Prof. Dr. Thomas Benz
Susanna Biernath
Matthias Jackson
Ingrid Kaiser
Michael Maurer
Guido Sandmann
Ralf Schöwer
Dr. Michael Siegwart
Franz Weißhaupt
Bert Wieneke
Frank Zillmer
Bernd Zimmermann
Das Baustellenhandbuch Bauleitung
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Satz: mediaTEXT Jena GmbH, 07747 Jena
Druck: Druckerei & Verlag Steinmeier GmbH & Co. KG, 86738 Deiningen
Printed in Germany
ISBN: 978-3-96314-136-2
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Vorwort
Die Leitung einer Baustelle ist eine ständige Herausforderung: Wurden die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik ausgeführt? Wurden etwaige Mängel fristgerecht beseitigt? Wurden Bauabsprachen schriftlich dokumentiert? Die Bauleitung ist dabei nicht nur für einen reibungslosen Baustellenablauf verantwortlich, sondern trägt meist auch noch das volle Risiko.
Dabei müssen die gültigen technischen und rechtlichen Vorgaben beachtet sowie alle Bauabläufe koordiniert und dokumentiert werden. Zudem muss kontinuierlich die Sicherheit auf der Baustelle gewährleistet werden.
Das vorliegende Baustellenhandbuch für die Bauleitung bietet dafür die ideale Unterstützung. Gegliedert in die Bereiche RECHT, TECHNIK und MANAGEMENT enthält es vom rechtlichen Hintergrundwissen über gewerkeübergreifende technische Regeln bis zum optimalen Baustellenmanagement alle wichtigen Anforderungen im praktischen Taschenbuchformat.
Somit werden auch unter Zeit- und Kostendruck keine wichtigen Details vergessen, und kritische Fragen können selbst auf der Baustellte sofort und sicher geklärt werden.
Anregungen zu den Inhalten werden von den Autoren und dem Verlag gerne angenommen.
Merching, im November 2018
Autoren
Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Thomas Benz
Mitglied im Qualitätsverbund Planer am Bau
Herr Prof. Benz verfügt über umfangreiche praktische Erfahrung sowie wissenschaftliche Expertise in der Projektrealisierung, insbesondere im Schlüsselfertigen Planen und Bauen mit Schwerpunkt Qualitätssicherung, Bauprozessoptimierung und Bauschadens- und Mängelvermeidung. Er ist als Mediator zu den Themen „Planen und Bauen“ tätig sowie Mitglied in Aufsichtsgremien mittelständischer Bauunternehmen.
Susanna Biernath
Rechtsanwältin Susanna Biernath ist im privaten Baurecht für Kommunen, Baufirmen, Bauträger und für private Bauherren tätig. Sie kann dabei bereits auf die erfolgreiche anwaltliche Betreuung von zwei kommunalen Großbauprojekten zurückblicken.
Von 2007–2010 war Susanna Biernath studienbegleitend als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einer der führenden auf die Vertretung von Kommunen spezialisierten Kanzleien in Bayern tätig, seit 2011 ist sie als Rechtsanwältin zugelassen und seit 2017 Partnerin in der Rechtsanwaltskanzlei Steinbacher Rechtsanwälte PartGmbB in München.
Matthias Jackson
Matthias Jackson studierte Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen. Sein Referendariat absolvierte er beim Landgericht Karlsruhe, wobei er Stationen bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe sowie der Stadt Karlsruhe durchlief. Seit 2012 ist er als Rechtsanwalt in Karlsruhe in der Kanzlei „Brillinger Rechtsanwälte“ tätig und befasst sich überwiegend mit dem privaten Baurecht und dem Architektenrecht.
Dipl.-Ing. Architektin Ingrid Kaiser
Ingrid Kaiser ist Inhaberin des ak architekturbüro kaiser in Sanitz bei Rostock mit dem Schwerpunkt energieeffizientes Bauen. Sie ist Mitglied der Architektenkammer Bremen und des Bundes Deutscher Baumeister (BDB).
Michael Maurer
Rechtsanwalt Michael Maurer ist als Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie für Bau- und Architektenrecht tätig.
