Der älteste christliche Text

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Der älteste christliche Text
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Informationen zum Buch

Die Auslegung des ersten Thessalonicherbriefs hat einen besonderen Reiz, denn sie gilt der ältesten Quelle des Frühchristentums. Paulus richtet das Schreiben ca. 41 n. Chr. an die Christen in Thessaloniki kurze Zeit, nachdem er dort eine Gemeinde gegründet hat. In dem Brief nimmt er Bezug auf den Gegenstand seiner Predigten in Thessaloniki und beantwortet Fragen der Gemeinde. Zugleich will er die Bindung zwischen sich und dieser jungen Kirche stärken. Der Inhalt des ersten Thessalonicherbriefes reicht von der Erwählung der Kirche durch Gott, den Leiden der Christen in der Gegenwart und der Denunzierung ungläubiger Juden als Menschenfeinde bis hin zur Erwartung des nahen Endes, der Wiederkunft Jesu als des Herrn noch zu Lebzeiten aller Gemeindeglieder. Zugleich nimmt der Verfasser Elemente griechischer Philosophie auf (»alles prüft, das Gute haltet fest«). Ein Bezug auf Jesus von Nazareth fehlt in diesem Brief. Paulus hat diesen nie kennengelernt und lehrt bereits in seinem ersten Brief in griechischer Umgebung einen Glauben an den Herrn und Gottessohn, der mit dem Nazarener nichts zu tun hat. Innerhalb kürzester Zeit löste sich so das Christentum, das die nächsten 2000 Jahre der abendländischen Kultur bestimmen sollte, von seinem jüdischen Mutterboden.

Informationen zum Autor

Gerd Lüdemann, Jahrgang 1946, ist Professor für Geschichte und Literatur des frühen Christentums an der Georg-August-Universität Göttingen. Er leitet die Abteilung »Frühchristliche Studien« am Institut für Spezialforschungen sowie das Archiv »Religionsgeschichtliche Schule« der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen.

Gerd Lüdemann

Der älteste christliche Text

Erster Thessalonicherbrief


Impressum

©2012 zu Klampen Verlag • Röse 21 • D-31832 Springe

info@zuklampen.de • www.zuklampen.de

Umschlag: Matthias Vogel, »In Zeiten wie diesen« – Büro für Kommunikation, Konzept & Kreation, Hannover

unter Verwendung von Rembrandts Selbstportrait als Apostel Paulus, Rijksmuseum Amsterdam

Konvertierung: Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH, KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart

ISBN 978-3-86674-136-2

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar.

Inhaltsübersicht

Vorwort

ÜBERSETZUNG: Erster Thessalonicherbrief

EINLEITUNG

1. Umfeld

2. Datum

3. Eigenart

AUSLEGUNG

1. Methode

2. Einzelauslegung

3. Bewertung

BEIGABEN

1. Echtheitsfrage

2. 1 Thessalonicher 2,13–16

3. Apostelgeschichte 18,1–17

Literaturverzeichnis

Autorenverzeichnis

Fußnoten

Zum Andenken an meinen Bruder

Klaus Lüdemann

* 11. Juni 1939 · † 11. August 2011

Man sieht nur mit dem Herzen gut.

Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

VORWORT

Das vorliegende Buch setzt meine Bemühungen fort, verständlich und wissenschaftlich fundiert über die frühe Kirche aufzuklären. Zeitgenossen, die sich z. B. regelmäßig über Neuigkeiten aus der medizinischen Forschung informieren, haben ja ebenso ein Recht, den aktuellen Wissensstand in anderen Fächern, einschließlich des Neuen Testaments, zu erfahren.

Meine neue Arbeit behandelt den ersten Thessalonicherbrief. Die Schulexegese hält dieses Schreiben des Paulus einmütig für den ältesten christlichen Text, der erhalten ist. Dieses Urteil ist gut begründet.

Eine deutsche Übersetzung, die sich möglichst nahe an das griechische Original hält und zugleich verständlich ist, stelle ich an den Anfang und empfehle, sie bereits vor der Lektüre des ganzen Buches eingehend zu studieren. Um den Weg zum Text zu ebnen, habe ich in der Übersetzung auf Überschriften verzichtet und nur die herkömmliche Einteilung in Kapiteln und Versen beibehalten. Zur besseren Texterfassung setze ich Markierungen von Wörtern und Satzteilen ein. Sie betreffen Begriffe und Ausdrücke, durch die einzelne Abschnitte strukturiert werden und die teilweise den gesamten Brief charakterisieren. Außerdem sind Traditionen, die der Verfasser verarbeitet hat, und rhetorische Stilisierungen eingerückt.

