SEX! #2 * Prall, scharf, geil und feucht

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So viel Zeit hatte ich dann aber doch nicht, denn bis zum dritten Stock ist es nicht weit. Schon kam er die Treppe hoch gesaust und sah aus wie an dem Tag, als wir uns neulich getroffen hatten. Etwas anderes hätte mich auch gewundert. Dazu trug er dieses Mal einen Kasten in der Hand, der durchaus ein Schweißgerät sein konnte. Aber damit kannte ich mich nicht aus, nahm es nur an.

Als er mich sah, sagte er nur: "Hallo!", und wenig später, als er vor mir stand: "Wo ist der Patient?"

"In der Küche!", meinte ich nur und ging voraus.

Hinter uns machte Manfred die Tür zu und ich hörte ihn hinter mir hergehen.

In der Küche angekommen zeigte ich ihm den Patient. Ich hatte den Tisch schon von der Wand weggezogen und man konnte die gebrochene Halterung sehr gut sehen.

"Oh ha!", meinte Manfred nur und schob sich an mir vorbei in Richtung Tisch.

Er kniete sich vor den Tisch und rüttelte an dem Metallholm. Danach schüttelte er den Kopf und drehte sich zu mir um.

"Einfach schweißen bringt nicht viel. Würde wahrscheinlich nicht lange halten. Sieht außerdem hässlich aus. Da müsste ein ganz neues Stück rein!"

"Was würde so etwas kosten?", fragte ich ihn.

"Im gut sortierten Baumarkt ein paar Euro. Ich würde allerdings empfehlen alle vier Holme auszutauschen sonst hast du drei gleiche und einen anderen, denn einen genau gleichen wirst du nicht bekommen. Sieht auch nicht sonderlich toll aus!"

"Und was würde das kosten?", kam meine erneute Frage.

Manfred verdrehte seine Augen. "Ein Paar Euro mal vier. Was denn sonst?"

"Das meinte ich nicht!", war meine Antwort und amüsierte mich ein wenig über die verdrehten Augen von Manfred. Es hatte irgendwie komisch ausgesehen.

"Ich meinte nicht die Materialkosten, sondern deine Arbeitskosten!"

"Wenn du es machen lässt, sicher ein paar hundert Euro bei den Stundenkosten, die angerechnet werden!"

Dann sackte er in sich zusammen, denn die nächste Antwort wollte er eigentlich gar nicht geben.

"Wenn ich es mache, dann kostet es ein paar Euro mal vier, plus zwei Cola!"

Ich musste grinsen, denn mit so etwas wie Witz, brachte ich Manfred nicht in Verbindung.

Er sah mir ins Gesicht und musste ebenfalls grinsen. Dabei bekam sein wirklich durchschnittliches Gesicht etwas Freundliches, Angenehmes, vielleicht sogar etwas von einem Lausbuben, sofern man das so sagen kann.

"Cola hätte ich hier, Zeit hätte ich auch!", meinte ich und Manfred sah so aus, als wenn er nichts anderes erwartet hätte.

Er zog einen kleinen Meterstab aus der Hosentasche und maß die Länge nach. Den Rest schien er nur zu schätzen.

"Lass es uns hinter uns bringen!", meinte er nur und ging schon Richtung Wohnungstür.

Ich folgte ihm, griff mir nur noch meine Jacke und folgte ihm.

Draußen stand sein großer Wagen. Ein Kombi aus amerikanischer Produktion. So ein Riesending, mit dem man auch einen Umzug hätte machen können

Drinnen war es mehr als bequem. Die Sitze sahen nicht so aus, als wenn sie Standardware waren, nur hatten sie die falsche Farbe. Ich hätte eine andere genommen. Doch das sagte ich ihm natürlich nicht, denn wie hieß es doch so schön: "Besser schlecht gefahren als gut gelaufen!", wobei schlecht gefahren hier nicht richtig war.

Wenig später waren wir beim Baumarkt. Es dauerte nicht lange und schon saßen wir mit vier neuen Holmen in dem Auto und fuhren zurück. Dabei hatte ich mich schon darauf vorbereitet etwas länger im Baumarkt zu verbringen. Jedenfalls war das zuvor immer so gewesen, wenn ich mit meinem jeweiligen Lebensabschnittsgefährten dort war. Dann mussten sie immer noch mehr schauen oder kaufen als veranschlagt. Anders bei Manfred. Respekt. Er ging zielstrebig auf das, zu was er wollte, und nahm keine Abzweigung bis zum Ziel. Gradlinig auf ganzer Ebene. Bemerkenswert.