Guido Sandmann
Herr Sandmann ist als Fachanwalt für das Bau- und Architektenrecht tätig. Seine Schwerpunkte sind Bau- und Immobilienrecht sowie WEG-Recht.
Dipl.-Ing. Architekt Ralf Schöwer
Ralf Schöwer ist als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden tätig (Industrie- und Handelskammer Darmstadt). Er arbeitet zu vielfältigen Aufgaben und Themen im Bereich des Hochbaus als Sachverständiger für Amts-, Land- und Oberlandesgerichte sowie für private Auftraggeber und andere Behörden. Eine Qualifikation zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator ergänzt seine Ausbildung und Tätigkeit in den klassischen Arbeitsfeldern des Architekten.
Dr. Michael Siegwart
Herr Dr. Siegwart ist als beratender Ingenieur, Sachverständiger für Schäden an Gebäuden und Bauwerksinstandsetzung tätig. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung auf dem Gebiet „Messverfahren im Bauwesen“. Er arbeitete bereits als Projektleiter für internationale Hoch- und Tiefbauprojekte.
Franz Weißhaupt
Franz Weißhaupt studierte Rechtswissenschaften an der Universität Augsburg und legte dort im Jahr 2012 das 1. juristische Staatsexamen ab. Nach einem zweijährigen Referendariat am Landgericht Augsburg mit Stationen bei der Staatsanwaltschaft, dem Landratsamt und dem Verwaltungsgericht legte er im Jahr 2014 das 2. juristische Staatsexamen ab. Seit 2015 ist er als Rechtsanwalt in Karlsruhe für die Kanzlei „Brillinger Rechtsanwälte“ überwiegend im privaten Baurecht tätig.
Dipl.-Ing. Bert Wieneke
Bert Wieneke ist als staatlich anerkannter Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes tätig. Er ist Inhaber eines Sachverständigenbüros für Brandschutz sowie Referent und Fachbuchautor.
Frank Zillmer
Frank Zillmer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, seit 1995 mit eigener Kanzlei in Kiel. Durch jahrelange Referententätigkeit ist er in der Lage, komplexe rechtliche Fragestellungen strukturiert und mit Praxisbezug auch für Nicht-Juristen anschaulich zu erklären. Als Dozent ist er u. a. für die Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein, den Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen, die Auftragsberatungsstelle Schleswig-Holstein, BPM Bauprojektmanagement und verschiedene Wohnungsbaugenossenschaften tätig. Rechtsanwalt Frank Zillmer berät Unternehmen in ganz Norddeutschland. Ebenso qualifiziert er alle am Bau Beteiligten auch in Inhouse-Seminaren, damit diese selbst rechtssicher handeln können.
Bernd Zimmermann
Rechtsanwalt Bernd Zimmermann ist Inhaber und fachlicher Leiter des Institutes für angewandten Arbeits- und Gesundheitsschutz/Qualitätssicherung – IAG Mainz.
Gesamtinhaltsverzeichnis
Deckblatt
Impressum
Bedienung des E-Books
Vorwort
Autoren
Gesamtinhaltsverzeichnis
Recht
Gängige Vertragsformen
BGB-Bauvertrag
VOB/B-Vertrag
Bauüberwachungsvertrag
Änderungen durch das neue Bauvertragsrecht 2018
Änderungen im Allgemeinen Teil des BGB
Änderungen im Allgemeinen Teil des Werkvertragsrechts
Der neue Bauvertrag
Der Verbraucherbauvertrag
Der Architekten- und Ingenieurvertrag
Der Umgang mit Verbraucherbauherren
Schutz des Verbrauchers bei Bauverträgen, die keine Verbraucherbauverträge sind
Wer ist Verbraucher?