Drei Beigaben entlasten den Haupttext. Als Einführung in das Thema des Buches kann man sie gewinnbringend auch für sich lesen. Griechische Termini füge ich in kursiver Umschrift jeweils den deutschen Begriffen bei.

Die deutschen Übersetzungen der Schriften des Neuen Testaments richten sich in der Regel nach Gerd Lüdemann / Frank Schleritt: Arbeitsübersetzung des Neuen Testaments, Göttingen 2008. Grundlage der Übersetzungen ist die kritische Textausgabe Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland27.

Göttingen, 30. Juni 2011

Gerd Lüdemann

ÜBERSETZUNG
Erster Thessalonicherbrief

1 1 Paulus und Silvanus und Timotheus an die Gemeinde der Thessalonicher in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.

Gnade euch und Friede!

2 Wir DANKEN GOTT allezeit für euch alle, wenn wir (euch) in unseren Gebeten erwähnen und unablässig 3 gedenken

eures Werkes im Glauben

und eurer Mühe in der Liebe

und eurer Geduld in der HOFFNUNG auf unseren Herrn Jesus Christus

vor unserem GOTT und Vater, 4 wissen wir doch, von GOTT geliebte BRÜDER, um eure Erwählung, 5a denn unsere EVANGELIUMS-PREDIGT kam zu euch nicht allein im Wort, sondern auch mit Kraft und mit HEILIGEM Geist und großer Zuversicht; 5b IHR WISST ja, als welche wir euretwegen bei euch aufgetreten sind.

6 Und ihr seid zu unseren Nachahmern geworden und zu denen des Herrn, indem ihr in großer Bedrängnis mit Freude des HEILIGEN Geistes das WORT annahmt, 7 so dass ihr zum Typos wurdet für alle Glaubenden in Makedonien und in Achaia. 8 Denn von euch her ist das WORT des Herrn nicht allein in Makedonien und Achaia erklungen, sondern an jedem Ort hat sich die Kunde von eurem Glauben an GOTT verbreitet, so dass wir darüber nichts mehr zu sagen brauchen. 9 Denn sie selbst berichten von uns, welchen EINGANG wir bei euch fanden und wie ihr euch hingewandt habt zu GOTT, (weg) von den Götzen, um dem lebendigen und wahren GOTT zu dienen

10 und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten,

den er auferweckte aus den Toten,

Jesus, der uns rettet

vor dem kommenden Zorn.

21 Denn IHR WISST selbst, BRÜDER, um unseren EINGANG bei euch, dass er nicht vergeblich war; 2 sondern nachdem wir vorher gelitten hatten und misshandelt worden waren, WIE IHR WISST, in Philippi, gewannen wir freien Mut durch unseren GOTT, euch das EVANGELIUM GOTTES auszurichten, in heftigem Kampf.

3 Denn unser Zuspruch kam

nicht aus Betrug,

noch aus Unreinheit,

noch mit List;

4 sondern wie wir für TAUGLICH befunden worden sind von GOTT, mit dem EVANGELIUM betraut zu werden, so reden wir und gefallen dabei nicht Menschen, sondern GOTT, der über die TAUGLICHKEIT unserer Herzen befindet.

5 Denn weder traten wir jemals bei euch auf

mit Schmeichelrede,

 

WIE IHR WISST,

noch unter einem Vorwand aus Habsucht,

Gott ist Zeuge,

6 auch nicht so, dass wir Ansehen von Menschen suchten,

weder von euch noch von anderen,

7a obwohl wir als Apostel Christi (euch) hätten BELASTEN können.

7b Sondern wir waren gütig in eurer Mitte, wie wenn eine Amme ihre Kinder hegt und pflegt. 8 In solcher Sehnsucht nach euch wollen wir euch gern Anteil geben nicht nur am EVANGELIUM GO-TES, sondern auch an uns, denn ihr seid uns lieb geworden.

