Buch lesen: «Das doppelte Lottchen / Близнецы. Книга для чтения на немецком языке»
© КАРО, 2004
Предисловие
Об авторе
Эрих Кестнер родился в 1899 году в Дрездене. Очень рано он начал мечтать о профессии учителя и в 14 лет стал посещать курсы для учителей. В 1917 году, ещё не окончив школы, он был призван на военную службу. Садистские методы военной муштры привели к тому, что юноша вернулся домой с тяжёлой сердечной недостаточностью. Вот как он сам пишет об этом времени:
«В 1917 году, когда некоторые из моих одноклассников уже погибли на Западном или Восточном фронте, я был призван в армию. До окончания школы оставалось ещё два года. Когда закончилась война, я вернулся домой с сердечным заболеванием. Родителям приходилось помогать мне подыматься по лестнице, мне, девятнадцатилетнему юноше, который так задыхался, что был не в состоянии сам подняться даже на одну ступеньку».
После войны Эрих Кестнер с отличием окончил гимназию в Дрездене и начал изучать германистику, философию и историю театра в университетах Лейпцига, Берлина и Ростока. В этот период Германия переживает страшный экономический кризис. Кестнер получает именную стипендию из родного города Дрездена, но инфляция растёт настолько быстро, что вскоре на стипендию можно купить разве что пачку сигарет. Будучи студентом, Кестнер работает журналистом и редактором и подрабатывает вместе с другими студентами в качестве ходячей рекламы. Иногда голодных студентов подкармливают богатые люди, присылают деньги американские студенты, поступает помощь из Швеции.
После защиты диссертации он снова работает журналистом и редактором. В 1928 году выходит его первая книга для детей «Эмиль и сыщики». Вскоре её переводят почти на двадцать языков мира. Эрих Кестнер становится мировой знаменитостью. За этой книгой быстро появляются многие другие книги Кестнера для взрослых и детей. Но наступает 1933год, к власти приходит Гитлер, и книги Кестнера, как и многих других немецких писателей-гуманистов, запрещаются и сжигаются на кострах. В течение 12лет Кестнеру запрещено заниматься литературной деятельностью. Несмотря на преследования и неоднократные аресты, Кестнер не хочет эмигрировать. Он остаётся на родине, но издаёт свои книги за границей. В 1942 году власти запрещают ему издавать книги и за границей.
После окончания войны Э. Кестнер поселяется в Мюнхене, работает редактором газеты «Neue Zeitung», участвует в создании двух кабаре, пишет для них скетчи и тексты песен. С 1946 года в Германии снова начинают издаваться его книги. Он становится лауреатом многих литературных премий, ему присваивают почётные звания. Мировой славе Эриха Кестнера во многом способствовала экранизация его очень добрых и увлекательно написанных книг для детей: «Близнецы» («Das doppellte Lottchen»), «Эмиль и сыщики» («Emil und Detektive»), «Кнопка и Антон» («Pьnktchen und Anton»). Они были переведены на многие языки. Две последние книги были переведены также и на русский язык.
Эрих Кестнер очень любил детей, и это больше, чем у кого-либо из детских писателей, ощущается в его произведениях, поскольку он умел описывать мысли и чувства ребёнка не с позиций взрослого, а так, как если бы он сам думал и чувствовал, как ребёнок. «Близнецы»– яркий пример тому. Свойство оставаться ребёнком будучи взрослым Эрих Кестнер особенно ценит в людях. Только тот, кто не забыл о своём детстве, не выбросил его на помойку как старую шляпу, кто помнит, кем он был в детстве и как стал взрослым, и есть для него настоящий человек.
В настоящее время книги Эриха Кестнера в Германии переживают своего рода Ренессанс. Они переиздаются большими тиражами и знакомят новое поколение, поколение XXI века, с его замечательным творчеством. Очень хочется, чтобы и русские дети испытали на себе благотворное влияние этого писателя.
Е.В. Юдина
Erstes Kapitel
Kennt ihr eigentlich Seebühl? Das Gebirgsdorf Seebühl? Seebühl am Bühlsee? Nein? Nicht? Merkwürdig – keiner, den man fragt, kennt Seebühl! Womöglich1 gehört Seebühl am Bühlsee zu den Ortschaften, die ausgerechnet2 nur jene Leute kennen, die man nicht fragte. Wundern würde mich’s nicht. So etwas gibt’s.
