Römisches Theater

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3.5. Status der Dichter

Die republikanischen Dichter, die Latein als Literatursprache etablierten und das Abfassen literarischer Werke auf Latein initiierten, stammten nicht aus Rom, sondern aus anderen Teilen Italiens oder sogar anderen Ländern: Livius Andronicus war wahrscheinlich griechischer Herkunft und kam aus Süditalien (Suet. gramm. 1,2). Naevius war ein Kampanier, vielleicht aus Capua (Gell. 1,24,2 [▶ T 32]). Ennius stammte aus der kalabrischen/messapischen Stadt Rudiae (Cic. Arch. 22; Enn. inc. 10 W. = ann. 525 Sk.; Hor. carm. 4,8,20; Serv. zu Verg. Aen. 7,691). Sein Neffe Pacuvius war oskischer Herkunft und wurde in Brundisium (Brindisi) geboren (Hier. chron. 1863, zu 154 v. Chr. [p. 142e Helm]). Plautus kam aus dem umbrischen Sarsina (Fest., p. 274 L. = Paul. Fest., p. 275,1–3 L.; Hier. chron. 1817, zu 200 v. Chr. [p. 135h Helm]; Suet. vita Plaut.). Caecilius Statius war ein Insubrer aus Gallien (Hier. chron. 1838, zu 179 v. Chr. [p. 138b Helm]; Suet. vita Caec.). Terenz war afrikanischer Herkunft (Suet./Don. vita Ter. 1). Publilius Syrus stammte aus Syrien (Macr. Sat. 2,7,6; Hier. chron. 1974, zu 43 v. Chr. [p. 157k Helm]). Die drei Letzten waren Sklaven und wurden später von ihren Herren freigelassen, wie wahrscheinlich auch Livius Andronicus. Accius war der Sohn von Freigelassenen (Hier. chron. 1878, zu 139 v. Chr. [p. 144h Helm]; Suet. vita Acc.). L. Livius Andronicus und Q. Ennius erhielten später das römische Bürgerrecht (Liv. Andr.: vgl. tria nomina; Enn.: vgl. Cic. Brut. 79; Arch. 22).

Alle Gegenden im Mittelmeerraum, aus denen diese ‚römischen‘ Dramatiker stammten, vor allem Kampanien und das Gebiet um Tarent, waren von griechischer Kultur beeinflusst. Daher brachten diese Dichter Vertrautheit mit lokalen Bräuchen und Sprachen sowie mit griechischer Tradition nach Rom, wo sie wieder einen anderen kulturellen Kontext fanden. Aufgrund ihrer Herkunft und Ausbildung waren diese Dramatiker an eine kulturelle Vielfalt gewöhnt und in der Lage, Dramen für das römische Publikum zu schaffen. Dadurch, dass sie die lateinische Sprache für ihre in Rom produzierten literarischen Werke verwendeten, trugen die nicht-römischen Dramatiker dazu bei, Roms Sprache und nationale Identität zu formen.

Der Grund, dass die Römer diese ‚Fremden‘ akzeptierten, war vermutlich, dass sie offen und flexibel waren in Bezug auf Übernahme und Adaption im Kontakt mit anderen Völkern, zumal die Dichter ihnen in ihrer eigenen Sprache entgegenkamen. Dennoch waren die Römer sich des fremden Ursprungs ihrer (ersten) Dichter bewusst und reflektierten über die Tatsache, dass sie die Literatur von den Griechen und mit zeitlicher Verzögerung kennengelernt und angenommen hatten (z.B. Cic. Tusc. 1,3 [▶ T 6]; Hor. epist. 2,1,156–167 [▶ T 2]).

T 6 Cicero, Tusc. 1,3


doctrina Graecia nos et omni litterarum genere superabat; in quo erat facile vincere non repugnantes. nam cum apud Graecos antiquissimum e doctis genus sit poetarum, si quidem Homerus fuit et Hesiodus ante Romam conditam, Archilochus regnante Romulo, serius poeticam nos accepimus. annis fere CCCCCX post Romam conditam Livius, <qui fuit maior natu quam Plautus et Naevius,> fabulam dedit C. Claudio, Caeci filio, M. Tuditano consulibus, anno ante natum Ennium {qui fuit maior natu quam Plautus et Naevius}. sero igitur a nostris poetae vel cogniti vel recepti. In der Bildung und in jeder Art von Literatur übertraf uns Griechenland; dabei war es leicht, die zu besiegen, die keinen Widerstand leisteten. Denn während bei den Griechen die älteste Gruppe der Gebildeten die der Dichter war, da ja Homer und Hesiod vor der Gründung Roms und Archilochus zu Romulus’ Regierungszeit lebten, haben wir die Dichtung erst später übernommen. Ungefähr 510 Jahre nach der Gründung Roms führte Livius [Andronicus], der älter war als Plautus und Naevius, ein Drama auf, im Konsulat von C. Claudius, Caecus’ Sohn, und M. Tuditanus [240 v. Chr.], ein Jahr vor Ennius’ Geburt. Spät also sind Dichter den Unsrigen bekannt oder von ihnen aufgenommen worden.

