Frauen, Ehen und andere Katastrophen

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Frauen, Ehen und andere Katastrophen
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Gerd Bock

Frauen, Ehen und andere Katastrophen

Geschichten aus dem wahren Leben

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

1. Grundlagen

2. Paul & Helene

3. Paul & Carina

4. Es hat sich entwickelt

5. Die liebe Politik

6. Die Abkömmlinge

7. Die Einschläge

8. Pauls Fremdgänge

9. Carinas Abweichungen

10. Ich, Gerd Bock,

Impressum neobooks

1. Grundlagen

Sein Name ist Paul, sein Spitzname natürlich. Im richtigen Leben heißt er Klaus-Dieter Brummer, kürzer KDB. Nicht zu verwechseln mit dem KGB. Den soll es ja wohl nicht mehr geben, jedenfalls nicht unter diesem Namen.

Den Paul gibt es aber noch, steinalt zwar, in der sächsischen Einöde, am Waldrand. Er fühlt sich im Moment nicht so recht wohl, körperlich, wie geistig, nicht geistlich.

Grund genug, sich was einfallen zu lassen, um die ihm noch verbleibende Zeit totzuschlagen.

Manche behaupten, er sei ein Frauenfeind. Dem ist aber nicht so. Wahr ist, mit seiner körperlichen Konstitution ist nicht mehr viel anzufangen, was Frauen betrifft.

Und daß Frauen katastrophale Situationen schaffen können, bleibt mal unter uns. Das heißt im Klartext, kommt mal aufs Papier. Natürlich schaffen dasselbe auch Männer, aber wir bleiben vorerst bei Frauen. Das hat seine Gründe, nämlich den Titel der Geschichte.

Paul war zweimal verheiratet. Der erste Versuch ging fast auf den Tag genau nach 4 Jahren schon in die Hosen. Es lohnt sich aber, darüber zu berichten, denn es ist ja ein Bestandteil von Pauls Leben. Ein kurzer zwar, aber nicht ohne tiefere Bedeutung.

Und so begann alles.

Er kannte sie, die Helene, aber nicht die aus Krasnojarsk am Jenissej, die so berückend singen kann, sondern die aus Grottenstadt, schon seit der 11. Klasse. Suche bitte Grottenstadt nicht auf dem Navi, eher bei Erwin Strittmatter.

Sie war damals die Freundin eines Klassenkameraden, genannt B1 und verlor auch in diesen Jahren schon ihre Unschuld, wohl durch die unruhigen Finger des Klassenkumpels, so bekannte sie jedenfalls viel später. Es sei, wie es sei.

Das Abi war ein Jahr später geschafft, der Kumpel ging mit Zustimmung seiner Eltern nach Westberlin, damals bedurfte es nur einer Fahrkarte der Deutschen Reichsbahn für 8 Pfennig/km. Damit konnte man nicht nur nach Berlin fahren, sondern sich auch mit der S-Bahn in ganz Berlin herumkutschieren lassen. Die S-Bahn gehörte der Reichsbahn. Deswegen hieß sie auch den ganzen Sozialismus über Deutsche Reichsbahn, damit sie ihren Anspruch auf die S-Bahn nicht einbüßt. Man hätte sie nicht schadlos in Deutsche Demokratische Bahn umbenennen können. Die „Sowjetische Militäradministration“ hat das 1945 so entschieden und das war gut so.

Die Liebe mit B1 hatte also ein jähes Ende. Helenchen ging in die Carl-Zeiss-Stadt an die Ingenieurschule gleichen Namens und wurde schon 1960, mit 20 Jahren zur frischbackenen feinmechanisch-optischen Ingenieurin gekürt.

Paul ging nach dem Abi zur NVA in die märkische Sandwüste und so verlor man sich halt aus den Augen.

Aber 1958 war der märkisch-sandige „Ehrendienst“, wie man damals zu sagen pflegte, beendet. Man sah sich wieder, erkannte sich natürlich, ging zusammen in Kino und Theater, damals machte man so was noch, fuhr auch gemeinsam mit Fahrrädern an den Hohenwarthe-Stausee, lebte ein paar Tage in einem winzigen Zelt, in dem man nur liegen, allenfalls sitzen konnte und da knallte es natürlich nach kurzer Zeit.