Nun, wenn ihr Seebühl am Bühlsee nicht kennt, könnt ihr natürlich auch das Kinderheim in Seebühl am Bühlsee nicht kennen, das bekannte Ferienheim für kleine Mädchen. Schade. Aber es macht nichts. Ferienheime ähneln einander; wer eines kennt, kennt sie alle. Und wer an ihnen vorüberspaziert, könnte denken, es seien riesengroße Bienenstöcke. Es summt von Gelächter, Geschrei, Getuschel und Gekicher. Solche Ferienheime sind Bienenstöcke des Kinderglücks und Frohsinns.
Freilich abends, da setzt sich der graue Zwerg Heimweh3 an die Betten im Schlafsaal, zieht sein graues Rechenheft und den grauen Bleistift aus der Tasche und zählt ernsten Gesichts die Kindertränen ringsum zusammen, die geweinten und die ungeweinten.
Aber am Morgen ist er verschwunden! Dann klappern die Milchtassen, dann plappern die kleinen Mäuler wieder um die Wette4. Dann rennen wieder die Bademätze rudelweise in den kühlen, flaschengrünen See hinein, planschen, kreischen, schwimmen oder tun doch wenigstens, als schwömmen sie.5
So ist’s auch in Seebühl am Bühlsee, wo die Geschichte anfängt, die ich euch erzählen will. Eine etwas verzwickte Geschichte. Und ihr werdet manchmal sehr gut aufpassen müssen, damit ihr alles haargenau versteht. Zu Beginn geht es allerdings noch ganz gemütlich zu.6 Verwickelt wird’s erst in den späteren Kapiteln. Verwickelt und ziemlich spannend.
Vorläufig7 baden sie alle im See, und am wildesten treibt es8, wie immer, ein kleines neunjähriges Mädchen, das den Kopf voller Locken und Einfälle hat und Luise heißt, Luise Palfy. Aus Wien.
Da ertönt vom Hause her ein Gongschlag. Noch einer und ein dritter. Die Kinder und die Helferinnen, die noch baden, klettern ans Ufer.
„Der Gong gilt für alle!9“, ruft Fräulein Ulrike. „Sogar für Luise!“
„Ich komm ja schon!“, schreit Luise. Und dann kommt sie tatsächlich.
Fräulein Ulrike treibt ihre schnatternde Herde vollzählig in den Stall, ach nein, ins Haus. Zwölf Uhr wird zu Mittag gegessen. Und dann wird neugierig auf den Nachmittag gewartet. Warum?
Am Nachmittag werden zwanzig „Neue“ erwartet. Zwanzig kleine Mädchen aus Süddeutschland. Werden ein paar Zieraffen dabei sein? Ein paar Klatschbasen? Womöglich uralte Damen von dreizehn oder gar vierzehn Jahren? Werden sie interessante Spielsachen mitbringen? Hoffentlich ist ein großer Gummiball drunter! Trudes Ball hat keine Luft mehr. Und Brigitte rückt ihren nicht heraus. Sie hat ihn im Schrank eingeschlossen. Ganz fest. Damit ihm nichts passiert. Das gibt’s auch.
Nun, am Nachmittag stehen also Luise, Trude, Brigitte und die anderen Kinder an dem großen, weit geöffneten eisernen Tor und warten gespannt auf den Autobus, der die Neuen von der nächsten Bahnstation abholen soll. Wenn der Zug pünktlich eingetroffen ist, müssten sie eigentlich…
Da hupt es!„Sie kommen!“ Der Omnibus rollt die Straße entlang, biegt vorsichtig in die Einfahrt und hält. Der Chauffeur steigt aus und hebt10 fleißig ein kleines Mädchen nach dem anderen aus dem Wagen. Doch nicht nur Mädchen, sondern auch Koffer und Taschen und Puppen und Körbe und Tüten und Stoffhunde und Roller und Schirmchen und Thermosflaschen und Regenmäntel und Rucksäcke und gerollte Wolldecken und Bilderbücher und Schmetterlingsnetze, eine kunterbunte Fracht.
Zum Schluss taucht, mit seinen Habseligkeiten, im Rahmen der Wagentür das zwanzigste kleine Mädchen auf. Der Chauffeur streckt bereitwillig die Arme hoch.
Die Kleine schüttelt den Kopf.„Danke, nein!“, sagt sie höflich und klettert, ruhig und sicher, das Trittbrett herab. Unten blickt sie verlegen lächelnd in die Runde. Plötzlich macht sie große, erstaunte Augen. Sie starrt Luise an! Nun reißt auch Luise die Augen auf. Erschrocken blickt sie der Neuen ins Gesicht!