Die ersten republikanischen Dramatiker waren nicht nur keine Römer, sondern auch von geringem sozialen Status: Im Gegensatz zu Verfassern anderer literarischer Gattungen waren sie Sklaven, Freigelassene oder freie Fremde (peregrini). Geschichtsschreiber hingegen waren in der Regel römische Senatoren, da dieses literarische Genre sich größerer Wertschätzung erfreute. Römische Redner, die ihre Reden publizierten, waren ebenfalls römische Bürger. Der Satiriker Lucilius im zweiten Jahrhundert v. Chr. war ein römischer Bürger und ein reicher Ritter (Vell. 2,9,4; Hor. sat. 2,1,75; Lucil. 671–672 M. = 650–651 W.).

Offensichtlich gab es einen Unterschied zwischen Aristokraten mit literarischen Ambitionen und professionellen Dichtern mit niedrigem sozialen Status. Erst gegen Ende der Republik, als Dramen nicht mehr unbedingt für die Aufführung auf der Bühne geschaffen wurden, fingen Gebildete aus dem Ritter- und Senatorenstand wie Iulius Caesar Strabo oder Ciceros Bruder Quintus an, Tragödien zu verfassen (▶ Kap. 5.19). In der Kaiserzeit scheinen die meisten Dramendichter höheren sozialen Rängen angehört zu haben; ihre Stücke waren vermutlich jedoch nicht in erster Linie für die Aufführung auf der Bühne gedacht.

Der Mimusdichter Decimus Laberius (ca. 106–43 v. Chr.) ist der einzige professionelle Dramatiker mit einem höheren sozialen Status (Ritter), von dem man weiß, dass er in der republikanischen Zeit für die Bühne geschrieben hat. Entsprechend stand Laberius’ sozialer Status im Mittelpunkt, als Caesar Laberius zwang, in seinen eigenen Mimen auf der Bühne zu erscheinen und so seinen Ritterstatus vorübergehend zu verlieren (Macr. Sat. 2,3,10; 2,7,2–9 [▶ T 29]; Sen. contr. 7,3,9; ▶ Kap. 4.6; 5.17).

Die Organisation der Feste in Rom brachte die Dramatiker der republikanischen Zeit in Kontakt mit einflussreichen Angehörigen der Nobilität. Da die verantwortlichen Beamten jährlich wechselten, machten die Dichter Bekanntschaft mit Mitgliedern verschiedener Familien. Während Schauspieler offenbar als unangemessener Umgang für Beamte betrachtet wurden (▶ Kap. 3.6), konnten Dichter mit hochrangigen Personen des öffentlichen Lebens verkehren. Derartige Kontakte wurden nur dann ein Kritikpunkt, wenn Adlige verdächtigt wurden, Dichter für ihre eigenen Zwecke auszunutzen (Cic. Tusc. 1,3), oder wenn Dichtern vorgeworfen wurde, literarische Unterstützung von adligen Freunden erhalten zu haben (Ter. Haut. 22–24; Ad. 15–21; Cic. Att. 7,3,10; Quint. inst. 10,1,99; Suet./Don. vita Ter. 4).

Wie der Kontakt zwischen Dichtern und Politikern im Einzelnen aussah, wird in der Forschung diskutiert. Da einige Dramatiker Praetexten über militärische und politische Leistungen bestimmter Adliger geschrieben, Dramen für Leichenspiele von Einzelpersonen geschaffen oder Wohltaten von Mitgliedern bestimmter Familien erhalten haben, werden sie oft als ‚Klientendichter‘ (poeta cliens) angesehen. So eine spezifische Beziehung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Dichtung lassen sich jedoch anhand der vorliegenden Quellen nicht bestätigen.

Denn der unmittelbare Umgang mit Mitgliedern der Nobilität und die Dichtungen für spezielle Auftraggeber sind nicht allein bestimmend für die Stellung der Dichter in der Gesellschaft sowie den Inhalt und die Aussage ihrer Werke. In republikanischer Zeit wurden alle Dramen an öffentlichen Spielen aufgeführt, und die Dichter schrieben jedenfalls nicht ausschließlich für bestimmte Patrone. Sie bewegten sich frei innerhalb der Nobilität und waren für verschiedene Familien tätig. In der Kaiserzeit hatten manche Dichter, wie Seneca, enge Beziehungen zum Kaiserhaus; andere waren ohne eine derartige offizielle Stellung. In jedem Fall war es in dieser Phase möglich, Dramen zu verfassen, die auch (zumindest indirekt) kritisch in Bezug auf die gegenwärtige gesellschaftliche und politische Situation waren.