Wieder bei mir angekommen wühlte er in seinem großen Kofferraum herum und entnahm diesem zwei weitere Werkzeugkisten, dann stapfte er hinter mir her in meine Wohnung. Dabei fragte ich mich insgeheim, warum ich überhaupt mitgekommen war. Meine Anwesenheit war überhaupt nicht nötig gewesen. Ich hatte nicht einmal bezahlen müssen, denn Manfred bezahlte, als wenn es sein eigener Einkauf gewesen wäre. Mir recht, auch wenn es wirklich nur wenige Euro gekostet hatte.

Wenig später standen wir wieder in der Küche, und ich half Manfred dabei die Tischplatte abzuheben und beiseite zu stellen. Dann setzte ich mich auf einen Stuhl und sah ihm dabei zu wie er sich über den Tisch und eine Cola, die ich ihm dazu gestellt hatte, her machte. Er nahm sie mit einem Lächeln an und vertiefte sich in seine Arbeit.

Zuerst sägte er die anderen drei Holme aus dem Gestell, und schon wenig später blitzte die Schweißdiode auf. Ich drehte meinen Kopf beiseite, um nicht in die Flamme hineinzusehen. Sollte ja nicht gut sein, hatte Manfred mir gesagt.

Nachdem das Gestell provisorisch zusammengeschweißt war, kam die endgültige Naht und schon nach zwei Stunden stand ein repariertes Gestell vor mir. Nichts deutete darauf hin, dass es nicht immer schon so ausgesehen hätte.

"Fertig!", meinte Manfred nur und sagte dann: "Noch die Platte drauf und fertig ist die Laube. Ging schneller als ich gedacht hatte!"

Leider ging es so schnell, dachte ich nur, denn ich hatte ihm wirklich gerne dabei zugesehen.

Wir legten zusammen die Tischplatte auf das Gestell, und ich war mehr als glücklich darüber, dass sich der Tisch wieder im alten Zustand befand.

"Bekomme ich jetzt meine zweite Cola? Die brauche ich nach getaner Arbeit immer. Ist eine Art Ritual. Geht nicht ohne!"

Ein seltsames Ritual, das musste man schon sagen. Vor allem, dass es Cola war. Auf der anderen Seite, warum nicht. Besser als eine Zigarette.

"Schöner Tisch übrigens. Habe so etwas noch nicht gesehen. Vielleicht baue ich mir etwas Ähnliches. Mal sehen. Eine Idee habe ich schon. Wird allerdings stabiler und aus einem anderen Material. Ich hatte eigentlich schon den Gedanken mir einen aus Karbon zu backen!"

Gut, dass ich nicht lachte, denn das mit dem Backen, war ernst gemeint. Das hatte ich letztens im Fernsehen gesehen, als es allerdings um irgendwelche Teile für einen Hubschrauber ging. Ich glaube es waren die Rotorblätter, die ebenfalls gebacken wurden.

"Aha, aus Karbon. Ist das nicht recht teuer?", fragte ich, denn ich hatte davon keine Ahnung.

"Ein paar Euro mal X und ein wenig Arbeit!", war seine Antwort.

Ich musste lachen während er über beide Ohren grinste. So saßen wir noch eine ganze Weile am Küchentisch. Er schlürfte langsam seine Cola in sich hinein. Dabei sah es nicht so aus, als wenn er sich sonderlich beeilte. Es schien ihm zumindest nicht unangenehm zu sein, mit mir zusammenzusitzen. Dann musste er los. Doch bevor er verschwand, fragte ich ihn nach seiner Rufnummer und Adresse, falls ich noch etwas zu reparieren hätte.

Seltsamerweise gab er sie mir, ohne mit der Wimper zu zucken. Dann ging er seiner Wege.

Als ich meine Tür zumachte, lehnte ich mich erst einmal dagegen und atmete tief durch. Klar war ich darüber froh, dass der Tisch repariert war, aber das war nur nebensächlich. Eigentlich nur Mittel zum Zweck gewesen. Viel mehr fragte ich mich, was ich an ihm so anziehend fand. Er entsprach überhaupt nicht meinem Beuteschema, wobei ich nicht einmal wusste, ob ich eines hatte. Die Männer, die ich bis zu diesem Zeitpunkt gehabt hatte, waren alle anders gewesen. Es gab bei mir keinen Typ Mann, den ich bevorzugte.

