Ausgeflaust - Jugendliche führen

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Ausgeflaust - Jugendliche führen
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Diese Publikation erscheint im Rahmen der Lehre und Forschung von Mitarbeitenden der Abteilung Sekundarstufe II / Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich ( PH Zürich ). Sie setzt Schwerpunkte für die unterrichtliche Praxis in der Sekundarstufe II.

Michael De Boni, Esther Lauper

Ausgeflaust? – Jugendliche führen ISBN Print: 978-3-0355-0270-1 ISBN E-Book: 978-3-0355-0585-6

Fotografien: © Beat Habermacher

1. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.com


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Classroom Management: Begriff und Bedeutung

2 Klassenführung zwischen Ordnung und Beziehung

3 Wahrnehmung und ­Grundhaltung

4 Wie führe ich eine Klasse zur Kooperation?

5 Binnendifferenzierung – die Antwort auf Hetero­genität

6 Die Lernfokussierung ­erhöhen

7 Prävention oder ­Intervention?

8 Störungsmanagement

9 Umgang mit Konflikten

10 Interventionen als Lern- und Reintegrationschance

Literatur

Einleitung

Einleitung

Dieses Buch will einerseits Fundus sein, Inspirationsquelle für pädagogisches Handeln im Sinne eines gelingenden Classroom Management von Jugend­lichen (Sekundarstufen I und II) und jungen Erwachsenen. Damit nimmt es auch Führungsfragen in den Fokus.

Darüber hinaus will es anregen, über individuelle Unterrichtsprozesse und über sich selbst als Lehrperson nachzudenken, über Situationen und Erfahrungen zu reflektieren und nach Optimierung der Steuerung von Lerngruppen zu suchen. Insofern ist es ein Arbeitsbuch, das einen weiteren Baustein zur Professionalisierung der Lehrperson für ihre anspruchsvolle Arbeit liefert und den Austausch mit Fachkolleginnen und Fachkollegen anregen möchte.

Die Komplexität der verschiedenen Elemente des Classroom Managements ist sehr hoch. Dennoch haben wir versucht, die vielfältigen Aspekte in einen Bezug zueinander zu setzen und die einzelnen Faktoren, die es für ein funktionierendes Classroom Management braucht, darzustellen, zu systematisieren und zu verdeutlichen.

Die Gliederung der verschiedenen Prozesse hat sich als anspruchsvoll erwiesen, da der ganze Komplex des Classroom Management aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden kann, synchron und diachron, aber auch chronologisch, wenn es um die Entwicklung von guten und unguten Dynamiken geht.

Einerseits muss die Chronologie der Ereignisse als Regelkreis mitein­­be­zo­gen werden: Unterrichtsplanung – Unterrichtsdurchführung – Vor­komm­nis­se, Störungen, Zäsuren – Interventionen (oder Nicht-Interventionen) – Wirkungen und Nebenwirkungen – Reflexion in der Rückschau – Optimierungssuche – Prävention, um negative Entwicklungen möglichst zu vermeiden, als Teil neuer Unterrichtsplanung.

Andererseits können wir die Gleichzeitigkeit von Bedingungen im Klassenzimmer betrachten und überlegen, was alles in welcher Art und Weise zum (Nicht-)Gelingen der geplanten Lernprozesse beiträgt. Wenn es um konkrete Handlungsideen geht, muss man ferner immer mitbedenken, aus welcher Grundhaltung, welcher Philosophie von gutem Unterricht und ­welchem Rollenverständnis sie erwachsen sind.

Wir haben es bei der Thematik des Classroom Management also stets mit Mehrdimensionalität zu tun, die Situationen sind immer komplex und kaum je linear.

Das lässt sich etwa an »Unterrichtsstörungen« zeigen. Wenn wir in dieser Hinsicht nach Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation suchen, sind Fragen und Überlegungen wie die folgenden hilfreich:

Was ist mein wirkliches Ziel, wie viel Ruhe kann erwartet werden, über welchen Zeitraum, und wie will ich das durchsetzen?

Was habe ich alles schon eingeleitet, um eine möglichst lernförderliche Arbeitsatmosphäre zu erreichen?

Welche Signale gebe ich in Bezug auf Störungstoleranz, Ohnmacht in Bezug auf Störungen, Ärger, Unlust usw.?

Wie habe ich der Klasse beigebracht, dass die Lernenden sich über einen gewissen Zeitraum konzentrieren können?

Welche Kultur hat sich eingespielt?

Muss ich noch Altlasten abtragen?