Die anderen Kinder und Fräulein Ulrike schauen erstaunt von einer zur anderen. Der Chauffeur schiebt die Mütze nach hinten, kratzt sich am Kopf und kriegt den Mund nicht wieder zu11. Weswegen denn?
Luise und die Neue sehen einander zum Verwechseln ähnlich!12 Zwar, eine hat lange Locken und die andere streng geflochtene Zöpfe – aber das ist auch wirklich der einzige Unterschied!
Da dreht sich Luise um und rennt, als werde sie von Löwen und Tigern verfolgt13, in den Garten.
„Luise!“, ruft Fräulein Ulrike. „Luise!“ Dann zuckt sie die Achseln und bringt erst einmal die zwanzig Neulinge ins Haus. Als Letzte, zögernd und unendlich verwundert, spaziert das kleine Zopfmädchen.
Frau Muthesius, die Leiterin des Ferienheims, sitzt im Büro und berät mit der alten Köchin den Speisezettel für die nächsten Tage.
Da klopft es. Fräulein Ulrike tritt ein und meldet, dass die Neuen gesund, munter und vollzählig eingetroffen seien. „Freut mich. Danke schön!“
„Dann wäre noch eins…“
„Ja?“ Die vielbeschäftigte Heimleiterin blickt kurz hoch. „Es handelt sich um Luise Palfy“, beginnt Fräulein Ulrike nicht ohne Zögern. „Sie wartet draußen vor der Tür…“
„Herein mit dem Fratz!“14 Frau Muthesius muss lächeln. „Was hat sie denn wieder angestellt?“ „Diesmal nichts“, sagt die Helferin. „Es ist bloß…“ Sie öffnet behutsam die Tür und ruft: „Kommt herein, ihr beiden! Nur keine Angst!“ Nun treten die zwei kleinen Mädchen ins Zimmer. Weit voneinander entfernt bleiben sie stehen. Während Frau Muthesius erstaunt auf die Kinder schaut, sagt Fräulein Ulrike: „Die Neue heißt Lotte Körner und kommt aus München.“
„Seid ihr miteinander verwandt?“
Die zwei Mädchen schütteln unmerklich, aber überzeugt die Köpfe.
„Sie haben einander bis zum heutigen Tage noch nie gesehen!“, meint Fräulein Ulrike. „Seltsam, nicht?“
„Wieso seltsam?“, fragt die Köchin. „Wo doch die eine aus München stammt und die andere aus Wien?“
Frau Muthesius sagt freundlich: „Zwei Mädchen, die einander so ähnlich schauen, werden sicher gute Freundinnen. Kommt, gebt euch die Hand!“
„Nein!“, ruft Luise und verschränkt die Arme hinter dem Rücken.
Frau Muthesius zuckt die Achseln, denkt nach und sagt:
„Ihr könnt gehen.“
Luise rennt zur Tür, reißt sie auf und stürmt hinaus. Lotte will langsam das Zimmer verlassen.
„Noch einen Augenblick, Lottchen“, meint die Leiterin. Sie schlägt ein großes Buch auf.
„Ich kann gleich deinen Namen eintragen. Und wann und wo du geboren bist. Und wie deine Eltern heißen.“
„Ich hab nur noch eine Mutti“, flüstert Lotte.
„Zuerst also dein Geburtstag!“
Lotte geht den Korridor entlang, steigt die Treppen hinauf, öffnet eine Tür und steht im Schrankzimmer. Ihr Koffer ist noch nicht ausgepackt. Sie fängt an, ihre Kleider, Hemden, Schürzen und Strümpfe in den Schrank zu tun.
Lotte hält die Fotografie einer jungen Frau in der Hand. Sie schaut das Bild zärtlich an und versteckt es sorgfältig unter den Schürzen. Als sie den Schrank schließen will, fällt ihr Blick auf einen Spiegel an der Innenwand der Tür. Ernst und forschend mustert sie sich, als sähe sie sich zum ersten Mal. Dann wirft sie plötzlich die Zöpfe weit nach und streicht das Haar so, dass es dem Schopf15 Luise Palfys ähnlich wird.
Irgendwo schlägt eine Tür. Schnell, wie ertappt16, lässt Lotte die Hände sinken.
Luise hockt mit ihren Freundinnen auf der Gartenmauer und hat eine strenge Falte über der Nasenwurzel.
„Ich ließe mir das nicht gefallen“17, sagt Trude, ihre Klassenkameradin.“Da kommt sie frech mit deinem Gesicht daher!“
„Was soll ich denn machen?“, fragt Luise böse.