Gut, ein paar Dinge mussten schon vorhanden sein, aber mir waren zum Beispiel die Augen oder die Haarfarbe vollkommen egal. Auch das Alter spielte keine Rolle, soweit es nicht zu extrem wurde. Ich konnte mir nur vorstellen, dass mich die ruhige und bestimmte Art von Manfred faszinierte. Gerade dieses Gradlinige hatte ich bei vielen anderen vermisst, am meisten bei mir selber. Ich konnte jetzt etwas gut finden, aber schon zwei Stunden später nichts mehr damit zu tun haben wollen. So etwas konnte ich mir bei Manfred nicht vorstellen. Was er heute sagte, würde auch übermorgen, in einem Jahr oder bis zu seinem Lebensende gelten. Vielleicht war es ja gerade das, was mich anzog, sozusagen der Gegensatz zu mir.

Tage vergingen, in denen ich nichts von ihm hörte. Warum auch. Während dieser Zeit tigerte ich durch die Wohnung und sah mich immer um, ob es nicht irgendwo noch etwas zu reparieren gab. Das ging sogar so weit, dass ich ernsthaft darüber nachdachte, etwas mutwillig kaputtzumachen, damit es etwas gab, weswegen ich ihn anrufen konnte.

Bei der Gelegenheit fiel mir dann auf, wie wenig in einer Wohnung eigentlich aus Metall besteht oder besser gesagt, was man schweißen könnte. Eigentlich nichts. Ich konnte ja schlecht die Rohre aus der Wand reißen. Da wäre ich mir zudem nicht sicher gewesen, ob er das überhaupt repariert hätte. Wahrscheinlich hätte er mir geraten den Hausmeister anzurufen, um eine Fachfirma damit zu beauftragen. Ehrlich gesagt hätte er damit Recht gehabt.

Es fiel mir wirklich nichts mehr ein, was logisch erschienen wäre.

Dann kam mir noch etwas ganz anderes in den Sinn. Was war, wenn er vielleicht verheiratet war oder in einer festen Beziehung lebte. Das hätte ihn ja nicht davon abgehalten, den Tisch bei mir fertigzumachen. An einen Ring konnte ich mich nicht erinnern, aber das hatte keine Aussagekraft. Nicht jeder trug einen. Warum machte ich mir so viele Gedanken? Sie konnten wie eine Seifenblase zerplatzen.

Also sah ich zuerst im Telefonbuch nach ob dort vielleicht zwei Namen standen. Aber da war nichts, gar nichts. Kein Eintrag, so ein Mist. Dann kam ich auf eine ganz andere Idee. Am nächsten Tag fuhr ich zu seiner Adresse und sah auf das Klingelschild bzw. verschaffte mir Zutritt zu dem Mehrfamilienhaus, in dem er lebte, um mir die Briefkastenbeschriftung anzusehen.

 

Hier stand aber jeweils nur der Nachname dran. Wieder eine Sackgasse. Dabei hoffte ich nur, dass er nicht gerade am Fenster stand und mich sah. Dafür fuhr ich zwar im Dunkeln hin, aber man konnte ja nie wissen.

Was ich auch tat, ich bekam seinen Familienstand nicht heraus. Ich würde ihn direkt oder indirekt danach fragen müssen.

*

Am nächsten Tag hielt ich es dann nicht mehr aus. Ich nahm mit stark klopfendem Herzen den Hörer in die Hand und wählte seine Nummer. Mehr als einen Korb konnte ich nicht bekommen. Besser so um dann wissen, was los ist, als sich noch länger darüber den Kopf zu zerbrechen.

Ich wollte gerade wieder auflegen, als er den Hörer abnahm.

"Hallo?", sagte er ohne seinen Namen uns nennen.

Ein kleines Indiz darauf, dass er alleine war. Die meisten Menschen nennen ihren vollen Namen, wenn sie nicht alleine sind, um sich klar zu identifizieren.

"Hallo, Conny hier!", sagte ich und kam etwas ins Stocken, denn meine Kehle war auf einmal vollkommen trocken und wie zugeschnürt.

Dann kam aber mein einstudierter Satz, den ich mir sogar aufgeschrieben und neben das Telefon gelegt hatte. Wenn ich aufgeregt war, vergaß ich manchmal, was ich sagen wollte. Das war dann peinlich.