Der Hohenwarthe-Stausee staut die Saale, nicht zu verwechseln mit dem Pumpspeicherwerk in Niederwartha, das pumpt nämlich die Elbe nach oben und wurde schon in den Endzwanzigern gebaut.

Hohenwarthe bekam in den Sechzigern auch ein Pumpspeicherwerk zum Wasserkraftwerk aus den Anfangdreißigern hinzu. Wie klug, die Berge drum herum sind viel höher als die Hügelchen um Dresden. Die Wasserturbinen kamen von Škoda Pilsen, die Generatoren von Elektrosila aus Sankt Petersburg, das damals noch Leningrad hieß und das Wasser kam aus der Saale. Es wurde nachts hochgepumpt und tags über zurücklaufen lassen, mit einem Affenzahn, und es machte auf diese Art und Weise halt sauberen Strom. Dazu brauchte man keine Energiewende, die seit ihrem Start sowieso auf dem Rücken der Stromkunden ausgetragen wird und von der man zur Zeit nur noch hinter vorgehaltener Hand spricht.

Zu Pilsen muß Paul unbedingt noch etwas sagen, insbesondere zum Pilsner Urquell:

Es war im 72. Jahr des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends, da begab es sich, daß Paul dienstlich mit einem rot-weißen Moskwitsch 412 in die alte ungarische Haupt- und Krönungsstadt Preßburg zu fahren hatte. Er wohnte dort im altehrwürdigen Hotel Carlton, von dessen Balkon im 1. Stock einst Hitler die Slowakische Republik ausgerufen hatte. Das ist schon lange her.

Es begab sich weiter, daß Paul nach einigen Tagen Dienstausübung frühmorgens im Hotel eine fürchterliche Nierenkolik bekam, die dazu führte, daß er kurzerhand in ein vorbildliches krönungsstädtisches Krankenhaus eingeliefert wurde. Dort gähnte ihn modernste Medizintechnik aus der alten BRD an und Paul wußte nicht recht, ob er in München oder in Bratislava mit seinen Koliken zu kämpfen hatte. Man tat etwas und nach 3 Tagen sagte man ihm auf deutsch, alles sagte man ihm dort auf deutsch, nun müßte nur noch der Stein raus. Das sei entweder mit viel Tee oder mit viel Bier zu beschleunigen. Der Unterschied sei nur, daß Bier nicht zum medizinischen Leistungsspektrum des sonst sehr modernen Krankenhauses zählte. Der halbe Liter kam damals im Laden etwa 2 Kronen. Das waren offiziell umgerechnet 66,66 (periodisch) Ost-Pfennige. Die Entscheidung war sehr schnell getroffen. Paul sollte jede Viertelstunde eine Flasche trinken. Das machte sich in der ersten Stunde ganz gut, wurde aber später ziemlich zur Qual. Nach 2 ½ Stunden war der Stein da. Klein, aber stark gezackt und Paul besoffen. Damit war bewiesen, daß Plze?ski Prázdroj ein alkalisch wirkendes, also urologisches Bier ist, quod erat demonstrandum.

Es stand aber damals schon „Pilsner Urquell“ auf den Etiketten, denn es wurde ja massenhaft exportiert.

Während der Rückfahrt nach Hause hatte der Mossi dann einen satten Kolbenfresser, so auf der Höhe von Roudnice nad Labem, an der alten E 15, früher Raudnitz an der Elbe, in der Nähe des 456 m hohen ?íp (Sankt Georgsberg), um den sich die Legende vom Urvater ?ech rankt.

Nach 3 Stunden waren die Jungs vom Fuhrpark da und schleppten den Moskwitsch und Paul nach Hause.

Im Jahr darauf passierte Paul dasselbe Nierenstein-Malheur in der alten polnischen Hauptstadt Posen (Pozna?) an der Warthe im Hotel Lech. Lech war der zweite der altslawischen Urväter und Rus aus Kiew, der dritte.

