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Gero von Randow

Baby-Auto!

Baby-Auto! Baby-Auto!

Gero von Randow

Copyright: © 2014 Gero von Randow

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-7375-1956-4

INHALTSVERZEICHNIS

Prolog

1. Kapitel: Der Guru und die Fettpresse

2. Kapitel: Paris, Dakar

3. Kapitel: Tagebuch einer Krise

4. Kapitel: Unter Menschen

5. Kapitel: Unterm Rad

6. Kapitel: Spielzeugsachen

7. Kapitel: Vvvvrrrrooooaaaarrr!

Über den Autor

Prolog

Starren Blicks segelte die Blondine auf mich zu. Sie wirkte wie ferngesteuert und kam immer näher, bis ich merkte: Ihr Blick galt nicht mir. Sondern meinem Auto, Baujahr 1978.

Zärtlich streichelte sie über dessen lackierte Flanke und begann zu schwärmen: "Meine erste Liebe hatte so ein Auto. Ein Medizinstudent, 20 Jahre alt. Fragen Sie mich nicht, wie alt ich war, da hatte der Staatsanwalt noch die Hand drauf." Sie drehte sich um und entfernte sich, wie sie gekommen war: grußlos.

Im gleichen Moment wusste ich, dass ich dieses Buch schreiben würde.

1. Kapitel: Der Guru und die Fettpresse

Die Ereignisse nahmen in Wien ihren Lauf. Das ist eine ausgesprochen moderne Stadt in altehrwürdiger Kulisse, die Wiener haben Stil. Die Gattin ist Wienerin. Ich bin ein Piefke, wie sie in Wien sagen; früher war das ein Wort, das den Berliner Koofmich bezeichnete, heute sind alle Deutschen Berliner Koofmichs. Aber sonst geht es unserer Ehe gut, danke.

Ich besuche Wien sehr gerne. Auch wegen seines altmodischen Charmes. Nicht, dass ich Nostalgiker wäre. Ich verspüre keine Sehnsucht nach früheren Zeiten. Aber dass die Gegenwart von Zeichen durchsetzt ist, die auf die Vergangenheit weisen, das hat mir stets gefallen.

Zu unseren Wiener Freunden zählt ein liebenswertes Ehepaar, das zu leben weiß. Die zwei haben uns schon oft von ihren Italienfahrten erzählt, die sie mit ihrem Fiat 124 Spider unternehmen: Ein grünes, flaches Auto, ein Roadster aus den siebziger Jahren. Ein Oldtimer. Der Fiat werde überall freudig begrüßt, erzählten uns die beiden. Mir gefiel auch die Vorstellung, sich auf Reisen dem Autobahnwahn zu verweigern und stattdessen in gemessenem Tempo die Landschaften zu durchstreifen. Den Fiat selbst fand ich hübsch, aber mehr auch nicht. Denn damals interessierten mich Autos nicht die Bohne.

Die erste Karre, die ich je besaß, war ein VW Käfer für 300 Mark. Wenn er schlapp machte, musste man gegen den Vergaser treten, dann lief er wieder. Mit dieser Reparaturmethode hatte ich eine damalige Freundin beeindruckt, und erst recht mit dem kennerhaften Spruch "Da hat sich nur der Schwimmer verklemmt". Den hatte ich von einem Freund gehört. Ich wusste nicht, was er bedeutete.

Autos waren für mich schlicht und einfach Fortbewegungsmittel, und meine Autos waren dementsprechend schlicht und einfach. Vor allem billig. Ihr Aussehen war mir herzlich egal. Ging etwas kaputt, halfen Freunde.

Ansonsten hatte ich einen Heidenrespekt vor dem Risiko, das Autos mit sich bringen. Einmal platzte mir ein Reifen bei Tempo 130. Ein anderes Mal löste sich während der Fahrt auf der Autobahn ein Rad an dem Anhänger, den ich zog - jemand hatte die Radmuttern gelockert. Damals war ich kurzzeitig Impresario eines linksradikalen Rocktheaters im Ruhrgebiet; ich habe bis heute die Rechtsradikalen Dortmunds in Verdacht.

