Straßenbegleitgrün
Wirtschaftlich, ökologisch
und verkehrssicher
Stand: September 2020
Autoren:
Christine Andres
Hartmut Balder
Monika Böhm
Meino Heuer
Rainer Hilsberg
Beate Hüttenmoser
Guido Sandmann
Henrik Weiß
David Zimmerling
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2020 by FORUM VERLAG HERKERT GMBH Mandichostraße 18 86504 Merching
Telefon: +49 (0)8233 381-123
Fax: +49 (0)8233 381-222
E-Mail: service@forum-verlag.com Internet: www.forum-verlag.com
Dieses Verlagserzeugnis wurde nach bestem Wissen und nach dem aktuellen Stand von Recht, Wissenschaft und Technik zum Druckzeitpunkt erstellt. Der Verlag übernimmt keine Gewähr für Druckfehler und inhaltliche Fehler.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen, schriftlichen Einwilligung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in elektronischen Systemen.
Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Einfachheit wird in den folgenden Texten meist die männliche Form verwendet. Die verwendeten Bezeichnungen sind als geschlechtsneutral bzw. als Oberbegriffe zu interpretieren und gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Titelfoto/-illustration: © Cassian Schmidt
Satz: Reemers Publishing Services GmbH, 47799 Krefeld
ISBN 978-3-96314-414-1
Vorwort
Bäume und Bepflanzungen am Straßenrand oder auf Mittelstreifen übernehmen verschiedenste verkehrstechnische, bauliche und landschaftsökologische Aufgaben. Straßenbegleitgrün fungiert als Blend- und Windschutz, schafft Pufferzonen zwischen Fahrbahn und Umfeld, dient der Böschungssicherung, mindert Lärm und nimmt CO2 auf. Dabei sollten die Pflanzungen jedoch ökologisch und v. a. verkehrssicher umgesetzt werden.
Dieses Buch gibt einen Überblick über die wichtigsten Anforderungen an Straßenbegleitpflanzungen. Viele Tipps aus der Praxis helfen bei verkehrssicherer Planung, ökologischer Pflege und wirtschaftlichem Erhalt des verkehrsbegleitenden Grüns.
Die Kapitel „Stellenwert des Straßenbegleitgrüns“, „Planung“ und „Realisierung von Straßenbegleitgrün“ befassen sich mit den grundlegenden Funktionen und Ausdrucksformen von verkehrsbegleitenden Pflanzungen. Hier werden vegetationstechnische Konzepte zur Sicherung der Pflanzenentwicklung erläutert und im Besonderen auf einzelne Punkte zur Realisierung von Grünkonzepten, wie Pflanzeneinkauf und Maßnahmen zur Fertigstellung der Pflanzungen, eingegangen.
Das Kapitel „Pflege von Straßenbegleitgrün“ zeigt neben den verschiedenen Typen von Mähflächen auch die Möglichkeiten zur umweltschonenden Mahd auf. Es geht auf die Eigenheiten der Baumkontrolle ein und erläutert, welche Pflege Staudenflächen im Straßenbegleitgrün benötigen.
Im Kapitel „Schutz von Bäumen“ bei Bauarbeiten werden unterschiedliche Methoden vorgestellt, die Baumwurzeln, bei Bauarbeiten im Bereich von Gehölzen, vor Schädigungen schützen.
Die fachlichen Inhalte des Buchs werden durch die Kapitel „Arten- und Sorten“ von Straßenbegleitgrün und „Landschaftsgerechte Sicherungsbauweisen“ ergänzt. In zwei weiteren Kapiteln werden unter „Rechtliche Grundlagen“ und „Abnahme und Gewährleistung“ die gesetzlichen Rahmenbedingungen dargestellt.
Hinweise und Anregungen zur Ergänzung des Inhalts werden gern entgegengenommen.
