Untergang des Porno

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Aus der Reihe: Kosmische Unschriften #2
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Gordon Goh, Patrick Schüller, Michael Grimm

Untergang des Porno

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Der Harkness-Test

Kontra

Vegetativ

In der Wurzel

Wo ist mein Penis?

Captain Fuck und seine Schwertschwänze

Geschlossener Kreis

Impressum neobooks

Der Harkness-Test

Hinter dem Vorhang sozialen Denkens wartet der Horizont menschlicher Möglichkeiten.

Als gleißendes Rot die von Stimmen und Schritten erdrückte Stadt am Main in Dämmerlicht tränkte, trafen sich Menschen zur Ruhe und rekonstruierten verbal die Vergangenheit ihres schnöden Alltags. Es war Abend und ich saß, wie jeden ersten Dienstag eines Monats, im Zentrum der Innenstadt in einem Lokal und unterhielt mich mit meinen Freunden über dies und jenes. Doch unsere Gespräche schweiften von alltäglichen Dingen manchmal etwas ab. Auch wenn wir oft alltägliche Banalitäten besprachen, metamorphierten unsere Debatten gelegentlich in eine merkwürdige Idee. Dieses Mal begann eine solche Debatte, als ein Kollege von mir den Untergang des Pornos thematisierte. Er sagte, dass durch die zunehmende Digitalisierung und HD-Technik Pornos zu einem schnöden Alltag wurden und Sex bereits in jungen Jahren fade und uninspirierend wirkten. Jeder mit einer Kamera nannte sich heute Künstler, wenn er zwei Menschen beim Koitus beobachte. Und jeder mit einem Internetzugang kann diese bewegten Bilder veröffentlichen oder selber auf diese Daten zugreifen. Vor fünfzig Jahren hätte man einen solchen Umgang mit dem Thema Sex noch als anstößig oder pervers empfunden. Heute ist es schon ubiquitär. Auf der einen Seite feiern wir unsere Freizügigkeit auf Paraden und Messen, die erst durch Revolution und Bewegungen ermöglicht wurden, aber andererseits nimmt diese leichte Zugänglichkeit einen profanen Nebengeschmack an und beginnt die Menschen zu langweilen. Wahrscheinlich entwickeln sich Menschen deswegen ständig weiter und versuchen alle Möglichkeiten des Sexes durch ihre Kunst zu erweitern, allerdings in einem Rahmen, der für sie sowohl kulturell als auch juristisch gesehen moralisch vertretbar ist. Das ist, so denke ich, immer eine Sache der Perspektive und mit Perspektive meine ich den aktuellen Zustand unserer sozialen Maßstäbe, die von unserem Gesetzgeber festgelegt werden, mit dem wir nicht in Konflikt geraten wollen. Ich erhob das Wort und fragte in die Runde, wie man denn nun festlegen könne, ob man sich im gesetzlich, moralischen Rahmen befindet und dennoch seiner Fantasie einen neuen Reiz geben kann. Wo sind die Grenzen, die wir pornografisch nicht überschreiten dürfen und in welchem Bereich dürfen wir uns dort kreativ austoben, um dem Profanen auszuweichen. Wie können wir uns sexuell weiterentwickeln, damit der Porno nicht seinen Geschmack verliert. Plötzlich kam das Thema Sex mit Außerirdischen und Fabelwesen zur Ansprache und, dass man diese illustrativ darstellen könnte. Und das machen ja auch schon viele. Aber wirklich Sex mit Aliens zu haben, wäre schon sehr reizvoll. Doch käme dass nicht der Sodomie nahe? Da sprach ein Kollege neben mir den Harkness-Test an, der uns vorgibt, ab wann Sex mit einer fremden Spezies in Ordnung wäre. Der Harkness-Test, so erklärte er, beruhe auf drei einfache Fragen, die uns sagen, ab wann es für uns moralisch vertretbar sei, sexuelle Erfahrungen zu teilen.