Die Notwendigkeit der Textform (§ 650i Abs. 2 BGB)
Pflichten des Bauunternehmers vor Vertragsabschluss
Verpflichtende Baubeschreibung
Die notwendigen Regelungen zur Bauzeit
Die rechtzeitige Vorlage von Unterlagen
Besonderheiten beim Vertragsabschluss mit einem Verbraucher
Das Widerrufsrecht
Besonderheiten bei der Abrechnung
Der Anspruch des Verbrauchers auf Unterlagen
Zusätzliche Haftung der Bauleitung
Bauleiterbestellung und Bauleitererklärung
Rechte, Pflichten und Handlungsbefugnisse der Bauleitung
Haftungsrisiken für die Bauleitung
Bedeutung von DIN-Normen und Unfallverhütungsvorschriften
Die zivilrechtliche Haftung der Bauleitung
Die strafrechtliche Haftung der Bauleitung
Die Haftung der Bauleitung für Ordnungswidrigkeiten
Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht
Bedenken
Behinderung der Ausführung
Behinderungsanzeige
Behinderungsschaden
Bauabnahme und -protokoll
Abnahmebegriff
Ausdrückliche – formlose – Abnahme
Behördliche Abnahme
Fiktive Abnahme nach VOB/B
Förmliche Abnahme
Konkludente Abnahme
Technische Abnahme
Abnahmebefugnis
Abnahme durch Architekten oder Sachverständige
Abnahmeverweigerung
Gewährleistung und Verjährung
Gewährleistung
Mangelbeseitigung (Nacherfüllung)
Minderung
Schadensersatz
Mangelbeseitigung vor Abnahme
Nacherfüllung
Ersatzvornahme
Rücktritt vom Vertrag
Minderung
Schadensersatz
Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung
Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung
Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung
Berechnung der Minderung
Gewährleistungsfristen
Technik
Aufmaß und Mengenermittlung von Bauleistungen
Methoden der Mengenermittlung
Grundlegende Regeln der Mengenermittlung nach VOB/C
Mengenermittlung im Planungs- und Bauablauf
Aufmaß
Technische Möglichkeiten und Einsatzgebiete der Leckortung
Übersicht über Leckageortungsverfahren
Mess- und Prüfstrategien
Toleranzbereiche für Winkel, Ebenen und Fluchten
DIN 18202
DIN 18203
Prüfung und Dokumentation der Funktionsfähigkeit
Grundsätzliches zu Prüfungen
Erforderliche Prüfungen im Rohbau
Erforderliche Prüfungen an der Fassade
Erforderliche Prüfungen im Ausbau
Erforderliche Prüfungen in der Technischen Gebäudeausrüstung
Nachweise
Dokumentation
Management
Einholen und Prüfen von Genehmigungen
Prüfung der Auftraggeber-Unterlagen
Einholung weiterer Unterlagen/Bescheinigungen
Straßenrechtliche, verkehrsrechtliche und lärmschutzrechtliche Genehmigungen
Anzeigen gegenüber Behörden
Besondere Verantwortlichkeit als Bauleitung nach Landesbauordnung
Arbeits- und Gesundheitsschutz
Privatrechtlicher Arbeitsschutz
Öffentlich-rechtlicher Arbeitsschutz
Arbeitsschutz und Haftung
Sicherer Arbeitsmitteleinsatz
Qualifiziertes Personal
Fachkraft für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragter
Verkehrssicherungspflichten
Was muss die Bauleitung bei Verkehrssicherungsarbeiten nach DIN 18329 beachten?