Merching, im September 2020
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Autoren
Der Stellenwert des kommunalen Straßenbegleitgrüns im Grünflächenmanagement
Funktionen des Straßenbegleitgrüns
Verkehrstechnische Funktion
Gestalterische, architektonische und bauliche Funktion
Klimatische und ökologische Funktion
Gestaltungs- und Bewirtschaftungskonzepte in der Praxis
Die Begrünung in der Stadt Konstanz basiert auf einem Qualitätsmanagement-System
Bad Saulgau setzt auf Artenvielfalt
Gute Pflege beginnt bei der Planung
Grün als Wohlfühl- und Marketinginstrument
Rechtliche Grundlagen
Schutz privater Rechte
Gehölzschutz im öffentlichen Interesse
Gehölze als Bestandteil geschützter Natur und Landschaft
Artenschutz
Bundes-Bodenschutzgesetz, Umweltschadensgesetz
Pflanzenschutz
Ausbringung gebietseigener Pflanzen
Rechtlicher Rahmen
Begriffe
Ausbringungsgenehmigung
Zertifizierung
Ausschreibungen
Umsetzung in den Bundesländern
Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen
Haftung bei Verschulden (Pflichtverletzung)
Verkehrssicherungspflicht bei Straßenbäumen
Haftung bei geschützten Bäumen
Verantwortlichkeit des Baumkontrolleurs
Planung von Straßenbegleitgrün
Grundlegende Forderungen an die moderne Stadtplanung – Ertragsdenken!
Straßenraum und Gestaltung
Funktionen des Straßenraums
Wirkungen der Wuchsform von Bäumen
Räumliche Zuordnungen im Straßenquerschnitt
Wirkungen der grünen Infrastruktur
Mit Weitsicht Fehlentwicklungen vermeiden und Folgekosten reduzieren
Fazit
Realisierung von Straßenbegleitgrün
Realisierung mit Lebenszyklusansatz und Ertragsdenken
Standortanalyse – roter Faden von Beginn an!
Moderne Vegetationstechnik
Check des Konzepts vor der Auftragsvergabe
Pflanzeneinkauf
Übernahme bei Pflanzenanlieferung
Maßnahmen zur Anwuchssicherung
Fertigstellungspflege
Entwicklungs- und Unterhaltungspflege
Abnahmen
Arten und Sorten
Gehölze – die prägenden Grünelemente
Wohnstraßen
Übergeordnete Straßen
Boulevards
Verkehrsberuhigte Zonen – Fußgängerstraßen
Kreisel
Mobiles Grün
Abgrenzungen
Formschnitte
Einschränkungen zur Beachtung
Klimabäume
Sträucher – oft unterschätzt
Stauden
Stauden für Mischpflanzungen
Stauden für flächige Pflanzungen
Pflege von Straßenbegleitgrün
Gehölze
Fertigstellungspflege
Abnahme
Jährliche Pflegemaßnahmen – Entwicklungs- und Unterhaltungspflege
Baumkontrolle
Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen – Grundlagen der Baumkontrolle
Gefahren durch Bäume
Stufen der Baumkontrolle
Kriterien für die Häufigkeit von Baum-kontrollen
Regel-Kontrollintervalle
Staudenpflanzungen
Jährliche Pflegearbeiten
Pflegeschritte im mehrjährigen Turnus
Mähflächen
Typen von Mähflächen
Mährhythmen
Blumenzwiebeln in Mähflächen
Gehölze in Rasenflächen
Techniken der Mahd
Fahrbare Maschinen und Anbaugeräte zur Mahd
Handgeführte und ferngesteuerte Mäher
Ökologische Mähtechniken
Artenvielfaltfördernde Mahd
Laubaufnahme und Müllentsorgung
Nachsaat
Landschaftsgerechte Sicherungsbauweisen
Gabionen
Besonderheiten für den Bau von Gabionen nach FGSV
Besonderheiten für den Bau von Gabionen nach FLL
Trockenmauern
Besonderheiten beim Bau von Trockenmauern nach FGSV
Blockschichtungen
Krainerwände
Einfache, bewehrte Bodensysteme
Böschungspflaster aus bearbeiteten Natursteinen
Sicherung mit Formsteinen
Sicherung mit unbearbeiteten Natursteinen
Strukturmatten
Geotextilien
Bauweisen zur vorübergehenden Sicherung von Böschungen
Schutz von Bäumen bei Bauarbeiten
Regeln der Technik für den Baumschutz
Richtlinien und Regelwerke