Überlebt habe ich auch die Höllenfahrt in einem Kleinbus, dessen bekiffter Fahrer haarscharf an den Abgründen einer karibischen Vulkaninsel entlang raste. Und während eines Manövers, ich war Bundeswehrsoldat, schrie plötzlich der Fahrer unseres Schützenpanzers, als der steil bergab fuhr: "Der bremst nicht mehr!" - also, alles in allem gesehen, motorisiertes Fahren war nie so recht meine Lieblingsbeschäftigung gewesen.

Eines Tages, ich war frischgebackener Technikjournalist bei der ZEIT, veränderte sich das Motorgeräusch meines Citroen Visa markant. Ich fuhr an einer Tankstelle vor und verkündete fachmännischen Blicks: "Der fährt nur noch auf drei Pötten." Guckt der Mann mich an und entgegnet: "Der hat nur zwei."

Als ich später bei der FAZ das mir zustehende Dienstfahrzeug aussuchen sollte, erklärte ich, daran kein Interesse zu haben. Was mir als Hamburger Arroganz ausgelegt wurde.

So war das mit den Autos und mit mir.

Bis wir im Spätsommer 2013 mit den Wiener Freunden in die Südsteiermark fuhren, eine schöne Weingegend. Sie kannten sich aus, fuhren mit ihrem schicken alten Fiat Spider vorneweg, italienische Eleganz, und wir hinterher in einem dieser formlosen Mietwagen. Alle Autos von heute sind formlos.

Und als ich die beiden so sah, perfekt mit ihrem offenen Roadster in die Landschaft gefügt, da war es um mich geschehen. Eigentlich, sagte ich vorsichtig zur Gattin, eigentlich finde ich deren Auto ziemlich klasse. Ja, sagte sie. Eigentlich würde ich da gerne mal mitfahren, sagt ich. Ja, sagte sie.

Woraufhin ich einmal mitfuhr. Der Fiat Spider sah auch von innen schnittig aus, mit seinem hölzernen Lenkrad und den ästhetischen Instrumenten, und man saß so unglaublich tief. Als ich später wieder im Miethobel fuhr, nahm ich den Gesprächsfaden noch einmal auf. Eigentlich wäre es toll, sowas zu haben, sagte ich. Ja, sagte die Gattin. Eigentlich, sagte ich, könnte ich mich doch mal umschauen, was sowas kostet und so weiter. Aber natürlich, sagte meine wunderbare Frau.

In der Steiermark waren die Internetverbindungen etwas holprig. Auf dem Rückflug von Wien nach Hamburg blätterte ich bereits in Oldtimerzeitschriften. In der Nacht unserer Ankunft las ich das Internet leer. Am anderen Morgen wusste ich, dass es da auch ein englisches Auto gab, dessen Karosse von einem italienischen Designer stammte, das aber irgendwie rennautomäßiger aussah: der Spitfire 1500. Ich möchte einen Spifire 1500, in British Racing Green, sagte ich zur Gattin. Ja, sagte sie. Es war das zweitschönste Ja meines Lebens, und beide kamen von ihr.

Italienisches Design ist unübertroffen. Mir war es bis dato schnuppe. Wohlgeformte Espressomaschinen, Fahrräder, Schuhe und so weiter - ich gab keine zehn Pfennige dafür. Meine italienischen Vorlieben galten der Lollobrigida, der Cardinale sowie der Mutter aller europäischen Küchen, allenfalls noch dem niedlichen Fiat 500. Dem historischen, wohlgemerkt, nicht der Version von heute, die aussieht, als hätte Jeff Koons sie entworfen.

Wenn ich mir die heutigen Autos so ansehe, so erinnern sie mich entweder an aufgeblasene Gummitiere oder an Schaumgebäck aus gezuckertem Eischnee, das im Windkanal getrocknet wurde. Diesem Ideal nähern sich fast alle an, sogar die Porsches. Ich kann sie kaum auseinanderhalten.

Ich habe mich einmal in den Pariser Autosalon verirrt. Dort gab es eine Premiere: Hymnen, Lightshow, Ballon-Ballet, dann zogen sie eine Art Bettlaken weg und darunter erschien ein fetter Hobel, dessen Aussehen nicht gerade eine Überraschung war. Egal, die umstehenden Hühner begackerten das Ei, als gliche es keinem anderen.

