Wasserstoff und Brennstoffzellen

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2.2.4 MOBILITÄT: VERKEHRSWENDE KOMMT IN SICHT

Noch fataler als bei der Wärmewende sah es lange Zeit bei der sogenannten Verkehrswende aus. Über Jahre stiegen die Emissionen, anstatt zu sinken. Seit 1995 sind zwar sowohl Pkw als auch Lkw deutlich effizienter und sauberer geworden. Pro Kilometer stößt ein Personenwagen heute im Schnitt 9 Prozent weniger CO2 aus als damals; ein Lkw sogar 33 Prozent weniger. Das liegt an Verbesserungen bei Motoren, der Abgasreinigung und, was die Schadstoffe betrifft, auch an saubereren Kraftstoffen.

Gleichzeitig hat der Verkehr seit den 1990er Jahren aber stark zugenommen – von 1995 bis 2018 um 14 Prozent bei Pkw (3,7 Prozent mehr CO2-Emissionen) und um 22 Prozent im Straßengüterverkehr. Bei den CO2-Emissionen hat das Mehr an Verkehr die Effizienzsteigerungen mehr als aufgefressen. Der Verkehrssektor hat bisher also bisher nur im negativen Sinne zum Klimaziel beigetragen.

Eine Wende bei den Zahlen gibt es noch nicht, doch es zeichnet sich Hoffnung ab: In vielen Großstädten wird das Fahrrad als Verkehrsmittel beliebter. Immer weniger Haushalte in Berlin und Hamburg besitzen ein Auto. Viele junge Menschen machen keinen Führerschein mehr. Jahrzehntelang galt das Auto als Statussymbol und wichtiger Aspekt für die Stadtplanung. Heute werden Orte als attraktiv empfunden, in denen man kein Auto benötigt, sondern alles Wichtige zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen kann. Für diejenigen, die ab und zu ein Auto brauchen, stehen in Ballungsräumen immer mehr und bessere Carsharing-Angebote bereit. Im ländlichen Raum dagegen gestaltet sich die Verkehrswende bisher schwieriger: Wo die Wege weit und Busse selten sind, steht das Auto weiterhin für Unabhängigkeit.

Auch bei der Mobilitätswende müssen mehrere Stränge zugleich verfolgt werden. Die Corona-Pandemie hat hier besonders eindrücklich die Frage aufgeworfen, wie viel Verkehr notwendig ist. Mehr Digitalisierung – in Form von Homeoffice und Videokonferenzen – kann Arbeitswege reduzieren und somit nicht nur Emissionen, sondern auch Zeit sparen. Auch beim Urlaub entdeckt man die nähere Umgebung wieder neu. Beim Konsumverhalten geht heute vielen Menschen „regional“ vor „exotisch“.

Wo motorisierter Verkehr notwendig ist, sollte dieser so weit wie möglich auf Schienen und Schiffen erfolgen, denn diese sind per se effizienter. Doch es wird bei aller Reduktion und Verlagerung nötig sein, auch die Antriebstechnik grundsätzlich zu ändern. Dementsprechend erlebt die Elektromobilität gerade einen Boom. E-Bikes erhöhen die Reichweite des Radverkehrs, und auch E-Autos werden mit steigender Batteriekapazität immer beliebter. Vor allem für Transporte über weite Wege und mit großen Lasten wird die Elektromobilität aber noch eine Weile an ihre Grenzen stoßen. Bei Lastwagen, Bussen, Schiffen und Flugzeugen gilt daher vor allem Wasserstoff als aussichtsreicher Kandidat für eine klimaneutrale Mobilität.