Im Unterschied zu den Theateraufführungen bei Festen im klassischen Athen standen die römischen Dichter bei der Aufführung ihrer Dramen nicht in einem agonalen Wettbewerb miteinander. Stattdessen wurden sie für die Bereitstellung von Texten bezahlt (▶ Kap. 3.2; 3.6). Diese Texte sind eher als schriftlich festgehaltene Skizzen des Handlungsablaufs und des gesprochenen bzw. zu singenden Texts anzusehen (vergleichbar mit Libretti für Opern), die von einem ‚Impresario‘ und/oder der Schauspielertruppe für die jeweilige Aufführung ausgestaltet wurden.

Informationen darüber, wie viel Geld ein Dichter üblicherweise für ein Drama bekam und wie viele Dramen er pro Jahr verkaufen musste, um seinen Lebensunterhalt zu garantieren, gibt es nicht. Einer von Terenz’ Prologsprechern behauptet, dass der Dichter für seinen Lebensunterhalt vom Schreiben von Dramen abhängig sei (Ter. Phorm. 18); allerdings fällt diese Bemerkung im Kontext einer Auseinandersetzung mit Kontrahenten. Finanziell gesehen soll Terenz’ Eunuchus das erfolgreichste republikanische Drama gewesen sein, da er damit eine ungeheure Summe erzielt habe (Suet./Don. vita Ter. 3; Don. zu Ter. Eun., praef. 1,6*). In frühaugusteischer Zeit soll L. Varius Rufus eine Million Sesterzen für seine Tragödie Thyestes erhalten haben, die er für Octavians Spiele nach der Schlacht von Actium verfasste (Did. in Cod. Paris. 7530 et Casin. 1086 [p. 309 Klotz]), die höchste Summe, die je für ein Drama in Rom gezahlt wurde. Frühe römische Dichter sollen auch als Lehrer tätig gewesen sein (Suet. gramm. 1.2); Pacuvius war sowohl Dichter als auch Maler (Plin. nat 35,19; Hier. chron. 1863, zu 154 v. Chr. [p. 142e Helm]).

 

Nachdem Livius Andronicus 207 v. Chr. ein von einem Chor junger Mädchen vorgetragenes Kultlied verfasst und zur Aufführung gebracht hatte und als Dramatiker anerkannt war, wurde Dichtern und Schauspielern der Tempel der Minerva auf dem Aventin als offizieller Versammlungsort zugewiesen (Fest., pp. 446–448 L.). Athena/Minerva, die Göttin der Dichtung und des Handwerks, wurde offenbar als passende Göttin betrachtet, auch wenn es keine besondere Beziehung zwischen dieser Göttin und einem bestimmten Fest gab. Den Tempel der Minerva Dichtern und Schauspielern zur Verfügung zu stellen war eine religiöse und politische Entscheidung der Nobilität, bedeutete aber auch eine soziale Aufwertung ihrer Tätigkeit. In den Quellen gibt es keine Erwähnung einer ‚Dichter- oder Schauspieler-Gilde‘ für diese Periode. Für Accius’ Zeit ist dann eine Art ‚Dichterzunft‘ (collegium poetarum) belegt (Val. Max. 3,7,11). Für spätere Epochen gibt es keine Nachrichten über berufliche Vereinigungen, aber dann sind Dramendichter auch nicht mehr professionell tätig.

3.6. ‚Impresarios‘, Schauspieler, Musiker

Obwohl es keine umfassenden zeitgenössischen Darstellungen über die Organisation dramatischer Aufführungen im republikanischen Rom gibt, lassen sich die Grundzüge aus Bemerkungen in den dramatischen Texten, den gelegentlich erhaltenen Aufführungsnotizen (Didaskalien) oder Nachrichten bei späteren Autoren erschließen.

Die Organisation im Einzelnen war die Aufgabe eines ‚Impresario‘ (‚Schauspieler-Manager‘), der mit einer Schauspielertruppe die Inszenierung von Dramen übernahm. Einige ‚Impresarios‘ sind namentlich bekannt: T. Publilius Pellio war verantwortlich für Aufführungen von Plautus’ Epidicus (wobei er offenbar auch als Schauspieler auftrat) und Stichus (Plaut. Bacch. 213–215 [▶ T 7]; Did. zu Plaut. Stich.; Symm. epist. 10,2,1). L. Ambivius Turpio organisierte Aufführungen für Caecilius Statius und Terenz (Did. zu Ter. Hec.; Ter. Hec. 9–57; Did. zu Ter. Haut.; Ter. Haut. 1–52; Don. zu Ter. Eun., praef. 1,6; zu Phorm. 315[2]; Cic. Cato 48; Tac. dial. 20,3; Symm. epist. 1,31,3; 10,2,1) sowie anderer Dichter (Ter. Haut. 43–45). Da diese beiden Männer aristokratische Namen haben und mit Angehörigen der Nobilität in Kontakt waren, hatten sie vermutlich eine respektable Stellung inne.

