Mit langem Atem zum großen Glück

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Mit langem Atem zum großen Glück
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Inhalt





Impressum 7







Zitat 8







Widmung 9







Vorwort 10







Stuttgart - am 21. August 1998 12







Januar 1980 - Hoffnung 14







Fühler ausstrecken in anderen Ländern 18







Am 23. Februar 1980 - Der erste Schritt in die Zukunft 20







Am 24. März 1980 - Die vorläufige Pflegeerlaubnis wird ausgestellt 21







Am 27. Mai 1980 - Ein Hoffnungsschimmer aus Peru 22







Am 04. Juni 1980 - Von guten Kräften wunderbar geborgen 24







Am 16. Juni 1980 - Vollmachten für eine gemeinsame Zukunft 25







Am 23. Juni 1980 - Kinder werden streunenden Hunden gleichgesetzt 27







Pressestimmen 28







Situationsberichte wie es um diese Kinder steht 29







Und zwei Jahre später 31







Am 26. Juni 1980 - Im Land der Inkas 32







Lima/Peru - am 26. Juni 1980 33







Lima am 27. Juni 1980 - Ein Kind erblickt das Licht der Welt 40







Lima am 30. Juni 1980 - Überlebenskampf 41







Ein Lichtblick 44







Lima am 14. Juli 1980 - Das Schicksal nimmt eine unerwartete Wendung 46







Aus dem Gerichtsprotokoll 47







Lima 21. Juli 1980 - Entdeckt 48







Lima am 22. Juli 1980 - Das kleine Mädchen erhält einen Namen 49







Lima am 24. Juli 1980 - Adoptionszustimmung 50







Deutschland am Donnerstag 31. Juli 1980 - Sprachlos 51







Lima am 06. August 1980 - Unsere kleine Tochter in Lima 54







Lima am 10. August 1980 - Endlich eine Geburtsurkunde 55







Deutschland am Mittwoch, 13. August 1980 - Träume 56







Samstag, 16. August 1980 - Die große Reise ins Unbekannte 57







Flughafen Stuttgart - 14:50 Uhr 58







Sonntag, 17. August 1980 - Geschafft 60







Lima am Dienstag, 19. August 1980 - Limas verlorene Kinder 65







Lima am Donnerstag, 21. August 1980 - Prüfung 68







Das Leben in Lima 72







Lima, Freitag, der 22. August 1980 - Das Außenministerium genehmigt die Ausreise 75