2.2.5 SEKTORENKOPPLUNG: ALLE ZUSAMMEN STATT JEDER FÜR SICH

Bisher gab es zwischen den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität nur wenige Schnittmengen. Zwar gibt es einige elektrische Heizungen (Nachtspeicher, Wärmepumpe), und teilweise wird auch Abwärme aus der Stromerzeugung zum Heizen genutzt. Doch im Grunde wurde jeder Sektor für sich gedacht. Bislang gab es kein stimmiges Gesamtsystem. Im Zuge der Energiewende wird jetzt die sogenannte Sektorenkopplung zu einer Schlüsselfrage. Hierbei geht es um eine sinnvolle Verknüpfung und Ergänzung der Energiesektoren mit dem Ziel, jederzeit genügend Energie in allen Sektoren bereitzustellen und zugleich die Gesamteffizienz zu optimieren.

Manchmal ist von einer „All Electric World“ die Rede, also von einer Welt, deren gesamte Energieversorgung in allen Sektoren vornehmlich auf elektrischer Energie, die aus erneuerbaren Quellen stammt, basiert. Die Logik ist zunächst einleuchtend: Natürlich ist es am effizientesten, Strom direkt zu nutzen. Akkumulatoren sind sehr effiziente Stromspeicher und Elektromotoren ähnlich effiziente Energiewandler. Aber nicht überall ist eine direkte Nutzung der elektrischen Energie realisierbar, weshalb auch andere Energiespeicher erforderlich sind – wie zum Beispiel Wasserstoff oder daraus erzeugtes Methan (Power to Gas). Sie ermöglichen eine Pufferung, um zeitlich und räumlich versetzt den zuvor und andernorts erzeugten Ökostrom auch in anderen Sektoren einsetzen zu können. Für die Speicherung und den Transport dieser mit Ökostrom hergestellten Gase im großen Stil kann das Gasnetz eine wesentliche Rolle spielen.

Die Energiebereiche Wärme und Mobilität sollen vor allem dann bedient werden, wenn der Strom in großen Mengen verfügbar ist. Dann können die Akkus der Elektroautos geladen, Wärmespeicher für die Heizungen gefüllt – und eben auch Wasserstoff per Elektrolyse produziert werden.

Die Sektorenkopplung ist im Grundsatz simpel, in der Ausgestaltung jedoch komplex. Die Rechnung muss schließlich nicht nur in der Jahressumme aufgehen, sondern in jedem einzelnen Moment. Hier helfen moderne Simulationstools und Reallabore, unterschiedliche Szenarien genauer zu untersuchen. Die bisherigen Regeln, Steuern und die weitere Preisgestaltung der alten Energiewelt wurden allerdings nicht für die Interaktion der Sektoren entworfen. Fachleute sind sich daher einig, dass sie geändert werden müssen. Doch mit neuen Regeln wird gewissermaßen der gesamte Kuchen der Energiewirtschaft neu verteilt – entsprechend umkämpft ist diese Thematik. Klar ist jedoch: Nur mit einer gelungenen Sektorenkopplung wird auch die Energiewende gelingen.

2.3 GRENZEN DER HEUTIGEN ENERGIEVERSORGUNG
2.3.1 TREIBHAUSGASE UND KLIMAWANDEL

Verbrennt man kohlenstoffhaltige Energieträger, entsteht Kohlendioxid (CO2). Kohlendioxid ist der wesentliche Treiber der menschengemachten, globalen Erwärmung (= Klimawandel), die mit dem Beginn der Industrialisierung einsetzte. Bereits in den 1930er Jahren beobachtete Guy Stewart Callendar einen CO2-Anstieg in der Atmosphäre und einen damit einhergehenden Temperaturanstieg. Er erstellte auch erste Klimaprognosen, die seither immer mehr verfeinert wurden.

Kohlendioxid (chemisch korrekt: Kohlenstoffdioxid) ist ungiftig und ein natürlicher Bestandteil der Erdatmosphäre. Das „natürliche“ Kohlendioxid ist Teil eines Kreisprozesses: Bei der Photosynthese wird es von Pflanzen mithilfe der Sonnenenergie und Wasser in energiereichere Kohlenhydrate überführt. Dabei wird Sauerstoff freigesetzt, den wiederum Menschen und Tiere zum Leben und Überleben benötigen. Auch die Kohlenhydrate und die daraus gebildete andere Biomasse werden von Mensch und Tier als Nahrung aufgenommen. Sie werden entweder in den Körper eingebaut (zum Beispiel als Fettreserven oder Muskelmasse) oder „verbrannt“, also zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut, um ihre Energie zu nutzen. Danach wird das CO2 über die Atmung wieder abgegeben.