In der Nähe von Gnesen (Gniezno), eine der ältesten und schönsten Städte Polens, findet man drei 1000-jährige Eichen nebeneinander. Die sollen ?ech, Lech und Rus symbolisieren. Paul stand auch davor.

Kiew gehört, trotz der derzeit furchtbar aufgeheizten Situation, nicht zum Thema Frauen, Ehen und andere Katastrophen, obwohl es dort sehr schnell zur Katastrophe kommen kann. Die EU zerrt hin und der alte Rus zerrt her. Man fragt sich, wer hier spinnt. Paul ist der Meinung, die EU, und sie gießt damit weiter Öl ins Feuer. Die alten römischen Prinzipien des politischen Handelns, cui bono und divide et impera, haben auch nach 2000 Jahren noch ihre volle Gültigkeit.

Paule, Du bist wiedermal abgeschweift. Du erinnerst Dich halt an zu viele Dinge. Das grenzt schon sachte an Morbus Alzheimer, Alois hieß er übrigens mit Vornamen. Sei vorsichtig. Das, was Dir Deine Frau sagt, hast Du nach 5 min. schon vergessen.

2. Paul & Helene

Ja, nun – Paul und Helene, was wurde aus den beiden.

Paul ging am 1. 2. 1959 nach DD, um sein ersehntes Studium anzutreten, um dessen Start er zwei Jahre im märkischen Sand verbracht hatte. Übrigens in einem Kasernenobjekt, das früher sehr viel mit dem klugen Posener Baron Prof. Wernher von Braun zu tun hatte, der später die US-amerikanische Raumfahrt so richtig auf Vordermann brachte. Paul, bitte, jetzt nicht auch das noch erzählen wollen. Es geht hier um Frauen, Ehen und andere Katastrophen.

Die Katastrophen indes, anderenorts auch Liebe, Ehe, Kinder und Scheidung genannt, nahmen ihren Lauf. Alles war vorprogrammiert und mußte notwendigerweise auch so ablaufen, wie folgt:

 

Pfingsten 1960 Verlobung und Kind ungeplant ansetzen, Heirat Juli 60, Hochzeitsreise per Tramp und winzigem Zelt, wir kennen es schon, an die Ostsee, unmittelbar an die damalige „Staatsgrenze“ zur BRD mit den bösen Bonner Ultras, ging aber trotzdem bestens. Im Herbst 60 Umzug aus der Studentenbude in Klotzsche in eine Einliegerwohnung für satte 30,- M pro Monat auf dem Obergraben, Beschaffung einer Arbeitsstelle, so hieß das damals und war völlig problemlos, für die zugezogene junge Ingenieurin in den sehr bekannten Ihagee-Kamerawerken in DD-Johannstadt. Im Januar 61 Knabe zur Welt gekommen. Die Welt stand förmlich auf dem Kopf.

Die Einliegerwohnung im 2. Obergeschoß war klein. Das größte Zimmer war das Schlafzimmer mit 14 m². Die fensterlose Küche war mit 3 m² ein Teil des Wohnzimmers von 12 m², hatte aber die einzige Schukosteckdose im ganzen, großen Haus aus der Gründerzeit. Als auf dem Obergraben und der Rähnitzgasse der DEFA-Film „Jetzt und in der Stunde meines Todes“ gedreht wurde, holte sich das Kamerateam seinen schutzkontakt-gesicherten Strom aus unserer Küche. Die DEFA zahlte glaube ich, 1,- M pro kWh, die doch nur 8 Pf kostete.

Im Schlafzimmer stand ein großer Kachelofen, der nie geheizt wurde. Im Wohnzimmer ein kleiner, der auch das winzige Kinderzimmer von 8 m² mitheizen mußte. Es ging soweit alles. Man war ja aus der Zeit der Studentenbuden in Jena und in Dresden auf Einfachheit und Anspruchslosigkeit getrimmt. Gott sei Dank. Aber das half am Ende auch nicht.