Versprechen eingelöst 79







Lima am Samstag, den 23. August 1980 - Ein Kind für fünf Dollar? 80







Auf dem Flug nach Deutschland 82







Irgendwo über dem Ozean - am Sonntag, 24. August 1980 83







Madrid - am 24. August 1980 84







Paris - am 24. August 1980 85







Frankfurt - am 24. August 1980 86







Gelandet 87







Am 21. September 1980 - Elternteilzeit 88







Am Sonntag. 28. September 1980 - Auch vor Gott unser Kind 90







Mittwoch 19. November 1980 - Gracias und Danke 91







Januar 1981 - Ämterstress 92







5. Februar 1981 - Pflegekind 93







Kampf mit einem Ungeheuer 94







Mai 1981 - Adoption in Deutschland wird abgelehnt 96







Am 23. Mai 1981 Adoptionsunterlagen - im Gericht spurlos verschwunden 98







Am 05. Juni 1981 Stellungnahme - der Stellungnahme der Stellungnahme 99







Am 06. Juli 1981 - Die Adoptionsakte wird geschlossen 100







September 1981 - Der zweite Anlauf 102







Sylvester 1981 103







Lebensphilosophie und selbstbewusste Tochter 105







Felicitas macht 1984 - eine umwerfende Erfahrung 106







Sommer 1985 - Ein Inka und ein Maya 107







Was wären wir ohne euch? 108







Umgang mit … Zum Muttertag 1987 - Spielen und Lernen 109







November 1986 - Einladung mit weitreichenden Folgen 111







Nürtingen am 30. Juni 1988 - Das erste Zeugnis 112







Aus dem Schulordner von Felicitas: September 1999 113







Das Jahr 1981 114







Absagen ohne Ende 115







Adoptionsfamilien - mit einem Kind aus Peru 116







Auf dem Weg zum Nobelpreis - Wasser einfangen 117







Frühlingsschnee 118







Sonntag, 18. April 1982 - Namensfindung 119







Peru schließt seine Adoptionsgrenzen 120







Landungs-Jahrestag - 24. August 1982 121







Das zweite Wunder - Ein Kind aus Guatemala 122







Am 11. Mai 1982 - Antrag in Guatemala 123







Juni 1982 - Hoffnung und Ernüchterung 125







Adoption – nein danke - meint das staatliche Schulamt 126







Peru-Absagen - die Grenzen sind dicht 127







Absagen aus Tarma 128







Juli 1982 - Neue Hoffnungen 129







Samstag, 28. August 1982 - Und ein blauer Luftpostbrief aus Guatemala 130







Achtung - Wieder streng geheim 132







Samstag 18. September 1982 - Terre des hommes sagt ab 133







Ende September 1982 - Hoffnungsschimmer aus Guatemala 135



 





Papierkrieg 136







3. Oktober - Wege, die sich kreuzen 137







Am 13. 10. 1982 - Die Botschaft in Bonn als Geburtshelfer 142







Am 17. 10. 1982 143







Freitag, 29. 10. 1982 - Gespräch über den Atlantik 144







Oktober - Erneute Notarsuche 145







Am 1. November 1982 146







Am 21. November 1982-Wir kriegen ein Baby 147







Am 24. November 1982 - Der letzte Baustein 149







Wer ist Ingrid de Chavarria? 150







Und Ingrid ergänzt bei ihrem letzten Adoptionstreffen 2008 151







Nachtrag 2010 durch ihren Ehemann Julio 153







Guatemala-Stadt, 2. Dezember 1982 - Gebet 154







Guatemala am Dienstag, 7. Dezember 1982 - Ein Kind erblickt das Licht der Welt 156







Erster offizieller Adoptionsschritt 158







Donnerstag, 09. Dezember 1982 - Das zweite Wunder 159







Sylvester 1982 162







Am 12. Januar 1983 - Das erste Foto 163







Schreckensbotschaft 165







Guatemala am 15. Januar 1983 - Aus den Gerichtsakten 166







Um 10:20 Uhr beginnt - die Verhandlung 167







Am 29. Januar 1983 - Taufpatin aus Guatemala 168







Am 10. Februar 1983 - Aus den Gerichtsakten 169







Am 11. Februar 1983 - Verloren gegangene Briefe 170







Donnerstag, 17. Februar 1983 - Privatvergnügen 171







Patenkinder - in Guatemala, Peru und Nicaragua 172







Guatemala am 24. Februar 1983 - Die Ausreise wird genehmigt 173







Freitag 25. 2. 1983 - Ein schwarzer Freitag 174







Sonntag, 27. 2. 1983 - Blinde Buchung 176







Montag, 28. 2. 1983 - Bürgerkrieg 177







Dienstag, 1. März 1983 - Noch ein Wunder 178







Am 3. März 1983 - Abflug abermals verschoben 179







Dienstag, 8. März 1983 - Sie kommen 180







Mittwoch, 9. März 1983 - Schutzengel 181







Donnerstag, 10. März - Ankunftstag 182







Wenn die Welt stillsteht 184







Taufsonntag - 13. März 1983 186







Guatemala, Frühjahr 1983 187







Flucht aus Guatemala 189







Mittwoch, 18. Mai 1983 - Wir adoptieren unser eigenes Kind 191







Juli 1983 - Goldstücke und Sternenhimmel 192







Brückenbau über den Ozean 193







Noch immer Liebe auf den ersten Blick 194







Donnerstag, 22. September 1983 - Jugendamtsbesuch 195







Dezember 1983 - Weltwissen entdecken 197







Am 7. Dezember 1983 - Geburtstagsüberraschung 198







Am 13. Februar 1984 - Adoptionsakte wird geschlossen 200







Februar 1984 - Champion Desiree Klink 201







Am 2. September 1984 - Felicitas als Lebensretterin 202







Weltwissen sammeln - Wie der Mond sein Licht anknipst 204







Dezember 1984 - Ich bin ich 205







April 1985 - Das ist alles MEINS! 206







Wissenswertes über Peru - (Stand 1980) 208







Juli – August 1986 - Reise in die Vergangenheit und Zukunft 211







Begegnung mit einem ganz besonderen Menschen 212







Wo es Liebe und Nächstenliebe gibt, dort ist Gott 213







Im Waisenhaus in Tarma 214







Wieder in Lima 215







Im Lande der Maya 216







Totonicapan 217







Anhang und Nachwort für Desiree 220







El Salvador 222







1992 - Friedensnobelpreis für Rigoberta Menchu 223







Guatemala August 1992 224







Guatemala 1996 - Friedensvertrag 225







1998 - Die Vergangenheitsbewältigung Guatemalas 226







Wissenswertes über Guatemala 227







Stand 2008 230







Für meine Mama - am 13. Mai 1990 zum Muttertag von Desiree 231







Resümee Nürtingen im März 2010 232







Adoption - ein Abenteuer mit glücklichem Ausgang 233







Was kann es für ein Kind Besseres geben als erwünscht zu sein und geliebt zu werden? 234