Schutzbereich Wurzelraum
Schutzmaßnahmen in der Planungsphase
Schutzbereich
Bodenverdichtung vermeiden
Freistellung
Wurzelbrücken
Wurzelvorhang
Kronenschnitt
Schutzmaßnahmen in der Bauphase
Abnahme und Gewährleistung
Die Abnahme
Die Wirkungen der Abnahme
Die Gewährleistung
Die Verjährung der Mängelansprüche
Die Besonderheiten beim Straßenbegleitgrün
Autoren
Christine Andres, Dipl.-Ing. Landschaftsarchitektur (FH)
Christine Andres studierte nach ihrer Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin Landespflege an der FH in Osnabrück. Nach langjähriger Tätigkeit als Bauleiterin im Galabau gründete sie das Planungs- und Sachverständigenbüro CADverde mit Sitz in Dettingen/Teck und Konstanz. Sie ist öbv Sachverständige für Schäden im Galabau und für Wertermittlung von Gehölzen. Darüber hinaus ist sie als ausgebildete Mediatorin tätig.
Autorin der Kapitel „Landschaftsgerechte Sicherungsbauweisen“ und „Pflege von Straßenbegleitgrün – Gehölze“
Hartmut Balder, Prof. Dr. habil.
Prof. Dr. H. Balder studierte an der Leibniz Universität Hannover Gartenbauwissenschaften. Dort erfolgten auch die Promotion in der phytomedizinischen Forschung und die Habilitation „Zur Gesundheit des Stadtgrüns“. Danach wechselte er für 20 Jahre an das Pflanzenschutzamt Berlin, bevor er 2003 dem Ruf für das Lehrgebiet „Gehölzproduktion und Phytopathologie für den urbanen Bereich“ an der heutigen Beuth Hochschule für Technik in Berlin erhielt. Er ist ein ausgewiesener Experte für die funktionale Verwendung von Gehölzen sowie ihrer Gesunderhaltung in der modernen Stadt. Seine vielfältigen Forschungsergebnisse hat er in mehreren Fachbüchern und zahlreichen Fachartikeln publiziert.
Autor der Kapitel „Planung von Straßenbegleitgrün“, „Realisierung von Straßenbegleitgrün“ und „Arten- und Sorten“
Monika Böhm, Dipl.-Ing. Landschaftsplanung
Nach beruflichen Stationen als verantwortliche Landschaftsarchitektin für die Grünanlagen des Staatlichen Liegenschaftsamts Heidelberg sowie des Schlossgartens Schwetzingen und als Gartendirektorin der Insel Mainau ist Frau Böhm seit 2008 Inhaberin des Büros mb Grünmanagement in Konstanz. Als Expertin für ganzheitliches Günflächenmanagement unterstützt sie öffentliche und private Betreiber von Anlagen im Rahmen von Beratungsleistungen, Workshops und Seminaren bei der Planung und der effizienten Bewirtschaftung ihrer Freiflächen. Regelmäßige Fachartikel und Buchveröffentlichungen runden das Portfolio ab.
Autorin des Kapitels „Stellenwert des Straßenbegleitgrüns“
Meino Heuer, Straßenbaumeister, Betriebswirt
Meino Heuer ist von der Handwerkskammer für Ostfriesland für das Gewerk Straßenbau als Sachverständiger öffentlich bestellt und vereidigt. Als Straßenbaumeister, Betriebswirt und SiGeKo (Sicherheits- und Gesundheitskooridinator) verfügt er über eine 40-jährige Berufserfahrung in leitender Position. Als Fachbuchautor schreibt er Beiträge über Themen aus seinem Fachgebiet. Als Sachverständiger hat er sich auf Straßenbeweissicherungen vor Schwertransporten spezialisiert. Das fotografische DIGITAU-Messverfahren© zur Profilmessung von Straßen wurde von ihm entwickelt. Als Betriebsleiter der Servicebetriebe der Stadt Garbsen in der Region Hannover ist er u. a. für die Instandhaltung und Pflege von 300 km Stadt- und Siedlungsstraßen zuständig. Meino Heuer ist Mitglied in verschiedenen Fachverbänden, wie dem Verband Ostfriesischer Sachverständiger (VOS), Bund Ostfriesischer Baumeister (BOB) und dem Verband Österreichischer Ingenieure (VÖI).