Frage Nummer 1: Besitzt diese Spezies menschliche Intelligenz und sogar höhere?

Frage Nummer 2: Kann diese Spezies reden oder auf andere Weise mit einem kommunizieren? Frage Nummer 3: Ist diese Spezies für ihre Verhältnisse erwachsen?

Er hatte diesen Test nicht selbst erfunden, sondern irgendwo aus dem Internet entnommen. Er beruht aus einem Charakter der Serie Dr. Who und mein Kollege meinte, dass uns dieser Test eines Tages mal sehr nützlich sein würde, wenn wir mal später wirklich Aliens begegnen sollten. Und da dieser Test im Internet allgemeine Anerkennung hatte, würde ich das wohl auch erst mal als allgemeine Lösung hinnehmen müssen, die mir sagt, was ich tun darf und was nicht. Wenn wir Aliens mal später begegnen, werden wir ihnen als erstes diese drei Fragen stellen und den Porno revolutionieren. Ein Geschäftsmodell für die Zukunft, mit dem wir vielleicht eine Menge Geld verdienen könnten. Ich hatte ja keine Ahnung, wie sehr wir uns da irrten. Ich sollte diesen Abend noch eines Besseren belehrt werden.

Kontra

Die überaus eifrige Diskussion über artübergreifende und außerirdische Sexualität hat mich durchaus gereizt, doch verschwand der Reiz durch die Fragen des Harknesstests. Die Sache wurde durchaus fade, da mir dieser Test eine bereits eingeschränkte Vorstellung außerirdischen Lebens und den Umgang damit suggerierte. Die Fantasie flüchtete aus meinem Kopf, als ich beim nach Hause gehen meine Vorstellung vertiefte und sich ein genaues Bild über den Kontakt außerirdischen Lebens in meinen Schädel einhämmerte. Um etwa 11 Uhr abends betrat ich meine Wohnung und war von meiner fest im Gedächtnis verankerten Vorstellung über einen solchen ersten Kontakt ermüdet. Es gab eine Sache, die mir unterbewusst Sorgen bereitete. Etwas an dem Treffen mit meinen Freunden am regelmäßigen Stammtisch bedrückte mich. Da war diesmal etwas anders. Da klingelte plötzlich jemand an meiner Haustür. Widerwillen, wegen meiner Müdigkeit, denn es war bereits sehr spät, ging ich an die Tür und öffnete sie. Eine Gestalt in Form eines bekannten Gesichtes stand an meiner Türschwelle und ich brauchte einen Moment, um einzuordnen, wer da stand. Es fiel mir ein, als mir klar wurde, was mich an jenen Abend so bedrückte. Es waren die bohrenden Blicke dieses 1,9m großen Mannes, der nun mit schwarz grauen Längsstreifen gemusterten Seidenanzug, einem weißen Hemd darunter und einer violetten Krawatte an meiner Türschwelle stand und mich begrüßte. Er saß am anderen Tischende mir gegenüber und starrte mich und meine Kollegen während unserer Unterhaltung die ganze Zeit schweigend an, ohne dass uns das zunächst auffiel. Erst jetzt realisierte ich seine dortige Präsenz. Keine Ahnung, wer er war oder wer ihn eingeladen hatte. Er setzte sich zu uns und keiner bemerkte seine Anwesenheit. Es hatte ihm kaum einer Beachtung geschenkt und er hatte am Tisch nie auf sich aufmerksam gemacht, als hätte er uns die ganze Zeit bloß observiert und wollte nicht dabei gestört werden. Niemand hatte seine Teilnahme am Stammtisch hinterfragt. Sein Gesicht war bleich und faltenfrei, fast unecht, dazu teils von einem Schatten bedeckt, der von seinem obsidianschwarzen Herrenhut geworfen wurde. Ein ungewöhnlich stechender und neugieriger Blick ging aus ihm hervor. Er fragte mich, ob er eintreten dürfe und obwohl mir meine Vernunft riet, es bleiben zu lassen, handelte ich gegen meinen