Adoption - ein Hindernislauf 235







Fazit 237







Dezember 2008 - Ingrids Lebensbuch wird geschlossen 238







Unsere Töchter 1998 - Ein Portrait 239







Nürtingen 2010 243







Danke 245







Am 09. Dezember 2010 schreibt Desiree 246







Ergänzung - Juni 2014 247







Und so schließt sich der Kreis im Mai 2015 - Erneut zu Gast in Peru 248







Reisebericht für unsere Nürtinger Zeitung 249







Bei den Kindern in den Wolkenschulen 251







Hilf mir es selbst zu tun 253







Workshops in Cajamarca 254







Schulunterricht und Kinder mit Down-Syndrom 255







Erwachsenenseminare 256







Und meine persönliche Bilanz? 257







Licht der Hoffnung - Herbst 2015 258







Impressum



Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:



Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.



Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.



Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.



© 2022 novum publishing



ISBN Printausgabe: 978-3-99107-924-8



ISBN e-book: 978-3-99107-925-5



Lektorat: Birgit Himmüller



Umschlagfoto: Sasin Tipchai, Milic Djurovic | Dreamstime.com



Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh





www.novumverlag.com







Zitat



„Du bist nicht unter meinem Herzen gewachsen,



sondern in meinem Herzen.“



Heute seid ihr erwachsen und könnt mit diesen Tagebuchaufzeichnungen eure Adoptionsgeschichte hautnah mit allen Sinnen nachvollziehen, ganzheitlich verstehen und erfassen und eure Wurzeln mit zwei Müttern und zwei Heimatländern begreifen und verarbeiten.





Widmung



Für den besten Ehemann der Welt



und unsere wunderbaren Töchter



Für die beste Schwester der Welt,



Renate Dybietz





Vorwort



Zwei Mütter, die sich nie begegnet sind,



bleiben für immer verbunden.



Die eine hat dich unter Schmerzen geboren.



Die andere hatte das Glück,



dich als Geschenk zu erhalten.



Du hast zwei Mütter, zwei Heimatländer, innere



und äußere Wurzeln, die dich prägen und



begleiten durch dein ganzes Leben.



Die Mutter, die dich unter ihrem Herzen trug,



war dein guter Stern.



Die Mutter, die dich durchs Leben begleitet,



ist deine Sonne.



Es ist unendlich schön, als Eltern erleben zu dürfen,



wie Kinder wachsen und sich entwickeln,



wie sie sich Schritt für Schritt ihre Welt erobern,



wie sie flügge werden und in die Welt hinausziehen,

 



um ihre eigenen Wege zu erkunden



und einzuschlagen.



Es ist unendlich schön, Kinder zu haben.



Es ist unendlich schön, Eltern zu sein.



Es ist unendlich schön,



dafür Verantwortung zu übernehmen.



Es ist unendlich schön, Liebe zu schenken



und Liebe zu erhalten.



Es ist unendlich schön, auf der Welt zu sein.



Dieses Glück hautnah zu spüren und zu erleben:



Dafür danken wir den Indiomüttern



in Peru und Guatemala.





Stuttgart - am 21. August 1998



Nach genau 936 Samstagen oder an einem Samstag vor genau achtzehn Jahre stehen wir wieder auf dem Flughafen Stuttgart. Wir erwarten unsere Tochter von ihrer ersten Reise in den fernen Urlaub zurück. Die Lichter auf der großen schwarzen Anzeigetafel blinken nervös, hellgrün leuchtend auf. Die Maschine ist gelandet.



Dieses Mal nicht aus dem fernen Peru vom Ende der Welt, aus Lateinamerika, sondern aus dem nahen Ibiza. Dieses Mal ist es nicht spät abends, sondern Mittagszeit und dieses Mal stehen wir als Eltern hinter den Sicherheitstüren des Zolls.



Und noch etwas ist grundlegend anders: Heute erwarten wir unsere achtzehnjährige, volljährige Tochter, groß, schlank, sichtlich gut erholt und noch brauner als sonst, strahlend an der Seite ihres langjährigen, groß gewachsenen, sportlichen, blonden Freundes.



