste Auflage dieses Buches erschien 2007 unter dem Titel Frausein zur Ehre Gottes im Kontext verschiedener Kulturen im Verlag der Francke-Buchhandlung, Marburg

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages

www.neufeld-verlag.de

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INHALT

Zu diesem Buch

Stimmen zu diesem Buch

Zur Autorin

Impressum

Vorwort zur zweiten Auflage

Einleitung

1. Frausein zur Ehre Gottes – Das Spannungsfeld der Diskussion

1.1 Das Spannungsfeld der biblischen Aussagen zur Frau

1.1.1 Die Einbettung der Aussagen in das Gesamtanliegen der Schrift

1.1.2 Zeitlose und situationsgebundene Aussagen

1.1.3 Die „inspirierte Doppeldeutigkeit“ der Aussagen

1.2 Das Spannungsfeld hermeneutischer Entscheidungen

1.2.1 Der gewählte Zugang zu den biblischen Aussagen

1.2.2 Die Zuordnung der biblischen Aussagen zu den Abschnitten der Heilsgeschichte

1.2.3 Die Wertung und Gewichtung einzelner biblischer Aussagen

1.2.4 Die Unterscheidung zwischen überkulturell-normativen und kulturgebunden-deskriptiven Aussagen

1.3 Das Spannungsfeld theologischer Entscheidungen

1.3.1 Die Autorität der Heiligen Schrift bei der Auslegung ihrer Anweisungen

1.3.2 Das Selbstverständnis des Auslegers im hermeneutischen Prozess

 