9 Denn erinnert euch, BRÜDER, an unsere Mühe und Anstrengung: Tag und Nacht bei der Arbeit, um auf keinen von euch eine (finanzielle) LAST ZU LEGEN, verkündigten wir euch das EVANGELIUM GOTTES.

10 Ihr seid Zeugen und GOTT,

wie fromm

und gerecht

und untadelig

wir zu euch, den Glaubenden, waren, 11 so WIE IHR WISST, wie wir, jeden einzelnen von euch, wie ein Vater seine Kinder

12a euch ermahnt

und ermuntert

und eindringlich gebeten haben,

12b damit ihr lebt, wie es Gott entspricht,

der euch in sein Reich und seine Herrlichkeit ruft.

13 Und deshalb auch DANKEN wir GOTT unablässig, weil ihr, nachdem ihr das von uns gepredigte WORT GOTTES empfangen hattet, es nicht annahmt als WORT von Menschen, sondern als das, was es wahrhaftig ist, als WORT GOTTES, das auch in euch, den Glaubenden, wirkt.

14 Denn ihr seid zu Nachahmern geworden, BRÜDER, der Gemeinden GOTTES, die in Judäa in Christus Jesus sind, weil auch ihr dasselbe erlitten habt von den eigenen Mitbürgern wie auch sie von den Juden,

15 die sogar den Herrn töteten, Jesus,

und die Propheten

und uns heftig verfolgten

und GOTT nicht gefallen

und allen Menschen feindlich sind,

16 die uns hindern, zu den Heiden zu reden, damit sie gerettet werden –

auf dass sie ständig ihre Sünden auffüllen.

Es ist aber über sie vollständig der Zorn gekommen.

17 Wir aber, BRÜDER, haben uns, nachdem wir von euch eine kurze Zeit verwaist waren – dem Angesicht, nicht dem Herzen nach –, im Übermaß bemüht, euch persönlich zu sehen, mit großem Verlangen. 18 Deshalb wollten wir zu euch kommen, ich, Paulus, einmal und zweimal – und es hinderte uns der Satan.

19 Denn wer ist

unsere HOFFNUNG

oder FREUDE

oder Ruhmeskranz,

wenn nicht auch ihr, vor unserem Herrn Jesus bei seiner Ankunft?

20 Denn ihr seid unsere Herrlichkeit und FREUDE.

31 Deshalb, ES NICHT MEHR AUSHALTEND, beschlossen wir, allein in Athen zurückzubleiben, 2 und schickten Timotheus, unseren Bruder und Mitarbeiter GOTTES am EVANGELIUM Christi, um euch zu befestigen und zu trösten hinsichtlich eures Glaubens, 3a damit niemand wanke in diesen Bedrängnissen.

3b Denn IHR WISST selbst, dass wir dazu bestimmt sind; 4 denn auch als wir bei euch waren, sagten wir euch vorher, dass wir bedrängt werden sollten, wie es auch geschah und wie ihr wisst.

5 Deswegen auch, ES NICHT MEHR AUSHALTEND, schickte ich los, um (etwas über) euren Glauben zu erfahren, ob nicht etwa der Versucher euch versucht hat und unsere Mühe vergeblich gewesen ist.

6 Nachdem jetzt aber Timotheus zu uns von euch gekommen ist und uns Gutes von eurem Glauben und eurer Liebe berichtet hat und (davon,) dass ihr uns allezeit in guter Erinnerung habt und euch danach sehnt, uns zu sehen, wie auch wir euch: 7 Deswegen wurden wir getröstet, BRÜDER, euretwegen, in all unserer Not und Bedrängnis, durch euren Glauben; 8 denn jetzt leben wir, wenn ihr fest steht im Herrn.

9 Denn welchen DANK können wir GOTT eurethalben zurückgeben für all die FREUDE, mit der wir uns euretwegen vor unserem GOTT FREUEN? 10 Nachts und tags bitten wir inständig darum, euch persönlich zu sehen und die Mängel eures Glaubens in Ordnung zu bringen.

11 Er selbst aber, unser GOTT und Vater und unser Herr Jesus, lenke unseren Weg zu euch. 12 Euch aber lasse der Herr wachsen und ÜBERFLUSS HABEN an Liebe zueinander und zu allen, wie auch wir zu euch, 13 um eure Herzen zu festigen, untadelig an HEILIGKEIT vor unserem GOTT und Vater bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen seinen HEILIGEN.