Wer sich in derartige Fahrzeuge hineinbegibt, gleitet in eine Welt, in der alles rund, weich und schwammig ist. Ihn umströmen sanfte Farben, Töne und Gerüche. Das Auto, eine Gebärmutter. Ein Piepen erinnert daran, dass der Sicherheitsgurt nicht angelegt wurde; Dreiklänge informieren über den Abstand zu Hindernissen; es ist eine Welt des Wohlwollens und der Fürsorge, der Pädagogik und der Sicherheit.

Das Auto der nahen Zukunft fährt von selbst. Seine Insassen müssen sich um nichts mehr kümmern und dürfen spielen. Ist es kaputt, kommt der Onkel Doktor mit dem Laptop.

Zugegeben, diese Infantilisierung ist der Preis der Sicherheit. Die allerdings bleibt relativ. Man begebe sich auf eine Autobahn: Gut möglich, dass die totalitäre Umhüllung des Autofahrers ihn erst so richtig aggressiv werden lässt - aber das ist natürlich Spekulation und bestimmt fortschrittsfeindlich. Es erklärt immerhin, wie ich über das Autofahren dachte und eigentlich immer noch denke.

Aber zwischen Denken und Fühlen ist es eben ein himmelweiter Unterschied. Die Idee, einen Spitfire zu kaufen, ließ mich nicht mehr los.

Was macht man heutzutage, wenn man keine Ahnung hat, wie man Kaffeebohnen am besten aufbewahrt, wie die Quantenmechanik zur Gravitationstheorie steht oder was zu beachten ist, wenn man sich einen Spitfire zulegen will? Genau.

Die Auskennerwelt des Internet begrub mich unter Informationen. Ich hatte zwar noch keinen Spitfire, aber schon machte er mir eine Menge Arbeit. Ich sammelte Kleinanzeigen und stellte sie kurz atmend der Spitfire-Community vor: "Was haltet ihr davon?" - "Schrott", war die Antwort, mehr als einmal. Bis sich ein Larry aus Leipzig bei mir meldete: Ein Freund von ihm biete etwas an, das vielleicht geeignet sei. Aber ich solle einen unabhängigen Fachmann zur Besichtigung mitnehmen.

Larrys Freund war ein Ingenieur in Radebeul, das liegt bei Dresden und ist die Geburtsstadt von Karl May - das war das einzige Wissen, das ich zu dem Sachverhalt beitragen konnte. Der unabhängige Fachmann war also eine zwingende Notwendigkeit.

Wenn Leute mit mir über Religion diskutieren wollen, fragen sie mich oft: "Glaubst Du an Zufälle?". Ich weiß dann nie so recht, was ich antworten soll. Jedenfalls nicht, dass ich daran glauben würde, allen Geschehnissen läge ein Plan zugrunde. Über den Rest lässt sich lange streiten. Ich für meinen Teil halte Zufälle für die wahren Wunder. Den unabhängigen Fachmann beispielsweise fand ich durch ein Wunder.

Beim Mittagessen mit einem netten Hamburger Kaufmann erwähne ich, dass ich mir ein altes Auto zulegen wolle. Ich erwarte ein "Was, Du?" - stattdessen erwidert er "Ich habe drei davon." Und erzählt mir von einem Guru, gelernter Kfz-Mechaniker, der sich mit alten englischen Autos gut auskenne. "Lade ihn zu deiner Tour nach Radebeul ein, das macht ihm bestimmt Spaß!"

 

Gesagt, getan. Treffpunkt ist der Hauptbahnhof. "Ich kenne Dich doch gar nicht", sage ich zum Guru am Telefon. Daraufhin er: "Du wirst mich erkennen." Das leuchtete mir sofort ein. Einen Guru erkennt man immer.

So auch dieses Mal. Ein Blick, und ich weiß, wer von den Leuten auf dem Bahnsteig der Guru ist, denn er trägt eine rote Werkstattjacke, auf der "Autokosmetik" steht. Wusste ich gar nicht, dass es sowas gibt. Aber was weiß ich schon.

Kennenlernen im Zug. Der Guru fährt sonst nicht Zug. Sondern LKW. Er kennt die Welt. "Ganz schön bequem hier drin", sagt er, und, nach einem Blick auf den Fahrplan: "Das geht ja schnell bis Dresden." Tja, die Bahn. Ein Universum für sich.