"Ich war gerade einkaufen. Als ich Getränke kaufte, habe ich an dich denken müssen. Dann habe ich zwei Flaschen Cola gekauft und mich gefragt, ob du nicht Lust hättest, einmal vorbei zu kommen, um mit mir zwei Gläser davon zu trinken!"

Am anderen Ende war ein leicht unterdrücktes Lachen zu hören.

Dann meinte Manfred: "Ich haben schon viel gehört, aber das noch nicht. Alleine aufgrund deines Einfalls kann ich gar nicht ablehnen. Wenn du die Flaschen bis zum Wochenende geschlossen hältst, kann ich am Samstag vorbei kommen. Sag gleich, wenn ich Werkzeug mitbringen muss!"

Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich meinte nur: "Samstag hört sich gut an. Ich kann ja neue Flaschen kaufen, wenn diese leer sind. Es wird genug da sein. Versprochen!

Werkzeug brauchst du nicht mitbringen. Es ist nichts kaputt gegangen. Zumindest bis jetzt nicht. Aber wenn du willst, kann ich das bewerkstelligen. Was darf es denn sein? Holz, Metall oder gar Stein?"

"Nee, lass mal. Das muss nicht sein!", sagte er und ich hörte wieder das freundliche aber unterdrückt klingende Lachen.

Es hörte sich so an, als wenn er nicht zu laut lachen wollte. Also war wohl jemand in seiner Nähe und bei dem Gedanken zog sich mir das Herz zusammen.

"OK, dann bis Samstag, ich denke mal 18 Uhr wäre nicht schlecht. Können uns dann mal länger unterhalten, wenn du magst?"

"Geht in Ordnung, Samstag 18 Uhr. Klingt gut. Bis dann!"

Damit legte er auf und mir wurde wieder bewusst, dass er ein Mann war. Telefonieren war eher dazu da, um Informationen auszutauschen. Ich kenne keinen Mann, der einfach nur so telefoniert. Egal, ich hatte erreicht was ich wollte und war irgendwie stolz auf mich.

Dann kam endlich der Samstag. Ich hatte ausgeschlafen, war dann über den ansässigen Markt geschlendert und hatte einige frische Lebensmittel eingekauft, die ich sowieso brauchte oder für den Abend benötigte. Ich wollte zumindest einige kleine Häppchen machen, damit es nicht nur bei der Cola bleiben musste. Allerdings hatte ich so mein Problem damit, was zu diesem süßen Getränk passen würde. Um ehrlich zu sein, fiel mir dazu nicht viel ein.

Auf der anderen Seite, er kam ja nicht zum Essen, von daher war es egal.

Eine Stunde vorher machte ich mich dann fertig. Wobei nicht die Wahl der Waffen das Problem war. Ich hatte eigentlich keinen wirklichen Schlachtplan für diesen Abend und wusste nicht, wie er enden sollte. Eigentlich seltsam für mich, denn normalerweise wusste ich genau, was ich von jemandem wollte und zog mich sodann auch dementsprechend an. Doch hier blieb ich lieber neutral. Von allem etwas, nicht zu viel, nicht zu wenig.

Ich ging einfach davon aus, dass Manfred auf nichts Überkandideltes stand. Sicher mochte er lieber schlichte Eleganz. Aufdonnern war nicht angesagt. Also blieben der knallige Lippenstift und die ebenso bunten Krallenlacke unbeachtet, sondern es kamen die gedeckten Farben auf Haut und Nägel. Noch ein dezentes Parfüm. Dazu einfache aber sehr gut sitzende Jeans mit Bluse und halbhohen Pumps. Na gut, die waren in einem recht satten Blau und hatten glänzende Stahlabsätze. Dies war aber der einzige Eyecatcher, den ich mir gönnte. Ob es in seinem Sinne war konnte ich nicht sagen. Kurz vor Sechs stand ich im Flur und besah mein Ergebnis im Spiegel der Garderobiere.

Es passte schon, war aber leider doch nicht so perfekt, wie ich es gerne gewollt hätte. Irgendwie fehlte noch etwas zur Vollständigkeit. Vielleicht war es doch zu brav gewählt. Also öffnete ich den oberen Knopf meiner Bluse und fand, dass es nun besser zu mir passte. Noch einmal von links, dann von rechts betrachtet, die Haare geformt und dann warten.

17:58:00 Uhr. Zwei Minuten noch. Wie lange können zwei Minuten sein. 120 Sekunden, eine Ewigkeit, wenn man auf etwas wartet.

