Meteorologie: Die mit dem Regen rechnen (GEO eBook Single)

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Meteorologie: Die mit dem Regen rechnen (GEO eBook Single)
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Herausgeber:

GEO

Die Welt mit anderen Augen sehen

Gruner + Jahr GmbH & Co KG,

Am Baumwall 11, 20459 Hamburg

www.geo.de/ebooks

eISBN: 978-3-65200-710-8

Inhalt

Und jetzt: das Wetter

Von Stefanie Kara

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3 Wetterlagen

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Und jetzt: das Wetter

Jeden Freitag wetteifern Deutschlands Meteorologen um die genaueste Vorhersage fürs Wochenende. Beim »Wetterturnier« geht es um Stolz, Supercomputer und die quälende Frage: Warum sind Vorhersagen noch immer so launisch?

Von Stefanie Kara

Man schneide die Erdatmosphäre in Würfel und vertraue je einen dieser Luftquader einem zahlenkundigen Menschen an: So stellte sich der britische Meteorologe Lewis Fry Richardson die Arbeit an einer Wettervorhersage vor, im Jahr 1922. An Tischchen würden diese fleißigen Rechner sitzen und Daten zu Temperatur, Feuchte und Druck innerhalb ihres Würfels in Formeln einsetzen und die Ergebnisse weitergeben an die für die Nachbarwürfel zuständigen Rechner.

Etwa 64.000 dieser „Computer“ – so hießen die zahlenkundigen Kopfarbeiter im englischen Sprachraum tatsächlich – müssten ausreichen, kalkulierte Lewis Fry Richardson, um aus dem Wetter von heute das von morgen zu berechnen. Dafür würden sie ungefähr einen Tag brauchen. Die Wettervorhersage wäre also gerade so schnell fertig wie das Wetter selbst.

Klar, Richardsons Idee war unpraktikabel – und zugleich absolut genial. Seit nämlich Computer Maschinen sind, wird das Wetter tatsächlich genau auf diese Weise berechnet, innerhalb von ein, zwei Stunden. Und die Vorhersagen werden immer besser: Heute kann das Wetter für sechs Tage im Voraus so akkurat prognostiziert werden wie vor 40 Jahren für zwei Tage.

Denn tatsächlich sind nicht nur die Computer schneller geworden, sondern auch die Formeln besser und die Daten mehr. Eine „leise Revolution“ nennt das Fachmagazin „Nature“ diesen Fortschritt in der Wettervorhersage: Er sei vergleichbar mit den fundamentalen Durchbrüchen in der Physik – werde bloß nicht so lautstark gefeiert.

Sie wundern sich, warum Sie kürzlich beim Grillen dennoch wieder nichts ahnend im Regen standen? Warum die Prognose der Handy-App so oft so wenig mit dem echten Wetter zu tun hat?

Tatsächlich erscheint uns das Wetter heute häufig immer noch so unberechenbar wie zu den Zeiten von Lewis Fry Richardson.

Wie kann das sein?

Wer die Tücken der Vorhersage begreifen will, sollte das wöchentliche „Wetterturnier“ verfolgen. All die Schwierigkeiten, Regen, Sonne, Wind in den Griff zu bekommen, offenbaren sich wie unter einem Brennglas, wenn sich jeden Freitag Dutzende Prognosespezialisten darin messen, wer das Wochenendwetter für fünf Städte am präzisesten vorhersagt: für Berlin und Leipzig, für Zürich, Innsbruck und Wien. Verstreut über Deutschland, Österreich und die Schweiz, sitzen die Teilnehmer vor ihren Computern, werten Wetterdaten aus und feilen an ihren Prognosen. Die müssen sie auf der Website des Turniers eintragen, bis Punkt 17 Uhr.

Bei diesem Wettbewerb treffen sie alle aufeinander: die Menschen und die Maschinen, die Experten vom staatlichen Deutschen Wetterdienst und die von der privaten Konkurrenz.

Der Student

Morten Kretschmer, 19 Jahre alt, Abiturient aus Berlin. Kurzärmliges Hemd, randlose Brille, Sneaker. „Der Morten ist ein Zocker“, sagen die anderen Mitspieler.

Das mit dem Wetter begann für Kretschmer, als der Orkan „Anita“ im Sommer 2002 durch Berlin fegte. Damals war Kretschmer sechs Jahre alt, die Bilder, die das Fernsehen zeigte, erschreckten ihn, aber da war auch Faszination: Wie kann ein Gewittersturm so schnell heranbrausen? Woher nimmt er seine ungeheure Wucht?

Der Wetterbericht wurde zu seiner Lieblingssendung, in den Ferien quengelte er so lange, bis seine Eltern mit ihm einen Abstecher zur nächsten Wetterwarte machten, sein Schulpraktikum absolvierte er beim Deutschen Wetterdienst. Seit dem Wintersemester studiert er an der FU Berlin – was sonst als – Meteorologie.

Freitag, der 18. September 2015, 13 Uhr. Das Turnier beginnt. Vier Stunden Zeit für die Prognose. Kretschmer verschafft sich im Wetterturm des Instituts für Meteorologie einen Überblick über die Lage. Der alte Wasserturm in Berlin-Dahlem dient den Wetterbeobachtern als Ausguck. Doch der Blick in den Himmel ist heute Nebensache. Kretschmer studiert im Computerraum die Luftdruckkarte auf dem Bildschirm. „Da hängt ein Tiefdrucktrog über Mitteleuropa. Wenn wir jetzt ins Computermodell gucken, dann gibt’s bestimmt ordentlich Regen in Berlin.“

Er klickt auf die Karten des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage. „Komisch. Da gibt es viel Feuchtigkeit, aber keinen Regen im Modell.“ Kretschmer klickt weiter. Beim britischen Met Office: Schauer und Gewitter. Beim Deutschen Wetterdienst nicht. „Interessant. Da kann man jetzt pokern.“

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