Welche Wirkungen haben die Störungen auf die Klasse, auf mich, auf die Störenden selbst?

Welche Regeln wurden vereinbart?

Wie werden die Regeln durchgesetzt? Führungswirksamkeit?

Welche Interventionsstufen kann ich nutzen, um des Problems Herr zu werden?

Wie weit sind die Lernenden in Bezug auf ihre Kooperations- und Mitwirkungsbereitschaft?

Welche gruppendynamischen Prozesse laufen ab, und wie beeinflussen sie die Unterrichtssituation?

Inwiefern stehen Vorgesetzte hinter mir, wenn ich Maßnahmen einleite?

Inwiefern gibt es ein Agreement zwischen der Klasse und mir und zwischen jedem und jeder einzelnen Lernenden und mir in Bezug auf die Grundordnung?

Inwieweit kann ich Einsicht bei den Lernenden voraussetzen, dass ein störungsarmer Unterricht dem Lernprozess am meisten dient?

Inwiefern spielen intrapsychische und individuelle Gegebenheiten von einzelnen Lernenden mit und lassen einen störungsfreien Unterricht gar nicht zu?

In welchem Maße spiegeln Unterrichtsstörungen gesellschaftliche und umweltspezifische Gegebenheiten wider?

Wie viel Führungswirksamkeit traue ich mir selbst eigentlich zu?

Stehen meine Erwartungen an die Klasse im Einklang mit der Corporate Identity der Schule?

Ist meine Haltung gegenüber den Lernenden wohlwollend-verbindlich?

Wenn man diesen – nicht abschließenden – Fragenkatalog betrachtet, wird schnell klar, dass sich das Problem nicht linear lösen lässt. Es gibt zwar Schulen, die Unterrichtsstörungen über ein Bußensystem regeln, genauso wie das Zuspätkommen, und die Lehrpersonen berichten, dass diese Regelung wirksam sei. Aus pädagogischer Sicht genügt es jedoch nicht, mit hohem Druck Wohlverhalten zu erzeugen. Wir möchten ja vor allem einen Lern- und Entwicklungsprozess initiieren. Andererseits kann manchmal auch ein Mangel an konsequentem Vorgehen seitens der Lehrpersonen beobachtet werden. Hier geht es um die Suche nach einer Balance zwischen Anpassungserwartung und Entwicklung von Selbstverantwortung.

Beim Classroom Management geht es immer wieder auch um die Frage nach der Balance. Das vorliegende Buch ist deshalb auch nicht »linear« angelegt, sondern bietet je nach Kapitel Impulse zu den unterschiedlichsten Fragen des Classroom Management.

Das erste Kapitel zeigt in der Übersicht, wie wir Classroom Management verstehen und welche Aspekte dabei aus unserer Sicht beachtet werden sollten. Wenn Sie dieses erste Kapitel gelesen haben, können Sie sich anschließend im ganzen Buch leicht zurechtfinden.

Die Autorin und der Autor

1 Classroom Management: Begriff und Bedeutung

Classroom Management: Begriff und Bedeutung

Ziel jeder Lehrperson ist ein Unterricht, in dem ein lernförderliches Klima herrscht; ein Unterricht, in dem ein konstruktives Miteinander gelebt wird; ein Unterricht, in dem die Lernenden sichtlich gewillt sind, die Lernziele zu erreichen. Darauf wirken wir hin – mit professioneller Unterrichtsvorbereitung, Rhythmisierung, Aktivierung der Lernenden, mit der Gestaltung einer anregenden Lernumgebung und auch, indem wir eine Kultur des Miteinander und der Kooperation fördern.

Trotz bester Unterrichtsvorbereitung kann es geschehen, dass eine Lektion nicht wie geplant über die Bühne geht. Das kann damit zu tun haben, dass sich (einzelne) Lernende unter- oder überfordert fühlen und sich das Tempo deshalb verlangsamt, weil wir auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen wollen; Verzögerungen können aber auch aus Störungen und (unerwünschten) sozialen Interaktionen in der Klasse entstehen.