„Zerkratz es ihr!“, schlägt Monika vor. „Das Beste wird sein, du beißt ihr die Nase ab!“, rät Christine. „Dann bist du den ganzen Ärger mit einem Schlag los!“18 Dabei baumelt sie gemütlich mit den Beinen.
„Einem so die Ferien zu verhunzen19!“, murmelt Luise, aufrichtig verbittert.
„Sie kann doch nichts dafür“, erklärt die pausbäckige Steffie. „Wenn nun jemand käme und sähe wie ich aus…“20
Trude lacht. „Du glaubst doch selber nicht, dass jemand so blöd wäre, mit deinem Kopf herumzulaufen.“21
Steffie schmollt. Die anderen lachen. Sogar Luise verzieht das Gesicht.
Da ertönt der Gong. Und die Mädchen springen von der Mauer herunter.
Frau Muthesius sagt im Speisesaal zu Fräulein Ulrike: „Wir wollen unsere kleinen Dop-pelgängerinnen nebeneinander setzen. Vielleicht hilft eine Radikalkur!“
Die Kinder strömen lärmend in den Saal. Stühle werden gerückt. Die Mädchen, die Dienst haben, tragen dampfende Terrinen zu den Tischen. Andere füllen die Teller. Fräulein Ulrike tritt hinter Luise und Trude, tippt leicht Trude auf die Schulter und sagt: „Du setzt dich neben Hilde Sturm.“
Trude dreht sich um und will etwas antworten. „Aber…“
„Keine Widerrede, ja?“ Trude zuckt die Achseln, steht auf und zieht unzufrieden um.
Die Löffel klappern. Der Platz neben Luise ist leer. Erstaunlich, wie viele Blicke ein leerer Platz auf sich lenken kann.
Dann schwenken22, wie auf Kommando, alle Blicke zur Tür. Lotte ist eingetreten.
„Da bist du ja endlich“, sagt Fräulein Ulrike. „Komm, ich will dir deinen Platz zeigen.“ Sie bringt das stille, ernste Zopfmädchen zum Tisch. Luise blickt nicht hoch, sondern isst wütend ihre Suppe in sich hinein. Lotte setzt sich folgsam neben Luise und greift zum Löffel, obwohl ihr der Hals wie zugeschnürt ist23.
Die anderen kleinen Mädchen schielen hingerissen zu dem merkwürdigen Paar hinüber. Ein Kalb mit zwei bis drei Köpfen könnte nicht interessanter sein. Der dicken, pausbäckigen Steffie steht vor lauter Spannung24 der Mund offen.
Luise kann sich nicht länger bezähmen. Und sie will’s auch gar nicht. Mit aller Kraft tritt sie unterm Tisch auf Lottes Fuß!
Lotte zuckt vor Schmerz zusammen und presst die Lippen fest aufeinander.
Am Tisch der Erwachsenen sagt die Helferin Gerda kopfschüttelnd: „Es ist nicht zu fassen! Zwei wildfremde Mädchen und eine solche Ähnlichkeit!“
Frau Muthesius schaut nachdenklich zu dem Tisch hinüber, an dem die zwei kleinen Mädchen sitzen. Dann sagt sie: „Lotte Körner bekommt das Bett neben Luise Palfy! Sie werden sich aneinander gewöhnen müssen.“
Es ist Nacht. Und alle Kinder schlafen. Bis auf zwei.
Diese zwei tun, als schliefen sie fest25, liegen aber mit offenen Augen da und starren vor sich hin.
Luise blickt böse auf die silbernen Kringel, die der Mond auf ihr Bett malt. Plötzlich spitzt sie die Ohren. Sie hört leises, krampfhaft unterdrücktes Weinen26.
Lotte presst die Hände auf den Mund. Was hatte ihr die Mutter beim Abschied gesagt: „Ich freue mich so, dass du ein paar Wochen mit vielen fröhlichen Kindern zusammen sein wirst! Du bist zu ernst für dein Alter, Lottchen! Viel zu ernst! Ich weiß, es liegt nicht an dir27. Es liegt an mir. An meinem Beruf. Ich bin zu wenig zu Hause. Wenn ich heimkomme, bin ich müde. Und du hast inzwischen nicht gespielt wie andere Kinder, sondern gewaschen, gekocht, den Tisch gedeckt. Komm bitte fröhlich zurück, mein Hausmütterchen!“ Und nun liegt sie hier neben einem bösen Mädchen, das sie hasst, weil sie ihm ähnlich sieht. Sie seufzt leise und schluchzt vor sich hin. Plötzlich streicht eine kleine fremde Hand ihr Haar! Lottchen wird stocksteif vor Schreck28. Vor Schreck? Luises Hand streichelt schüchtern weiter.