1.3.3 Die Bewertung des Beitrags von Natur- und Humanwissenschaften zu theologischen Fragestellungen

1.3.4 Die Einschätzung der Beziehung zwischen Gemeinde und Gesellschaft

1.3.5 Die Bewertung der Tradition

1.4 Grundfragen zu Geschlechtsunterschieden

1.5 Zusammenfassende Bemerkungen

2. Frausein und Kultur

2.1 Das Wesen von Kultur

2.1.1 Definition von Kultur

2.1.2 Universale kulturelle Gemeinsamkeiten

2.1.3 Die Struktur einer Kultur

2.1.4 Kulturveränderung

2.1.5 Kultur aus der Perspektive der Heiligen Schrift

2.2 Die Rolle der Frau als Kulturmerkmal

2.2.1 Das kulturelle Grundmuster der Geschlechterrollen

2.2.2 Zum Ursprung des kulturellen Grundmusters

2.2.3 Kulturbedingte Einflussfaktoren auf die Rolle der Frau

2.2.4 Zusammenfassung

3. Frausein zur Ehre Gottes im Kontext – Eine Gesamtschau der biblischen Aussagen

3.1 Der hermeneutische Zugang

3.2 Die Schöpfung – der ursprüngliche Entwurf

3.2.1 Die hermeneutische Problematik

3.2.2 Genesis 1,26–27: Der Mensch als Gottes Ebenbild in zwei Geschlechtern

3.2.3 Genesis 1,28–31: Der gemeinsame Auftrag

3.2.4 Genesis 2,7–25: Einzelheiten zum Ursprung und Wesen der Geschlechterbeziehung

3.2.5 Die Schöpfungsordnung nach Genesis 1 und 2

3.3 Der Sündenfall und seine Folgen

3.3.1 Die hermeneutische Problematik

3.3.2 Genesis 3,1–6: Der Fall

3.3.3 Genesis 3,7–24: Die Rolle von Mann und Frau nach dem Fall

3.3.4 Zusammenfassende Darstellung der biblischen Aussagen zur Frau vor dem Entstehen von menschlichen Kulturen

3.4 Die Stellung der Frau nach dem Sündenfall

3.4.1 Adam benennt seine Frau

3.4.2 Die Stellung der Frau in den frühesten Kulturen der Menschheit

3.4.3 Die Stellung der Frau bei den Erzvätern

3.4.4 Die Stellung der Frau in Ägypten

3.4.5 Die Stellung der Frau im Bundesvolk Gottes

3.4.6 Die Stellung der Frau im nachexilischen Judentum

3.5 Die Stellung der Frau bei Jesus

3.5.1 Jesus brachte den ursprünglichen Willen Gottes zum Ausdruck

3.5.2 Jesus legte den Keim für eine geheilte Geschlechterbeziehung im Reich Gottes

3.6 Die Auswirkungen der Erlösung auf die Stellung der Frau

3.6.1 Die geistliche Wirklichkeit der Glaubenden

3.6.2 Die Bedeutung der Erlösung für die Frau

3.7 Die Stellung der Frau zwischen dem „Schon jetzt“ und dem „Noch nicht“

3.7.1 Das Leben des Christen in der Spannung

3.7.2 Das Geschlechterverhältnis in der Spannung

3.7.3 Das Geschlechterverhältnis in der Missionssituation

3.8 Eine heilende Geschlechterbeziehung in der ersten Missionssituation

3.8.1 Das kulturelle Klima der römisch-hellenistischen Welt

3.8.2 Einflussfaktoren auf die Stellung der Frau im römisch-hellenistischen Reich

3.8.3 Prinzipien und Herausforderungen bei der Gestaltung der Geschlechterbeziehung in den Missionsgemeinden des Apostels Paulus

3.8.4 Praktische Anweisungen für sensible Stellen im Geschlechterverhältnis

3.9 Zusammenfassende Gedanken zum gesamtbiblischen Befund

4. Frauen in der Geschichte der Kirche

4.1 Die ersten 500 Jahre

4.2 Die Frau in der Kirche des Mittelalters

4.3 Die Frau zur Zeit der Reformation

4.4 Im Wandel von Gesellschaft und Kirche nach der Reformation

4.5 Die Stellung der Frau in der protestantischen Missionsbewegung

5. Praxis: Ein biblisches Frauenbild kontextualisieren

5.1 Die eigene Standortbestimmung

5.1.1 Die Auseinandersetzung mit der eigenen Weltsicht

5.1.2 Die gründliche Untersuchung des biblischen Befundes

5.2 Das Verständnis der Geschlechterbeziehung in der Gastkultur

5.2.1 Das universale Geschlechtermuster erwarten

5.2.2 Die Geschlechterbeziehung der Gastkultur im Einzelnen erfassen

5.3 Schritte zu einem schriftgemäßen und kulturrelevanten Frauenbild

5.3.1 Sich in die Ausgangslage der kulturellen Gegebenheiten vor Ort einfügen!

5.3.2 Für eine gründliche, umfassende und angemessene biblische Lehre sorgen!

5.3.3 Die einheimischen Geschwister ermutigen, die Praxis ihrer Geschlechterbeziehung anhand der Bibel auszuwerten und kulturentsprechend auf das Ziel hin zu verändern!

Nachwort: Ausblick zur weiteren Entwicklung der Diskussion um die Stellung der Frau in den christlichen Gemeinden der westlichen Welt

Bibliografie

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Über den Neufeld Verlag

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE

Dieses Buch ist ursprünglich nicht für einen öffentlichen Leserkreis entstanden, sondern als missiologische Masterarbeit an der Akademie für Weltmission in Korntal, in der ich für mich selbst und meine Mitarbeiterinnen aus dem indigenen Volk der Tutunakú in Mexiko der Frage nachgehen wollte, was eigentlich Frausein zur Ehre Gottes bedeutet und welche Rolle Kultur dabei spielt.

Gibt es eine göttliche Schöpfungsordnung, in der die Frau in der Ehe und auch in der Gemeinde Jesu Christi dem Mann grundsätzlich untergeordnet ist? Oder ist eine solche Ordnung womöglich ein Kulturphänomen, das sich erst nach dem Bruch zwischen Gott und Mensch in den Völkern der Erde ausgeprägt hat und von Auslegern der Heiligen Schrift als Schöpfungsordnung missverstanden wurde? Solche und ähnliche Fragen begannen mich umzutreiben, als ich im missionsärztlichen Dienst in der Volksgruppe der Tutunakú in Mexiko miterlebte, wie erst im Rahmen der christlichen Lehre eine bewusst hierarchische Geschlechterbeziehung als „biblische Ordnung“ eingeführt wurde, die es vorher bei den Tutunakú in dieser Form nicht gegeben hatte, und wie diese dann begabte und aktive Frauen in innere Konflikte brachte zwischen ihrem kulturellen Empfinden und ihrem Wunsch, Gottes Willen zu erkennen und zu tun.