Autor des Abschnitts „Wurzelbrücken“
Rainer Hilsberg, Regierungsdirektor
Herr Rainer Hilsberg ist Jurist in der öffentlichen Verwaltung in Bayern und leitet das Sachgebiet Sicherheit und Ordnung im Regierungsbezirk Schwaben. Er ist seit 1997 mit Seminaren zur Verkehrssicherungspflicht für Bäume erfolgreich als nebenamtlicher Dozent an der Bayerischen Verwaltungsschule und an der Bayerischen Forstschule tätig. Er hält immer wieder Vorträge auf Fortbildungsveranstaltungen für Baumpfleger zum Thema „Baum“ und veröffentlicht rechtliche Beiträge in Fachzeitschriften.
Autor des Kapitels „Ausbringung gebietseigener Pflanzen“
Beate Hüttenmoser, Dr. Ing.
Frau Hüttenmoser ist Betriebsleiterin der Lehr- und Versuchsgärten an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Fachhochschule Nürtingen). Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Pflanzplanung und dem Pflegemanagement, der Objektplanung und Abwicklung, der Personal- und Haushaltsführung sowie Versuchen. Sie ist Dozentin für das Fach „Pflanzenverwendung“.
Autorin des Kapitels „Pflege von Straßenbegleitgrün – Stauden“ und der Stauden-Sortenprofile
Guido Sandmann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Herr Sandmann arbeitet seit 1989 ausschließlich in den Bereichen Planungsrecht, privates Baurecht und Immobilienrecht. Er war mehrere Jahre in der Rechtsabteilung bei der DYWIDAG tätig, bevor er zu einem börsennotierten Bauträger wechselte. Seit 2000 ist Hr. Sandmann selbstständiger Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, mit einer eigenen Kanzlei in München. Er ist Herausgeber der „Bauverträge und Baubriefe“ auf CD-ROM und veröffentlicht im Forum Verlag regelmäßig Beiträge zu aktuellen Themen aus dem Bau- und Planungsrecht. Darüber hinaus hält er als Dozent Seminare für die Akademie Herkert und andere Seminarveranstalter.
Autor des Kapitels „Abnahme und Gewährleistung“
Henrik Weiß, Dr. Ing. Forstwirtschaft
Bis 2007 war Dr. Henrik Weiß am Institut für Forstbotanik und Forstzoologie an der TU Dresden (Leitung Prof. Dr. Roloff) und u. a. mit der Erforschung zerstörungsfreier Diagnosetechnik für die Baumpflege befasst. Seit 2004 ist er ö.b.v. Sachverständiger für Gehölzwertermittlung, Baumpflege und Beurteilung der Verkehrssicherheit von Bäumen. 2005 gründete er das Büro Baum & Landschaft und er arbeitet seit vielen Jahren bei der FLL an Regelwerken für die Baumkontrolle und Baumpflege mit. Henrik Weiß ist Prüfer und Supervisor bei der Ausbildung von FLL-Zertifizierten Baumkontrolleuren und hat seit 2007 mehr als 800 Personen erfolgreich ausgebildet und zertifiziert. Gemeinsam mit der Stadt Dresden und der TU Dresden organisiert er seit 2007 die Dresdner StadtBaumtage. Er ist Mitherausgeber sowie Autor diverser Fachbücher und von Beiträgen in Fachzeitschriften.