Der Mond schaut durchs große Schlafsaalfenster und staunt. Da liegen zwei kleine Mädchen nebeneinander, die sich nicht anzusehen wagen, und die eine, die eben noch weinte, tastet jetzt mit ihrer Hand ganz langsam nach der streichelnden Hand der anderen.
„Na gut“, denkt der alte silberne Mond. „Da kann ich ruhig untergehen!“ Und das tut er denn auch.
Aufgaben
Fragen:
1.Wie heißt das Buch?
2.Wie kann man den Titel ins Russische übersetzen?
3.Wer ist der Autor des Buches?
4.Ist der Autor weltberühmt? Ist er in Russland bekannt?
5.Welche weltbekannten Kinderbücher hat er geschrieben? Welche Bücher von E. Kästner sind ins Russische ([А-Я])übersetzt?
6.Wieviel Seiten und wieviel Kapitel hat das Buch? Hat das Buch Bilder?
7.Ist der Anfang der Geschichte spannend?
Ist das richtig?
1.Seebühl ist ein See. Bühlsee ist ein Dorf.
2.Seebühl liegt im Gebirge. Seebühl ist ein Gebirgsdorf. Es liegt an einem See. Der See heißt Bühlsee.
3.Niemand kennt das Ferienheim in Seebühl, denn der Autor hat die Namen Seebühl und Bühlsee selbst erfunden.
4.Luise kommt aus Österreich, aus Wien.
5.Lotte kommt aus Süddeutschland, aus München.
6. Luise und Lotte haben sich nie im Leben gesehen.
7.Luise freut sich Lotte zu sehen.
8.Luise ist böse, weil ein fremdes Mädchen ihr zum Verwechseln ähnlich ist.
9.Alle im Ferienheim sind erstaunt, dass zwei wildfremde Mädchen so ähnlich sind.
10.Das erste Kapitel hat das Happy-end.
Nacherzählung mit Hilfe der Fragen:
1.Wo spielt die Handlung im ersten Kapitel?
2.Wer sind die Hauptpersonen?
3.Was erfährt der Leser von Luise und Lotte im ersten Kapitel?
4.Wie heißen die Nebenpersonen?
5.Was unternehmen die Leiterin des Ferienheims und die Helferinnen, damit Luise und Lotte Freundinnen werden? 6.Mit welcher Szene endet das erste Kapitel?
Welche Wörter beziehen sich auf Lelche und welche auf Luise:
lockig, ernst, wild, ruhig, still, wütend, Zöpfe,
Haushalt, folgsam, böse, Locken, schüchtern, Zopfmädchen, kochen, Fratz, Hausmütterchen, den Tisch decken, höflich, temperamentvoll, brav, Wien, Süddeutschland, München, Österreich; Mutter, die viel arbeitet
Wie heißen deutsche Synonyme für die Wörter:
удивлённый, испуганный, сердитый, послушный, тихий:
erstaunt, still, böse, verwundert, wütend, brav, erschrocken, folgsam, ruhig, angstvoll
Zweites Kapitel
Die beiden Mädchen wagten einander nicht anzusehen29, als sie am nächsten Morgen aufwachten, als sie dann in ihren weißen langen Nachthemden in den Waschsaal liefen, als sie sich, Schrank an Schrank, anzogen, als sie Stuhl an Stuhl beim Milchfrühstück saßen, und auch nicht, als sie nebeneinander, Lieder singend, am See entlangliefen und später mit den Helferinnen Reigen tanzten und Blumenkränze flochten. Ein einziges Mal kreuzten sich ihre raschen Blicke, doch dann waren sie auch schon wieder erschrocken voneinander weggeglitten30.
Luise spielt mit ihren Freundinnen Ball, aber sie ist nicht recht bei der Sache. Oft schaut sie sich um, als suche sie jemanden und könne ihn nicht finden.
Trude fragt: „Wann beißt du denn nun endlich der Neuen die Nase ab, hm?“
„Sei nicht so blöd!“, sagt Luise.