Bei so viel Familienpower mußte etwas anderes auf der Strecke bleiben, zwangsläufig, eben vorprogrammiert. Das war das Studium an der TU, wofür Paul zwei Jahre seines Lebens hingegeben hatte. Er wußte es auch, ist aber nahezu hirnlos in seinen eigenen akademischen Untergang gerannt. Ganz richtig sagt der Volksmund dazu: Die Liebe und der Suff, die reib’n den Menschen uff.

Das Saufen hat Paule aber erst viel später in der SFRJ gelernt, hauptsächlich in Titograd, heute wieder Podgorica, was „Unter dem Berg“ heißt. Das aber ist eine ganz andere Geschichte und hängt eng mit dem dort ansässigen Agrokombinat zusammen.

Der akademische Untergang war erkennbar an versäumten Vorlesungen und Praktika, miserablen Zensuren, verpatzten Prüfungen wie z.B. in Mathe und Physik, was ja für einen zukünftigen Dipl.-Ing. geradezu tödlich enden mußte.

Die mündliche Physikprüfung für das Vordiplom war besonders gemein. Der Lehrstuhlinhaber, ein gewisser Prof. Dr. Alfred Kupfernagel (Name leicht modifiziert), der von sich selbst behauptete, es gäbe nur noch zwei große Physiker in Deutschland, der andere lehre in Göttingen. Natürlich war außer ihm noch Prof. Heisenberg gemeint.

Unter anderem geschah folgende Prüfungsstory: Prüfling kommt rein, Kupfernagel sagt: „Sehen Sie den Alu-Würfel auf der besonnten Fensterbank. Die geschwärzte Fläche zeigt nach innen, trotzdem ist sie am wärmsten. Erklären Sie diesen physikalischen Effekt.“ Das arme Studentlein faselte etwas von Wärmeleitung in Aluminium als zweitbesten Wärmeleiter und ähnlichem Scheiß. Der Prof.: „Note 5, Prüfung verhauen. Ich habe den Würfel um 180° gedreht, bevor Sie herein kamen.“

Vor der Mathe-Prüfungsklausur haben wir eine Abordnung zu unserem Mathe-Prof. geschickt, er möge doch das Klausurniveau ein wenig absenken, weil es in den vorherigen Klausuren jede Menge Vieren und Fünfen gegeben hatte. Fünf war damals die schlechteste Note. Er: „Nachdem ich die Aufgaben formuliert habe, gebe ich sie einem Holzpferd zum Ausrechnen. Dann streiche ich 50% davon weg. Das sind Ihre Klausuraufgaben.“ Arroganz war auch damals in akademischen Kreisen schon angesagt.

Paul hatte auch gute bis sehr gute Dozenten während seines nur dreijährigem Daseins an der TU DD. Fast alle sind aber inzwischen in die ewigen Jagdgründe Manitou’s eingegangen. Ja, eigentlich alle. Kein Wunder, 63 Jahre liegen dazwischen. Fast nichts ist vergessen, auch der Tag der Exmatrikulation auf eigenen Wunsch nicht.

Einen Tag nach der Errichtung der Mauer in Berlin trat Paule dann seinen neuen Job als Teilkonstrukteur im Funkwerk Dresden an. 418,- M-Ost brutto. Die Jungingenieurin hatte auch nicht viel mehr, 565,- brutto.

Die Lebenshaltungskosten damals waren zwar extrem niedrig, die eingehenden Gelder aber auch. Und so kamen halt Problemchen und Probleme ins Familienleben. Das litt natürlich darunter und nicht zuletzt auch das im Bett, was ja in einer Jungehe ganz besonders wichtig und von epochaler Bedeutung ist. Knatsch (sächs. Streit) kam auf.

Paul führte sein abgebrochenes Uni-Studim ab September 1962 auf niedrigerem Niveau an der Ing.-Schule Mittweida im Fernstudium weiter und fuhr alle 4 Wochen für 1 Woche zum Seminar nach Mittweida. Doch es ging zunächst alles seinen sozialistischen Gang, wie man damals so leichthin sagte.

Im November 63, nach solch einem Seminar, gab es dann allerdings einen Knick im bisherigen sozialistischen Gang der Ehe.

Paul, erkläre das jetzt mal ein bißchen genauer, bitte.

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