Nach meiner Rückkehr aus Mexiko wurde mir bewusst, dass eine ähnliche Problematik auch viele Christen in Deutschland beschäftigt: Die Gesellschaft hat sich die Gleichberechtigung von Mann und Frau zum Ziel gesetzt, und unter jüngeren Menschen scheint diese auch selbstverständlich im kulturellen Empfinden verankert zu sein. Während viele christliche Kirchen und Gemeinden diese Entwicklung als evangeliumsgemäß begrüßen, bedeutet sie für manche eine besondere Herausforderung. Entsprechend ihrem Verständnis der Heiligen Schrift sehen sie in dieser Entwicklung eine nicht akzeptable Abweichung von der göttlichen Schöpfungsordnung, der sie sich verweigern müssen. Sich in dieser Frage der Heiligen Schrift noch einmal offen zuzuwenden, um das eigene Verständnis des biblischen Frauenbildes erneut an den biblischen Aussagen zu überprüfen, fällt oft schwer. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob eine hierarchische Geschlechterordnung in der Tat der göttlichen Schöpfungsordnung entspricht und deshalb um jeden Preis verteidigt werden muss, oder ob sie als Ausdruck kultureller und sündiger Strukturen verändert werden kann und gar sollte, ohne dem Willen Gottes zuwider zu handeln. Die Klärung dieser Frage greift tief in das evangelische Schriftverständnis konservativer Prägung hinein und wird unter anderem deshalb so kontrovers und leidenschaftlich diskutiert.1

 

An dieser Stelle möchte ich all den engagierten Männern und Frauen danken, die mir in zahllosen Gesprächen den Blick für die Komplexität, Reichweite und auch Emotionalität dieser Thematik geschärft haben und mich mit ihrem großen Interesse zu dieser Arbeit ermutigt haben, obwohl mich die Schwere und Vielschichtigkeit des Themas sowie die eigene Betroffenheit manchmal fast erdrücken wollten.

Meinen Dozenten an der Akademie für Weltmission in Korntal (jetzt European School of Culture and Theology) bin ich von Herzen dankbar für das vielseitige Handwerkszeug, das sie mir während meines Studiums für diese Arbeit in die Hand gegeben haben, und für ihre engagierte Begleitung während der Verfassung dieser Arbeit durch ermutigende Gespräche, Literaturhinweise und nicht zuletzt durch ihr anschauliches Vorbild einer natürlichen, partnerschaftlichen Geschlechterbeziehung unter Geschwistern in Christus.

Mein besonderer Dank gilt meinem geliebten Mann, der mir in vielen Gesprächen bei jedem Schritt dieser Arbeit Mut machend zur Seite stand und sie so zu einem wichtigen Stück unseres gemeinsamen Weges werden ließ.

Die erste Auflage dieses Buches wurde mit großem Interesse, ja vielfach mit Begeisterung und Erleichterung aufgenommen und hat vor allem Frauen Mut gemacht, ihre Gaben mit neuer Zuversicht und Gewissheit im Dienst für Gott einzusetzen.

Seither sind 14 Jahre vergangen, und man sollte meinen, dass die Themen um die Stellung und den Dienst der Frau in Ehe und Gemeinde einer neuen Selbstverständlichkeit des gemeinsamen und partnerschaftlichen Dienstes von Mann und Frau Platz gemacht hätten. Leider ist das nicht überall der Fall. Vielmehr taucht die grundsätzliche Frage nach der göttlichen Geschlechterordnung und ihren Konsequenzen für Mann und Frau in Ehe und Gemeinde immer wieder auf und führt in christlichen Gemeinden zu tiefen Konflikten und Spaltungen. Dass diese Frage vielfach mit der Stellung eines Christen zur Autorität der Heiligen Schrift und mit Begriffen wie „Gehorsam Gottes Ordnung gegenüber“ und „Bibeltreue“ verbunden wird, gibt ihr ein großes Gewicht.

Diese Entwicklung hat mich bewogen, eine zweite Auflage des inzwischen vergriffenen Buches anzustreben. Ich danke dem Neufeld Verlag von ganzem Herzen, dass das möglich wurde.

Dazu habe ich das ganze Buch nochmals durchgesehen, inzwischen erschienene Literatur eingearbeitet und entsprechend dem heutigen Sprachgebrauch auch manche sprachlichen Änderungen vorgenommen.

Die ersten beiden Kapitel sind nach wie vor eher von wissenschaftlichem (theologischem, kulturwissenschaftlichem und entwicklungsbiologischem) Interesse. Wer ein solches Interesse nicht hat, sondern vor allem die biblische Argumentation zum Thema verfolgen möchte, sei dazu ermutigt, ohne Verlust bei Kapitel 3 zu beginnen!