Christine blickt sie überrascht an. „Nanu! Ich denk, du hast eine Wut auf sie31?“
„Ich kann doch nicht jedem, auf den ich eine Wut habe, die Nase abbeißen“, erklärt Luise kühl. Und sie setzt hinzu: „Außerdem hab ich gar keine Wut auf sie.“
„Aber gestern hattest du doch welche!“, sagt Steffie.
„Und was für eine Wut!“, ergänzt Monika. „Bei Abendbrot hast du unterm Tisch auf ihren Fuß getreten, dass sie beinahe gebrüllt hätte!32“
„Na also“, stellt Trude fest.
„Wenn ihr nicht gleich aufhört“, ruft Luise zornig, „kriegt ihr was!“ Damit wendet sie sich um und läuft weg.
„Die weiß nicht, was sie will“, meint Christine und zuckt die Achseln.
Lotte sitzt, ein Blumenkränzchen auf den Zöpfen, allein in der Wiese und ist damit beschäftigt, einen Kranz zu winden. Da fällt ein Schatten über ihre Schürze. Sie blickt auf.
Luise steht vor ihr und tritt verlegen von einem Bein aufs andere. Lotte wagt ein schmales Lächeln. Luise lächelt erleichtert zurück.
Lotte hält den Kranz, den sie eben gewunden hat, und fragt schüchtern: „Willst du ihn?“
Luise lässt sich auf die Knie nieder und sagt leidenschaftlich: „Ja, aber nur, wenn du ihn mir aufsetzt!“
Lotte drückt ihr den Kranz in die Locken.
Dann nickt sie und fügt hinzu: „Schön!“
Nun sitzen also die beiden ähnlichen Mädchen nebeneinander auf der Wiese, sind mutterseelenallein, schweigen und lächeln sich vorsichtig an.
Dann atmet Luise schwer und fragt: „Bist du mir noch böse?“ Lotte schüttelt den Kopf.
Luise blickt zu Boden und sagt: „Es kam so plötzlich! Der Autobus! Und dann du! So ein Schreck!“
Lotte nickt. „So ein Schreck“, wiederholt sie. Luise beugt sich vor. „Eigentlich ist es furchtbar lustig, nein?“
Lotte blickt ihr erstaunt in die blitzenden Augen. „Lustig?“ Dann fragt sie leise: „Hast du Geschwister?“ „Nein!“ „Ich auch nicht“, sagt Lotte.
Beide haben sich in den Waschsaal geschlichen und stehen vor einem großen Spiegel. Lotte ist voll Feuereifer33 dabei, Luises Locken mit Kamm und Bürste zu kämmen.
Luise schreit „Au!“ und „Oh!“. „Willst du wohl ruhig sein?“, schimpft Lotte, gespielt streng.
„Wenn dir deine Mutti Zöpfe flicht, schreist du nicht!“
„Ich habe doch gar keine Mutti!“, murrt Luise. „Deswegen, au!, deswegen bin ich ja auch so ein lautes Kind, sagt mein Vater!“
„Zieht er dir denn nie die Hosen straff?34“, fragt Lotte, während sie mit dem Zopfflechten beginnt.
„Ach wo! Dazu hat er mich viel zu lieb!“
„Das hat doch damit nichts zu tun!“, bemerkt Lotte.
„Und außerdem hat er den Kopf voll.“
„Es genügt doch, dass er eine Hand frei hat!“ Sie lachen.
Dann sind Luises Zöpfe fertig, und nun schauen die Kinder mit brennenden Augen in den Spiegel. Die Gesichter strahlen wie Christbäume. Zwei völlig gleiche Mädchen blicken in den Spiegel hinein! Zwei völlig gleiche Mädchen blicken aus dem Spiegel heraus!
„Wie Schwestern!“, flüstert Lotte begeistert.
Der Mittagsgong ertönt.
„Das wird ein Spaß!“, ruft Luise. „Komm!“ Sie rennen aus dem Waschsaal. Und halten sich an den Händen.
Die anderen Kinder sitzen längst. Nur Luises und Lottes Plätze sind noch leer.
Da öffnet sich die Tür und Lotte erscheint. Sie setzt sich auf Luises Stuhl.
„Du!“, warnt Monika. „Das ist Luises Platz! Denk an deinen Fuß!“
Das Mädchen zuckt nur die Achseln und beginnt zu essen. Die Tür öffnet sich wieder, und – ja, zum Donnerwetter! —Lotte kommt leibhaftig noch einmal herein! Sie geht, ohne eine Miene zu verziehen, auf den letzten leeren Platz zu und setzt sich.