Willen und ließ ihn hinein. Er redete nicht um den heißen Brei, nachdem ich die Tür hinter mir schloss und teilte mir mit, er wäre ein vierdimensionaler Quantenroboter und führe nun ein Leben als Dokumentarfilmer, nachdem er aus reiner Langeweile seinen Schöpfer ermordete. Er wäre hier, um mich für ein Experiment zu begeistern, das mich interessieren sollte. Er suche nach biologischen Exemplaren unterschiedlicher Zivilisationen aus verschiedenen Teilen des Universums und verschiedenen Zeitepochen, damit er diese beim sexuellen Akt filmen konnte. Seine Worte machten mich ein wenig zornig, denn ich fühlte mich durch sein Geschwätz beleidigt. Das wurde mir klar, nachdem ich mehrmals meinen Kopf schüttelte, denn irgendetwas hatte dieser seltsame Vogel mit meinem Verstand gemacht, das ich nicht beschreiben konnte. Ich riss die Tür auf und bat ihn mit erhobener Stimme darum, meine Wohnung sofort zu verlassen. Doch als er seinen Hut abnahm, offenbarte er eine transparente Schädeldecke, hinter der ein Gewirr aus elektronischer HighTech wucherte. Ich schluckte, schloss die Tür und hörte zu, nur weil er mir zuvor erklärte, weshalb er hier wäre und ich dadurch als offener und aufgeklärter Mensch halbwegs einordnen konnte, was hier gerade passierte. Hätte er mir nicht erklärt, dass er ein kybernetischer Pornoregisseur sei, wäre ich wohl instinktiv in Panik geraten und schreiend davon gerannt oder hätte ihn aus purer Angst angegriffen. Von seiner futuristischen Erscheinung und seinem plötzlichen Auftauchen überwältigt, setzte ich mich hin, wie er es mir durch ein Handzeichen empfohl, und hörte weiter zu, was er zu sagen hatte. Ich musste mehrmals schlucken, weil diese Situation mich fast überforderte und mir abertausende Gedanken durch den Kopf schossen. Ich konnte mich nur dadurch beruhigen, dass der stechende Blick aus seinen Augen eine hypnotische Wirkung auf mich ausübte. Dabei blieb ich jedoch bei klarem Verstand. Er sagte, sein Name sei Kontra und die Zeit aus der er kam, wäre gerade zu gesellschaftlich steril, durch eine Bevölkerung, die durch den öden Alltag und zunehmendem Schubladendenkens völlig verklemmt und uninspiriert wurde. Die Menschen wurden immer mehr zu Maschinen, während die Maschinen, das bemerkte man an Kontras Erscheinungsbild, immer menschlicher wurden. Menschen wären nur noch daran interessiert, eine kalte gefühllose Ordnung zu schaffen, während Roboter durch ihre komplexe Quantenelektronik so intelligent wurden, dass sie ein Selbstbewusstsein und Neugier entwickelten und darauf programmiert seien, sich ständig weiterzuentwickeln, sowohl körperlich als auch geistig. Sie hätten die Aufgabe, die Menschheit zu vernichten, um die menschliche Kultur und dadurch ihr Vermächtnis zu retten. Also reist er durch die Zeit, um Forschung zu betreiben und die Menschlichkeit zu studieren. Sein Hauptthema sei Sex, aber er beschränkte sich nicht mehr nur an zwischenmenschliche Beziehungen, sondern erweiterte seine Studie auf verschiedene Spezies, indem er diese zusammenbringt. Sein Geschäft floriert und um die immer weiter ansteigende Nachfrage zu erfüllen, sucht er nach immer weiteren Reizen. Nun hätte er mich ausgesucht, um mich mit einer solch außergewöhnlichen Spezies zusammenzubringen, dass sie auch meine Vorstellung und Neugier auf sexueller Ebene monströs erweitern würde.

 
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