Integration in Standard-Leistungstexte
Checklistenfunktion Abschnitt 0
Stoffe und Bauteile
Ausführungen
Gebote und Verbote
Nebenleistungen und Besondere Leistungen
Brandschutz auf der Baustelle
Besondere Risiken auf Baustellen
Organisatorischer Brandschutz: Ordnung und Sauberkeit
Rettungswege während der Bauzeit
Feuerlöscher
Feuergefährliche Arbeiten: Schweißen, Flexen
Baumaßnahmen im genutzten Bestand
Baustellenpraxis
Baubesprechungsprotokolle, Baustellendokumentation und Beweissicherung
Baubesprechungsprotokolle
Baustellendokumentation
Beweissicherung
Bauzeitenplan und Terminfortschreibung
Aufstellen des Bauzeitenplans
Terminplanung im Bauverlauf
Umgang mit Bauablaufstörungen und Baubehinderungen
Regelungen im BGB Werkvertragsrecht
Regelungen in der VOB/B
Mengenänderungen
Regelungen im BGB-Werkvertragsrecht
Regelungen in der VOB/B
Das Wichtigste in Kürze
Kostenfortschreibung
DIN 276 als Grundlage
Phasen der Kostenermittlung
Kostenkontrolle und -steuerung im Bauablauf
Insolvenz von Baubeteiligten
I. Phase: Krise
II. Phase: Antragstellung
III. Phase: Eröffnungsverfahren
IV. Phase: Insolvenzverfahren
Besonderheiten für einzelne Insolvenzschuldner
Schwarzarbeit
Problem Scheinselbstständigkeit
Problem Zahlung ohne Rechnung
Konsequenz: Nichtigkeit des Vertrags für den Auftragnehmer
Konsequenz: Nichtigkeit des Vertrags für den Auftraggeber
Sonstige Konsequenzen
Beispiele für Schwarzarbeit
Problem: Haftung der Bauleitung
Baubeginn und Baustelleneinrichtung
Baubeginn
Baustelleneinrichtung
Baustellenorganisation
Baustellenvorbereitung
Sicherungsmaßnahmen
Dokumentation und Qualitätssicherung
Personaleinsatz und Koordination fachlich Beteiligter
Planung und Kontrolle Eigenpersonal
Planung und Kontrolle Nachunternehmer
Koordination weiterer Beteiligter
Kommunikation
Konfliktmanagement
Stichwortverzeichnis
Weiterführende Informationen
Recht
Gängige Vertragsformen
BGB-Bauvertrag
Der BGB-Bauvertrag ist ein Werkvertrag, bei dem vom Werkunternehmer ein bestimmter Erfolg geschuldet wird. Gegenstand ist mithin nicht die Arbeit, die Bemühung oder der Dienst, sondern der werkvertragliche Erfolg. Der BGB-Werkvertrag ist in den §§ 631 ff. BGB geregelt. Bei einem Bauvertrag ist das geschuldete Werk eine Bauleistung, die durch Bauarbeiten erbracht wird. Bauleistung ist nach § 1 VOB/A „Arbeit derart, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instandgehalten, geändert oder beseitigt wird.“
Ein Bauwerk ist eine unbewegliche, durch die Verwendung von Arbeit und bodenfremdem Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache (BGHZ 57, 60). „Bauarbeiten“ schaffen ein Bauwerk neu, verändern ein bestehendes Bauwerk, erhalten ein Bauwerk oder schützen ein Bauwerk. Bauarbeiten sind auch dann gegeben, wenn unmittelbar die Errichtung eines Bauwerks vorbereitet wird.
Durch das neue Bauvertragsrecht zum 01.01.2018 hat auch das BGB-Werkvertragsrecht erhebliche Änderungen erfahren. So wurden Regelungen zum Verbraucherbauvertrag {Verbraucherbauvertrag} eingeführt. Es finden sich nunmehr Regelungen zum Architektenvertrag und Ingenieurvertrag. Auch der Bauträgervertrag wurde in das BGB aufgenommen. Zu dieser Neuregelung sah sich der Gesetzgeber gezwungen, da die Regelungen des Werkvertragsrechts aufgrund der wachsenden Anforderungen nicht mehr den Anforderungen auf dem Bau gerecht werden konnten. Ferner fehlten in diesem Bereich die Vorschriften des Verbraucherschutzes. Aufgrund der Tatsache, dass insbesondere Verbraucher für ein Bauvorhaben wesentliche Teile ihrer finanziellen Mittel aufwenden, sah sich der Gesetzgeber hier zum Handeln gezwungen.
VOB/B-Vertrag
Bei einem VOB/B-Bauvertrag werden die Regelungen des BGB durch die Einbeziehung der VOB/B modifiziert. Bei der VOB handelt es sich nicht um gesetzliche Regelungen. Es handelt sich letztendlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag
Die VOB/B wird nur dann Bestandteil des Bauvertrags, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbaren. Die VOB ist weder Gesetz noch Rechtsverordnung, sondern Vertragsrecht. Sie gilt daher nicht automatisch. Es besteht auch kein Gewohnheitsrecht dergestalt, dass die VOB/B hier branchenüblich ist.