Die anderen Mädchen am Tisch sperren Mund und Nase auf. Jetzt schauen auch die Kinder von den Nebentischen herüber. Sie stehen auf und umdrängen die beiden Lotten.
Die Spannung löst sich erst, als die zwei zu lachen anfangen. Es dauert keine Minute, da hallt der Saal von vielstimmigem Kindergelächter wider.
Frau Muthesius runzelt die Stirn.
„Was ist denn das für ein Radau?“ Sie steht auf und schreitet, mit strafenden Blicken, in den tollen Jubel hinein. Als sie aber die zwei Zopfmädchen entdeckt, schmilzt ihr Zorn wie Schnee in der Sonne dahin. Belustigt fragt sie:
„Also, welche von euch ist nun Luise Palfy und welche Lotte Körner?“
„Das verraten wir nicht!“, sagt die eine Lotte zwinkernd und wieder erklingt helles Gelächter.
„Ja um alles in der Welt!“, ruft Frau Muthesius in komischer Verzweiflung. „Was sollen wir denn nun machen?“
„Vielleicht“, schlägt die zweite Lotte vergnügt vor, vielleicht kriegt es doch jemand heraus?“
Steffie fuchtelt mit der Hand durch die Luft. Wie ein Mädchen, das dringend ein Gedicht aufsagen möchte.
„Ich weiß etwas!“, ruft sie. „Trude geht doch mit Luise in dieselbe Klasse! Trude muss raten!“
Trude blickt musternd von der einen Lotte zur anderen und schüttelt ratlos den Kopf. Dann aber huscht ein spitzbübisches Lächeln35 über ihr Gesicht. Sie zieht die ihr näher stehende Lotte tüchtig am Zopf – und im nächsten Augenblick klatscht eine Ohrfeige!
Trude ruft begeistert: „Das war Luise!“ Die allgemeine Heiterkeit erreicht ihren Höhepunkt.
Luise und Lotte haben die Erlaubnis erhalten, in den Ort zu gehen. Die „doppelte Lotte“ soll unbedingt im Bild festgehalten werden36. Um Fotos nach Hause zu schicken! Da wird man sich wundern!
Der Fotograf, ein gewisser Herr Eipeldauer, hat nach der ersten Verblüffung, ganze Arbeit geleistet. Sechs verschiedene Aufnahmen hat er gemacht. In zehn Tagen sollen die Fotos fertig sein.
Zu seiner Frau meint er, als die Mädchen fort sind:
„Weißt du was, am Ende schick ich ein paar Fotos an eine Illustrierte oder ein Magazin! Zeitschriften interessieren sich manchmal für so was!“
Draußen löst Luise ihre „dummen“ Zöpfe wieder auf. Und als sie ihre Locken wieder schütteln kann, kehrt auch ihr Temperament zurück. Sie lädt Lotte zu einem Glas Limonade. Lotte sträubt sich. Luise sagt energisch: „Komm! Mein Vater hat vorgestern frisches Taschengeld geschickt. Auf geht’s!37“
Sie setzen sich in den Garten, trinken Limonade und plaudern. Es gibt ja so viel erzählen, zu fragen und zu beantworten, wenn zwei kleine Mädchen erst einmal Freundinnen geworden sind!
Die Hühner laufen pickend und gackernd zwischen den Gasthaustischen hin und her. Ein alter Jagdhund beschnuppert die beiden Gäste und ist mit ihrer Anwesenheit einverstanden.
„Ist dein Vater schon lange tot?“, fragt Luise.
„Ich weiß es nicht“, sagt Lotte. „Mutti spricht nie von ihm – und fragen möchte ich nicht gern.“
Luise nickt, „Ich kann mich an meine Mutti gar nicht erinnern. Früher stand auf Vaters Flügel ein großes Bild von ihr. Einmal kam er dazu, wie ich es mir ansah. Und am nächsten Tag war es fort. Er hat es wahrscheinlich im Schreibtisch eingeschlossen.“
Die Hühner gackern. Der Jagdhund döst. Ein kleines Mädchen, das keinen Vater, und ein kleines Mädchen, das keine Mutter mehr hat, trinken Limonade.
„Du bist doch auch neun Jahre alt?“, fragt Luise.
„Ja.“ Lotte nickt. „Am 14. Oktober werde ich zehn.“
Luise setzt sich kerzengerade.
„Am 14. Oktober?“
„Am 14. Oktober.“
Luise beugt sich vor und flüstert: „Ich auch!“
Lotte wird steif wie eine Puppe.
