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Buch lesen: «Tausend Und Eine Nacht», Seite 71

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Nun hatte der Neffe eine Wirtschafterin, die oft zu Subeida kam und der er schon viel Gutes erwiesen hatte; dieser sagte er: »O meine Mutter, wenn Subeida den schönen Jüngling sieht, wird sie mich nicht mehr als Gatten wollen, drum denke eine List aus, um ihn von ihr fern zu halten.« – »Bei dem Leben deiner Jugend«, rief die Wirtschafterin, »er darf ihr nicht nahe kommen.« Sie begab sich sogleich zu Ala und sagte ihm: »Mein Sohn! ich rate dir, dich der Frau nicht zu nähern, laß sie allein schlafen, ich bin sehr besorgt um deinetwillen.« – »Weshalb?« fragte Ala Eddin; die Frau antwortete: »Weil sie aussätzig ist und deine schöne Jugend anstecken könnte.« Sie ging dann zu Subeida und sagte ihr dasselbe von Ala, worauf Subeida antwortete: »Ich mag diesen Mann nicht, er soll nur für sich bleiben und morgen weitergehen.« Hierauf rief sie eine Sklavin und ließ Ala den Speisetisch vorsetzen. Als er mit der Mahlzeit zu Ende war, las er mit einer wohlklingenden Stimme eine Sura aus dem Koran. Subeida hörte ihm im Nebenzimmer zu und fand seine Stimme so lieblich, daß sie bei sich selbst dachte: Gott verdamme die Alte, die mir diesen Mann als elend und aussätzig schilderte; es ist gewiß eine Lüge, ein kränklicher Mensch singt nicht so schön. Sie ergriff dann eine indische Laute und sang mit einer Stimme, die den Vogel in der Luft aufhielt:

»Ich liebe einen Jüngling mit schwarzen, schmachtenden Augen; die Zweige des Ban träumen von ihm, wenn er geht; aber er verschmäht mich und beglückt andere mit seiner Nähe. Doch Gott verleiht solche Gnade wem er will.«

Als Ala diese Verse hörte, sang er folgende:

»Meinen Gruß der in Seide Gekleideten, den Rosen, die in den Gärten ihrer Wangen blühen.«

Subeida, bei der diese Worte noch mehr Liebe erweckten, hob den Vorhang auf, und Ala Eddin rezitierte folgende Verse:

»Sie erschien wie der Mond, und bewegte sich wie ein Banzweig, sie duftete Ambra aus und blickte wie eine Gazelle drein; es war mir, als wenn Trauer in mich verliebt wäre, der bei ihrer Trennung mein Herz besiegen würde.«

Als sie aus ihrem Gemach hervortrat und sich Ala nähern wollte, rief dieser ihr zu: »Bleib fern von mir, daß du mich nicht ansteckst!« Da entblößte sie einen Arm so weiß wie Silber und sagte: »Entferne du dich, du bist aussätzig und kannst mich anstecken.« – »Wer hat dir gesagt, daß ich aussätzig sei?« – »Die Alte.« – »Nun, mir hat sie auch gesagt, du wärest aussätzig.« Ala zeigte ihr dann auch zwei Arme wie das weiße Silber, umarmte sie und brachte eine Nacht voller Liebesfreude bei ihr zu. Als der Morgen heranbrach, sagte Ala: »Wehe mir! nun nimmt der Rabe der Trennung alle Freude weg, ich darf nun nimmer länger bei dir verweilen, denn ich habe deinem Vater zehntausend Dinare als Morgengabe versprochen, und wenn ich sie nicht bringe, wird man mich einsperren; ich habe aber keinen halben Dirham im Vermögen, woher soll ich zehntausend Dinare nehmen?« Da sagte Subeida: »Ist das Eheband in deiner oder in ihrer Hand?« »Es ist wahr, doch ich besitze nichts. Es wird schon gehen, fürchte nichts! nimm einmal diese hundert Dinare; wenn ich mehr hätte, so würde ich dir mehr geben; aber mein Vater hat aus Liebe zu seinem Neffen mir alles weggenommen, bis auf meinen Schmuck, und hat es ihm gegeben. Wenn nun in der Frühe«, fuhr Subeida fort, »der Gerichtsdiener kommt und dir mein Vater und der Kadhi befiehlt, mir einen Scheidebrief zu geben, so frage sie: nach welcher Schule muß man seine Frau am Morgen nach der Hochzeit verstoßen? Dann machst du dem Kadhi ein Geschenk von zehn Dinaren und küssest ihm die Hand und beschenkst auch die Gerichtsassessoren. Wenn sie dich fragen, warum läßt du dich nicht scheiden und nimmst tausend Dinare, ein Maultier und ein Kleid, so wie es bedungen worden? so antworte: Mir ist jedes Haar meiner Gattin tausend Dinare wert, ich werde mich nie von ihr scheiden lassen und nichts annehmen, und wenn dann mein Vater sagt: so bezahle die Morgengabe, antworte, du seiest in Not.« Während sie so miteinander sprachen, klopfte ein Gerichtsdiener an die Türe und sagte: »Mein Herr läßt dich auf Verlangen deines Schwiegervaters rufen.« Ala schenkte ihm fünf Dinare und sagte: »Nach welchem Gesetzte heiratet man abends und muß sich morgens wieder scheiden lassen?« – »Du hast Recht«, sagte der Diener, »und wenn du das Gesetz nicht kennst, will ich dich verteidigen.« Als sie dann miteinander auf den Gerichtshof kamen, da sagte der Kadhi zu Ala: »Bezahle die Morgengabe, die du schuldig bist.« Er antwortete: »Gewähre mir die gesetzliche Frist.« Der Kadhi sagte: »Diese ist drei Tage.« – »Das ist nicht genug«, versetzte Ala, »gestatte mir zehn Tage.« – »Du sollst sie haben«, erwiderte der Kadhi, »aber dann mußt du entweder die Morgengabe bezahlen oder deine Frau entlassen.«