41 Im übrigen nun, Brüder, bitten und ermuntern wir euch im Herrn Jesus, dass ihr, wie ihr von uns empfangen habt, wie ihr leben und GOTT gefallen sollt – so lebt ihr auch –, dass ihr (also darin) noch mehr ÜBERFLUSS HABT . 2 Denn IHR WISST, welche Anweisungen wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus. 3 Denn dies ist Gottes Wille: eure HEILIGUNG,

dass ihr euch fernhaltet von der Unzucht,

4 dass jeder von euch sein Gefäß gewinne in HEILIGUNG und Ehrbarkeit, – 5 nicht mit begehrlicher Leidenschaft wie auch die Heiden, die GOTT nicht kennen –,

6 dass niemand sich in Geschäften gegenüber seinem Bruder verfehle und ihn überliste.

Denn Rächer von allen diesen Dingen ist der Herr, wie wir euch auch vorher gesagt und versichert haben.

7 Denn nicht rief uns GOTT zu Unreinheit, sondern in Heiligung.

8 Wer (dies) daher verwirft, verwirft nicht einen Menschen, sondern GOTT, der euch seinen HEILIGEN Geist gibt.

9 Über die Bruderliebe aber benötigt ihr keine briefliche Belehrung, denn ihr selbst seid von GOTT gelehrt, einander zu lieben; 10 und ihr tut es ja gegenüber allen BRÜDERN in ganz Makedonien.

Wir ermuntern euch aber, BRÜDER, darin noch mehr ÜBERFLUSS ZU HABEN, 11 und eure Ehre darin zu suchen,

ein ruhiges Leben zu führen,

euch um eure eigenen Angelegenheiten zu kümmern

und mit euren eigenen Händen zu arbeiten – wie wir euch angewiesen haben,

12 damit ihr anständig lebt gegenüber denen draußen und niemanden nötig habt.

13 Wir wollen aber nicht, dass ihr unwissend seid, BRÜDER, über die SCHLAFENDEN, damit ihr nicht trauert WIE auch DIE ÜBRI-GEN, die keine HOFFNUNG haben.

14 Denn wenn wir glauben, dass

JESUS STARB und auferstand,

so wird auch GOTT die ENTSCHLAFENEN durch Jesus mit ihm zusammenführen.

15 Denn dies sagen wir euch mit einem Wort des Herrn:

wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, kommen den ENTSCHLAFENEN keineswegs zuvor.

16 Denn der Herr selbst wird mit einem Befehlsruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune GOTTES, vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; 17 danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen in Wolken fortgerissen werden zur Begegnung des Herrn in die Luft; und so werden wir für immer mit dem Herrn zusammen sein.

18 So tröstet euch gegenseitig mit diesen Worten.

51 Über die Zeiten aber und die Termine, BRÜDER, benötigt ihr keine briefliche Belehrung.

2 Denn IHR WISST selbst genau, dass der TAG des Herrn so kommt wie ein Dieb in der NACHT . 3 Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit!, dann kommt plötzlich Vernichtung über sie wie die Geburtswehe über die Schwangere; und keineswegs können sie entkommen.

4 Ihr aber, BRÜDER, seid nicht in FINSTERNIS, so dass der TAG euch wie ein Dieb packen könnte; 5 denn alle seid ihr Söhne des Lichts und Söhne des TAGES.

Wir gehören nicht der NACHT noch der FINSTERNIS . 6 Also lasst uns nun nicht schlafen WIE DIE ÜBRIGEN, sondern wachen und nüchtern sein.

7 Denn die Schlafenden schlafen NACHTS, und die Betrunkenen sind NACHTS betrunken.

8 Wir aber, die wir dem TAG gehören, wollen nüchtern sein, nachdem wir angezogen haben einen Panzer (des) Glaubens und (der) Liebe und als Helm HOFFNUNG auf RETTUNG.

9 Denn nicht bestimmte uns GOTT zum Zorn, sondern zum Erlangen der RETTUNG durch unseren Herrn JESUS Christus, 10 der für uns STARB, damit wir, ob wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben.