Autor des Kapitels „Schutz von Bäumen bei Bauarbeiten“ sowie des Abschnitts „Baumkontrolle“ und der Kapitel „Gehölzschutz im öffentlichen Interesse“ und „Verkehrssicherungspflicht“
David Zimmerling, B. Eng. Landschaftsarchitektur
Der gelernte Landschaftsgärtner und B.Eng. Landschaftsarchitektur arbeitet als freier Pflanzplaner in Potsdam. Seit Jahren bewegt er sich an der Schnittstelle zwischen Vegetationsplanung und Grünflächenpflege. Dabei kann er auch auf seine Erfahrung als Meister eines Pflegebereichs beim Grünflächenamt der Stadt Halle (Saale) sowie auf seine Tätigkeit im Feld des „Creative Managements“ im Landscape Laboratory der Swedish University of Agricultural Sciences in Alnarp, Schweden, bauen.
Seit 2010 verfasst er regelmäßig Fachartikel mit den Schwerpunkten Garten- und Landschaftsbau, Pflanzenverwendung, Pflege, öffentliches Grün. Daneben ist er in der Ausbildung von Landschaftsarchitekten und Landschaftsgärtnern in den Bereichen Pflanzenkunde, Pflanzenverwendung und Pflege engagiert, u. a. an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen und an der Beuth Hochschule für Technik Berlin.
Autor des Kapitels „Pflege von Straßenbegleitgrün – Mähflächen“
Der Stellenwert des kommunalen Straßenbegleitgrüns im Grünflächenmanagement
Wenn von Stadtgrün die Rede ist, denkt man in erster Linie an prächtige Parkanlagen, Friedhöfe und Freizeiteinrichtungen. Das verkehrsbegleitende Grün mit Alleen, Einzelbäumen, Rasen-, Strauch-, Stauden- und Wiesenflächen spielt jedoch klimatisch ökologisch und gestalterisch eine immer größere Rolle. Das ist für Kommunen und kommunale Unternehmen eine große Herausforderung. Um den Erwartungen gerecht zu werden, müssen nämlich Neugestaltungen und Sanierungen nach differenzierten Qualitäts- und Entwicklungszielen umgesetzt und die Pflege und Unterhaltung darauf abgestimmt werden. Rasen mähen und kilometerlanger Randschnitt an Gehölzen ist zukünftig nur ein Teil der Arbeiten, den ein Mix aus gut geschulten und angelernten Mitarbeitern im Rahmen der auf die Gestaltungs- und Entwicklungsziele abgestimmten Jahrespflegepläne zu erledigen hat. Effiziente Bewirtschaftung in einer attraktiven Umgebung, das ist die Zukunft und das nachhaltige Ziel für lebenswerte Städte.
Funktionen des Straßenbegleitgrüns
Bäume und Bepflanzungen am Straßenrand auf Mittelstreifen oder Fahrbahnteilern übernehmen verkehrstechnische, gestalterische, bauliche und landschaftsökologische Aufgaben.
Verkehrstechnische Funktion
Das Straßenbegleitgrün leistet neben seiner optischen Wirkung einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrssicherheit. Durch die pflanzliche Gestaltung und Markierung des Straßenraums werden die Verkehrsteilnehmer über den Verlauf, Kreuzungen und Einmündungen aufmerksam gemacht. Die vertikale Wirkung und Kenntlichmachung des Straßenraums durch Bäume beeinflussen das Fahrverhalten und motivieren, vor Gefahrenpunkten das Tempo zu drosseln.
Bild 1: Bäume erfüllen im Straßenraum sowohl gestalterische als auch verkehrstechnische Funktionen. (Quelle: Monika Böhm)
Gehölzpflanzungen auf dem Mittelstreifen und durch Pflanzungen abgeschirmte Verkehrswege schützen vor schräg einfallendem Sonnenlicht (Blendwirkung). Wind- und Schneeverwehungen sollen durch breite, tief gestaffelte und dichte Strauchpflanzungen abgefangen werden. Außerdem bilden sie einen Puffer für von der Fahrbahn abgekommene Verkehrsteilnehmer.