Gutes Treibhaus, schlechtes Treibhaus Doch was macht dieses CO2 nun mit dem Klima? Die Erdatmosphäre ist weitestgehend durchlässig für sichtbares Sonnenlicht. Die Rückstrahlung langwelliger Infrarotstrahlung von der Erde ins Weltall wird hingegen von einigen in der Atmosphäre vorhandenen Substanzen teilweise verhindert. Damit verhält sich die Atmosphäre ähnlich wie das Glasdach eines Treibhauses. Deshalb spricht man vom Treibhauseffekt.

CO2 ist weder das einzige noch das stärkste Treibhausgas. Der Treibhauseffekt wird zu zwei Dritteln von Wasserdampf in höheren Luftschichten, zu einem Viertel von Kohlendioxid (vor allem aus den natürlichen Prozessen) und zu zwei Prozent von Methan hervorgerufen. Das übrige Zehntel verteilt sich auf verschiedene andere Gase. Der Treibhauseffekt hebt die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche um 33 °C an. Ohne dieses Phänomen läge die weltweite Durchschnittstemperatur somit bei –18 °C und nicht bei +15 °C. Wir können also froh sein, dass es den natürlichen Treibhauseffekt gibt.

Das Problem besteht jedoch darin, dass Menschen seit rund 150 Jahren zusätzlich CO2, das vor Jahrmillionen gebunden wurde, freisetzen. So ist die globale Durchschnittstemperatur seit der Zeit vor der Industrialisierung um gut ein Grad gestiegen. Dies macht sich bereits seit langem bemerkbar: Die Häufung von Dürren, Starkregen, Waldbränden und Hitzerekorden in den letzten Jahren ist wissenschaftlich nur nachvollziehbar, wenn man den Klimawandel mit einbezieht.

Recht neu in der öffentlichen Diskussion sind sich selbst verstärkende Effekte (positive Rückkopplungen), die schlimmstenfalls zu sogenannten Kipppunkten in der Klimadynamik führen könnten: Brennen beispielsweise durch die Trockenheit mehr Wälder und Moore, setzen sie zusätzliches CO2 frei. Die dadurch entstandenen schwarzen Flächen erhitzen sich stärker als die zuvor grünen Gebiete, wodurch es noch trockener und wärmer wird als vorher. Auch wenn Eis schmilzt, verwandeln sich helle Flächen in dunkle und verstärken die Erwärmung. Höhere Temperaturen führen auch zum Auftauen der Permafrostböden, aus denen dann das Klimagas Methan in die Atmosphäre aufsteigt und die Erde noch weiter aufheizt.

In den letzten Jahren wurden solche Phänomene vermehrt beobachtet. Wissenschaftler befürchten daher, dass diese Dynamik schon in wenigen Jahren nicht mehr aufzuhalten ist. So können sich auch prägende Klimaphänomene verändern: Indem das Eis vor Grönland schmilzt, gelangt dort immer mehr Süßwasser ins Meer. Das sorgt bereits jetzt dafür, dass der Golfstrom, der angenehm warme Luft nach Mitteleuropa befördert, langsamer geworden ist.

 

ABB. 3: Die vom Wissenschaftler Ed Hawkins erfundenen „Warming Stripes“ verdeutlichen die Temperaturentwicklung von kühlen (blau) zu warmen (rot) Jahren. Grundlagen dieser Grafik sind die Daten des Deutschen Wetterdienstes für Berlin/Brandenburg von 1881 bis 2019.