Ala ging hierauf weg, kaufte Fleisch, Reis und Schmalz, und was er sonst brauchte, ging zu Subeida und erzählte ihr, was vorgefallen. Subeida sagte ihm: »Zwischen heute und morgen können Wunder vorfallen, wie ein Dichter gesagt:

»Die Nächte gingen mit Ereignissen schwanger und können allerlei Wunder gebären.«

Sie bereitete dann die Speisen zu und richtete den Tisch her. Als sie gegessen und getrunken und sich belustigt hatten, sagte Ala: »Steh jetzt auf und laß mich eine schöne Arie hören.« Subeida nahm die Laute und brachte Töne hervor, die Felsen entzückten, als wenn die Saiten David angerufen hätten. Als sie hierauf in ein rascheres Tempo überging, wurde an die Tür geklopft. Ala ging an die Tür und fand vier als Derwische gekleidete Männer, welche ihm sagten: »Wir sind hier fremd und möchten diese Nacht bei dir ausruhen und morgen wieder gehen; Gott wird dich dafür belohnen; wir hören gern singen und jeder von uns weiß viele Kasidetten und Lieder und andere Gedichte auswendig.« Ala öffnete mit Subeidas Einwilligung die Türe, hieß die Fremden sitzen und nahm sie gut auf. Nach einer Weile sagten sie ihm: »Mein Herr! wir wollen nicht dem Morgen gleichen, der manches nächtliche Vergnügen stört.« »Was meint ihr damit?« fragte Ala Eddin. Sie antworteten: Ein Dichter hat gesagt:

»Wir wünschen nichts als eure Gesellschaft, das Essen ist nur ein Merkmal der Tiere.«

»Wir haben hier singen hören und nun hat der Gesang aufgehört; ist die Sängerin wohl eine weiße oder eine schwarze Sklavin, oder ein Mädchen von guter Familie?« Ala antwortete: »Sie ist meine Gattin«, und erzählte ihnen hierauf, wie es ihm mit ihr gegangen und wie er seinem Schwiegervater zehntausend Dinare versprechen mußte, die er in zehn Tagen zahlen sollte. – Da sagte ihm einer der Derwische: »Gräme dich nicht und sei nur frohen Muts, ich bin der Oberste eines Stifts und gebiete über vierzig Derwische; ich will dir schon zehntausend Dinare zusammenbringen, daß du die Morgengabe bezahlen kannst. Doch laß deine Gattin noch etwas spielen, daß wir uns daran ergötzen, denn Musik ist dem einen wie ein Mittagessen, dem anderen wie eine Arznei und dem dritten wie ein Fächer.« Diese vier Männer waren: der Kalif Harun Arraschid, sein Vezier Djafar, der Dichter Abu Nuwas und Masrur, das Schwert der Rache. Der Kalif hatte nämlich, als er nicht schlafen konnte, zu seinem Vezier gesagt: »Wir wollen ein wenig in der Stadt herumgehen, denn meine Brust ist beklommen;« sie hatten sich daher als Derwische verkleidet und waren unerkannt an diesem Hause vorübergekommen, wo sie die Musik hörten, und beschlossen, die Nacht hier zuzubringen, die ihnen auch bei heiterem Gespräch in vollem Anstand angenehm vorüberging. Des Morgens legte der Kalif hundert Dinare unter den Teppich und entfernte sich mit den andern. Als die Frau den Teppich aufhob und die hundert Dinare fand, gab sie sie ihrem Gatten und sagte ihm: »Nimm dies Geld, das die Derwische, ohne daß ich es merkte, unter den Teppich gelegt.« Ala nahm es und kaufte Fleisch, Reis und Schmalz und was er sonst für die nächste Nacht brauchte, zündete Wachslichter an und sagte zu Subeida: »Die Derwische haben noch nichts von den zehntausend Dinaren gebracht, das sind prahlerische Menschen.« Auf einmal wurde an die Tür geklopft. Ala ging hinunter und öffnete, führte die vier Gäste wieder herauf und fragte sie, ob sie die zehntausend Dinare gebracht haben. Sie antworteten: »Noch war es nicht möglich, doch sei unbesorgt, morgen werden wir unsere chemischen Zubereitungen beginnen; laß uns jetzt wieder eine Arie hören, um unser Herz zu laben, denn wir sind große Musikfreunde.« Subeida spielte etwas auf der Laute, daß Steine dabei hätten tanzen mögen, und auch diese Nacht verging wieder bei Gesang, Musik und munteren Gesprächen. Als das Morgenlicht heranbrach, legte der Kalif wieder hundert Dinare unter den Teppich. In der zehnten Nacht kam der Kalif nicht. Am folgenden Morgen schickte er aber zu dem Obersten der Kaufleute und ließ sich fünfzig Ballen ägyptische Waren bringen, jeden für tausend Dinare; dann ließ er einen seiner Sklaven rufen, gab ihm ein Kleid, zwei goldene Waschbecken und Kannen und einen Brief und sagte ihm: »Nimm dies alles, geh in das Stadtviertel N.N. zu dem Obersten der Kaufleute und frage ihn: wo wohnt mein Herr Ala Eddin Abu Schamat? man wird dir dort seine Wohnung angeben.« Subeidas Vetter war eben zu ihrem Vater gegangen und hatte ihm gesagt: »Laß uns jetzt zu Ala gehen, um deine Tochter von ihm scheiden zu lassen.« Sie gingen miteinander nach der Wohnung Ala Eddins und sahen fünfzig Maultiere mit Waren beladen und einen Sklaven, der auf einem Maultier ritt. Da fragten sie ihn: »Wem gehören diese Waren?« Er antwortete: »Meinem Herrn Ala, sein Vater hat ihn mit Waren hergeschickt, die ihm die Beduinen geraubt haben, drum schickt er ihm jetzt andere Waren nebst einem Maultier mit fünfzigtausend Dinaren beladen, und einem Päckchen, worin ein kostbares Kleid und zwei goldene Waschbecken, und einen Zobelpelz.« Da sagte Subeidas Vater: »Ala ist mein Verwandter, ich will euch sein Haus zeigen.«