Gestalterische, architektonische und bauliche Funktion
Entlang von Straßen gibt es große Potenziale für die Anlage von Grünstrukturen. Wenn die Einhaltung der Verkehrssicherung, wie das Lichtraumprofil von Bäumen und die Mindesthöhen der Bepflanzung an Kreuzungen, Einmündungen, Geh- und Radwegen, gewährleistet wird, sind der Kreativität der Grüngestaltung keine Grenzen gesetzt. Die Entwicklung innovativer Mobilitätsformen und damit geänderter Anforderungen an den Verkehrsraum werden sogar langfristig dazu führen, dass zukünftig weniger versiegelte und mehr begrünte Flächen gebaut werden.
Bei der Gestaltung des Straßenraums spielen Bäume aufgrund ihrer starken raumbildenden Wirkung eine zentrale Rolle. Alleen übernehmen genauso wie Baumreihen und wechselseitige Reihenbepflanzungen eine optische Leitfunktion und begrenzen den Straßenraum. Baumtore können darüber hinaus Ortsein- und -ausgänge markieren oder Abschnittswechsel hervorheben.
In den letzten 20 Jahren hat sich das verkehrsbegleitende Grün aufgrund notwendiger Einsparmaßnahmen, Klimawandel und der Forderung nach mehr Biodiversität stark verändert. Während in den 1980er-Jahren Cotoneaster-, Lonicera-, Symphoricarpos- und Rosen-Unterpflanzungen das Stadtbild beherrschten, wurden seit der Jahrtausendwende die ersten Staudenmischpflanzungen angelegt und getestet.
Bild 2: Klassische Straßenbepflanzung mit Bäumen, Hecken und Bodendeckern. (Quelle: Monika Böhm)
Mit Erfolg! Nachdem in vielen Kommunen die Attraktivität und Akzeptanz durch die Bevölkerung anstieg und die Pflegekosten im Verhältnis zu klassischen Bepflanzungen gleichblieben oder sogar sanken, traten Stauden und naturnahe Rasen- und Wiesenansaaten ihren Siegeszug an den Straßenrändern und Mittelstreifen an.
Bild 3: Immer häufiger ersetzen attraktive Staudenpflanzungen das sterile Bodendeckergrün. (Quelle: Monika Böhm)
Niedrige Bepflanzungen und Ansaaten schützen unbefestigte Seitenstreifen am Straßenrand. Tief wurzelnde Gehölze und Maßnahmen des Lebendverbaus verhindern Erosion durch Wind und Wasser an steilen Böschungen. Das Grün in den Straßen mindert das subjektive Lärmempfinden und dient als Rückzugs- und Teillebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten.
Bild 4: Lärmschutzwände filtern den Staub und bieten Lebensraum für allerlei Getier. (Quelle: Monika Böhm)
Straßenbäume verdunsten Wasser und kühlen gerade in Hitzeperioden die nähere Umgebung. Ist der Wasservorrat in der Baumgrube allerdings begrenzt, kommen die Bäume selbst in Hitzestress und können weniger verdunsten. Deshalb müssen für Bäume möglichst große Pflanzgruben und Baumscheiben geschaffen werden, die bei der Aufstellung von Bebauungsplänen berücksichtigt werden. Die langsame Versickerung des Niederschlagswassers bei Starkregenereignissen und die Verfügbarkeit für die Vegetation, ganz besonders für Straßenbäume, beschäftigt die Stadtplaner seit den trockenen Sommern der Jahrtausendwende. Im Rahmen von Klimaanpassungsstrategien spielt das individuelle Regenwassermanagement eine wesentliche Rolle, um bestehende Mischwasserkanalisationen zu entlasten und Kühlungseffekte durch einen erhöhten Verdunstungsanteil für das Stadtklima zu nutzen. Durch grüne Freiflächen und Dachbegrünungen kann der Abfluss verringert und das Kanalisationssystem entlastet werden.