Die Vereinbarung der VOB bedarf keiner Form. Es muss allerdings ein klarer und unmissverständlicher Hinweis auf die VOB/B vorhanden sein. Vereinbaren die Parteien, dass die VOB der neuesten Auflage gelten soll, so ist damit der Zeitpunkt des Vertragsschlusses gemeint.
Differenziert ist die Einbeziehung der VOB gegenüber einem Privatmann zu sehen. Wird der Bauherr bei Vertragsschluss durch einen Architekten vertreten, soll nach herrschender Ansicht der bloße Hinweis auf die VOB/B genügen. Die Rechtsprechung nimmt an, dass der Architekt aufgrund seiner Ausbildung die VOB/B hinreichend kennt. Er muss den Bauherrn dann entsprechend aufklären. Der Bauherr muss sich dieses Wissen zurechnen lassen.
Ist der Bauherr hingegen nicht von einem Architekten vertreten oder ist dieser an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt, so kann die VOB/B nicht durch einen bloßen Hinweis auf deren Geltung einbezogen werden. Der Bauherr muss sich – so der BGH – in geeigneter Weise Kenntnis von der VOB verschaffen und Informationsmöglichkeiten nutzen können. Hier wird wohl eine Aushändigung des Textes nicht verlangt. Dem Vertragspartner muss allerdings die Möglichkeit gegeben sein, ohne Aufwand an Zeit und Kosten Kenntnis von der VOB/B zu erlangen. In der Regel trägt der Verwender – zumeist der Unternehmer – die Beweislast für die ordnungsgemäße Einbeziehung der VOB/B.
Privilegierung der VOB/B als Ganzes
Bei der VOB/B handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Entgegen der allgemeinen Meinung handelt es sich nicht um ein Gesetz. Würde man die einzelnen Klauseln der VOB/B der Inhaltskontrolle nach §§ 307, 308 und 309 BGB unterziehen, wären zahlreiche Klauseln – isoliert betrachtet – AGB-widrig und damit unwirksam. Dies würde jedoch zur Unanwendbarkeit der VOB führen – was nicht gewollt ist.
Ist die VOB/B in Bauverträgen als Ganzes vereinbart, d. h. es gibt keinerlei Eingriffe in die VOB durch Vertragsklauseln, so ist die VOB der Inhaltskontrolle nach §§ 310, 308, 309 BGB entzogen – sofern sie nicht gegenüber einem Verbraucher angewandt werden soll. Dies wird damit begründet, dass die Gesamtheit der VOB/B-Regelungen ausgewogen ist und keiner der Vertragspartner insgesamt unangemessen benachteiligt wird.
Wird nunmehr jedoch – und sei es nur geringfügig – in die VOB eingegriffen, etwa durch einzelvertragliche Klauseln, so ist dieses Gleichgewicht gestört. Dies hat zur Folge, dass nicht nur die Klausel, die der Regelung der VOB entgegensteht, AGB-rechtlich geprüft wird, sondern dass der gesamte Vertrag – also auch die VOB-Regelungen – unter dem Gesichtspunkt des AGB-Rechts geprüft werden. Die Privilegierung der VOB als Ganzes ist damit entfallen. Die entsprechenden Klauseln – auch die VOB/B-Regelungen sind dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen. Auch hier gilt: Ist der Benachteiligte selbst Verwender, wird die Klausel nicht unwirksam. Der Verwender hätte die Klausel ja nicht verwenden müssen. Er bedarf keines Schutzes.