Der Guru fachsimpelt über alte Autos. Mir schwirrt der Kopf. Um überhaupt etwas zu sagen, sage ich: "Das ist ja interessant, da muss ich wohl noch einiges lernen." Woraufhin der Guru: "So ein Auto bleibt öfter liegen, da muss man immer bei gehen" - so heißt das nämlich bei uns in Hamburg, "bei gehen".

Ich bin vor Schreck ein paar Sekunden stumm. Vom Liegenbleiben stand im Internet nichts, und vom Beigehen auch nichts. Dann sage ich mutig: "Kein Problem, das möchte ich ja auch lernen." Darauf er: "Du brauchst jedenfalls 'ne Fettpresse und einen Knarrenkasten."

Schon wieder eine Überraschung. Eine Fettpresse. Dunkel erinnere ich mich daran, was das war: eine Art Spritze, mit der man Türgriffe einsauen konnte, jedenfalls haben wir das damals bei der Bundeswehr gemacht und fanden das lustig. Und einen Knarrenkasten, stimmt, so etwas hat die Gattin, sie ist handwerklich begabt.

Auf einmal schießt mir diese Heimwerkersache durch den Kopf. Ich wollte mal ein Badezimmer fliesen und bei der Gelegenheit auch allerlei Schreinerarbeiten in Angriff nehmen. Bis dahin hatte ich Derartiges noch nie unternommen. Ich kaufte mir also ein Buch. Das ist sowieso immer das Beste. Ein Buch ist schon mal ein sicherer Anfang. Dieses hieß "Heimwerken macht Spaß". Ich las es zur Hälfte durch und nahm von meinen Plänen Abstand.

Meine Heimwerkergeschichte erzähle ich dem Guru nicht. Er wiederum bringt mir ein neues Wort bei: "Wir besorgen uns erst mal Schrumpfschläuche", sagt er, und ich muss ein Prusten unterdrücken. Schrumpfschläuche. Ein Wort wie aus der Schlumpfwerkstatt.

Am Ankunftsort treffen wir den Ingenieur. Das Fachsimpeln geht weiter. Der Ingenieur, ein wahrer Spitfire-Liebhaber und Schrauber: "So ein Auto, da muss man immer was dran tun." Ich: "Na klar!" (und denke mir: Aus der Nummer kommst du nicht mehr raus). Dann aber durchzuckt es mich: Wer in den 80er Jahren als Laie an Heimcomputern herumgelötet hat, der müsste doch auch befähigt sein, drei Jahrzehnte später ein Auto zu reparieren? Mein Ehrgeiz ist geweckt.

Wir begeben uns zur Garage. Da steht das grüne Auto. Es lacht. Ich will es haben.

Und welche Erleichterung, als der Guru sagt, dass ihm das Auto gefällt! Es sei in allerbestem Zustand. Als er das sagt, bin ich es auch.

Probefahrt. Mir wird zunächst der Beifahrersitz zugewiesen, was mir sehr recht ist. Das Hineinsetzen in das flache, enge Fahrzeug ist eine Turnübung, sie erinnert mich an die Bundeswehr, als es "Zwecksport am Panzer" hieß: durch die Bodenluke hinein, durch die Fahrerluke wieder raus undsoweiter. Der Guru hatte schon im Zug gewarnt: "Also bei Dir hätte ich mir eher einen anderen Wagen vorgestellt, mit mehr Komfort." Ein Angriff auf die Ehre. Mittlerweile übrigens, nach einem guten Jahr, beherrsche ich das Einsteigen schon einigermaßen. Beim Aussteigen indes achte ich immer noch darauf, dass nicht zu viele Leute zuschauen.

So, und nun wechseln wir die Positionen, ich darf selber fahren. Oh. Oha. Bis ich die Bremse spüre, muss ich ganz schön weit durchtreten - und dann ordentlich Kraft aufbringen, denn das Auto hat keinen Bremskraftverstärker. Auch keine Servolenkung. Und liegt hart wie ein Brett auf der Straße. Tief. Rennwagenfeeling. Bin das ich? Die FAZ schrieb einmal: "Der Triumph Spitfire ist kein Auto für Männer, die älter sind als er selbst und aus der elektrisch betriebenen Badezimmerwaage die Batterien herausgenommen haben." Manchmal ist es schon gespenstisch, wie gut die FAZ-Redakteure recherchieren.