Quelle: showyourstripes.info

Sogenannte „Klimaskeptiker“ halten dagegen, das Klima habe sich in der Erdgeschichte schon häufig geändert. Das ist durchaus richtig. Doch praktisch die gesamte Historie der menschlichen Zivilisation hat sich in den letzten 10.000 Jahren abgespielt, einem Zeitraum mit erdgeschichtlich ungewöhnlich stabilen Klimaverhältnissen. Deshalb ist ein Kippen des Klimas für die Menschen schlicht nicht vorstellbar. Schnelle Klimaumschwünge haben in der Erdgeschichte bereits mehrfach zum massenhaften Aussterben von Arten geführt.

Die Aufgabe ist also nicht, „das Klima zu schützen“ (ein Klima wird es immer geben), sondern es so stabil zu halten, dass unsere Ökosysteme und damit unsere Lebensgrundlage erhalten bleiben. Damit das gelingt, sollte sich die Erde möglichst nicht mehr als 1,5 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit erwärmen. Eine Erwärmung um 2 °C gilt als Schmerzgrenze – würde es noch wärmer, wären die Folgen immer schwerer kalkulierbar.

Massive Änderungen können Mitte des Jahrhunderts, also für Menschen, die heute bereits geboren sind, spürbar werden. Im Jahr 2016 wurde bereits eine globale Erwärmung um 1,1 °C gegenüber 1880 registriert. Um die Erwärmung auf ein tolerables Maß zu begrenzen, muss die gesamte Weltwirtschaft bis 2050 dekarbonisiert werden, besser noch bis 2040. Das ist technisch machbar, sofern wir keine Zeit verlieren.

Klimaschutzabkommen: Viel heiße Luft Im Jahr 1992 trafen sich die Staaten der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro in Brasilien zum ersten Klimagipfel und beschlossen die Klimarahmenkonvention. Sie enthält im Wesentlichen das Ziel, die Treibhausgasemissionen so stark zu begrenzen, dass Gefahren durch den Klimawandel für die Nahrungserzeugung, die Wirtschaft und die Ökosysteme vermieden werden. Der Weg zu diesem Ziel wird seither auf den regelmäßigen Vertragsstaatenkonferenzen verhandelt (Conferences of the Parties, COP).

Im Jahr 1997 verständigten sich insgesamt 160 Staaten in der japanischen Stadt Kyoto unter anderem auf die völkerrechtlich verbindliche Begrenzung der CO2-Emissionen durch handelbare Zertifikate (Kyoto-Protokoll).

Die Industrieländer verpflichteten sich, ihre Emissionen von Kohlendioxid und Treibhausgasen bis 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 zu senken. Offiziell in Kraft getreten ist das Kyoto-Protokoll 2005.

Die Europäische Union (EU) sicherte im Zuge dieser Vereinbarung zu, ihre CO2-Emissionen um acht Prozent bis 2012 zu reduzieren. Wegen der unterschiedlichen Lastverteilung innerhalb der EU sagte die Bundesrepublik Deutschland 21 Prozent zu, während anderen europäischen Ländern ein Anstieg ihrer Zahlen zugestanden wurde (z. B. Griechenland: +25 Prozent). Bis zum Jahr 2020 war ursprünglich eine Emissionsreduktion von 30 Prozent und bis 2040 von 70 Prozent angepeilt worden. Diese Zielsetzung wurde jedoch in zahllosen Verhandlungen aufgegeben. Ende 2008 stimmte das EU-Parlament stattdessen dafür, 20 Prozent Treibhausgasemissionsverminderung bis 2020 anzupeilen. Dieses Ziel wurde bereits erreicht. Allerdings spielten dabei der Zusammenbruch der Schwerindustrie im Osten und die Finanzkrise eine wesentliche Rolle. Das 2008 gesetzte Ziel von 40 Prozent Minderung bis 2030 gilt als deutlich schwerer erreichbar. Erschwerend kommt hinzu, dass es bereits überholt ist. Ende 2020 beschloss die Europäische Kommission im Rahmen ihres „Green Deal“, das 2030-Ziel auf 55 Prozent zu verschärfen. Die Anstrengungen werden also ebenfalls deutlich steigen müssen.