Uns beiden Wartenden gehen wohl dieselben Gedanken durch den Kopf und berühren unsere Herzen. Wir sehen so, als wäre es erst neulich passiert, ein kleines, schwarzhaariges Etwas bäuchlings in einer blauen Babytragetasche verpackt, wenige Wochen alt und völlig durcheinander von den sich überschlagenden Ereignissen.



Aus dem dunklen, kleinen Bündel Mensch ist heute eine hübsche, junge, strahlende Frau geworden: damals wie heute unsere Tochter, unsere Adoptivtochter aus Lima, dem Lande der Inkas.



Achtzehn Jahre voller Samstage. Auch an diesem Samstag nach genau achtzehn Jahren. Purer Zufall, Glück, Schicksal.



Solange wir warten, wandern unsere Gedanken und Gefühle blitzschnell, fast wie in einem Filmriss rückwärts. Viel zu schnell sind die Jahre enteilt und vergangen. Achtzehn Jahre, obwohl laut Kalender noch zwei Tage fehlen bis zum damaligen Datum. Damals.



Wir versuchen, aus der quirligen Schar der Urlauber unsere lachende, braun gebrannte Tochter zu entdecken. Wir winken schon einmal mit der lachsroten, langstieligen Rose.



Damals stand ich aufgeregt, übermüdet, durcheinander und aufgelöst jenseits der Tür in der Masse der zum Ausgang strömenden Fluggäste eingekeilt.



Damals stand ein gerade zum Vater gekürter „Vater“, einen großen bunten Sommerstrauß schwenkend und mit klopfendem Herzen harrend auf der Empfangsseite. Er schaute angestrengt in die dem Ausgang zustrebenden Menschen, hoffend, dass jemand aus der sich langsam vorwärtsdrängenden Masse zurückwinkt, nämlich seine Frau mit der kleinen Tochter aus Peru.



Heute harren wir zu zweit, unsere Herzen klopfen zwar nicht mehr so angespannt und aufgeregt, aber eine gewisse Nervosität und Angespanntheit ist dennoch spürbar.



Und dann entdecken wir sie fast gleichzeitig. Da kommt sie, leichtfüßig. Endlich erwachsen, selbstständig, eigenverantwortlich. Kein Kind mehr und dennoch unser Kind. Unsere Tochter.





Januar 1980 - Hoffnung



Wir hatten uns schon immer Kinder gewünscht. Eigene und Adoptivkinder. Doch eines Tages mussten wir erfahren: Wir werden keine eigenen Kinder haben können! Zuerst brach alle Hoffnung wie ein Kartenhaus zusammen. Viele schwierige Monate brauchten wir, ehe wir bereit waren, diese unumstößliche Tatsache zu akzeptieren. Also beschlossen wir, mit dem zweiten Teil unseres Wunsches zu beginnen.



Wir glaubten, ein Kind zu adoptieren dürfte nicht so schwierig sein, doch abermals hatten wir uns grundlegend getäuscht. Untersuchungen, Behördengänge, sich ausfragen lassen. Auch persönliche, ganz intime Fragen mussten wir auf dem Jugendamt gemeinsam und getrennt klar beantworten. Fragen, die erst das Leben stellen wird, wenn überhaupt. Aber die Vorschriften verlangen, das zukünftige Elternpaar bis in den kleinsten Winkel ihres Herzens zu durchleuchten, abzuklopfen, jede Gefühlsregung zu dokumentieren – gleichgültig, wie unsinnig uns die Fragen auch erschienen.



Monat um Monat verstrich. Ohne Ergebnis. Nach neuen Wegen suchen. Adoption in der Dritten Welt? Warum eigentlich nicht. Wieder wurden die Fühler ausgestreckt. Mit großen Hoffnungen schrieben wir unzählige Briefe und ließen die Drähte unseres Telefons heiß laufen.



Die Ergebnisse waren niederschmetternd. Unser innigster Wunsch rückte immer weiter weg, versank im Ungewissen, im Dschungel und Nebel der Adoptionsvorschriften. Den einen waren wir mit 35 und 39 Jahren zu alt, dann hatten wir die falsche Konfession oder passten nicht in das gewünschte Weltbild oder Raster hinein.



Beim zuständigen Jugendamt, der Adoptionsvermittlungsstelle, deponierten wir alle Unterlagen, Fragebögen, Stellungnahmen, Interview, unsere Lebensläufe, Gesundheitszeugnisse, polizeiliches Führungszeugnis, Familienstammbuch, Leumund, Verdienstnachweise usw.



