Ronja und der Weihnachtsmann

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Ronja und der Weihnachtsmann
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Eva Markert

Ronja und der Weihnachtsmann

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Besuch in der Nacht

Mamas Wunsch

Papas Wunsch

Omas Wunsch

Der doofe, gemeine Weihnachtsmann

Wieder am Punkt null

Eine hoffnungslose Sache

Der übel gelaunte Weihnachtsmann

Anderthalb Ideen

Ein guter Trick und noch eine halbe Idee

Heiligmorgen, Heiligmittag und Heilignachmittag

Heiligabend

Ronjas schönstes Geschenk

Abschied

Weitere Weihnachtserzählungen von Eva Markert:

Impressum neobooks

Besuch in der Nacht

Mitten in der Nacht wachte Ronja auf. Irgendetwas hatte sie geweckt.

Von draußen fiel schwaches Licht ins Zimmer. Die Gardine bauschte sich und ein eiskalter Luftzug wehte zu ihr herüber. Merkwürdig! Mama hatte doch am Abend das Fenster zugemacht!

Ronja rieb sich die Augen und bekam auf einmal einen Riesenschreck. Neben ihrem Bett ragte eine große Gestalt auf. Am liebsten hätte sie nach ihren Eltern gerufen, aber sie traute sich nicht.

„Ronja?“, hörte sie eine leise Stimme.

Die dunkle Gestalt kannte ihren Namen!

„Ronja, wach auf!“

„Ich bin wach“, krächzte sie.

„Mach Licht.“

Ronja knipste die Nachttischlampe an. Erst blendete sie das grelle Licht, doch dann riss sie die Augen vor Erstaunen weit auf. Da stand ein Mann mit weißen Haaren und einem weißen Wallebart. Er trug eine rote Mütze und einen roten Mantel mit weißem Pelzbesatz.

„Wer bist du?“, flüsterte sie.

„Erkennst du mich etwa nicht?“

„Du siehst aus wie der Weihnachtsmann. Aber ...“ Ronja zögerte.

„Ja?“

„Den Weihnachtsmann gibt es nicht.“

Der nächtliche Besucher lachte leise. „Bisher habe ich immer angenommen, dass es mich geben würde.“

„Ich glaube aber nicht mehr an den Weihnachtsmann.“

„Und wieso nicht?“

„Weil Maike mir verraten hat, dass es ihn nicht gibt.“

„Wer ist Maike?“

„Meine Cousine. Die ist schon zehn.“

„Ach so“, erwiderte der Mann. „Na ja. Eigentlich ist es auch völlig schnurz, ob du an mich glaubst oder nicht. Hauptsache, du tust so.“

„Du meinst, ich soll so tun, als ob du wirklich der Weihnachtsmann wärst?“

„Genau. Kannst du das?“

Ronja überlegte. „Okay“, sagte sie schließlich.

„Ausgezeichnet!“, rief der Weihnachtsmann erfreut. „Ich brauche nämlich deine Hilfe.“

„Meine?“

„Ja, deine.“

„Wobei?“

„Dumme Frage! Bei den Geschenken, natürlich.“

Ronja war völlig verwirrt. Früher, als sie noch an den Weihnachtsmann glaubte, hatte man ihr erzählt, dass die Erwachsenen ihm halfen und in seinem Auftrag Geschenke besorgten. Aber von Kindern, die das taten, hatte sie noch nie gehört. „Ich ... ich glaube, … ich kann das nicht“, stammelte sie.

„Und warum nicht, wenn ich fragen darf?“

„Weil … Ich hab so was noch nie gemacht.“

„Du hast doch sicher schon mal jemandem was geschenkt, oder?“

„Ja, klar, aber …“

„Na siehst du. Pass auf, ich erkläre dir, was du tun sollst.“ Ächzend zog sich der Weihnachtsmann einen Stuhl heran. „Du ahnst nicht, wie erledigt ich bin! In den letzten Tagen habe ich viel zu wenig Schlaf bekommen.“

„Komisch“, entgegnete Ronja. „Ich dachte, dass der Weihnachtsmann, wenn es ihn geben würde, nie schläft.“

„Unsinn. Natürlich werde auch ich müde.“ Er seufzte. „Und dann, ausgerechnet in der Weihnachtszeit, wo ich Berge von Arbeit habe und dauernd zwischen dem Südpol und den Häusern der Menschen hin- und herfahren muss ...“

„Moment mal“, unterbrach ihn Ronja. „Wieso Südpol? Ich weiß genau, dass der Weihnachtsmann, wenn es ihn geben würde, am Nordpol wohnt!“

„Verflixt und zugenäht!“, schnaubte der Weihnachtsmann. „Wer hat bloß diesen Hirselquatsch aufgebracht? Seit Jahr und Tag und Ewigkeit wohne ich am Südpol. Geht das denn nicht in eure Köpfe rein?“

„Mir ist es eigentlich egal, ob du am Nord- oder Südpol wohnst“, sagte Ronja. „Für mich macht das keinen Unterschied.“

„Für mich schon. Vor allem der Weg dorthin ist ein ganz anderer. Aber mir ist es egal, dass es dir egal ist, ob ich am Nord- oder Südpol wohne. Hauptsache, du hilfst mir.“ Er holte tief Luft. „Ausgerechnet in der Weihnachtszeit“, wiederholte er, „muss mir so was passieren!“ Dabei schüttelte er den Kopf, als könnte er es nicht fassen.

Ronja wartete gespannt, dass er weiterredete.