Momentan emittieren fast alle Länder eher mehr als weniger Kohlendioxid gegenüber 1990. Lediglich Wirtschaftskrisen führten zu vorübergehenden Rückgängen: der Zusammenbruch der Sowjetunion, der Bankencrash und zuletzt die Coronakrise. In den Vereinigten Staaten von Amerika, die für einen Großteil des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, zeigt sich ein widersprüchliches Bild: Seit dem Jahr 2000 gehen die Emissionen tendenziell zurück. Dieser Trend hielt sogar unter US-Präsident Donald Trump an, denn die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist in weiten Teilen des Landes inzwischen die billigste Erzeugungsart geworden.

ABB. 4: Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sinken seit 1990. Verglichen mit den angestrebten Minderungen (graue Balken) geht es allerdings zu langsam.


Quelle: Umweltbundesamt

Deutlich erkennbar ist auch, dass China und Indien aufgrund ihres enormen Wirtschaftswachstums weiterhin stark an Emissionen zulegen. Das Gleiche gilt für Länder wie Südkorea und Indonesien. China ist seit 2007 Hauptemittent von Kohlendioxid und erzeugte 2018 mehr als ein Viertel der globalen Emissionen. Abgesehen vom Emissionsrückgang, der durch die Corona-Pandemie bedingt ist, muss man feststellen: Eine globale Trendwende ist bei den Treibhausgasen nicht in Sicht.

Die Rolle des Wasserdampfes für das Klima Obwohl Wasserdampf für das Klima eine wichtige Rolle spielt, kommt er in der öffentlichen Diskussion kaum vor. Manch einer wittert hier eine Verschwörung in dem Sinne, dass die wahren Ursachen der Erderwärmung verzerrt werden sollen. Tatsächlich ist aber die Rolle des Wasserdampfes in den Klimamodellen sehr wohl berücksichtigt.

Wasserdampf ist fast allgegenwärtig auf der Erde. Aus Meeren und Seen, Flüssen und Pfützen verdunsten jedes Jahr rund 525 Billionen Tonnen Wasser.

Die mittlere Verweildauer eines H2O-Moleküls in der Atmosphäre ist allerdings nicht sonderlich lang, sie beträgt nur neun Tage. Dann fallen mehrere Moleküle gemeinsam in Form von Regentropfen oder Schneeflocken wieder zu Boden beziehungsweise zurück ins Wasser. Insgesamt befinden sich so jährlich durchschnittlich etwa 13 Billionen Tonnen Wasserdampf in der Erdatmosphäre. Weil Wasserdampf so ein hohes Treibhausgaspotenzial besitzt, wird immer wieder die Frage gestellt, ob eine vermehrte Verbrennung von Wasserstoff sich nicht durch eine Veränderung der atmosphärischen Wasserdampfkonzentration auf die Erdtemperatur auswirken müsste. Tatsache ist: Ein höherer Gehalt an Wasserdampf und eine höhere Temperatur können sich gegenseitig verstärken. Dabei ist allerdings die Erhitzung durch mehr CO2 der stärkere Treiber, denn eine wärmere Atmosphäre nimmt mehr Wasserdampf auf, der wiederum den Treibhauseffekt verstärkt.

Eine Umstellung des Verkehrssektors auf Wasserstoff als Energiespeicher würde dagegen Berechnungen zufolge keine merklichen Veränderungen bewirken. Nicht einmal mit lokalen Phänomenen wie vermehrtem Nebel wäre zu rechnen, da im Vergleich zur jetzigen Situation nur bedingt zusätzlicher Wasserdampf gebildet wird. Bei der Nutzung erneuerbarer Energien für die Wasserstoffherstellung per Elektrolyse würde aus Wasser mithilfe von Strom Wasserstoff erzeugt, der bei der anschließenden Verbrennung wieder zu Wasserdampf würde. Hierbei wäre es für das Klima egal, ob dieser Wasserdampf aus dem Auspuffrohr eines Brennstoffzellenautos käme oder durch Verdunstung über einem See entsteht.