Nun ist es mein Gebet, dass auch diese zweite Auflage zur Orientierungshilfe wird für diejenigen, die nach Gottes Willen im Blick auf das Geschlechterverhältnis und die Stellung der Frau suchen. Das gilt in besonderer Weise auch für die, die sich mit dieser Frage in einem Kulturkontext beschäftigen, der nicht ihr eigener ist.

Hanna-Maria Schmalenbach

1 Ebenfalls heftig und leidenschaftlich findet eine ähnliche Diskussion auch unter Katholiken statt (Berger 2012, 11; Lobo Gajiwala 2012; Wendel 2016, 41).

EINLEITUNG

Die Frage nach dem höchsten Lebensziel eines Christen beantwortet der Apostel Paulus so: „… dass wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit…“ (Eph 1,12). Das Leben des Christen darf und soll die Größe, Heiligkeit und den unbeschreiblichen Wert Gottes auf dieser Welt zum Ausdruck bringen. Das geschieht mitten im Leben in den vielfältigen Bezügen des Alltags in einer spezifischen kulturellen und gesellschaftlichen Situation mit ihren Pflichten und Erwartungen.

„Nun führt euer Leben würdig des Evangeliums von Christus…“ (Phil 1,27), ermahnte Paulus dementsprechend die Gläubigen der christlichen Gemeinde in Philippi und erinnerte sie an ihre wegweisende Funktion als „Lichter in der Welt“ (Phil 2,15). Für die jungen Christen aus einer polytheistischen Gesellschaft war es eine große Herausforderung, als „untadelige Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts“ (Phil 2,15) nach völlig anderen Maßstäben zu leben, als sie es bisher gewohnt waren, und dabei gleichzeitig nach dem Vorbild des Apostels „in allen Stücken allen zu Gefallen zu leben…, damit sie gerettet werden“ (1Kor 10,33).

Beim Übergang des Evangeliums aus dem vorwiegend jüdischen Kontext in den multikulturell-hellenistischen der verschiedenen Orte im Römischen Reich durchdachte der Apostel im Blick auf die jeweiligen spezifischen Situationen der neuen Gemeinden die praktischen Implikationen des Evangeliums und suchte gemeinsam mit den Gläubigen vor Ort nach Lösungen für ihren Lebensvollzug. Diese sollten einerseits dem Evangelium ganz entsprechen, gleichzeitig aber in ihrem kulturellen Umfeld verstanden werden und keine unnötigen Hindernisse für die Ausbreitung des Evangeliums bedeuten. Dabei musste Paulus langfristig auch die Konsequenzen für die sozialen Ordnungen des öffentlichen Lebens im Blick haben (Marshall 1981, 21; Neill 1981, 7; Westfall 2016, 160–161). In den Briefen des Apostels, besonders deutlich in 1. Korinther 8–10, werden wir Zeugen dieses Ringens.

Menschen, die heute im interkulturellen Kontext die Botschaft des Evangeliums weitergeben, sehen sich vor ähnliche Aufgaben gestellt, wenn junge Christen aus einer anderen Kultur sie in ihre eigenen Fragestellungen an dieser Stelle einbeziehen und nach Lösungen fragen für die Umsetzung des Evangeliums in ihrem spezifischen Kontext. Das Vorgehen des Apostels Paulus ist dabei ihre wichtigste Orientierungshilfe.

Mitarbeiter im interkulturellen Dienst müssen sich allerdings dabei mit zwei Hindernissen auseinandersetzen: zum einen mit dem historisch-kulturellen Abstand der Kultur ihrer Gegenüber zur Welt des Hellenismus im ersten Jahrhundert, in die der Apostel hineinsprach, und zum anderen mit ihrer eigenen kulturellen Prägung, die nicht zum Maßstab werden darf, nach dem die Menschen anderer Kulturen „des Evangeliums würdig“ leben sollen. Hier ist viel Feingefühl und Demut gefragt, deren Fehlen christlichen Mitarbeitern aus westlichen Kulturen von einheimischen Christen und Theologen vielfach und zunehmend angekreidet wird (Stott 1981, vii).2 Dieser Prozess des Ringens um eine angemessene „Übersetzung“ (Nicholls 1979, 65) des Evangeliums in verschiedene Kulturen spielt seit dem Lausanner Kongress (1974) in der evangelischen Missiologie eine wichtige Rolle (Beyerhaus et al. 1974, 15). Für diesen Vorgang wurde der Begriff Kontextualisierung eingeführt, der allerdings bisher nicht in allen christlichen Kreisen eine uneingeschränkt positive Aufnahme gefunden hat (Nicholls 1979, 21; Conn 1984, 163).3

