Ich will nicht erben!

Es war eine laue Sommernacht. Eine zarte Brise vom Meer her bewegte die Vorhänge vor dem offenen Fenster. Susanne lag auf ihrem Bett und träumte mit offenen Augen. Es war ihre letzte Nacht in Boston. Drei Jahre hatte sie hier bei der Familie Miller gelebt. Nach ihrem Abitur wollte sie ihre Sprachkenntnisse noch verbessern und hatte deshalb eine Stelle bei Familie Miller angenommen. Sie hatte drei Monate bleiben wollen, um danach einen anderen Job als Au-pair-Mädchen im französisch sprechenden Teil Kanadas anzunehmen. Aus den geplanten drei Monaten wurden dann drei Jahre. Für Susanne, als Vollwaise in einem Internat aufgewachsen, war eine Familie eine ganz neue Erfahrung. Sie wurde auch nicht wie eine Angestellte behandelt, sondern gehörte zur Familie. Alle waren von Susanne begeistert. Das kam vielleicht daher, dass es drei Söhne in der Familie gab. Marc, der älteste, studierte Jura und wollte später in die Kanzlei seines Vaters einsteigen. Dann gab es da noch die jüngeren Zwillinge Tim und Tom. Sie waren damals gerade zwölf, als Susanne bei den Millers einzog. Jetzt feierten sie bald ihren sechzehnten Geburtstag. Maggy, die Mutter, war berufstätig und hatte eine eigene Unternehmensberatung. Tim und Tom schwärmten vom ersten Augenblick an für Susanne. Sie war wohl die erste Liebe der beiden. So taten sie alles, dass sie sich wohlfühlte.