17:59:50 Uhr. Zehn Sekunden noch. Mein Herz schlug schneller und kräftiger, während dessen ich den Countdown mitzählte.

10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1, Herzstillstand und dann?

Auf Null erfolgte das Klingeln. Beneidenswert, diese Pünktlichkeit. Wie machte er das nur. Ich hätte das niemals geschafft.

Jetzt war es an mir, noch zehn Sekunden zu warten. Sofortiges Öffnen ging gar nicht. Ich war schließlich nicht am Ertrinken.

Na gut, bis 10 schaffte ich es nicht. Nach fünf Sekunden fand mein Finger den Knopf des Türöffners.

Ich ließ die Tür offen stehen und ging in die Küche, um zu demonstrieren, wie normal es war, von ihm besucht zu werden.

Dann klopfte er an die Tür und ich ging in den Flur, da ich mich wunderte, dass er es tat.

"Bittest du mich herein oder soll ich hier vor deiner Tür stehen bleiben?"

Wow, ein Mann mit Manieren. Ein solches Exemplar sollte man eigentlich nicht vom Haken lassen, wobei er noch gar nicht an meinem zappelte. Ich hielt die Angel schließlich nur in der Hand, hatte sie aber noch nicht wirklich ausgeworfen.

Manfred sah aus wie beim letzten Mal. Was hatte ich auch erwartet? Allerdings hatte er dieses Mal keinen Werkzeugkoffer dabei, sondern hielt mir ein Geschenk entgegen, was mehr als verdächtig nach einer Flasche Wein aussah. Sehen konnte ich die Flasche allerdings nicht, denn um sie herum war ein relativ geschmackvolles Geschenkpapier gewickelt. Man konnte dabei sehen, dass es nicht professionell eingepackt worden war, denn es passte nicht wirklich. Also hatte Manfred es wohl selber gemacht. Aber immerhin, wieder ein Pluspunkt für ihn.

Wenig später saßen wir im Wohnzimmer und ich packte den Wein aus, wobei ich zugeben muss, dass ich zwar Wein trinke, aber davon keine Ahnung habe. Ob gut oder schlecht, ob teuer oder günstig ist mir einerlei. Hauptsache er schmeckt. Manfred erklärte mir zwar, was es für ein Wein war, aber das blieb mir nicht im Gedächtnis. Was dort allerdings verblieb, war die Tatsache, dass er dunkelrot, herzhaft und nicht zu sauer war, wobei ich natürlich den fachgerechten Ausdruck "trocken" hätte verwenden müssen.

Manfred saß in einem der beiden Sessel und ich auf dem Zweiersofa. Mehr passte in mein etwas klein geratenes Wohnzimmer nicht hinein, um nicht überladen zu wirken. Ich brauchte Luft und konnte es nicht ab, wenn alles so vollgestellt war.

Manfred sah sich zuerst einmal um und stand dann auf einmal wieder auf, denn er hatte mein Bücherregal entdeckt. Nicht sehr groß und eigentlich standen mehr Nippes-Sachen darin als Bücher, aber trotzdem stand er davor und betrachtete die Buchrücken. Somit hatte er sich einen Überblick über meine Literatur verschafft und setzte sich wieder hin.

"Interessant!", meinte er und begann dann das Gespräch.

Es war gut, dass er begann, denn in mir war eine Leere, die ich nicht kannte. Eigentlich hatte ich immer irgendwas zum Quatschen, aber bei Manfred fand ich keinen Anfang. Da war es schon ein Glücksfall für mich, dass er etwas gefunden hatte.

"Ich schaue mir immer, sofern möglich, die Bücher an, die jemand im Regal hat. Man erfährt dann vorab schon viel von dem Menschen. Besonders wenn er alleine lebt. Zumindest gehe ich davon aus, dass es bei dir so ist?"

Elegant gefragt, verbunden mit einem anderen Thema und frei heraus. Nicht schlecht. So einfach konnte das gehen. Eine Frage, die eigentlich schon eine Feststellung war.

"Wie kommst du darauf, dass ich alleine bin?", fragte ich noch einmal zur Absicherung.