Die Beziehung zwischen Evangelium und Kultur ist in den letzten Jahrzehnten, vor allem auf Anregung nichtwestlicher Theologen, vielfach thematisiert worden, besonders intensiv auf einer vom Lausanner Komitee für Weltevangelisation zu diesem Thema gestalteten internationalen Konferenz in Willowbank auf den Bermudas im Jahr 1978.4

Das Anliegen der diesem Buch zugrunde liegenden Arbeit setzt bei der komplexen Fragestellung an, in welchem Verhältnis Evangelium und Kultur im Blick auf die Rolle der Frau stehen, und wie in der christlichen Gemeinde ein schriftgemäßes Frauenbild in verschiedenen Kulturen zum Ausdruck gebracht werden kann. Grundsätzlicher noch muss dabei gefragt werden, in welchem Verhältnis der Wille des Schöpfers und Erlösers zu kulturell definierten geschlechtsspezifischen Rollen und Verhaltensweisen steht.

Anstoß, mich der komplexen und vieldiskutierten Thematik um die Rolle der Frau aus dieser interkulturellen Perspektive zu stellen, war, wie bereits erwähnt, mein eigenes Erleben in dem indigenen Volk der Tutunakú5 in Mexiko und besonders die gezielten und wiederholten Fragen junger Tutunakú-Christen nach dem biblischen Maßstab für die Geschlechterbeziehung. Bei den Tutunakú sind die Rollen von Mann und Frau zwar klar definiert und voneinander unterschieden; eine hierarchische Ordnung, in der die Frau dem Mann durchgehend untergeordnet und deshalb von bestimmten Tätigkeiten grundsätzlich ausgeschlossen ist, gibt es jedoch nicht.

Eine hierarchische „biblische Ordnung“ der Geschlechter wurde den jungen Christen durch Lehrer und Gastprediger aus der mexikanischen Hauptgesellschaft beigebracht, wo der Machismo nach wie vor das Empfinden der Menschen durchdringt. Sie wiesen die Tutunakú-Christen nachdrücklich auf die „gottgewollte“ Ordnung zwischen Mann und Frau und die entsprechenden Einschränkungen für den Dienst der Frau in der Gemeinde hin. Das warf viele Fragen auf. Durften Frauen also nicht wie Männer unbefangen ihre Erkenntnisse und Erfahrungen in den Versammlungen mitteilen? Mussten sie nun vorsichtig auf eine Ordnung achten, die ihnen vorher in diesem Zusammenhang gar nicht bewusst gewesen war? War das wirklich das Frauenbild der Heiligen Schrift?

In diesem Kontext wurde ich mir meiner eigenen Unsicherheit über den biblischen Befund einerseits und meiner großen Verantwortung als Rollenvorbild andererseits schmerzlich bewusst. In Gesprächen vor Ort zeigte sich immer wieder, dass bei dieser Frage die Spannung zwischen dem Schöpferwillen Gottes und dem Ausleben dieses Willens in verschiedenen Kulturen besonders deutlich zu spüren ist. Von meinen Tutunakú-Mitarbeiterinnen beauftragt, mich noch einmal gründlich mit dieser Thematik zu befassen, richtete ich während meines Studiums der Missiologie6 in jedem Fach mein besonderes Augenmerk auf diese Fragestellung. Dabei wurde mir klar, dass nur eine gesamt-biblische Schau, die auch die kulturellen Aspekte der einzelnen Aussagen zu diesem Thema ganz ernstnimmt, ein ausgewogenes Bild über den biblischen Befund ergeben kann. Eine solche Gesamtschau wollte ich anstreben. Ziel meiner Arbeit sollte es sein, aus einer missiologischen Perspektive Orientierungshilfe für die Bildung einer eigenen Position zur gottgewollten Rolle der Frau zu geben. Zugleich war es mein Anliegen, Leitlinien für ein biblisch-kulturrelevantes Frauenbild herauszuarbeiten, bei dem der Wille Gottes und die verändernde Kraft des Evangeliums deutlich werden, ohne dass ein kultureller Anstoß entsteht, der die Verkündigung des Evangeliums hindern könnte. Dabei sollte soll das Vorgehen des Apostels Paulus wegweisend sein.