Die Magistrate, die mit der Organisation eines Fests betraut waren, kauften Dramen von den Dichtern, wobei ‚Impresarios‘ als Zwischenhändler agieren konnten (Ter. Eun. 20; Hec. 57; Don. zu Ter. Hec. 57; Hier. chron. 1817, zu 200 v. Chr. [p. 135h Helm]; 1859, zu 158 v. Chr. [p. 142a Helm]; 1863, zu 154 v. Chr. [p. 142e Helm]). ‚Ein Drama kaufen‘ bedeutete offenbar, dass Beamte einen Dichter beauftragten, einen Text für eine dramatische Aufführung an einem bestimmten Fest zu verfassen, oder beschlossen, einen bereits fertiggestellten, ihnen angebotenen Text zu verwenden. Die Transaktion impliziert nicht, dass die Beamten ein Exemplar des Texts erhielten, da dieses direkt an den ‚Impresario‘ übergeben werden konnte. Die Auswahlkriterien sind unklar, und es ist unsicher, wie viel die Beamten über ein Stück vor dem Kauf wussten (▶ Kap. 3.2). Ein vergleichbares Verfahren bestand wohl noch in augusteischer Zeit (Ov. trist. 2,507–510).

Terenz’ Eunuchus war nach äußeren Kriterien das erfolgreichste republikanische Drama, da es dem Dichter nicht nur ein ungeheures Honorar einbrachte, sondern auch bald in einer Wiederaufführung gezeigt wurde (Suet./Don. vita Ter. 3; zu Ter. Eun., praef. 1,6*). In den antiken Quellen ist es nicht eindeutig, ob das Stück einfach zweimal aufgeführt wurde, vermutlich wegen der Publikumsnachfrage, oder ob es zu diesem Zweck ein zweites Mal verkauft wurde. Dass die große Summe in der Tradition mit dem Erfolg des Dramas verbunden ist, ergibt ein weiteres Problem: Nach anderen Quellen verkauften Dichter ihre Stücke vor den Aufführungen zu einem Zeitpunkt, als der Erfolg kaum abzusehen war. Daher mögen sich die Beamten im Fall von Terenz’ Eunuchus verpflichtet gefühlt haben, die Bezahlung nach dem großartigen Erfolg zu erhöhen, und das wurde verbunden mit der zweiten Aufführung.

In einem solchen Geschäftskontext ist es bemerkenswert, dass Terenz’ ‚Impresario‘ Ambivius Turpio als eine selbstbewusste Persönlichkeit auftritt, der im Prolog von Terenz’ Hecyra in den Mund gelegt ist, dass sie nicht nur von kurzfristigen wirtschaftlichen Überlegungen geleitet werde (Ter. Hec. 49), sondern auch künstlerische Ziele verfolge: Ambivius Turpio förderte junge Dramatiker, von deren Fähigkeiten er überzeugt war, auch wenn ihre Stücke zunächst nicht erfolgreich waren, und brachte diese Dramen zu wiederholten Aufführungen, bis sie die entsprechende Wertschätzung fanden (Ter. Hec. 1–57; Did. zu Ter. Hec.; Ter. Phorm. 30–34). Wenn Ambivius Turpio tatsächlich diese Methode verfolgte, mag sie langfristig zu wirtschaftlichem Erfolg geführt haben: Der ‚Impresario‘ agierte als eine Art Talent-Scout und stellte so sicher, dass er mit diesen Dichtern für den Rest ihrer Laufbahn zusammenarbeiten konnte.

Sofern sie repräsentativ sind, weisen diese Details in Terenz’ Prologen auf eine wichtige Rolle der ‚Impresarios‘ bei der Einführung neuer dramatischer Entwicklungen hin und zeigen, dass die Unterstützung durch mächtige ‚Impresarios‘ für eine dichterische Karriere entscheidend sein konnte. ‚Impresarios‘ hatten offenbar auch Einfluss auf den jeweiligen Erfolg eines Dramas: Einer von Terenz’ Prologsprechern behauptet, dass das Drama eines Gegners wegen der Leistung des ‚Impresarios‘/Haupt-Schauspielers und nicht der des Dichters erfolgreich gewesen sei (Ter. Phorm. 9–10).