"Die Bücher sind zum großen Teil aus deiner Jugend, nehme ich zumindest an, und sie sind sehr weiblich geprägt. Hanni und Nanni findet man selten in Regalen von Jungen. Die weiteren, neueren Bücher sind ebenfalls mehr oder weniger auf Frauen zugeschnitten. Die Romane, die dort stehen, sind von Autorinnen verfasst, die eher auf die Ansprüche von Frauen zielen. Liebe, Intrige, Herzschmerz. Genau das, was viele Frauen lieben. Von Männern doch eher selten gelesen. Ansonsten finde ich keine Literatur, die auf männliche Anwesenheit hindeutet!"

Analyse gelungen. War auch sicher nicht schwer. Musste ich mir merken, mir bei meinen Freunden als Erstes die Bücher anzusehen. Könnte viel helfen um in keine Fettnäpfchen zu treten, wie ich es so gerne tat.

"Allerdings habe ich gesehen, dass du auch drei bekannte historische Romane dort stehen hast. Stehen die dort nur als Lückenfüller oder hast du die wirklich gelesen?"

"Die habe ich wirklich gelesen. Tolle Bücher!"

Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass Manfred in diesem Thema vollkommen aufging. Hatte ich mir zuvor schon Sorgen gemacht, dass uns nach dem Thema Schule nichts mehr einfallen würde, hatte ich mich vollkommen getäuscht. Das Thema kam gar nicht auf den Tisch. Stattdessen schwelgten wir in den Erinnerungen an diese Bücher, die er selber auch gelesen hatte. Dazu lieferte er Hintergrundinformationen, von denen ich keine Ahnung hatte. Dabei machte er es nicht wie ein Lehrer, belehrt mich also nicht, sondern warf diese Infos oft wie eine Anekdote einfach mit ins Gespräch ein. Er konnte richtig lustig sein, und manches Mal hatte ich wirklich den Eindruck, dass er ein kleiner Entertainer war, denn oft veränderte er seine Stimme, stand sogar dabei auf und machte entsprechende Bewegungen vor.

Das hätte ich wirklich nicht vermutet und so zog sich der Abend sehr kurzweilig dahin. Was ich außerdem interessant fand, war die Tatsache, dass sein Blick immer wieder an meinen Schuhen hängen blieb. Schon als er in der Tür gestanden hatte, hatte er mich schnell von oben bis unten gemustert und seine Augen blieben länger nach unten gerichtet. Da ich mir nicht sicher war, ob es das war was ihn interessierte, schlug ich jetzt öfters abwechselnd meine Beine übereinander. Somit veränderte sich ständig die Position meiner Pumps. Sein Blick folgte, blieb dort öfter und länger hängen, als an allem anderen.

Ich musste innerlich grinsen, als ich mir jetzt sicher war. Zumindest hatte ich etwas gefunden, was ich verwenden konnte. Einen Mann der Schuhe liebte, gibt es wahrlich nicht so oft. Das könnte sich als nützlich erweisen, besonders dann, wenn wir einmal zusammen einkaufen gehen sollten.

Schade war nur, dass die Flasche Rotwein schon nach relativ kurzer Zeit aufgebraucht war.

"Hmm", sagte Manfred, "schon leer. Hätte ich nicht gedacht, dass es so schnell geht. Schmeckt heute aber auch wirklich hervorragend. Ich sollte noch eine davon holen!"

Da hatte ich allerdings etwas dagegen. Dafür wäre er zu lange weg gewesen und hätte die Stimmung kaputtgemacht.

Doch ich war angenehm überrascht, als es sagte: "Ich gehe mal eben zu meinem Wagen. Da ist noch was drin. Bin gleich wieder da!"

Schon stand er auf und ging aus der Wohnung. Fünf Minuten später kam er leicht außer Atem wieder im Wohnzimmer an und hielt einen Karton in den Händen.

"Von Wein kauft man immer mindestens sechs Flaschen. Ist übel, wenn man keine mehr hat, wenn es gerade schmeckt!"

Dabei grinste er über das ganze Gesicht und fischte eine weitere Flasche aus dem Behältnis. Mit einem satten Ploppen zog er den Korken aus der Flasche und schon war wieder etwas von dem blutroten Saft der Trauben in unseren Gläsern.

Schnell fanden wir zu unserem Gesprächsthema zurück und redeten weiter. Mit Manfred war es kein Quatschen wie sonst mit anderen, sondern wirklich reden. Man unterhielt sich über Dinge, die eher selten auf den Tisch kamen und gerade das machte mit ihm unheimlichen Spaß. Man konnte mit ihm über Gott und die Welt diskutieren, ohne den Eindruck zu gewinnen, dass er ein Klugscheißer war. Eben kein Lehrer.