Die negativen Auswirkungen von Situationen, die vom eigentlichen Lernen abhalten oder ablenken, werden gewöhnlich unterschätzt. Nicht nur der Zeitverlust durch die Unterbrechung selbst muss dabei beachtet werden; auch nach der Störung dauert es in der Regel noch lange Minuten, bis die Lernenden in die gleiche Lernintensität, -effektivität und -produktivität zurückfinden. Wenn die Störung zusätzlich eine negative Emotion bewirkt, wenn sich die Lernenden zum Beispiel über Kollegen und Kolleginnen aufregen oder über die Lehrperson, weil sie aus ihrer Sicht nicht passend interveniert hat, werden die Lernenden es in der Regel über die ganze Lektion nicht mehr schaffen, an den Punkt zurückzukehren, wo sie vor der Störung waren. Insofern muss neben dem sichtbaren Lernverlust auch der Stress beachtet werden, den Unterbrechungen, Interventionen und Nicht-Interventionen aus­lösen können. Und solange der Stress oder die negativen Emotionen anhalten, solange man noch gedanklich in der Situation hängen bleibt, kann nur ein Bruchteil der eigentlichen Lernleistung erbracht werden. Da­runter leiden nicht nur die Lehrpersonen, unter anderem aufgrund der ausgelösten Fremdbestimmtheitsgefühle, auch die Lernenden selbst kommunizieren solchen Stress ganz klar, wenn sie nach Stressoren in der Ausbildung gefragt werden. Eine Klasse formulierte es so: Bei einer Lehrperson kämen gewisse Kollegen und Kolleginnen regelmäßig zu spät. Die Lehrperson beginne mehr oder minder pünktlich. Aber jedes Mal, wenn ein verspäteter Lernender eintrete, beginne sie ihren Unterricht von vorn. Die pünktlichen Lernenden erleben dies als »Folter«, zumal es sich immer wieder so abspielt und jeweils mehrere Lernende verspätet eintreffen, natürlich nie gemeinsam.

 

Die Schweizer Stressstudie 2010 (Grebner et al., 2013) des Staatssekretariats für Wirtschaft – wir sind bei einem Phänomen, das Wirtschaft und Bildungswelt gleichermaßen betrifft – hat gezeigt, dass 48 Prozent aller Arbeitstätigen in der Schweiz am meisten unter Arbeitsunterbrechungen leiden. Unterbrüche, welcher Art auch immer, haben offensichtlich einen hohen negativen Einfluss auf die Befindlichkeit und die (Lern-)Leistung.

Mit einem gut funktionierenden Classroom Management wollen wir Bedingungen schaffen, die den Unterrichtsfluss gewährleisten, und dafür sorgen, dass die Lernprozesse möglichst wenig unterbrochen werden – dass also Lernen tatsächlich stattfinden kann und dass ein möglichst hoher Anteil der zur Verfügung stehenden Lernzeit effektiv, effizient und produktiv zum Lernen genutzt wird.

Aber nicht nur dies: Gutes Classroom Management will eine Situation schaffen, in der sich sowohl die Lernenden als auch die Lehrperson wohlfühlen; es strebt ein Klassenklima der Akzeptanz und Wertschätzung an, in dem Regeln gelten, es will die Kooperation unter den Lernenden und die Mitwirkungsbereitschaft fördern und eine Kultur des fairen Miteinander ­setzen, wobei auch der Verbindlichkeit eine wichtige Rolle zukommt. Erreicht wird dies durch eine gelebte Führungs-Balance zwischen Ordnung und Beziehung (vgl. Kapitel 2).

Beim Classroom Management geht es also nicht zuletzt darum, dass die Lernenden sich möglichst lange aktiv und intensiv mit dem Lernstoff beschäftigen können. Das heißt unter anderem, dass die Konzentrationsfähigkeit und die Fähigkeit, Konzentration über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten (Vigilanz), in der Schule gefördert werden müssen. Dabei haben die Lernarrangements, die Gestaltung der Lernumgebung, die Rhythmisierung und das Classroom Management eine hohe Bedeutung.

Gelingendes Classroom Management hängt von verschiedenen Faktoren ab, nicht allein von der Lehrperson. Von entscheidender Bedeutung ist zum Beispiel, ob auch die Vorgesetzten hinter der Lehrperson stehen, deren Ziele mittragen, Interventionen stützen, ihr den Rücken stärken, etwa wenn Jugendliche, deren Eltern, die Berufsbildner, aber immer häufiger auch Ärzte Entmächtigungsversuche unternehmen, die Lehrperson und ihre Interventionen infrage stellen. Selbstverständlich müssen Maßnahmen, Korrekturen, Interventionen usw. professionell, angemessen und mit der Schulkultur abgestimmt sein. Aber es kommt immer öfter vor, dass Lehrpersonen unnötig geschwächt statt gestärkt werden, was selbstverständlich von der Klasse oder einzelnen Lernenden wahrgenommen wird, worauf sie dann mehr vom unerwünschten Verhalten zeigen statt weniger.