Bild 5: Im Vergleich zu Kreuzungen bieten Kreisverkehre weniger Unfallrisiken und vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. (Quelle: Monika Böhm)
Klimatische und ökologische Funktion
Stadtgrün beeinflusst das Stadtklima durch Absenkung der Temperatur, Verringerung der Luftbewegung und Steigerung der relativen Luftfeuchte. Deutlich spürbare Effekte erzielen hier v. a. der Stadtwald und Parkanlagen. Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass kleinere Grünflächen im Verhältnis zur jeweiligen Gesamtfläche eine stärkere Auswirkung auf die Klimabegünstigung haben als größere, da der Wirkungsbereich nicht proportional zur Flächengröße wächst. Einzelbäume haben beispielsweise auf asphaltierten Flächen eine größere Kühlwirkung als großflächige Wiesen. Des Weiteren leisten Bäume und Sträucher einen wichtigen Beitrag zur Luftreinhaltung und Staubbindung, allerdings können zu dicht gepflanzte Alleen die Luftzirkulation behindern. Bei Neuplanungen wird deshalb empfohlen, die Abstände zu erhöhen, ausreichend dimensionierte sowie artenreich bepflanzte Baumstandorte vorzusehen. Um zu verhindern, dass Schädlinge ganze Alleen und Baumreihen zerstören, werden mittlerweile zur Vermeidung eines Totalausfalls verschiedene Straßenbaumarten zusammen gepflanzt. Zur Erhöhung der Biodiversität ist es sinnvoll, möglichst unterschiedliche einheimische und an das Klima angepasste Bäume zu verwenden. Mit artenreichen Wiesen und insektenfreundlichen Staudenbeeten wird die ökologische Vielfalt im Straßenraum deutlich erhöht und für hiesige Insekten eine maximale Futterverwertbarkeit erreicht, sobald die Blühperiode begonnen hat.
Gestaltungs- und Bewirtschaftungskonzepte in der Praxis
Der Weg ist das Ziel! Es gibt unterschiedliche Methoden und Ansätze, die Verkehrsräume attraktiv aufzuwerten und nachhaltig zu bewirtschaften. Die Stadt Konstanz hat ein Grünpflegekonzept für das Stadtgrün und individuelle Staudenpflanzungen für das straßenbegleitende Grün entwickelt. Die Stadt Bad Saulgau hat für ihr ökologisches Modell bundes- und europaweite Auszeichnungen erhalten.
Die Begrünung in der Stadt Konstanz basiert auf einem Qualitätsmanagement-System
In Konstanz ist der kommunale Eigenbetrieb, die Technischen Betriebe Konstanz (TBK), für die Pflege und Instandhaltung der städtischen Verkehrsflächen, Grünanlagen und Friedhöfe verantwortlich. Sicherheit, Sauberkeit und ein guter Pflegezustand sind Basis der Grünqualität in der Stadt, die wesentlich zur Freizeit- und Aufenthaltsqualität beitragen. Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, hat die TBK seit 2008 ein Grünpflegekonzept erarbeitet, in dem Zielsetzungen für ein Qualitätsmanagement für den öffentlichen Freiraum festgehalten wurden. Zu den wesentlichen Aufgabenschwerpunkten des kommunalen Grünflächenpflegemanagements zählen:
die differenzierte Pflege von Grünanlagen in Siedlungen entsprechend ihrer Bedeutung innerhalb des Grünsystems
der wirtschaftliche Einsatz von finanziellen Mitteln für die Pflege
die systematische Beobachtung und Bewertung der mit der aktuellen Grünflächenpflege zusammenhängenden Kosten
die Optimierung der Flächenstruktur im System des Siedlungsgrüns
das Herstellen der vollen Funktionalität einzelner Vegetationselemente
Um die geforderte differenzierte Pflege sowie die größtmögliche wirtschaftliche Transparenz zu schaffen, spiegeln fünf Pflegekategorien in Text und Bild den zu erstrebenden Qualitätszustand wider. Als Beurteilungskriterien gelten hierfür die Lage, die Bedeutung und Akzeptanz für Touristen und Bürger der Stadt, die gestalterische Struktur, die Pflegeintensität sowie der vegetations- und bautechnische Zustand. Anhand von eigens entwickelten Bewertungsbroschüren führen Mitarbeiter der TBK zuverlässige und nachvollziehbare Beurteilungen durch, wonach entschieden wird, welche Pflegestandards auf den einzelnen Flächen angewandt werden, und wo Anpassungsmaßnahmen wie Wiederherstellungspflege oder gar Sanierungen durchgeführt werden müssen. Auch heute noch konzentrieren sich die Kontrolleure, bewusst keine Gärtner, sondern fachlich neutralere Straßenbau- und Baumfachleute, auf Wohlfühlfaktoren, wie Sauberkeit und Sicherheit. Nachweislich fühlen sich die Nutzer wohl, wenn sie feststellen, dass Anlagen betreut werden. Die fachliche Qualität muss dabei nicht auf höchste Anforderungen in der Grünpflege ausgerichtet sein.