11 Deshalb tröstet euch gegenseitig und erbaut einer den anderen, wie ihr es auch tut.

12 Wir bitten euch aber, BRÜDER, die anzuerkennen,

die sich bei euch mühen,

sich eurer im Herrn annehmen

und euch ermahnen

13 und sie ganz besonders in Liebe zu achten um ihres Werkes willen.

Haltet Frieden untereinander!

14 Wir ermuntern euch aber, BRÜDER:

Ermahnt die Unordentlichen,

tröstet die Kleinmütigen,

nehmt euch der Schwachen an,

seid geduldig mit allen!

15 Seht zu, dass niemand einem Böses für Böses vergelte, sondern strebt allezeit nach dem Guten (agathon) füreinander wie für alle!

16 Freut euch allezeit,

17 betet unablässig,

18 in allem dankt.

Dies nämlich ist der Wille GOTTES in Christus Jesus für euch.

19 Den Geist löscht nicht aus,

20 Prophetengaben verachtet nicht,

21 alles aber prüft,

das Gute (kalon) haltet fest!

22 Von aller Art des Schlechten haltet euch fern!

23 Er selbst aber, der Gott des Friedens, HEILIGE euch vollständig,

und unversehrt mögen euer Geist, Seele und Leib bewahrt werden,

untadelig bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.

24 Treu ist der, der euch ruft,

der wird es auch tun.

25 BRÜDER, BETET für uns!

26 Grüßt alle BRÜDER mit HEILIGEM Kuss!

27 Ich beschwöre euch beim Herrn, dass der Brief allen BRÜDERN vorgelesen werde.

28 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus (sei) mit euch!

EINLEITUNG

1. Umfeld1

Thessalonich – Hauptstadt der Provinz Makedonien mit Sitz des Prokonsuls – war um die Zeitenwende die größte Stadt Makedoniens. Sie besaß einen weit höheren Rang als die römische Kolonie Philippi 2, die letzte Missionsstation des Paulus vor der Ankunft in Thessalonich.3 Der Makedonenkönig Kassander hatte die Stadt im Jahre 315 v.Chr. gegründet. Als Namen wählte er den seiner Frau, Thessalonike, einer Schwester Alexanders des Großen (356–323 v. Chr.).

Die archäologischen Funde geben kaum Aufschluss über die vorrömische Zeit, die mit dem Jahr 168 v.Chr. endete, da Konsul L. Aemilius Paullus den König Perseus bei Pydna vernichtend schlug. Eine Ausnahme sind Reste eines kleinen Serapistempels mit mehr als 70 Inschriften auf Isis, Serapis, Osiris und Dionysos.

Religionsgeschichtlich und politisch wichtig war der Kaiserkult, dessen Existenz Münzen auf vielerlei Weise belegen.

Isis, die offizielle Schutzgöttin der römischen Kolonie Philippi, hatte auch in Thessalonich ihre Heiligtümer. »Ihr Kult konnte freilich auch in Privathäusern reicher Leute stattfinden – nicht anders als der der christlichen Gemeinden.«4 Mitglieder der städtischen Oberschichten begünstigten den Kult der Kabiren, bekannt durch das berühmte Heiligtum auf der nahe gelegenen Insel Samothrake. »In manchen seiner Kundgebungen vergegenwärtigte dieser Kult mit orgiastischen Tänzen und einem Gedächtnismahl den gewaltsamen Tod einer göttlichen Gestalt.«5

 

Für das erste Jahrhundert n.Chr. gibt es keine direkten Zeugnisse jüdischen Lebens in Thessalonich. Lukas hat die Existenz einer Synagoge in der makedonischen Hauptstadt erfunden.6

2. Datum

Wer Datum und Abfassungsort eines echten Paulusbriefes ermitteln will, muss das gesamte Leben des Apostels einbeziehen; erst dann lässt sich der betreffende Brief chronologisch einordnen.