Ala saß eben höchst betrübt in seinem Hause, und als an die Türe geklopft wurde, sagte er zu Subeida: »Gewiß hat dein Vater dem Richter oder der Polizei geschrieben.« Sie erwiderte: »Geh hinunter und sieh!« Er öffnete die Türe und sah seinen Schwiegervater und ein Maultier, auf dem ein schöner brauner Sklave saß. Als dieser abstieg und Ala die Hand küßte, fragte er:« Wer bist du?« Er antwortete: »Ich bin der Sklave meines Herrn Schems Eddin, Oberaufseher der Kaufleute Ägyptens; er schickt mich mit diesem Brief zu dir.« Ala öffnete den Brief, welcher folgende Zeilen enthielt: »Nach dem herzlichen Gruß und Glückwunsch von Schems Eddin an meinen Sohn Ala Eddin; wisse, mein Sohn, ich habe gehört, daß deine Leute getötet und dein Gut geplündert worden, ich schicke dir daher andere fünfzig Ballen und ein Maultier, ein schönes Kleid und ein goldenes Waschbecken und einen Zobelpelz; sei nur ganz beruhigt, betrachte das verlorene Gut als ein Lösegeld für deine Person und gräme dich nicht weiter darüber. Deine Mutter und alle Hausgenossen sind wohl und grüßen dich vielmal. Ich habe auch vernommen, mein Sohn, daß man dich mit der Frau Subeida verheiratet und dir zehntausend Dinare als Morgengabe auferlegt hat; du erhältst daher durch den Sklaven Selim Fünfzigtausend Dinare, bezahle die Morgengabe davon und lebe vom übrigen!« Ala wendete sich, als er den Brief gelesen hatte, zu seinem Schwiegervater und sagte ihm: »Mein Herr, hier sind zehntausend Dinare als Morgengabe deiner Tochter, nimm auch die Waren, die mir mein Vater schickt, und handle damit, du sollst den Gewinn für dich behalten, wenn ich nur das Kapital wieder erhalte.« Jener erwiderte aber: »Ich nehme nichts, bei Gott, und was die Morgengabe betrifft, so magst du dich darüber mit meiner Tochter verständigen.« Sie ließen dann die Waren in Ala Eddins Haus bringen. Als Subeida fragte, wem diese Ballen gehören, erzählte ihr ihr Vater alles Vorgefallene und Ala Eddin öffnete eine Kiste und gab ihr die versprochene Morgengabe. Der Neffe sagte hierauf zu seinem Onkel: »Wirst du Ala nicht nötigen. seiner Frau den Scheidebrief zu geben?« Der Alte antwortete: »Daran ist nicht mehr zu denken: er hat das Recht in seiner Hand, denn schon hat er die Morgengabe bezahlt.« Der junge Mann ging betrübt nach Hause, wurde krank und starb. Ala kaufte, nachdem die Waren untergebracht waren, allerlei Speisen und Wachslichter und ordnete wieder alles, wie in den früheren Nächten. Er sagte dann zu Subeida: »Siehst du diese Lügner von Derwischen, die haben ihr Versprechen nicht gehalten.« Sie antwortete: »Du bist der Sohn des Oberaufsehers der Kaufleute und hattest doch kein halbes Silberstück in deiner Hand, was kannst du von diesen Derwischen verlangen?« – »Nun«, versetzte er, »Gott hat gemacht, daß wir ihrer jetzt nicht mehr bedürfen, wenn sie aber wiederkommen, so öffne ich ihnen die Türe nicht.« – »Warum nicht?« fragte Subeida, »sie haben uns doch Glück gebracht und jeden Abend hundert Dinare unter den Teppich gelegt.« Als des Nachts die Lichter angezündet waren, sagte Ala zu Subeida: »Komm, spiele wieder etwas auf der Laute.« Kaum begann sie zu spielen, da wurde an die Türe geklopft und als Ala Eddin öffnete, so waren es die Derwische. Er rief ihnen zu: »Willkommen, ihr Lügner, kommt herauf und nehmet Platz!« Sie setzten sich, aßen, tranken und vergnügten sich, dann beteuerten sie ihre Teilnahme an seiner Lage, fragten ihn, wie es ihm denn mit seinem Schwiegervater gegangen? und versicherten ihn, sie seien nicht imstande gewesen, das Geld herbeizuschaffen. Ala erzählte den Leuten, was er von seinem Vater aus Kahirah durch den Sklaven Selim erhalten, wie dadurch zwischen ihm und seinem Schwiegervater Friede geworden, und wie er nun im unangefochtenen Besitz seiner Gattin bleibe. Während hierauf der Kalif sich einen Augenblick entfernte, neigte sich Djafar zu Ala hin und sagte ihm: »Betrage dich nur mit Anstand!« Ala Eddin versetzte: »Habe ich mich etwa gegen den Fürsten der Gläubigen vergangen?« Djafar erwiderte: »Der Mann, der eben hinausgegangen, ist der Kalif, der Fürst der Gläubigen, ich bin Djafar, und hier ist Masrur, das Schwert der Rache, und der Dichter Abu Nuwas. Nimm nur deinen Verstand zusammen und bedenke einmal, wie weit von Bagdad nach Kahirah ist; hat man nicht fünfundvierzig Tage daran zu reisen? Du aber hast deine Waren erst vor zehn Tagen verloren, wie konnte dein Vater in dieser kurzen Zeit Nachricht davon haben, neue Waren packen und sie wieder herschicken?« – »Du hast recht«, sagte Ala; »aber, mein Herr! woher kamen sie denn?« – »Vom Kalifen«, antwortete Djafar. Bei diesen Worten kam der Kalif wieder ins Zimmer; Ala stand auf, küßte ihm die Hand und sagte: »Gott erhalte dich lange, o Fürst der Gläubigen, und entziehe mir nie deine Gnade und dein Wohlwollen!« Der Kalif bat dann Subeida, wieder etwas zu spielen, als Lohn für ihr Heil. Subeida nahm die Laute und spielte so schön, daß selbst Felsen von ihr entzückt waren. Am folgenden Morgen ließ der Kalif Ala in den Divan rufen. Ala ging zum Kalifen, der auf seinem Thron in dem Divan saß und sprach folgende Verse:

»Jeden Morgen begrüße dich neues Glück, o Hochverehrter, den Feinden zum Trotz. Mögen alle deine Tage weiß und die deiner Feinde schwarz sein.«

Der Kalif bewillkommte Ala, ließ einen Kaftan bringen, den er ihm als Ehrenkleid schenkte, ernannte ihn zum Oberaufseher der Kaufleute und wies ihm einen Platz im Staatsrat an. Ala Eddin überreichte dem Kalifen zehn Schüsseln und sagte ihm: »Der Prophet hat auch Geschenke angenommen, drum bringe ich dir diese Schüsseln mit dem was drin ist, als Geschenk«, und der Kalif nahm sie an. Als Alas Schwiegervater Ala in seinem Kaftan sah, sagte er: »O König der Zeit! was bedeutet dieser Kaftan?« Der Kalif antwortete: »Ich habe ihn zum Oberaufseher der Kaufleute ernannt, und du bist abgesetzt, die Ehrenstellen werden von mir verliehen und sind nicht lebenslänglich.« Subeidas Vater versetzte: »Er gehört ja zu uns, du hast wohlgetan, möge Gott unsere Besten immer aus den Unsrigen nehmen! Wie mancher Junge ist herangewachsen, dem die Alten die Hand küssen!« Der Kalif schrieb dann einen Firman für Ala und schickte ihn dem Polizeiobersten; dieser gab ihn dem Ausrufer, der ihn bekannt machte. Er lautete: »Niemand anders, als Ala, ist Oberaufseher der Kaufleute: sein Wort werde gehört und befolgt, und ihm selbst erweise man Achtung und Ehrfurcht!« Am folgenden Morgen mietete Ala einen Laden und ließ durch einen Sklaven seine Waren verkaufen, er selbst aber eilte nach dem Divan.