Vermutlich arbeiteten ‚Impresarios‘ auf der Basis der Texte, die sie von den Dichtern erhielten. Sogenannte Schauspielerinterpolationen oder Adaptionen für spätere Wiederaufführungen zeigen, dass Schauspielertruppen bei solchen Gelegenheiten nach Gutdünken mit den Texten umgingen, indem sie etwa Textpartien wegließen oder erweiterten. Es ist jedoch unklar, wie viel Freiheit sie bei der ersten Aufführung hatten und bis zu welchem Grade die Dichter in die Aufführung involviert waren. Terenz änderte offenbar den Prolog des Eunuchus vor der offiziellen Aufführung und schrieb spezielle Prologe für die zweite und dritte Aufführung der Hecyra (Ter. Eun. 20–26; Hec. 1–57); sonst gibt es keine positiven oder negativen Hinweise auf die Beteiligung von Dichtern bei der Vorbereitung der Aufführungen. Vermutlich gab es eine gewisse Aufgabenteilung, insofern der ‚Impresario‘ für die konkrete Aufführung zuständig war, während die Dichter sich die Auswahl und Gestaltung der Handlungsführung und Figuren zurechnen konnten (z.B. Plaut. Asin. 12; Cas. 64–66; Trin. 8–9; Ter. Haut. 1–2; 11).

Was mit dem Text eines Dramas nach der ersten Aufführung geschah, ist unklar. Offiziell muss er im Besitz der Käufer (also der Beamten) verblieben sein; in der Praxis behielt ihn vermutlich der ‚Impresario‘, sodass er weiterhin seiner Schauspielertruppe zur Verfügung stand. Erfolgreiche Dramen wurden später in der republikanischen Periode mit Änderungen wieder aufgeführt, wie neue Prologe, alternative Schlüsse, Doppelungen oder Schauspielerinterpolationen zeigen. Die Aufführungsnotizen in den Didaskalien von Terenz’ Komödien (auch wenn die Interpretation dieser Nachrichten schwierig ist) legen nahe, dass andere ‚Impresarios‘ die Wiederaufführungen organisierten; etwaige finanzielle Abmachungen sind unbekannt.

Die ‚Impresarios‘ waren verantwortlich für die praktischen Aspekte der Aufführung. Meist waren sie Leiter von Schauspielertruppen (grex), die sich um Aufträge bemühten (Ter. Haut. 1–52; Phorm. 31–35; Plaut. Asin. 2–3; Cas. 21–22; Pseud. 1334). ‚Impresarios‘ konnten auch als Protagonisten oder Prologsprecher auftreten (Plaut. Bacch. 213–215 [▶ T 7]; Ter. Haut. 1–52; Hec. 9–57). Ein Bühnenausstatter (choragus) stellte den Schauspielern Kostüme und andere Materialien zur Verfügung (Plaut. Curc. 464–486; Pers. 159–160; Trin. 857–858; Don. zu Ter. Eun. 967[2]). Ein Herold (praeco) konnte zum Beginn einer Aufführung für Ruhe sorgen (Plaut. Asin. 4–5; Poen. 11–15).

Abb. 13

Schauspieler-Darstellung

Sogenannte ‚Würzburger Schauspielerscherbe‘ (Bruchstück eines Kraters), aus einer apulischen Werkstatt (Tarent), polychrome Deckfarbenbemalung, ca. 350/340 v. Chr. (Würzburg, Martin von Wagner-Museum, Inv.-Nr. L 832)

Zu sehen ist ein Schauspieler mit Theaterschwert und der abgenommenen Maske in der Hand; seine Kleidung weist darauf hin, dass er einen thrakischen Heros gespielt hat. Vielleicht liegt ein Bezug auf Sophokles’ (in Fragmenten erhaltene) Tragödie Tereus vor. Sichtbar wird ein Kontrast zwischen dem älteren Schauspieler und dem Helden, den er gespielt hat.

Die Schauspieler im republikanischen Rom waren in der Regel berufsmäßige Bühnenakteure und oft Fremde oder Römer aus niedrigeren sozialen Schichten, Sklaven oder Freigelassene (Liv. 7,2,4 [▶ T 1]; Tac. ann. 14,21,1; Plaut. Asin. 2–3; Cic. Q. Rosc. 27–28). Schauspieler und Schauspielerinnen des Mimus wurden als in der Hierarchie besonders weit unten angesehen: Sie traten ohne Masken auf, und Schauspielerinnen konnten gezwungen werden, sich am Ende der Aufführung ihrer Kleider zu entledigen. Hingegen konnten Atellanen nach Livius (7,2,11–12 [▶ T 1]) von jungen Adligen aufgeführt werden, die ihre Bürgerrechte behielten.