Die Besichtigung ist ein voller Erfolg. Bahnfahrt zurück nach Hamburg mit dem Guru, ich weiß nicht mehr, was ich alles gesagt habe, es war wie nach dem ersten Date. Beziehungsweise wie nach dem ersten gelungenen Date. Abends schwärme ich der Gattin vor, sie lächelt nachsichtig.

Leider träume ich in der folgenden Nacht schlecht. Denn es gibt da ein Problem: Ich bin im Begriff, eine schwere Krankheit zu bewältigen, vor mir liegt noch eine ziemliche Wegstrecke, und tatsächlich träume ich davon, dass sich beim Ein- und Aussteigen diverse Schläuche und Kanülen im Lenkrad verheddern.

Es folgt eine ereignisreiche Woche. Die Höhepunkte sind schmerzhafte ärztliche Untersuchungen, das Abonnieren zweier Oldtimer-Zeitschriften sowie der Kauf eines Warndreiecks. Ich schaue mir auf YouTube Videos an, auf denen einfach nur herumgefahren wird. Außerdem betrachte ich einigermaßen sprachlos Lehrfilme über Kfz-Technik, in denen ein älterer Herr mit sehr ernstem Gesicht alles erläutert, was wesentlich ist. In jeder Folge trägt er denselben Wollpullover und antwortet auf diesbezügliches Nachfragen eines Zuschauers, man habe die Serie binnen weniger Tage gedreht.

Ich lese und erfahre vieles über Autopflege und ertappe mich dabei, die gußeiserne Kokotte aus unserer Küche mit akribischer Sorgfalt zu reinigen und einzuölen; die Gattin kommentiert: "Aha, Herr von Randow lernt endlich putzen" (sie führt ein Blog mit dem Namen "Frau Neudecker lernt endlich kochen").

Der Ingenieur schickt per Mail eine Gebrauchsanweisung für das Auto. Er hat sich dafür außerordentliche Mühe gegeben, aber ich verstehe fast kein Wort. Wikipedia läuft heiß.

Ich korrespondiere mit einer Oldtimer-Versicherung: Normalerweise versichern die nur Zweitwagen. Ich erkläre ihnen, dass ich kein Alltagsfahrzeug benötige, ja dass ich Autos eigentlich für überflüssig halte. Und oh Wunder: So einen Vogel haben sie zwar noch nie unter ihren Kunden gehabt, aber sie sehen es ein.

Ich miete einen Platz in einer Tiefgarage in Hafennähe. Muss ich dazu schreiben, dass ich zuvor noch nie einen Garagenplatz gemietet hatte?

Dann endlich der große Tag. Die Gattin und ich sitzen im Zug nach Dresden. In meiner Jackentasche knistert der dicke Umschlag mit dem Bargeld. So ein Spitfire kostet nicht die Welt, er galt schon immer als Studentenroadster, aber trotzdem, wir knappsen den Betrag von unserer eisernen Reserve ab. Immer wieder lese ich die Gebrauchsanweisung durch, gleichwohl, die Zeit zieht sich in die Länge.

Radebeul.

Der Ingenieur wartet schon auf uns. Hat alle Ersatzteile und Werkzeuge, die zum Lieferumfang gehören, fein säuberlich aufgereiht, wie eine Jagdstrecke. Die Gattin sagt zu alledem kein Wort und lächelt nur fein. Der Ingenieur zeigt letzte Details, den Ölmessstab, den Wagenheber und manches mehr und sagt schließlich, "Naja, dann machen wir mal den Papierkram." Als alles ausgefüllt ist, schiebt er die Schlüssel über den Tisch, schluckt und sagt melancholisch "Man kann nicht alles haben" - er ist fast pausenlos auf Montage, sein bisschen Freizeit wird von Frau und Kindern beansprucht. Der Ingenieur gibt mir ein umfangreiches Fahrtenbuch mit; eine Woche später wird er mich um eine Kopie bitten, es seien so viele Erinnerungen darin.

Wir steigen ein. Wir fahren los. Pures Glück. Wir verfahren uns.

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