Praxistipp | |
Der Auftragnehmer hat bei einem VOB/B-Vertrag die Schlussrechnung des Auftraggebers geprüft – der Auftraggeber ist Verwender. Er hat die Schlusszahlung geleistet und auf die Auswirkungen der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung gem. § 16 Abs. 3 Ziff. 2 VOB/B hingewiesen. Der Auftragnehmer hat den Vorbehalt zu spät erklärt. Der Auftraggeber kann sich dennoch nicht auf die Ausschlusswirkung nach § 16 Abs. 3 Nr. 5 VOB/B berufen, wenn die VOB nicht als Ganzes vereinbart ist. Hat der Auftraggeber etwa zusätzliche Vertragsbedingungen in den Vertrag mit einbezogen, die Abweichungen zur VOB/B enthalten – dies ist bei öffentlichen Auftraggebern besonders häufig der Fall –, unterfällt auch die Regelung des § 16 VOB/B der AGB-Inhaltskontrolle. Da sie dieser Kontrolle nach ständiger Rechtsprechung nicht standhält ist sie unwirksam. Das BGB kennt hingegen keine Ausschlussregelung vergleichbar mit § 16 VOB/B. Der Auftraggeber kann sich mithin nicht darauf berufen. |
Hinweis | |
In der Praxis wird es kaum Bauverträge geben, die nicht Abweichungen von der VOB/B enthalten. Der Verwender wird daher häufig mit einer Überprüfung der Klausel nach den Vorschriften der AGB-Inhaltskontrolle zu rechnen haben. Der Auftragnehmer als Verwender sollte dabei darauf achten, dass die Verträge so gestaltet sind, dass auch bei der AGB-Inhaltskontrolle die Kernregelungen erhalten bleiben, die seinem Sicherheits- und Risikointeresse entsprechen. |
Auftraggeber und Auftragnehmer sollten sich mithin stets gut überlegen, ob Sie in einen VOB-Vertrag zusätzliche Regelungen mit aufnehmen und in die VOB eingreifen.
Bauüberwachungsvertrag
Die Objektüberwachung umfasst vor allem die Überwachung der einzelnen Arbeiten bei der Erstellung des Objekts auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und der Leistungsbeschreibung sowie Übereinstimmung mit den anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften. Ferner umfasst sie die Koordination der einzelnen Arbeiten. Der bauleitende Architekt muss daher die ihm zur Verfügung gestellten Planungen und Ausschreibungsunterlagen auf Fehler und Widersprüche prüfen – auch dann, wenn er sie nicht selbst erstellt hat. Das betrifft auch statische Unterlagen, die Überwachung und Abnahme der Bewehrung entsprechend den Bewehrungsplänen, die der Statiker ausgearbeitet hat. Verletzt der Architekt, der die Bauleitung übernommen hat, seine Leistungspflichten, zu denen auch die Überprüfung der Planung gehört, so kann er sich gegenüber dem Bauherrn auf ein mitwirkendes Verschulden des planenden Architekten berufen. Der planende Architekt ist in dem Lager des Bauherrn einzuordnen, sodass dieser sich den Mitverschuldenseinwand {Mitverschuldenseinwand} entgegenhalten lassen muss.
Als örtlicher Bauüberwacher muss der Architekt die vor Ort tätigen Unternehmer und Handwerker überwachen und diese „im Griff haben“. Er muss dafür Sorge tragen, dass das Bauwerk frei von Mängeln und wie geplant durchgeführt wird. Er muss besonders aufmerksam sein bei solchen Gewerken, bei denen sich während der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben haben. Er muss geäußerten Bedenken nachgehen. Er muss daher regelmäßig vor Ort sein, um die Bauüberwachung in ausreichendem Maße zu erledigen. Er muss auch kontrollieren, ob seinen Anweisungen Folge geleistet wird. Wie oft er die Baustelle besuchen muss, kann nicht generell gesagt werden. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Das OLG Celle hat in diesem Zusammenhang allerdings entschieden, dass der bauleitende Architekt nicht dazu verpflichtet ist, sich für den Bauherrn ständig persönlich erreichbar zu halten. Die erforderlichen Abstimmungen können etwa auch durch E-Mail erfolgen. Es ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass sich die Aufsichtspflicht {Aufsichtspflicht} des Architekten auch auf Arbeiten bezieht, die der Bauherr eigenständig – in Abweichung von der Planung des Architekten – an Dritte vergeben hat.
Umfang der Überwachung
Nicht zu überwachen sind im Zweifel handwerkliche Selbstverständlichkeiten. Bei diesen darf der Architekt davon ausgehen, dass der Bauunternehmer diese beherrscht, insbesondere, wenn es sich um ein Fachunternehmen handelt. Bei diesen Tätigkeiten reicht es, wenn der Architekt entsprechende Stichproben macht. Das OLG Schleswig hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass handwerkliche Selbstverständlichkeiten anlassbezogen zu überprüfen sind, wenn der Unternehmer, beispielsweise aus grober Nachlässigkeit, ungeeignetes Material verwendet (OLG Schleswig, IBR 2011, 530). Anders ist dies selbstverständlich, wenn der Unternehmer unzuverlässig ist oder Sachkunde vermissen lässt.