Befragt man die Literatur über das „biblische Frauenbild“, so stellt sich heraus, dass in der westlichen Christenheit, die das theologische Denken der Welt bis zum Ende des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat, seit der Zeit der Kirchenväter bis in die 1960er Jahre hinein fast unangefochten das „traditionelle Verständnis“ zum Geschlechterverhältnis vorherrschte. Hierbei wurde von einer biblisch gebotenen generellen Unterordnung der Frau unter die Autorität des Mannes in Familie, Gesellschaft und Gemeinde ausgegangen und von einer klar definierten Rollenverteilung, die der Frau bestimmte häusliche Pflichten zuwies und sie von den meisten Ämtern der Gemeinde ausschloss. Begründet wurde diese Sicht aus den entsprechenden Anweisungen in den Briefen des Apostels Paulus. Den Grund für diese Anordnungen sah man bis ins 20. Jahrhundert hinein in der generellen Minderwertigkeit der Frau, von dem Arzt P. J. Möbius noch 1908 als „physiologischer Schwachsinn“ (Möbius 1908)7 bezeichnet. Später erkannte man die Gleichwertigkeit der Geschlechter aufgrund der Schöpfung an, bestand jedoch weiter auf einer gottgewollten hierarchischen Ordnung im Geschlechterverhältnis, die durch die schöpfungsbedingte grundlegende Verschiedenheit der Geschlechter begründet wurde (Piper und Grudem 1991, xiv). Ob dieses Frauenbild tatsächlich dem ganzen biblischen Befund entspricht oder möglicherweise Ausdruck der kulturellen Prägung des christlichen Abendlandes durch griechisch-römisches Gedankengut ist, ist seit den 1960er Jahren vielfach und zunehmend gefragt worden.

Anlass dazu war nicht nur die neue feministische Bewegung, die sich in den 1960er Jahren in der westlichen Welt formierte und in gesellschaftlichen und kirchlichen Kreisen zu heftigen Auseinandersetzungen um die „Frauenfrage“ führte (Piper und Grudem 1991, xiii), sondern auch das Erscheinen zahlreicher Werke, die neue Perspektiven für die Auslegung mancher schwer verständlichen Stellen im biblischen Befund eröffneten (Gundry 1987, 5). Die zunehmende Beteiligung von Frauen an der wissenschaftlichen Forschung trug maßgeblich zu dieser Horizonterweiterung bei. In vielen Fachgebieten wurden von ihnen Fragestellungen bearbeitet, die vorher nur wenig im Blickfeld der Forscher gewesen waren. So konnten Wissenslücken geschlossen und in der Folge manche biblischen Texte besser verstanden werden. Dies gilt besonders für detaillierte und aus Quellen gut belegte Informationen über die Situation und Stellung der Frau in der römisch-griechischen und der jüdischen Welt des ersten Jahrhunderts, die traditionelle Einschätzungen ergänzen und an manchen Stellen auch korrigieren. Beispiele sind die Werke von Sarah B. Pomeroy, Frauenleben im klassischen Altertum (1985), Tal Ilan, Jewish Women in Greco-Roman Palestine (1995), Jane F. Gardner, Frauen im Antiken Rom: Familie, Alltag, Recht (1995). Wesentliche Verständnishilfen über die Situation im Römischen Reich geben auch die Werke des britischen Althistorikers Bruce W. Winter After Paul Left Corinth (2001) und Roman Wives, Roman Widows (2003). Den religiösen Hintergrund der jungen Christen, an die Paulus schrieb, beleuchtet das Ehepaar Richard und Catherine Clark Kroeger in I Suffer Not a Woman (1992), das im Jahr 2004 in deutscher Sprache unter dem Titel Lehrverbot für Frauen? erschien. Ein neuerer wertvoller Beitrag ist die Monografie von Lynn H Cohick (2009), Women in the World of the Earliest Christians. Ein tiefes Verständnis für die Bedeutung und Geschlechtsabhängigkeit des Ehrgefühls im Römischen Reich vermittelt Carlin A. Barton in Roman Honor: The Fire in the Bones (2001).