Etwas anderes wäre die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas oder anderen fossilen Energieträgern. In dem Fall würde zusätzlicher Wasserdampf freigesetzt. Aber auch hier wäre es für das Klima egal, ob das Erdgas (oder andere Kohlenwasserstoffe) in einem Verbrennungsmotor verbrannt wird, der dann Wasserdampf emittiert, oder ob in einem zusätzlichen Umwandlungsschritt zwischenzeitlich Wasserstoff als Energiespeicher genutzt wird.

Wissenschaftler der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik (LBST) berechneten bereits im Jahr 1994 den mit der Einführung von Wasserstofffahrzeugen verbundenen weltweiten Wasserdampfausstoß, wobei sie zum Zwecke des Vergleichs zunächst von der Verbrennung fossiler Brennstoffe ausgingen: Aus einem Liter Benzin werden 2,4 kg CO2 und 0,99 kg Wasser. Bei dem damaligen Weltprimärenergiebedarf von 90,6 Petawattstunden gelangten gemäß der Studie 20 Milliarden Tonnen Wasserdampf in die Luft. Würde jedoch Wasserstoff als Energiespeicher eingesetzt und würden zu einem hohen Maße erneuerbare Energien genutzt, lägen die Wasserdampfemissionen nur bei zwölf Milliarden Tonnen pro Jahr.

Die LBST-Studie kam daher zu dem Ergebnis: „Eine Wasserstoffökonomie würde also gegenüber heute sicher nicht wesentlich mehr, sondern eher weniger Wasserdampf emittieren.“ Weiter hieß es seitens der Autoren: „Einfluss auf das Klima haben solche Quantitäten (0,005 Prozent von 525 Mio. t H2O) nicht. Anthropogene Kohlendioxidemissionen mit einem Anteil von etwa vier Prozent an den Gesamtemissionen stören den natürlichen Kreislauf dagegen erheblich.“ [Zittel, 1994]

Das österreichische Bundesamt fertigte im Jahr 2006 ebenfalls eine Studie an. Bezogen auf die Fläche des Alpenstaats (84.000 km2) kamen die Autoren auf etwa 0,43 kg/m2 spezifische Wasserdampfemissionen pro Jahr aus dem Straßenverkehr. Bei einer jährlichen Niederschlagsmenge in Österreich von etwa 1.170 mm, von der rund 44 Prozent verdunsten, ergeben sich daraus natürliche Wasserdampfemissionen in Höhe von 516 kg/m2 pro Jahr. Bei einer vollständigen Umstellung der österreichischen Kraftfahrzeuge auf Wasserstoff würden also nur etwa 0,03 Prozent des natürlich verdampfenden Wassers zusätzlich emittiert werden.

Die Österreicher zogen daher das Fazit: „Wasserdampfemissionen aus dem Verkehrssektor stellen auch bei einem vollständigen Umstieg auf Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge nur einen sehr geringen Teil der witterungsbedingten Verdampfungen dar. Die direkten Wasserstoffemissionen werden in der Literatur als sehr gering prognostiziert. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen keine nennenswerten Auswirkungen auf das Klima. Selbst in dicht besiedelten Gebieten und städtischen Agglomerationen ist durch den Einsatz von Wasserstofffahrzeugen nicht von relevanten Auswirkungen auf die klimatischen Verhältnisse auszugehen.“ [Salchenegger, 2006]

Ähnliche Überlegungen werden auch in Bezug auf die Freisetzung von gasförmigem Wasserstoff angestellt: Sollten im Jahr 2050 rund 1 Mrd. Straßenfahrzeuge unterwegs sein, wovon 10 bis 20 Prozent mit gasförmigem Wasserstoff betrieben würden, so könnten sich hieraus erhöhte H2-Emissionen von 0,2 bis 0,8 Mio. Tonnen pro Jahr ergeben. Demgegenüber lag jedoch in den letzten Jahren die jährliche H2-Zunahme aufgrund anthropogener Verbrennungsprozesse (z. B. Industrie, Autoabgase) bei etwa 1 Mio. Tonnen H2 pro Jahr, also deutlich höher.