Handwerkliche Selbstverständlichkeiten sind etwa Putzarbeiten, das Eindecken eines Daches mit Dachpappe, Säubern von Schleifstaub, Malerarbeiten, Aufbringen von Estrich, einfache Abdichtungsarbeiten etc.
In jedem Fall muss der Architekt die wichtigen Bauabschnitte persönlich oder durch einen erprobten Erfüllungsgehilfen unmittelbar überwachen und sich sofort nach der Ausführung von der Ordnungsgemäßheit der Arbeiten überzeugen.
Je höher die Qualitätsanforderungen an das Baumaterial und die Ausführungen sind, desto engmaschiger musste der Architekt überwachen.
Bei schwierigen, sog. gefahrträchtigen Arbeiten kommt dem bauleitenden Architekten eine erhöhte Überwachungspflicht {Überwachungspflicht} zu. Als schwierige bzw. gefährliche Arbeiten gelten u. a.:
• | Betonierarbeiten einschließlich der Bewehrungsarbeiten |
• | Ausschachtungsarbeiten |
• | Abbruch- und Unterfangungsarbeiten |
• | Isolierungs- und Abdichtungsarbeiten |
• | Dränagearbeiten |
• | Dachdeckerarbeiten |
• | Estricharbeiten etc |
Es handelt sich um Gewerke, bei denen es – das zeigt die Praxis – besonders häufig zu Mängeln und Problemen kommt.
Die Überwachungspflichten des Architekten beinhalten auch die Koordinationspflicht {Koordinationspflicht} hinsichtlich der Bauarbeiten. Er muss dafür Sorge tragen, dass die notwendigen Arbeiten richtig eingetaktet sind und dass es nicht zu Behinderungen der einzelnen Handwerker kommt.
Die Überwachungspflichten des Architekten dürfen jedoch auch nicht überspannt werden. Hat der Bauherr für einen konkreten fachspezifischen Bereich einen Sonderfachmann mit der Objektüberwachung beauftragt, scheidet eine Haftung des bauüberwachenden Architekten i. d. R. aus. Anders ist dies nur, wenn Mängel für ihn offensichtlich werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Überwachung der Arbeiten keine besonderen Kenntnisse erfordert.
Ist der bauüberwachende Architekt mit der Vollarchitektur beauftragt, hat er auch darauf hinzuwirken und zu prüfen, dass ein Sonderfachmann die fachtechnische Abnahme durchführt.
Führt der Bauherr Arbeiten in Eigenleistung aus, entbindet dies den Architekten nicht von der Überwachungspflicht. Er darf jedoch darauf vertrauen, dass der Bauherr die nötige Fachkenntnis zur Vornahme der Arbeiten hat (OLG Hamm, OLGR, 1996, 206).
Weil es immer wieder zu Missverständnissen kommt, muss noch auf Folgendes hingewiesen werden:
Oftmals wird die Ansicht vertreten, der Architekt schulde ein mangelfreies Gebäude. Dies ist jedoch falsch. Der Architekt schuldet eine mangelfreie Architektenleistung. Die Architektenleistung liegt – unterstellen wir, der Architekt sei lediglich mit der Bauüberwachung beauftragt – lediglich in der Bauüberwachung und den damit verbundenen Vertragspflichten. Dies dürften i. d. R. die Grundleistungen der Leistungsphase 8 nach der HOAI sein. Entdeckt der bauüberwachende Architekt also einen Mangel, so liegt seine Pflicht darin, den Mangel gegenüber dem Werkunternehmer anzuzeigen bzw. auch den Bauherrn darauf hinzuweisen. Es liegt dann am Bauherrn, tätig zu werden. Tut der Bauherr nichts, obgleich der Architekt ihn darauf hingewiesen hat, hat der Architekt seine Leistung mangelfrei erbracht. Entsprechend scheidet eine Haftung des Architekten aus.