Da kam jemand zum Kalifen und sagte: »Du mögest leben für deinen Gesellschafter, der zu Gottes Barmherzigkeit übergegangen ist!« Der Kalif fragte: »Wo ist Ala?« Ala, der eben in den Divan trat, näherte sich dem Kalifen, und dieser bekleidete ihn wieder mit einem Kaftan, ernannte ihn zu seinem Gesellschafter und setzte ihm ein Gehalt von tausend Dinaren fest. Nachdem Ala einige Zeit den Dienst eines Gesellschafters beim Kalifen versehen hatte, kam eines Tages ein Emir, mit einem Schwert in der Hand, in den Divan und sagte: »O Fürst der Gläubigen! du mögest leben für den Obersten der Sechzig, denn er ist tot.« Der Kalif sagte: »Gebt Ala einen Ehrenkaftan, er werde Oberst der Sechzig, und da der Verstorbene weder Kinder noch Frau hinterlassen hat, so schenke ich ihm auch alles, was er besessen.« Als hierauf der Divan aufgehoben wurde, ritt Ala in Begleitung des Obersten der Leibwache des Kalifen mit vierzig Soldaten, die jedesmal dem Obersten der Sechzig als Ehrenwache beigegeben wurden, nach Hause und wurde auch von demselben als Sohn adoptiert. Eines Tages, als Ala vom Divan nach Hause ritt und der Oberst mit seinen Wachen ihn verließ, ging er in das Gemach seiner Frau; sie stand, wie gewöhnlich auf, um ein Licht anzuzünden. Als sie aber draußen war, hörte Ala, welcher sitzenblieb, auf einmal ein lautes Geschrei; er lief schnell hinaus, um zu sehen, wer so geschrieen, und siehe da, es war Subeida, die er leblos auf dem Boden fand. Da Alas Haus dem seines Schwiegervaters gegenüber war, rief er ihm zu: »Du mögest leben für deine Tochter Subeida!« Der Alte kam herüber und rief: »Mögest du leben, mein Sohn!« Dann sagte er: »Mein Sohn! die Ehre, die man dem Toten noch erweisen kann, ist die, ihn würdig zu beerdigen.« Sie wählten dann eine Grabstätte und suchten einander gegenseitig zu trösten. Ala zog Trauerkleider an, blieb aus dem Divan und weinte und seufzte immerfort. Da sagte der Kalif: »Laß uns heimlich zu ihm gehen, um zu sehen, wie er sich befindet.« Als Ala den Kalifen kommen sah, stand er auf, ging ihm entgegen und küßte ihm die Hände. Der Kalif sagte ihm: »Mein Herz ist mit dir, o Ala, warum kommst du nicht mehr in den Divan? warum gibst du dich so der Trauer über deine Gattin hin? Fasse einmal den Gedanken, daß sie zu Gottes Barmherzigkeit übergegangen und daß dafür nichts mehr zu tun ist.« Ala versetzte: »O König der Zeit! ich werde bis zu meinem Tode sie nicht vergessen und will auch einst ihr Grab teilen.« Der König bat ihn dann, nicht länger aus dem Divan zu bleiben. Am folgen Morgen ritt daher Ala wieder aus, begab sich zu dem Kalifen und verbeugte sich vor ihm. Der Kalif erhob sich vom Thron, um ihn zu bewillkommnen, und wies ihm wieder seinen frühern Platz an. Nach der Sitzung sagte ihm der Kalif: »Ala, du bist diesen Abend mein Gast.« Der Kalif ging dann in seinen Harem, rief seine Sklavin Kut Alkulub und sagte ihr: »Ala hatte eine Gattin, welche ihm allen Kummer verscheuchte, die ist nun tot, ich wünsche daher, daß du ihm etwas auf der Laute vorspielst, um ihn zu erheitern.«

Als Ala des Abends ins Schloß kam und Kut Alkulub ihm vorspielte, fragte ihn der Kalif, was er von diesem Spiel halte? Ala antwortete, das Spiel Subeidas sei ergreifender gewesen. Da sagte der Kalif: »Diese Sklavin hat dir aber doch auch gefallen.« – »Ihr Spiel ist sehr angenehm,« antwortete Ala. Nun versetzte der Kalif: »Bei dem Leben meines Hauptes und dem Grabe meiner Ahnen, du mußt sie mit allen ihren Dienerinnen von mir als Geschenk annehmen.« Ala glaubte, der Kalif scherze nur mit ihm, aber am folgenden Morgen ging der Kalif zu Kut Alkulub und sagte ihr: »Ich habe dich und alle deine Dienerinnen Ala geschenkt.« Kut Alkulub freute sich sehr darüber, denn sie hatte Ala gesehen und liebte ihn.