 

Irgendwann stand ich auf, denn ich musste mal. Dabei achtete ich genau darauf, wie er auf mich reagierte. Sein Blick wanderte an mir entlang, und als ich am Tisch vorbei ging und meine Pumps wieder zu sehen waren wanderte sein Blick sofort darauf. Dabei konnte ich mir noch so viel Mühe geben und mit den Hüften wackeln. Das nahm er, wenn überhaupt, nur nebensächlich wahr.

Im Bad sagte ich zu meinem Gesicht im Spiegel über dem Waschbecken: "Läuft gut!", und mein Spiegelbild warf mir ein breites Grinsen zurück. Dann ging ich beschwingt vom Alkohol und der Stimmung in das Wohnzimmer zurück.

Sekunden später waren wir wieder ins Gespräch vertieft. Das ging bis zum späten Abend und insgesamt zweieinhalb Flaschen Wein weiter.

Beide hatten wir nun leicht einen hängen und wir wurden lockerer, besonders was die Themen anging. Wobei locker wohl eher das falsche Wort war. Übermütig würde ich eher sagen. Irgendwann, ich weiß gar nicht mehr, wie Manfred darauf kam, erzählte er eine Anekdote von Casanova, da es gerade zum Thema passte.

Es ging um eine anrüchige Sache aus seinem Leben, als er einer jungen Frau verfiel, die ihn aber laufend ausnahm, ohne dass er bekam, was er wollte. Sie erfand immer wieder Ausreden und er merkte es in seinem Liebeswahn nicht. Diese Geschichte spielte mir in die Karten.

Eine wirklich gute Überleitung zum Hier und Jetzt. Wenn ich es jetzt geschickt anstellte, bekam ich mehr über ihn heraus, obwohl das gar nicht mehr so einfach war, denn der Alkohol beeinflusste verstärkt das Vermögen, vernünftig zu denken.

"Was sagt eigentlich deine Partnerin dazu, wenn du hier herkommst, dir einen antrinkst und mit mir den Abend verbringst?", fragte ich und biss mir danach auf die Lippen, denn viel plumper hätte ich es nicht fragen können.

Er sah mich einen Moment nachdenklich an und ich wusste sofort, dass er meine Frage sofort durchschaut hatte. War ja auch nicht schwer zu erraten.

"Da es dich anscheinend interessiert, kann ich dir meine Lebensgeschichte in wenigen Worten erzählen. Dies dürfte dann deine Frage und die weiteren beantworten.

Es gibt keine Partnerin in meinem Leben, denn es ist nicht einfach, mit einem Menschen wie mir zusammen zu sein. Die meisten Menschen verstehen meine Art nicht und wollen mich immer ändern, aber das klappt nicht. Entweder nimmt man mich so wie ich bin oder gar nicht. Daher habe ich nur selten eine Partnerin. Die meisten verlassen mich sehr schnell wieder. Somit war ich die meiste Zeit meines Lebens alleine. Aber das macht mir nichts aus, denn ich bin genauso gerne alleine wie in Gesellschaft mit jemandem.

Mein größter Fehler ist, dass ich zu ehrlich bin und sage, was ich denke. Lügen ist mir zuwider und die meisten Menschen können es nicht ab, wenn ich die Wahrheit sage. Sie wollen belogen werden. Aber ohne mich. Entweder ich darf sagen was ich denke, oder wir gehen getrennte Wege. Da bin ich konsequent.

Ansonsten gibt es nicht viel aus meinem Leben, was du noch nicht kennst. Ich bin ein Nerd, ein Eigenbrötler. Mehr muss man über mich eigentlich nicht wissen, denn es gibt nicht mehr! Das weißt du doch noch aus der Schule. Während ihr zusammengestanden habt und euch amüsiertet, war ich immer abseits. Dabei muss man allerdings sagen, dass es nicht an euch lag, sondern an mir selbst. Ich hatte andere Interessen, obwohl ich es manchmal bedauert habe, denn so kam ich niemals in den Genuss von den Erlebnissen, die man normalerweise in der Jugend macht.

Aber im Nachhinein war das in Ordnung. Wir hatten halt nichts miteinander. Während ihr das getan habt, was man so macht, wenn man jung ist, verfolgte ich meine Interessen. Zumeist saß ich im Keller und habe irgendwas konstruiert und zusammengebaut. Das ist meine Stärke, mit zwischenmenschlichen Beziehungen hatte ich es nicht so. Brauchte ich auch nicht.