Besonders der umfangreiche Fragenkatalog beim Jugendamt war beachtenswert. Da wurden wir nach unserem Freizeitverhalten oder unseren persönlichen Erziehungsvorstellungen ausführlich befragt. Unsere eigene Kindheit wurde ausgeleuchtet. Man war neugierig von uns zu erfahren, wie wir die Fragen zu Sauberkeitserziehung unseres zu adoptierenden Kindes in den Griff bekommen möchten. Auch die späteren schulischen Laufbahnvorstellungen wurden bis ins Detail vorsorglich abgeklopft und waren dem Jugendamt enorm wichtig. Pubertätsprobleme, so genannte „Falsche Freunde“ oder Verhaltensstörungen standen ebenso zur Debatte wie die Nähe eines zukünftigen Kindergartens oder unser persönliches Umfeld, unser finanzieller Status, heute, morgen und in zehn Jahren.



Wir wurden erforscht, vermessen, bewertet, in Schubladen eingeordnet. Das alles, um einen messbaren, nachweislichen, unumstößlichen Nachweis und Beweis zu erstellen und zu dokumentieren, dass wir in der Lage sind, ein Kind groß zu ziehen.



Viele Einbestellungen im Jugendamt, Befragungen einzeln oder gemeinsam, Besuche bei uns zu Hause, alles ließen wir letztendlich über uns ergehen, obwohl uns immer wieder das ungute und auch beängstigende, verunsichernde Gefühl beschlich, wie unser Land wohl aussehen würde, wenn sich alle werdenden Eltern diesen Testanforderungen zu stellen hätten.



Klar möchte man Adoptiveltern ganz besonders genau und gründlich unter die Lupe nehmen, von allen Seiten ausleuchten, von allen erdenkbaren Seiten und Ecken begutachten, erforschen, Ansichten, Wünsche, Gedanken in die Zukunft hinterfragen und alles bis ins kleinste Detail durchleuchten. Die Stabilität der Partnerschaft, die Adoptionsbelastung als Paar, Problembewältigung in der Zukunft, irgendwann einmal, vielleicht oder auch nicht. Wie wirkten wir auf die Dame des Jugendamtes, die etwa zehn Jahre älter war als wir und selbst keine Familie hatte? Sie erschien offen und distanziert, neugierig und forschend, menschlich und amtlich, Mut machend, um gleich alles wieder infrage zu stellen, Hoffnungen wurden geweckt, um gleichzeitig die Aussichtslosigkeit festzustellen. Ein Wechselbad der Gefühle von Himmel hoch jauchzend bis zu Tode betrübt.



Einblick in unsere Unterlagen, Protokolle, Klassifizierungen, Meinungsfindung – alles blieb als Verschlusssache wie in einer Geheimakte verborgen.



Welche Chancen und Möglichkeiten waren noch offen? Fragen unsererseits und Antworten oder Auskünfte seitens des Jugendamtes – ihre Auswirkungen, unsere Chancen? Hatten wir überhaupt eine Chance oder war das Ergebnis bereits festgezurrt? Hatten wir die Dame des Jugendamtes berührt, war es uns gelungen, sie positiv auf uns und unsere große Hoffnung einzustimmen? Stand sie uns eher positiv, zögernd oder gar negativ gegenüber? Es war wie ein Schweben im luftleeren Raum, ohne nur im Geringsten zu ahnen, wohin die Reise uns treiben würde.



Über die Auswahlkriterien, Möglichkeiten, Hoffnungen oder Hoffnungslosigkeit unseres Unterfangens wurde undurchdringliches Stillschweigen bewahrt. Ein Wechselbad an Wünschen, Hoffnungen und Gefühlen. Alles blieb ein großes, gut gehütetes Geheimnis. Über unsere Möglichkeiten, welchen Rang wir im Karussell der zukünftigen Adoptiveltern einnehmen würden – nichts war herauszukitzeln.



Schweigen, schweigen, schweigen. Wir fühlten uns hilflos und verloren, aussichtslos und trotzdem würden wir nie aufgeben. Wo eine Tür zuschlägt, öffnet sich irgendwo eine andere, uns noch unbekannte Tür und wenn es nur einen Spalt breit wäre. Wir würden einfach blitzschnell unseren Schuh dazwischenschieben und die noch so kleinste Chance am Schopfe packen. Wir versuchte