Der Kalif ging dann vom Serail in den Divan, rief zwei Diener und sagte ihnen: »Nehmet Kut Alkulub und ihre Dienerinnen mit allem, was ihr gehört, und tragt sie in einer Sänfte in Alas Haus!« Als Kut Alkulub in Alas Haus war, sagte sie ihren zwei Kammerfrauen: »Eine von euch setze sich auf das Sofa zur Rechten der Tür und eine zur Linken, und wenn Ala kommt, so küßt ihm die Hand und sagt ihm: »Unsere Herrin Kut Alkulub wünscht dich bei sich zu sehen, denn der Kalif hat sie dir mit allen ihren Dienerinnen geschenkt.« Als Ala diese Damen aus dem Schloß des Kalifen sah, war er sehr erstaunt und dachte: Ist das nicht mein Haus? was gibt‘s wohl da? Die Damen küßten ihm die Hände und sagten: »Wir sind Kammerfrauen des Kalifen und wiederholen, daß der Kalif dir Kut Alkulub geschenkt hat, die dich nun bittet, zu ihr zu kommen.« Ala antwortete: »Sagt ihr, sie sei willkommen, doch werde ich nie ihre Wohnung betreten, solange sie darin ist, denn was dem Herrn ziemt, gehört dem Diener nicht. Sagt ihr auch, daß sie von mir das selbe Monatsgeld haben soll, das sie vom Kalifen erhalten.« Eines Tages blieb Ala wieder vom Divan weg, da sagte der Kalif zu Djafar: »Ich habe Ala, um ihn zu trösten, Kut Alkulub geschenkt, warum bleibt er jetzt vom Divan weg?« Djafar antwortete: »O Fürst der Gläubigen! mit Recht sagt man: Wer eine Geliebte wiederfindet, vergißt seine Freunde.« Der Kalif ging mit seinem Vezier wieder zu Ala, dieser stand auf und küßte dem Kalifen die Hand. Als der Kalif Ala noch sehr traurig fand, fragte er ihn: »Was bedeutet diese Trauer? hat dir Kut Alkulub keinen Trost gewährt?« Ala antwortete: »Was dem Herrn gehört, ziemt dem Diener nicht; darum bin ich nicht in ihr Gemach gegangen und weiß gar nichts von ihr.«

Der Kalif ging erstaunt zu Kut Alkulub, und nachdem er sich von der Wahrheit der Aussage Alas überzeugt hatte, ließ er sie wieder in den Serail bringen und kehrte, nachdem er Ala Eddin gebeten, wieder in den Divan zu kommen, ins Schloß zurück. Am folgenden Morgen begab sich Ala wieder in den Divan und nahm seinen Platz als Sultan der Sechzig ein; da befahl der Kalif seinem Schatzmeister, dem Vezier zehntausend Dinare zu geben, und befahl diesem, auf den Sklavenmarkt zu gehen, um Ala eine Sklavin für zehntausend Dinare zu kaufen. Der Vezier gehorchte und ging mit Ala auf den Markt, wo gerade, so wollte es die göttliche Fügung, auch der Emir Chalid, der Polizeioberste, eine Sklavin suchte; dieser hatte nämlich eine Frau, welche Chatun hieß, und einen sehr häßlichen Sohn, mit Namen Habsalam; letzterer war schon zwanzig Jahre alt und konnte noch nicht auf einem Pferd reiten. Indessen wünschte doch Chatun sehr, ihrem Sohn eine Frau zu geben; da er aber so häßlich war, daß ihn keine Jungfrau und keine Witwe heiraten wollte, sagte sie zu ihrem Gatten: »Wir wollen für Habsalam eine Sklavin kaufen.« Als Djafar und Ala auf den Sklavenmarkt kamen und eine sehr schöne und wohlgewachsene Sklavin an der Hand ihres Maklers sahen, sagte diesem der Vezier: »Rufe sie einmal für tausend Dinare aus.« Der Makler kam dann vor Chalid damit vorüber, und Habsalam fand sie so reizend, daß er seinen Vater bat, sie ihm zu kaufen. Chalid fragte die Sklavin, wie sie heiße, und sie antwortete: »Mein Name ist Jasmin.« Chalid sagte zu seinem Sohn: »Da sie dir so gut gefällt, so gebe ich tausend und ein Dinar.« Als der Makler wieder zu Djafar kam, bot dieser zweitausend, und so oft Habsalam einen Dinar mehr bot, stieg Djafar um tausend Dinare. Dies betrübte Habsalam sehr; er fragte den Makler: »Wer überbietet mich so? Der Makler antwortete: »Der Vezier Djafar, der sie für Ala kauft.« Als endlich Djafar zehntausend Dinare bot, schlug sie ihr Herr los und nahm das Geld. Ala führte Jasmin in sein Haus und sagte ihr: »Ich schenke dir deine Freiheit im Angesicht Gottes;« schrieb dann einen Ehekontrakt und heiratete sie als ein freies Mädchen. Habsalam aber ging sehr bestürzt und liebeskrank nach Hause, warf sich aufs Bett und wollte nichts genießen. Seine Mutter Chatun besuchte ihn und fragte, was ihn so krank mache?« Er antwortete: »Kauf mir Jasmin!« – »Recht gerne«, rief Chatun, »sobald deren vorüberkommen, kaufe ich dir.« Da sagte Habsalam: »Ich meine nicht Jasmin zum Riechen, sondern eine Sklavin, welche so heißt.« Chatun ging zu ihrem Gatten und sagte ihm: »Warum hast du meinem Sohn die Sklavin Jasmin nicht gekauft?« Er antwortete: »Was dem Herrn gebührt, ziemt dem Diener nicht; es stand nicht in meiner Gewalt, sie zu kaufen; denn Djafar hat sie für Ala, den Sultan der Sechzig, gekauft.« Habsalams Übel wurde immer bedenklicher; er nahm keine Nahrung an, und seine Mutter war so verzweifelt, daß sie schon eine Trauerbinde umwand, als die Mutter des Diebs Ahmed sie besuchte. Dieser Ahmed war ein so gewandter Dieb, daß er dichte Mauern durchbrach und hohe überstieg und einem den Kohel aus den Augen zu stehlen verstand: er wurde aber einst doch auf einem Diebstahl ertappt und vom Polizeiobersten vor den Kalifen geführt, der ihn zum Tode verurteilte. Der Vezier Djafar bat aber um Gnade für ihn, und als der Kalif, der Djafars Bitte nie verwarf, ihm entgegnete: »Soll ich das Verderben über die Muselmänner loslassen?« antwortete er: »Sperre ihn ein; denn wer das erste Gefängnis gebaut hat, war ein kluger Mann, es ist das Grab der Lebendigen und die Freude der Feinde.« Ahmed wurde eingekerkert und gefesselt, und man schrieb auf seine Ketten: »Bis zum Tode verurteilt, nicht zu entfesseln, bis er auf die Waschbank kommt.« Ahmed bat seine Mutter, welche ihm Vorwürfe über seinen Lebenswandel machte, und zu essen und zu trinken brachte, sich an die Frau des Emir Chalid zu wenden, um durch die Vermittlung ihres Gatten vom Kalifen begnadigt zu werden.