DIE ALTE CHRONOLOGIE

Der bis vor kurzem allgemein übliche Weg zur Erstellung der Vita des Paulus bestand zumeist darin, die historischen Angaben der Paulusbriefe und die der Apostelgeschichte des Lukas7 vorsichtig miteinander zu kombinieren. Ein wichtiger Fixpunkt ergibt sich daraus, dass in Apg 18,12–17 der Prokonsul Gallio – ein Bruder des Philosophen Seneca – auftritt. Lukas berichtet, korinthische Juden hätten Paulus vor den Richterstuhl Gallios gezerrt.8 Nun lässt sich Gallios Amtszeit als Prokonsul der römischen Provinz Achaia aufgrund von Fragmenten einer in Delphi gefundenen Inschrift etwa in das Jahr 51/52 n.Chr. datieren.9

Dazu passt Apg 18,2: Paulus traf bei der Erstpredigt in Korinth »einen Juden namens Aquila, aus Pontus gebürtig, der kürzlich aus Italien gekommen war, und Priskilla, seine Frau, denn Claudius hatte befohlen, dass alle Juden Rom zu verlassen hätten.« Dieses Judenedikt datiert der christliche Historiker Orosius (5. Jahrhundert) unter Hinweis auf »Josephus« in das neunte Jahr des Claudius (49 n.Chr.). Dem lässt sich das Gallio-Datum (51/52 n.Chr.) zuordnen. Laut Apg 18,11 fand ja der Prozess gegen Paulus vor Gallio achtzehn Monate nach der Gründung der Gemeinde von Korinth statt.

Von diesem Zeitpunkt aus berechnet man die Ereignisse vor und nach dem ersten Aufenthalt des Paulus in Korinth.

Die Zeit nach dem Gründungsaufenthalt in Korinth

Im Anschluss an den ersten Korinthaufenthalt segelte Paulus nach Ephesus10, dann nach Palästina11 und anschließend zurück nach Ephesus.12 Dort und in Makedonien, wohin er nach dem Aufenthalt in Ephesus gereist war13, schrieb er die beiden Korintherbriefe und den Gal. Den Winter darauf verbrachte Paulus in Korinth, verfasste hier den Röm und schiffte sich im Frühjahr nach Jerusalem ein.14

Die Zeit vor dem Gründungsaufenthalt in Korinth

Ehe Paulus zum ersten Mal nach Korinth reiste, wirkte er bereits in Philippi, Thessalonich und Athen missionarisch.15 Zuvor hatte er sich zusammen mit Barnabas als Mitglied einer Delegation der antiochenischen Kirche, in deren Dienst er vierzehn Jahre stand16, nach Jerusalem begeben.17

Damals, ca. 49 n.Chr., kam es in der jüdischen Hauptstadt zu einem Treffen18 – die Fachleute nennen es »Apostelkonzil« oder »Jerusalemer Konferenz« –, auf dem Judenchristen die Beschneidung von Heidenchristen forderten.19 Trotz scharfer Kontroversen wurde die Einheit der Kirche bewahrt; Heidenchristen mussten sich nicht beschneiden lassen.20

Ein Zeichen der Gemeinschaft setzend, verpflichteten sich Paulus und Barnabas, eine Kollekte für die »Armen« in Jerusalem zu sammeln21, und kehrten nach Antiochien zurück. Kurze Zeit darauf trennte sich Paulus aber infolge eines heftigen Streits über das gemeinsame Essen zwischen Heiden- und Judenchristen von der antiochenischen Gemeinde und Barnabas.22 Er brach nach Griechenland auf und gründete dort Gemeinden: Philippi, Thessalonich, Korinth.23 Die Szene vor Gallio würde dann der ersten Phase der paulinischen Mission angehören.

Sollte diese Chronologie zutreffen, so wären die erhaltenen echten Paulusbriefe innerhalb von ungefähr drei Jahren geschrieben worden, und zwar zwischen der Jerusalemer Konferenz und dem letzten Jerusalembesuch, zu dem sich Paulus in Korinth rüstete24, als er dort den Röm verfasste. Ihr Verfasser wäre jemand, der – vor der Griechenlandmission – fast zwanzig Jahre Christ gewesen ist.