Vor ein paar Tagen tauchst du dann an meinem Tisch auf und hast irgendein Interesse an mir, was ich nicht wirklich verstehe. Verstehe mich nicht falsch, ich bin gerne hier und unterhalte mich sehr gut, trotzdem will es nicht in meinen Kopf hinein. Was hat sich seit der Schule verändert? Ich zumindest bin noch derselbe, wenn auch ein paar Jahre älter!"

Einen kleinen Moment hingen seine letzten Worte noch wie ein Echo in meinen Ohren und ich wusste nicht sofort, was ich darauf antworten sollte. Alkoholgeschwängert arbeitete mein Gehirn nicht mehr so schnell und es bedeutete eine wirkliche Anstrengung, eine vernünftige Antwort zu formulieren.

"Es ist schwer zu sagen!", begann ich. "Viel Zeit ist vergangen und ich sehe heute Vieles etwas anders als damals. Man entwickelt sich und ich habe mich einfach gefragt, was für ein Mensch in Dir steckt. Du hast vollkommen Recht wenn du sagst, dass wir dich damals nicht beachtet haben. Du warst zu unscheinbar und hast in deiner Welt gelebt. Wenig bis gar nicht reizvoll für eine junge Frau. Vielleicht wäre mir damals schon etwas an dir aufgefallen, wenn ich mich mit dir unterhalten hätte, aber da wir das nicht getan haben, konnte mir ja nichts auffallen. Am Kaffeetisch war das anders. Irgendwas in mir ist angesprungen und hat sich die Frage gestellt, wer du eigentlich bist. Ganz ehrlich gesagt weiß ich auch nicht warum!"

Wieder schwiegen wir uns eine Weile an. Eigentlich hatte ich schon damit gerechnet, dass Manfred aufstehen und sich verabschieden würde. Doch das war nicht so. Im Gegenteil. Es passierte etwas, was ich niemals vermutet hätte.

Manfred sah mich einen Moment an und fing dann schallend an zu lachen. Es war so ansteckend, dass ich mich kaum noch zurückhalten konnte, denn dieses Lachen war so ehrlich, wie es nur sein konnte. Dann hörte er langsam damit auf und sah mich belustigt an.

"Weißt du, was ich lustig finde?", fragte er, wobei ich mir sicher war, dass er keine Antwort von mir darauf erwartete, sondern nur eine kleine Kunstpause einlegte, "hier sitzen zwei sich eigentlich vollkommen unbekannte, fremde, erwachsene Menschen gegenüber, die sich in keiner Weise ähneln. Wir sind uns gegenseitig zu nichts verpflichtet und könnten uns an den Kopf werfen, was wir wollten und trotzdem tun wir das nicht. Warum eigentlich? Was willst du wirklich wissen?"

Ich wusste ehrlich gesagt nicht, worauf er hinaus wollte, ahnte es aber in meinem Innersten.

Darum probierte ich es einfach aus. Leise, aber mit einem leichten Nachdruck.

"Magst du Schuhe?"

Wenn er schon direkte Fragen wollte, dann sollte er die auch bekommen. Dabei amüsierte ich mich jetzt über seinen Gesichtsausdruck, denn der war wirklich interessant, wenn man es so nennen kann. Er sah mich an und erstarrte sozusagen in der Bewegung.

Dann meinte er nur: "Sieht man mir das so deutlich an?", und peilte mir weiterhin in die Augen.

Ich nickte nur und hob langsam eines meiner Beine. Im Licht der Kerze, die inzwischen auf dem Tisch brannte, blitzten die Stahlabsätze einmal kurz auf, dann begann ich meinen Fuß kreisen zu lassen, als wenn ich sie mir im Laden anschaute.

Manfreds Augen fixierten sie und ich meinte, ein Aufleuchten zu erkennen. Ein leises "Mmmhh", das fast, wie ein Brummen klang, kam aus seinem Brustkorb, ohne dass er seinen Mund öffnete.

"Ein toller Schuh, an einer fantastischen Frau ist etwas, was man selten zu sehen bekommt. Eine Kombination, die Träume in mir weckt!"

Diese Worte waren wohl eher ausgesprochene Gedanken, als sie wirklich gesagt werden sollten. Man konnte richtig sehen, wie Manfred zusammenzuckte, als er merkte, dass er sie laut ausgesprochen hatte.