Als daher die Alte Chatun mit einer Trauerbinde fand und von ihr Habsalams Krankheit und dessen unglückliche Liebesgeschichte vernahm, sagte sie: »Wie wäre es, wenn jemand ein Mittel fände, deinem Sohn seine Gesundheit wieder zu geben?« – »Wie vermagst du das?« – »Ich habe einen Sohn, der heißt Ahmed der Dieb und ist zu ewiger Gefängnisstrafe verurteilt. Ziehe nun deine schönsten Kleider an, und deinen kostbarsten Schmuck und geh deinem Gatten mit heiterem Gesichte entgegen; wenn er dann dich umarmen will, so erlaube es ihm nicht, sondern sage: Bei Gott, schön, wenn der Mann etwas von seiner Frau will, so dringt er in sie, bis sie es ihm gewährt; will aber die Frau etwas, so wird es ihr abgeschlagen. Wenn er dich dann fragt, welche Angelegenheit dir am Herzen liege? so antworte: Ich sage dir‘s nicht, bis du mir die Erfüllung meines Wunsches zuschwörst; wenn er dir dann bei seinem Haupte oder bei Gott schwören will, so sage nur, er soll bei seiner Scheidung von dir schwören; tut er dies, so sage ihm: Du hast im Gefängnis einen Hauptmann mit Namen Ahmed, der hat eine arme Mutter, die mich gebeten hat, du möchtest ihn doch loslassen und dem Kalifen vorstellen, damit er Buße tue.«