Die Schauspielertruppen waren vermutlich eher klein, nicht zuletzt weil alle Mitglieder einer Truppe bezahlt werden mussten. Auch wenn die Mehrzahl der Szenen in erhaltenen römischen Komödien nicht mehr als drei Sprecher verlangt (das Maximum im griechischen Drama), brachten römische Dramatiker manchmal mehr als drei (vier oder fünf) sprechende Schauspieler gleichzeitig auf die Bühne (Diom. ars 3, GL I, pp. 490,27–491,3; 491,20–30; Euanth. fab. 2,2). Da die weiteren Figuren auf der Bühne in der Regel stumme Assistenten sind, erscheinen Truppen von ungefähr vier bis sechs ausgebildeten Schauspielern, die sich durch zusätzlich engagierte Statisten ergänzen ließen, für Rom plausibel. Im Verlauf eines Stücks konnten einzelne Schauspieler zwei oder mehr Rollen übernehmen und während der Aufführung die Rollen wechseln. Jedenfalls ist eine Situation belegt, in der ein Prologsprecher anschließend als eine Figur des Dramas auftritt und das am Ende des Prologs ankündigt (Plaut. Poen. 123; 126).

Die Schauspieler spezialisierten sich in der Regel auf ernste oder leichte Dramen, waren aber nicht auf eine dieser Varianten beschränkt (Cic. orat. 109; Quint. inst. 11,3,111). In Terenz’ Zeit trat der Schauspieler L. Minucius Prothymus offenbar sowohl in Tragödien als auch in Komödien auf (Don. com. 6,3; Eun., praef. 1,6), wie später Q. Roscius Gallus (hauptsächlich in Komödien) und vielleicht Clodius Aesopus (hauptsächlich in Tragödien). Männer spielten sowohl männliche als auch weibliche Rollen in fast allen dramatischen Gattungen. Nur der Mimus hatte auch weibliche Schauspieler, was zu der besonders geringen Wertschätzung von Mimus-Schauspielern beitrug.

Die professionelle Tätigkeit und der niedrige soziale Status führten dazu, dass das Auftreten auf der Bühne zur Finanzierung des Lebensunterhalts verachtet wurde. Zu Ciceros Zeit betrachtete man das Erscheinen auf einer öffentlichen Bühne gegen Geld mit so viel Ablehnung (vgl. auch Dig. 3,2,2,5), dass der Schauspieler Q. Roscius Gallus, nachdem er in den Ritterstand aufgenommen worden war (Macr. Sat. 3,14,13), sich offenbar weigerte, für weitere Aufführungen Bezahlung anzunehmen (Cic. Q. Rosc. 22–24). Der kurzfristige Auftritt des Mimusdichters Decimus Laberius auf der Bühne führte zu einem vorübergehenden Verlust seines Ritterstatus (Macr. Sat. 2,3,10; 2,7,2–9 [▶ T 29]; Sen. contr. 7,3,9; vgl. auch Quint. inst. 3,6,18).

 

Die soziale Position der Mehrheit der Schauspieler ist wahrscheinlich der Grund, warum Schauspieler nicht die politischen und bürgerlichen Rechte normaler Bürger hatten (Cic. rep. 4,10 [= Aug. civ. 2,13]; Tert. spect. 22,2): Das Auftreten auf der Bühne konnte zu üblem Ruf (infamia) führen (Dig. 3,2,1; 3,2,2,5), und Beamte durften Schauspieler überall und zu jeder Zeit prügeln, was erst Kaiser Augustus abschaffte und auf die Zeit der Spiele und den Bereich des Theaters eingrenzte (Suet. Aug. 45,3; Tac. ann. 1,77,3; vgl. auch Plaut. Amph. 26–31; Cist. 784–785). Aus der späten Republik sind gesetzliche Restriktionen bekannt, die Schauspieler daran hinderten, Mitglieder des Senats zu werden, offizielle Ämter zu bekleiden oder zu wählen (Tabula Heracleensis, vulgo Lex Iulia Municipalis 123 = FIRA I2, p. 149 [49 v. Chr.]). Umgekehrt war es Senatoren und ihren Nachfahren verboten, auf der Bühne zu erscheinen (Cass. Dio 54,2,5). Schauspieler (mit Ausnahme von solchen in der Atellane) waren vom Militärdienst ausgenommen (Liv. 7,2,12 [▶ T 1]).

Die diffamierenden Regelungen für Schauspieler, die sie als eine besondere Klasse kennzeichneten, sollten wahrscheinlich verhindern, dass politische und soziale Unruhen vom Theater ausgingen, sowie Mitglieder der höheren sozialen Stände vom Auftritt auf der Bühne abhalten. Solche Differenzierungen markieren einen klaren Unterschied zwischen Politik und Theaterwelt in Bezug auf das Personal und verleihen daher jeder möglichen politischen Aktion, die von der Bühne kommt, einen weniger einflussreichen Ton. Gleichzeitig besteht ein sozialer Abstand zwischen der Mehrheit des Personals auf der Bühne und der Mehrheit des Publikums: römische Bürger gegen Sklaven, Fremde und Freigelassene. Die soziale Stellung der Schauspieler beeinträchtigte jedoch nicht das Interesse des römischen Publikums am Theater.