Einwände

a) Paulus besuchte drei Jahre nach seiner Bekehrung Jerusalem, um Kephas, den damaligen Leiter der dortigen Gemeinde, kennen zu lernen.25 Dies spricht für ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein des Paulus bereits in dieser frühen Zeit. Offenbar hat Paulus schon damals mit Kephas über die Heidenmission gesprochen.26

b) Paulus war kein Delegat, der im Auftrag der antiochenischen Gemeinde handelte. Er sagt von sich, er sei wegen einer Offenbarung nach Jerusalem gereist und habe das von ihm unter den Heiden verkündigte Evangelium den Jerusalemern vorgelegt.27 Damit setzt Paulus voraus, dass er vor der Konferenz eine selbständige Missionsarbeit betrieb und in dieser Zeit keinesfalls, wie Lukas behauptet, Barnabas untergeordnet gewesen ist.28

c) Paulus hatte sehr früh auch Mitarbeiter. So begleitete ihn der Heidenchrist Titus nach Jerusalem.29 Durch dessen Mitnahme in die jüdische Hauptstadt unterstrich Paulus, dass fortan unbeschnittene Heiden zum Gottesvolk gehörten – eine Provokation, die zum Hauptgegenstand der Verhandlungen auf der Konferenz werden sollte. In Jerusalem wurde Titus zum Zeugen der Kollektenabsprache. Später setzte er sich als Gehilfe des Paulus erfolgreich für ihre Durchführung in Makedonien und Achaia ein.30

d) Das Jahr 49 n. Chr. passt nicht als Datum für eine Judenvertreibung aus Rom. Wie bereits angemerkt, stammt diese Angabe von einem christlichen Schriftsteller des 5. Jahrhunderts, dem Presbyter Paulus Orosius, der als Quelle den jüdischen Historiker Josephus (ca. 37–100 n. Chr.) angibt. Doch findet sich nichts Entsprechendes in den vollständig erhaltenen Werken des Josephus.31

e) Die Hinweise auf weltgeschichtliche Ereignisse im lukanischen Doppelwerk treffen oft nicht zu.

Erstens. Lukas nennt in Apg 4,6 und in Lk 3,2 irrtümlich Hannas (6– 15 n. Chr.) statt Kaiphas (18–37 n.Chr.) als den Hohenpriester zur Zeit des Wirkens Jesu.32

Zweitens. Lukas setzt in Lk 2,1–2 die Registrierung zu früh an, denn eine Volkszählung unter Quirinius fand erst ein Jahrzehnt nach Herodes’ Tod statt. Außerdem bezog sich die Registrierung nicht auf das ganze römische Reich, sondern war auf Syrien und Judäa beschränkt.

Drittens. Lukas datiert in Apg 5,36–37 Theudas falsch und begeht einen groben historischen Schnitzer, indem er Judas zeitlich nach Theudas auftreten lässt.33

Viertens. Eine Hungersnot »auf dem ganzen Erdkreis« – so Apg 11,28 – hat nicht stattgefunden.34 Diese Nachricht befindet sich auch in krassem Widerspruch zur Apostelgeschichte selbst. Denn im unmittelbaren Kontext, Apg 11,29–30, steht, dass die Gemeinde Antiochiens – trotz der weltweiten Hungersnot – Hilfe nach Jerusalem schicken konnte.

f) Lukas berichtet von fünf Jerusalemreisen des Christen Paulus35, während die Briefe nur drei belegen36 und keine weitere zulassen: Paulus schließt mit einem Schwur37 eine Reise zwischen dem Kephas- und Konferenzbesuch aus, und eine zusätzliche Reise zwischen der Konferenz und der zur Ablieferung der Kollekte ist aus organisatorischen und finanziellen Gründen unwahrscheinlich. Die Schulexegese streicht die zweite der von Lukas genannten Reisen, bleibt aber eine Begründung dafür schuldig, wie die vierte Paulusreise – der Abstecher nach Jerusalem während der Einsammlung der Kollekte – zustande kam.

g) Die Darstellung des Lukas leiten oft theologische Ziele. Er beschreibt das Christentum als politisch ungefährliche Religion, die sich dazu eignet, eine Weltreligion zu werden. Die historische Wahrheit bleibt dabei oft auf der Strecke.38

h) Lukas verarbeitet in der Apostelgeschichte Traditionen auf seltsame Art. Er zieht nämlich oft Einzelnachrichten, die sich auf verschiedene Aufenthalte an demselben Ort beziehen, zu einer Erzählung zusammen. Dies gilt für Korinth39, wo der Apostel später drei Monate lebt40, gleichfalls für Thessalonich41, für das ebenfalls ein weiterer paulinischer Aufenthalt bezeugt wird42, aber auch für Philippi43, wohin Paulus noch zweimal gereist sein soll.44 Selbst Ephesus macht keine Ausnahme: In Apostelgeschichte 19 finden sich aus verschiedenen Zeiten – zu einer Erzählung komprimiert – mehrere Traditionen über die Wirksamkeit des Paulus in der Stadt.45 Aus all dem folgt, dass die richtige chronologische Einordnung der Einzelinformationen von den Paulusbriefen her noch aussteht.