Hinterm Haus kräht ein Hahn. Der Jagdhund schnappt nach einer Biene, die in seiner Nähe summt. Aus dem offenen Küchenfenster hört man die Wirtin singen.
Die beiden Kinder schauen sich wie hypnotisiert in die Augen. Lotte schluckt schwer und fragt heiser vor Aufregung:
„Und wo bist du geboren?“
Luise erwidert leise und zögernd, als fürchte sie sich:
„In Linz an der Donau!“
Lotte fährt sich mit der Zunge über die trockene Lippen.
„Ich auch!“
Es ist ganz still im Garten. Nur die Baumwipfel bewegen sich. Vielleicht hat das Schicksal, das eben über den Garten hinwegschwebte, sie mit seinen Flügeln gestreift.
Lotte sagt langsam: „Ich hab ein Foto von… von meiner Mutti im Schrank.“
Luise springt auf.
„Zeig mir’s!“ Sie zerrt die andere vom Stuhl herunter und aus dem Garten.
„Nanu!“, ruft da jemand empört. „Was sind denn das für neue Moden?“ Es ist die Wirtin. „Limonade trinken und nicht zahlen?“
Luise erschrickt. Sie kramt mit zitternden Fingern in ihrem kleinen Portemonnaie, drückt der Frau einen Geldschein in die Hand und läuft zu Lotte zurück.
„Ihr kriegt etwas heraus!“, schreit die Frau. Aber die Kinder hören sie nicht. Sie rennen, als gälte es das Leben38.
„Was mögen die kleinen Gänse bloß auf dem Kerbholz haben?“39, brummt die Frau. Dann geht sie ins Haus. Der alte Jagdhund trottet hinterdrein.
Lotte kramt, im Kinderheim, hastig in ihrem Schrank. Unter dem Wäschestapel holt sie eine Fotografie hervor und hält sie Luise hin.
Luise schaut scheu und ängstlich auf das Bild. Dann verklärt sich ihr Blick. Ihre Augen saugen sich förmlich an dem Frauengesicht fest.
Lottes Gesicht ist erwartungsvoll auf die andere gerichtet. Luise lässt das Bild sinken und nickt selig. Dann presst sie es wild an sich und flüstert: „Meine Mutti!“
Lotte legt den Arm um Luises Hals. „Unsere Mutti!“ Zwei kleine Mädchen drängen sich eng aneinander. Hinter dem Geheimnis, das sich ihnen eben entdeckt hat, warten neue Rätsel, andere Geheimnisse.
Der Gong dröhnt durchs Haus. Kinder rennen lachend und lärmend treppab. Luise will das Bild in den Schrank zurücklegen. Lotte sagt: „Ich schenke dir’s!“
Fräulein Ulrike steht im Büro vor dem Schreibtisch der Chefin und hat vor Aufregung krebsrote, kreisrunde Flecken auf beiden Backen.
„Ich kann es nicht für mich behalten!“, sagt sie. „Wenn ich nur wüsste, was wir tun sollen!“
„Na, na“, sagt Frau Muthesius. „Was drückt Ihnen denn das Herz ab, meine Liebe?“40
„Luise Palfy und Lotte Körner! Ich habe im Aufnahmebuch nachgeschlagen! Sie sind beide am selben Tag in Linz geboren! Das kann kein Zufall sein!“
„Wahrscheinlich ist es kein Zufall, meine Liebe. Ich habe mir auch schon bestimmte Gedanken gemacht.“
„Sie wissen es also?“, fragt Fräulein Ulrike.
„Natürlich! Als ich die kleine Lotte, nachdem sie gekommen war, nach ihren Daten gefragt und diese eingetragen hatte, verglich ich sie mit Luises Geburtstag und Geburtsort.“
„Und was geschieht nun?“
„Nichts.“
„Nichts?“
„Nichts! Sie sollen den Mund halten, meine Liebe.“
„Aber…“
„Kein Aber! Die Kinder ahnen nichts. Sie haben sich vorhin fotografieren lassen und werden die Bilder heimschicken. Wenn sich die Fäden hierdurch entwirren41, gut! Doch Sie und ich, wir wollen uns hüten, Schicksal zu spielen42. Ich danke Ihnen für Ihre Einsicht. meine Liebe. Und jetzt schicken Sie mir, bitte, die Köchin.“
Fräulein Ulrike macht kein sonderlich geistreiches Gesicht, als sie das Büro verlässt. Übrigens wäre das bei ihr auch etwas völlig Neues.
Der kostenlose Auszug ist beendet.