„Mein Lastwagen“, fuhr der Weihnachtsmann fort, „der, mit dem ich die Geschenke vom Südpol zu den Leuten transportiere, ist kaputt. Neulich, auf dem Weg zurück zum Südpol, blieb die Karre plötzlich am Straßenrand in einer Schneewehe stecken und sagte keinen Pieps mehr. Ich hab den Pannendienst gerufen und die haben ihn abgeschleppt.“

„Oh je“, sagte Ronja mitfühlend. „Und wo ist der Wagen jetzt?“

„Auf dem Schrottplatz.“ Tieftraurig starrte der Weihnachtsmann vor sich hin.

Ronja wurde unruhig. „Und nun?“, fragte sie. „Wie kriegst du die Geschenke vom Nord…, ich meine, vom Südpol zu den Leuten?“

„Genau da liegt das Problem.“ Der Weihnachtsmann schaute sie besorgt an. „Wie ich die vielen Sachen bis Weihnachten auf dem alten Schlitten befördern soll, weiß ich auch nicht. Keine Ahnung, wie ich das früher immer geschafft habe, als ich noch keinen Lastwagen hatte.“

„Bist du mit diesem Schlitten hierhergekommen?“

„Ja.“ Der Weihnachtsmann schüttelte sich. „Hu, ist das kalt auf dem Ding! Ich habe mir natürlich sofort eine scheußliche Erkältung geholt.“ Er wühlte in seiner Manteltasche, zog ein riesiges Taschentuch heraus und putzte sich ausgiebig die Nase. Dann räusperte er sich und setzte hinzu: „Du verstehst jetzt, warum ich deine Hilfe brauche.“

Ronja stutzte. „Ehrlich gesagt, nicht so ganz. Ich kann dir keinen Lastwagen leihen, falls du das meinst.“

„Nein, das habe ich ganz bestimmt nicht gemeint! Hör zu: Ich erkläre dir, wie du mir helfen kannst. Aber tu mir bitte einen Gefallen und unterbrich mich nicht dauernd. Schaffst du das?“

Ronja nickte.

„Also: Ich habe viel Zeit verloren, weil der Schlitten so langsam ist und viel kleiner als der Lastwagen. Bald ist Weihnachten ...“

„Nur noch sieben Tage!“, wollte Ronja dazwischenrufen, doch unter dem warnenden Blick des Weihnachtsmannes klappte sie den Mund schnell wieder zu.

„ ... und ich habe noch längst nicht alle Geschenke ausgeliefert“, fuhr er fort. „Aber was das Schlimmste ist: Das Theater mit dem Lastwagen und dem Schlitten setzt mir so zu, dass mir rein gar nichts einfällt. Ich bin wie vernagelt. Zum Beispiel habe ich nicht den blassesten Schimmer, was ich deiner Oma, deinem Vater und deiner Mutter unter den Tannenbaum legen soll.“

„Ich hab schon was“, erzählte Ronja. „Für Oma ein Bild, das ich gemalt habe, für Mama zwei selbstgehäkelte Topflappen, und für Papa eine mit Buntpapier beklebte Dose.“

„Ja, ja, sehr schön“, fiel ihr der Weihnachtsmann ungeduldig ins Wort, „aber das nützt mir nichts.“

Ronja überlegte. „Ich glaube, ich habe eine Idee“, sagte sie schließlich. „Ich gebe dir die Geschenke und male ein neues Bild für Oma, häkele noch zwei Topflappen für Mama und beklebe eine andere Dose für Papa.“

„Was sollen sie mit zwei Bildern, vier Topflappen und zwei Dosen? Nein, das hilft mir nicht weiter.“

„Was würde dir denn weiterhelfen?“

„Das sagte ich doch eben. Du sollst herausfinden, was sie sich wünschen. Für solche Detektivarbeit habe ich nämlich keine Zeit mehr. Und keine Nerven.“

„Wie soll ich das anstellen?“

„Horch sie halt ein bisschen aus.“

„Aber wie?“

„Du meine Güte!“, stöhnte der Weihnachtsmann. „Das ist doch nicht so schwer! Frag sie einfach ganz unauffällig, was für Weihnachtsgeschenke sie gern hätten.“

„Okay“, stimmte Ronja zu, „das kann ich tun. Und dann?“

„Morgen Nacht komme ich wieder und du erzählst mir, was sie geantwortet haben.“ Der Weihnachtsmann rappelte sich hoch. „Nun muss ich aber schnellstens los. Zurück zum Südpol.“

Ronja begleitete ihn zum Fenster. Im Garten stand ein weißer Schlitten mit goldenen Schellen und Verzierungen. Acht Rentiere waren davorgespannt. Atemwölkchen dampften aus ihren Nüstern. „Ooooh!“, rief sie beeindruckt. „Mit so einem tollen Schlitten möchte ich auch mal fahren!“

 

„Ich könnte gut und gern darauf verzichten.“ Der Weihnachtsmann nieste. „Mir graust vor der eisigen Rückfahrt.“

Ronja fiel etwas ein. „Hast du schon ein Geschenk für mich?“, rief sie.

Der Weihnachtsmann grinste. „Das verrate ich nicht.“

Schnaufend kletterte er aus dem Fenster, hüllte sich in eine riesige, rotschwarz karierte Decke ein und ließ sich auf dem Kutschbock nieder. Er winkte Ronja noch einmal zu, knallte mit der Peitsche, und im nächsten Augenblick war der Schlitten verschwunden. Wohin, das konnte Ronja nicht sagen. Es kam ihr so vor, als wäre er geradewegs in den Himmel hinaufgefahren.

Schnell huschte sie zurück in ihr gemütliches, warmes Bett. „Ob der Weihnachtsmann Papa und Mama gefragt hat, was er mir schenken soll?“, überlegte sie. „Oder ob er … ob er …“ Sie gähnte und schlief ein.

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