DIE NEUE CHRONOLOGIE

Bestimmung des Abfassungsdatums des ersten Thessalonicherbriefs auf der alleinigen Grundlage der echten Briefe

Die vorgebrachten Einwände haben gezeigt, dass eine Chronologie des Paulus auf der Basis einer Harmonisierung seiner Briefe mit der Apostelgeschichte zu viele Fragen offen lässt, um zu überzeugen. Gefordert ist daher eine kritische Chronologie. Sie lässt sich nur auf der alleinigen Grundlage der Briefe des Apostels erstellen.

Diese Einsicht verdanke ich Ferdinand Christian Baur (1792– 1860) und dem US-Amerikaner John Knox (1900–1990). Beide betonen nämlich die verschiedene Qualität der historischen Angaben der echten Paulusbriefe und der Apostelgeschichte und ziehen daraus die allein möglichen Konsequenzen.

Baur bemerkt:

Zwischen der Apostelgeschichte und den paulinischen Briefen, soweit sie sich ihrem geschichtlichen Inhalte nach mit der Apostelgeschichte vergleichen lassen, findet im Allgemeinen ein ähnliches Verhältnis statt, wie zwischen dem johanneischen Evangelium und den synoptischen. Die Vergleichung dieser beiden Quellen muss zu der Überzeugung führen, dass bei der grossen Differenz der beiderseitigen Darstellungen die geschichtliche Wahrheit nur entweder auf der einen oder der andern Seite sein kann46.

John Knox meint, ein winziger Hinweis in den Paulusbriefen sei von größerem historischem Wert als eine klare Angabe in der Apostelgeschichte. Außerdem müsse jeder Widerspruch zwischen Briefen und Apostelgeschichte zu Lasten letzterer gehen. Nur dort, wo die Briefe die Angaben der Apostelgeschichte bestätigten, verdiene Lukas Zutrauen.47

Die Bedeutung der chronologischen Arbeiten von Knox besteht in Folgendem: Indem er die Paulusbriefe als Primärquellen benutzt, versetzt er den Aufbruch des Paulus nach Griechenland nicht nur in die Zeit vor der Jerusalemer Konferenz, sondern datiert diese Mission auch um ein Jahrzehnt früher als üblich.

Ein chronologischer Haftpunkt in den Paulusbriefen

Wenn man die Hinrichtung Jesu gemäß dem allgemeinen Konsens in das Jahr 30 n.Chr. legt und drei Jahre Abstand zwischen seinem Tod und der Bekehrung des Paulus veranschlagt, ergeben sich auf der alleinigen Grundlage der Paulusbriefe folgende Daten:

Bei seiner Bekehrung um 33 n. Chr. war Paulus ca. dreißig Jahre alt, denn in dem gegen Mitte der fünfziger Jahre geschriebenen Brief an Philemon nennt er sich einen alten Mann48; nach damaligem Sprachgebrauch bezeichnet das ein Lebensalter von 50–56 Jahren.49

Die christliche Zeit im Leben des Paulus lässt sich in zwei Phasen einteilen: 1) von der Bekehrung – ca. 32 n. Chr. – bis zur Jerusalemer Konferenz – ungefähr im Jahr 49 n. Chr. – und 2) von der Konferenz bis zur Gefangenschaft in Jerusalem – etwa im Jahr 52 n. Chr. Wie oben bemerkt, gehören nach vielen Exegeten sämtliche Briefe des Paulus zur zweiten Phase der christlichen Zeit des Paulus.

Doch mehren sich die Stimmen, dass der erste Thessalonicherbrief aus der ersten Phase stammt.50 Bei der Beweisführung zugunsten dieser Sicht spielt als chronologisches Kriterium die Kollekte, die auf der Jerusalemer Konferenz beschlossen wurde, eine wichtige Rolle.

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