Daran, ob Classroom Management funktionieren kann, haben auch die Lernenden selbst Anteil. Jedes System kann torpediert werden. Eine Grundhaltung der Kooperation und des Arbeitswillens muss mitgebracht werden, damit einerseits der individuelle Erfolg eintreten, andererseits aber auch das kollektive Lernen gelingen kann.

Es zeigt sich also, dass Classroom Management ein komplexes Gebilde mit vielen Facetten ist. Nicht alle Aspekte zählen wir hier einzeln auf. In der nachfolgenden Grafik finden Sie aber eine Übersicht über die wichtigsten Einflussfaktoren und Aspekte. Im Buch werden diese Aspekte je nach Thema wieder aufgenommen und weiter ausgeführt.


Abbildung 1-1

Aspekte des Classroom Management (für die ­vollständige Darstellung siehe Buchklappe)

Reflexion

Wenn Sie die grafische Übersicht studieren, kommen Ihnen sicherlich viele Erinnerungen aus der eigenen Jugendzeit.

Wie haben Sie damals Ihre Lehrpersonen erlebt?

Wie haben Ihre Lehrpersonen dafür gesorgt, dass Lernen tatsächlich möglich war und stattfand – oder hätte stattfinden können?

In welcher Art haben diese Lehrpersonen agiert und interveniert, um die Klasse zum Lernen anzuhalten?

Erinnern Sie sich an – damals, aus Ihrer Jugendsicht – angenehme, spannende, lustige oder mühsame, nervende Unterbrüche durch Mitlernende, Außenstehende oder durch die Lehrperson selbst?

Was ging in Ihnen vor?

Was hätten Sie sich von Ihren Lehrpersonen gewünscht?

Was hätte Ihnen geholfen, (noch) besser lernen zu können oder sich emotional mehr auf die Lernprozesse einzulassen?

Wie gewichten Sie diese Erfahrungen aus heutiger Sicht?

Was würden Sie den Lehrpersonen raten, wenn man das Rad der Zeit zurückdrehen könnte?

Was haben Sie für sich selbst dabei gelernt?

1.1 Drei Ansätze des Classroom Management

Heute werden drei Ansätze des Classroom Management gelebt, neben- und miteinander. Jeder Ansatz hat seine positive Wirkung, aber in der Übertreibung auch seine Fallstricke. Gehen wir einmal davon aus, dass die Umsetzung maßvoll geschieht.

Verhaltenskontrolle – der behavioristische Ansatz aus den Sechzigerjahren

Belohnung und Bestrafung wirken vor allem bei jüngeren Jugendlichen mehr als bei älteren und bei männlichen Jugendlichen mehr als bei weiblichen.

Der Ansatz wird vor allem in den angloamerikanischen Gebieten, in Asien und Osteuropa gelebt.

Grundsätzlich hat die Kommunikation der Verhaltenserwartung eine hohe Wirkung auf das Wohlverhalten und ist weder alters- noch geschlechts­mäßig unterschiedlich.

Im Klassenzimmer sind insofern Regeln und Verhaltensanweisungen sehr sinnvoll und erzielen eine positive Wirkung aufs Verhalten.

→ Die Durchsetzung über Bestrafung (und Lob) zeigt hingegen schnell einmal Grenzen in Bezug auf die Wirksamkeit.

Förderung sozialer Beziehungen – der beziehungsorientierte Ansatz aus den Siebzigerjahren

Der beziehungsorientierte Ansatz bringt bei der Grundhaltung am meisten Erfolg.

Die Lernenden sind eher bereit zu kooperieren und zeigen Mitwirkungsbereitschaft.

Die Lernenden lassen sich auch emotional mehr ein und widmen sich den Inhalten mit weniger Widerständen.

Die Forschung zeigt, dass die Aggressionen unter den Lernenden zurückgehen, wenn dieser Ansatz gelebt wird.

Der beziehungsorientierte Ansatz wird öfter falsch verstanden. Es geht nicht um Anbiederung an die Lernenden, auch die Nähe-Distanz-Balance muss professionell bleiben.

→ Die Leistung wird öfter relativiert. Dieser Ansatz hat die »Nebenwirkung«, dass oft nicht das ganze Leistungspotenzial ausgeschöpft wird.

Unterrichtsgestaltung – der konstruktivistische Ansatz seit den Achtzigerjahren

Durch geschickte Lernarrangements soll erreicht werden, dass die Mo­tivation so stark steigt, dass unerwünschtes Verhalten mehr und mehr zurückgeht.