Neben dieser allgemeinen Geringschätzung der am Theater Tätigen gab es Anerkennung für individuelle Leistungen: Beispielsweise konnten Sklaven, die auf der Bühne auftraten, die Freiheit gewinnen, wenn sie erfolgreiche Schauspieler waren (z.B. Cic. Att. 4,15,6; Suet. Tib. 47; Cass. Dio 57,11,6). Aus Ciceros Bericht über die Eröffnung des Pompeius-Theaters geht hervor, dass Schauspieler sich gegen Ende ihrer Karriere von der Bühne zurückziehen konnten, um ihren Ruf zu wahren (Cic. fam. 7,1,2 [▶ T 3]). In spätrepublikanischer Zeit wurden Schauspieler wie Q. Roscius Gallus und Clodius Aesopus berühmte Stars und verdienten ein Vermögen; auch in der Kaiserzeit konnten Schauspieler hohe Geldsummen erhalten (Suet. Vesp. 19). Dennoch konstatiert etwa Cicero eine unausgeglichene Wertschätzung von Roscius’ Beruf und Charakter trotz herausragender Verdienste auf beiden Gebieten (Cic. Q. Rosc. 17; Quinct. 78).

Bereits seit Plautus’ Zeit konnten erfolgreiche Schauspieler als offizielles Zeichen ihrer Leistung einen Palmzweig von Beamten erhalten, auch wenn Plautus andeutet, dass dabei gelegentlich Korruption im Spiel war (Plaut. Amph. 64–74; Poen. 36–39; Trin. 706–707; Ter. Phorm. 16–17). Dass jedenfalls früh festgestellt wurde, dass die Schauspieler die Wirkung eines Dramas beeinflussen, zeigt eine Bemerkung, die dem Sklaven Chrysalus in einer von Plautus’ Komödien in den Mund gelegt ist, nämlich dass er das Stück Epidicus (eine andere Plautus-Komödie) sehr liebe, es aber nur widerwillig sehe, wenn Pellio (als Schauspieler) darin auftrete (Plaut. Bacch. 213–215 [▶ T 7]).

T 7 Plautus, Bacch. 213–215


CHRYSALUS: CHRYSALUS [Sklave]:
non res, sed actor mihi cor odio sauciat. Nicht die Sache [die Situation des Herrn], sondern der Schauspieler [wie der Herr dargestellt ist] verletzt mir das Herz und macht es widerwillig.
etiam Epidicum, quam ego fabulam aeque ac me ipsum amo, Sogar Epidicus, ein Drama, das ich genauso wie mich selbst liebe,
nullam aeque invitus specto, si agit Pellio. sehe ich unwillig wie sonst keines, wenn Pellio darin auftritt.

Der berühmteste und erfolgreichste Schauspieler in der späten Republik war Q. Roscius Gallus (ca. 134/125–63/62 v. Chr.). Roscius war vor allem ein Komödienschauspieler; eine seiner bekannten komischen Rollen war der Kuppler Ballio in Plautus’ Pseudolus (Cic. Q. Rosc. 20), er trat aber auch in Ennius’ Tragödie Andromacha auf (Cic. de orat. 3,102; vgl. auch Cic. orat. 109). Unter seinen Fähigkeiten hebt Cicero hervor, dass Roscius in der Lage sei, die Expressivität der Gebärdensprache und die Intensität des Ausdrucks zu variieren und im Hinblick auf den Verlauf eines Stücks mögliche Steigerungen zu antizipieren (Cic. de orat. 3,102). Außerdem war Roscius ein Lehrer der Schauspielkunst (Cic. Q. Rosc. 30; de orat. 1,129) und schrieb ein Handbuch über das Schauspielern (Macr. Sat. 3,14,12). Wegen seiner Stellung scheint er die außergewöhnliche Freiheit besessen zu haben, entscheiden zu können, ob er willens und in der Lage war aufzutreten, während andere Schauspieler auftraten, auch wenn sie indisponiert waren, und dann von der Bühne gepfiffen werden konnten (Cic. de orat. 1,124; 1,259).