Als der Polizeioberste zu seiner Gattin kam, befolgte sie den Rat der Alten, und am folgenden Morgen ging er ins Gefängnis zu Ahmed und fragte ihn: ob er Buße tun wolle? Ahmed antwortete: »Ich kehre zu Gott zurück und flehe ihn im Herzen um Vergebung an.« Chalid führte ihn gefesselt mich sich in den Divan und küßte die Erde vor dem Kalifen. Als dieser den Emir fragte, was er begehre? stellte er ihm den Dieb Ahmed vor und sagte: »Dieser Unglückliche hat eine arme, verlassene Mutter, die er bisher ernährt; sie kam daher zu deinem Sklaven und beschwor ihn, bei dir, o Fürst der Gläubigen, Fürbitte einzulegen, daß du ihn entfesseln lassest und wieder zum Hauptmann einsetzest; er wird sich gewiß bessern.« Der Kalif fragte Ahmed: »Bist du noch am Leben?« Er antwortete: »Das Leben des Unglücklichen ist zähe.« – »Hast du dich gebessert?« fragte der Kalif wieder. Er antwortete: »Ich habe mich zu Gott bekehrt.« Da ließ der Kalif (um sein Wort nicht zu brechen) einen Juden rufen und Ahmed auf der Waschbank entfesseln; dann schenkte er ihm wieder eine Hauptmannsuniform und empfahl ihm, einen guten Lebenswandel zu führen. Ahmed küßte dem Kalifen die Hand, ging in seiner Uniform weg und wurde als Hauptmann ausgerufen. Als nach einiger Zeit Ahmeds Mutter zu Chalids Gattin kam, sagte ihr diese: »Ich sehe deinen Sohn frei umhergehen, bitte ihn nun, er möchte ein Mittel erfinden, die Sklavin Jasmin meinem Sohn Habsalam zu bringen.« Die Alte ging zu ihrem Sohn, der eben betrunken nach Hause kam und sagte ihm: »Mein Sohn, du verdankst deine Befreiung aus dem Gefängnis nur der Frau des Polizeiobersten, suche daher ein Mittel, Ala umbringen zu lassen und seine Sklavin Jasmin ihrem Sohn Habsalam zu verschaffen!« – »Nichts ist leichter als dies«, versetzte Ahmed; »ich will noch diese Nacht dafür sorgen.« Die Bestimmung wollte, daß jene Nacht gerade die erste des Monats war; diese pflegte der Fürst der Gläubigen bei der Frau Subeida zuzubringen, auch schenkte er gewöhnlich einem Sklaven oder einer Sklavin die Freiheit. Der Kalif war auch gewöhnt, ehe er schlafen ging, sein königliches Gewand, seinen Rosenkranz, Stab und Siegel und eine kostbare goldene Lampe mit drei Edelsteinen im Wohnzimmer zu lassen und den Agas anzuvertrauen. Der Dieb Ahmed wartete, bis die Nacht weit vorgerückt war und alle Leute schliefen; da nahm er ein Schwert in seine Rechte und ein Fangeisen in seine Linke, stieg auf die Terrasse, die über des Kalifen Wohnzimmer ging, hob eine Platte auf und stieg hinunter.

Da die Agas schon schliefen, goß ihnen Ahmed noch einen Schlaftrunk ein, nahm das Kleid des Kalifen, seinen Rosenkranz, sein Tuch, sein Siegel und die Lampe mit Edelsteinen, stieg wieder auf die Terrasse und ging in Alas Haus, der diese Nacht das Hochzeitsfest mit seiner Sklavin feierte, hob eine marmorne Platte auf, machte eine kleine Höhle darunter, legte die gestohlenen Kleinodien des Kalifen, bis auf die Lampe, in den Saal, setzte dann die Platte wieder an ihre Stelle und ging mit der Lampe fort und dachte: wenn ich wieder trinke, so stelle ich die Lampe auf und beleuchte den Becher damit. Als der Kalif morgens aufstand, fand er die Agas schlaftrunken; er weckte sie auf und streckte seine Hand aus, um nach seinem Kleid zu greifen, fand aber weder Kleid, noch Stock, noch Siegel, noch Rosenkranz; da geriet er in heftigen Zorn, zog das Kleid des Unwillens an, welches rot war, und ging auf den Divan. Da kam der Vezier, küßte die Erde und sagte: »Gott wende alles Übel vom Fürsten der Gläubigen ab!« – »Das Übel ist im Übermaß vorhanden,« erwiderte der Kalif. – »Was ist geschehen?« – Der Kalif erzählte ihm von dem Diebstahl, der im Schloß begangen worden war. Da trat auch der Polizeioberste herein, von Ahmed begleitet. Der Kalif fragte jenen: »Was berichtest du mir über den Zustand Bagdads?« Er antwortete: »In der ganzen Stadt ist alles in Ruhe und Frieden.« – »Du lügst!« schrie ihn der Kalif an, erzählte ihm seine Geschichte und sagte ihm: »Du mußt mir alles wieder verschaffen, oder sterben!« Chalid versetzte: »Wie kann ich dies, o Fürst der Gläubigen! jedes Essigwürmchen, das sich im Palast findet, gehört hinein, kein Fremder kann hier Zutritt haben. Übrigens laß zuerst den Dieb Ahmed sterben, denn er kennt die Diebe und Verräter am besten und ist der Führer der Nachtwache.« Ahmed trat hervor und sagte: »Der Kalif erlaube mir, für den Polizeiobersten Fürsprache zu tun: ich bürge dafür, daß sich der Dieb durch meine Nachforschungen finden wird; doch gib mir zwei Kadhis und zwei Zeugen mit, denn wer so etwas tut, fürchtet mich und den Polizeiobersten und noch andere nicht.« Der Kalif sagte: »Zuerst muß in meinem Serail gesucht werden, dann in dem des Veziers, dann bei dem Sultan der Sechzig: denn gewiß hat eine mir nahe stehende Person diesen Raub begangen; aber bei dem Leben meines Hauptes! wer mich bestohlen hat, der muß getötet werden, und wäre es mein eigener Sohn!«

Altersbeschränkung:
12+
Veröffentlichungsdatum auf Litres:
30 August 2016
Umfang:
2970 S. 1 Illustration
Rechteinhaber:
Public Domain