Der Fokus liegt auf dem Lernthema und entfernt sich von steuernder Lenkung und (übermäßiger) Beziehungsorientierung.

Die Emotionalisierung geschieht im Zusammenhang mit dem Stoffinhalt und weniger personengebunden.

→ Die Forschung zeigt, dass vor allem schwächere Lernende im offenen Unterricht überfordert sind und noch schwächere Leistungen erbringen als sonst.

Am meisten Erfolg verspricht eine Kombination der drei Ansätze. Sich einseitig auf einen Ansatz zu beschränken, würde uns ins letzte Jahrtausend zurückwerfen. Das sehen wir zumindest in Westeuropa so. Es geht zunehmend darum, die guten Aspekte aus verschiedenen Ansätzen herauszupicken und zu vereinen (ganzheitlicher Ansatz). Übersetzt auf den konkreten Unterricht, heißt das:

Ein klar strukturierter, spannender und einladender Unterricht vermag die Lernenden dazu zu bewegen, dass sie sich engagieren, sich konstruktiv beteiligen und auf Unterrichtsstörungen vermehrt verzichten.

Über den Weg der Unterrichtsgestaltung lassen sich auch sehr viele präventive Ansätze verwirklichen, die einerseits die Konzentration und Vigilanz fördern und andererseits durch Rhythmisierung Gelegenheit geben, von angeordnet unruhigen Phasen zu ruhigen zu wechseln und diese besser zu bewältigen.

Reflexion: Welchen der drei Ansätze pflege ich am meisten?

Skalieren Sie, was Sie in welcher Intensität bereits umsetzen.


Nicht ­beobachtbar Wenig ­beobachtbar ­Immer wieder ­beobachtbar Ausgeprägt, Kultur ist implementiert­
Verhaltenskontrolle
Ich kommuniziere die Regeln, und diese werden in der Klasse auch tatsächlich gelebt.
Ich spreche Lernende sofort auf unerwünschtes Verhalten an und bringe meine ­Vorstellungen zum Ausdruck.
Bei Störungen greife ich rasch und wirksam ein.
Wiederholtes unerwünschtes Verhalten hat eine Maßnahme zur Folge.
Ich bin wach und beobachte, wer sich (nicht) an Verbindlich­keiten hält.
Meine Interventionen erzielen erwünschte Wirkungen.
Ich kommuniziere meine Erwartungshaltung, dass Lernende ­intensiv arbeiten und die Zeit nutzen.
Die Lektionsziele werden im Voraus kommuniziert.
Ich verlange Auftragstreue und Verbindlichkeit.
Ich plane lenkende und steuernde Begleitmaßnahmen, damit die ­Lernenden tatsächlich arbeiten.
Ich kontrolliere die Arbeiten zeitnah und gebe Feedbacks.
Förderung sozialer Beziehungen
Ich pflege eine Kultur von Akzeptanz und Wertschätzung.
Ich definiere die sozialen Normen und sichere so ein gutes Lernklima.
Ich bin authentisch und frei von Ambivalenzen.
Meine Kommunikationskompetenz ist angemessen.
Ich schaffe ein Klima, in dem Lernende ein kooperatives ­Miteinander leben.
Ich sorge für Gelegenheiten, in denen Lernende sich ein­bringen.
Ich fördere den Dialog unter den Lernenden mit Partner­austausch.
Ich führe mit jeder/jedem Lernenden einmal pro Semester ein Standort­gespräch.
Ich schaffe aktiv Gelegenheiten, in denen die Klasse sich als ­Gemeinschaft erleben kann.
Ich fördere die Integration aller und jedes Einzelnen.
Ich steuere Gruppenprozesse und wirke unguten oder ­destruktiven Prozessen ­entgegen.
Unterrichtsgestaltung
Ich formuliere für die Lernenden bedeutsame Lernziele.
Ich verknüpfe Inhalte mit Praxis- und Lebensbezug.
Ich plane einen strukturierten Unterricht.
Meine Arbeitsanweisungen sind klar und umsetzbar.
Mein Unterricht ist interessant, abwechslungsreich und rhythmisiert.
Meine Fachkompetenz ist hoch.
In meinem Unterricht werden verschiedene Sinne angesprochen.
Ich pflege Methoden- und Medienvielfalt.
Ich wähle regelmäßig Methoden, die Ruhe und Konzentration fördern.
Ich wähle sinnvolle und angepasste Sozialformen.
Der Förderung und Sicherung der Lernprozesse schenke ich große Aufmerksamkeit.