Bild 6: Differenzierung der Grünflächenpflege anhand von Pflegekategorien im Stadtgebiet Konstanz. (Quelle: Stadt Konstanz, Technische Betriebe)
Mit der Einführung der Pflegekategorien (PK) ist ein wichtiges Steuerungsinstrument des Grünflächenunterhalts sowie der Kostenkontrolle entstanden. Das Straßenbegleitgrün der Innenstadt sowie die Verkehrskreisel sind der Kategorie III, das übrige Verkehrsbegleitgrün und die Baumscheiben in Wohngebieten sind samt Unterpflanzungen der Kategorie IV zugeordnet.
Neben der Einführung des Qualitätsmanagements für die städtischen Freiräume ist die TBK permanent auf der Suche nach Methoden zur kontinuierlichen Verbesserung des Grünflächenunterhalts. So wurden im Straßenbegleitgrün mit Erfolg alternativ zu herkömmlichen Bepflanzungen mit Bodendeckern und Rosen pflegeleichte Bepflanzungskonzepte entwickelt, die den extremen standörtlichen und klimatischen Bedingungen, wie Wanneneffekt, Hitze, Streusalzbelastung und Trockenheit, standhalten. Die Pflanzenzusammenstellungen wurden im Laufe der Jahre auf ihre optische Wirkung und Standorttauglichkeit evaluiert und bei Bedarf angepasst. Neben den wirtschaftlichen Gründen soll auch, gerade bei Neubauvorhaben, forciert werden, dass die Mitteltrenn- und Seitentrennstreifen nicht der „Einfachheit“ wegen gepflastert, sondern weiterhin begrünt werden.
Für jeden Standort der passende Vegetationstyp
Für das Verkehrsgrün haben sich in Konstanz drei neue Vegetationstypen bewährt.
Trockenstaudenstandorte
Staudengesellschaften
Wiesen- und Kräuterflure
Tabelle 1: Die Einteilung des öffentlichen Freiraums in Pflegekategorien I bis V, Quelle: Stadt Konstanz, Technische Betriebe
Trockenstaudenstandorte
Bild 7: Auf diesem Trockenstandort konkurrieren Fenchel und Nachtkerze um die Gunst der Betrachter. (Quelle: Monika Böhm)
Das trockenheitsliebende Staudensortiment wird je nach Standort in unterschiedlichen Kombinationen in ein 40 bis 50 cm starkes Substrat aus ungewaschenem Kies der Körnung, 0/120 mm, gepflanzt und bekommt eine organische Startdüngung. Die Herstellkosten liegen bei circa 20,00 Euro pro Quadratmeter. Folgende Arten und Sorten haben sich beispielsweise bewährt und kommen, je nach Standort, in unterschiedlicher Zusammensetzung zum Einsatz.
Tabelle 2: Beispiel einer Pflanzliste für Trockenstauden, Quelle: Stadt Konstanz, Technische Betriebe
Mittlerweile werden sechs unterschiedliche, im Laufe der Jahre von den Technischen Betrieben für tauglich befundene Trockenstaudenmischungen, verwendet. Lang andauernde trockene Wetterlagen begünstigen diesen Vegetationstyp, konkurrierende Arten vertrocknen automatisch und reduzieren somit den Pflegeaufwand.