Seine Erfolge erlaubten es Roscius, sich in gehobenen sozialen Zirkeln zu bewegen: Er war ein Freund Ciceros (Cic. Quinct. 77; Macr. Sat. 3,14,11) und hatte gute Beziehungen zu hochstehenden Mitgliedern der Nobilität wie Q. Lutatius Catulus, L. Licinius Crassus und L. Cornelius Sulla. Sulla machte ihn in den späten 80er oder frühen 70er Jahren v. Chr. zum Ritter (Macr. Sat. 3,14,13). Anschließend weigerte Roscius sich nach Cicero, für seine Auftritte auf der Bühne Geld anzunehmen (Cic. Q. Rosc. 22–24). Bis dahin hatte Roscius mit seinen Auftritten ein Vermögen verdient, ungefähr eine halbe Million Sesterzen jährlich (Cic. Q. Rosc. 22–23). Dass im ersten Jahrhundert v. Chr. wichtige öffentliche Persönlichkeiten wie Sulla oder Marcus Antonius den Umgang mit Schauspielern pflegten, war keine Selbstverständlichkeit; es wurde ihnen von ihren Gegnern sogar vorgeworfen (z.B. Cic. Phil. 2,20; 2,58; 2,61–62; 2,67; 2,101; 8,26; 10,22; 13,24). Solche Kontakte konnten auch in der frühen Kaiserzeit noch als anrüchig angesehen werden (Cass. Dio 57,14,10).

Roscius’ Zeitgenosse Clodius Aesopus hatte ebenfalls gute Beziehungen zu Cicero (Macr. Sat. 3,14,11). Cicero nennt ihn den ‚größten Künstler‘ (Cic. Sest. 120: summus artifex), und der Scholiast bezeichnet ihn als ‚den berühmtesten Schauspieler in Tragödien zu jener Zeit‘ (Schol Bob. zu Cic. Sest. 120: actor illis temporibus nobilissimus tragicarum fabularum). Aesopus spezialisierte sich auf Tragödien (Quint. inst. 11,3,111; Val. Max. 9,1,2; Plin. nat. 9,122; 10,141), mag aber auch in Komödien aufgetreten sein (Cic. orat. 109). Einer seiner letzten Auftritte im Theater war seine wenig eindrucksvolle Rückkehr auf die Bühne bei der Eröffnung des Pompeius-Theaters 55 v. Chr. (Cic. fam. 7,1,2 [▶ T 3]). Aesopus verdiente ebenfalls viel Geld und hinterließ ein Vermögen von 20 Millionen Sesterzen (Macr. Sat. 3,14,14).

In der Kaiserzeit agierten auch Angehörige höherer Stände auf der Bühne. Augustus ließ römische Ritter auf der Bühne auftreten, bis der Senat es verbot (Suet. Aug. 43,3). Für die Zeit Neros wird berichtet, dass die Senatoren Thrasea Paetus und Piso ‚im tragischen Ornat sangen‘ (Tac. ann. 15,65; 16,21,1); das könnte sich auf die Vorführung einzelner Glanzpartien beziehen und muss nicht heißen, dass sie Schauspielerrollen bei der Darbietung ganzer Dramen übernahmen. Bekanntlich trat Kaiser Nero selbst als Tragödienschauspieler auf, jedoch wohl nicht in der Rolle eines berufsmäßigen Schauspielers (Suet. Nero 21,2–3 [▶ T 8]).

T 8 Sueton, Nero 21,2–3


dubitavit etiam an privatis spectaculis operam inter scaenicos daret quodam praetorum sestertium decies offerente. [3] tragoedias quoque cantavit personatus heroum deorumque, item heroidum ac dearum, personis effectis ad similitudinem oris sui et feminae, prout quamque diligeret. inter cetera cantavit Canacen parturientem, Oresten matricidam, Oedipodem excaecatum, Herculem insanum. Er [Nero] überlegte auch, ob er bei privaten Festspielen unter den Schauspielern agieren sollte, als einer der Praetoren ihm eine Million Sesterzen anbot. [3] Er deklamierte auch [Stücke aus] Tragödien, mit den Masken von Heroen und Göttern, ebenso von Heroinen und Göttinnen, wobei die Masken so gestaltet waren, dass sie seinem eigenen Gesicht und dem der Frau, die er gerade liebte, ähnlich waren. Unter anderem spielte er die Rolle der ‚gebärenden Canace‘, des ‚Muttermörders Orestes‘, des ‚geblendeten Oedipus‘, des ‚wahnsinnigen Hercules‘.

Der ‚Impresario‘ hatte auch die Musikbegleitung zu organisieren (▶ Kap. 6.7). Denn die römischen Dramatiker komponierten nicht selbst die Musik für ihre Stücke; stattdessen fügten professionelle Musiker diese hinzu (Cic. de orat. 3,102; Don. com. 8,9). Das musikalische Element war im republikanischen Drama wichtig, da eine große Zahl von Versen zu Musikbegleitung vorgetragen wurde. Jede Schauspielertruppe mag ihren eigenen Instrumentalisten gehabt haben, der vermutlich sowohl der Komponist als auch der Vortragende der Musik war. In Absprache mit dem ‚Impresario‘ und/oder den Schauspielern wird er über die Umsetzung der verschiedenen Metren im Text in Musik entschieden haben.

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