Émile, Étienne und all die Anderen

Text
Autor:
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Émile, Étienne und all die Anderen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Elke Bath



Émile, Étienne und all die Anderen



Provenzalische Geschichten vom MAS ROUSTAN





Dieses ebook wurde erstellt bei






Inhaltsverzeichnis





Titel







Zitat







Vorwort







Kapitel 1 – CHAMPAGNERGRÜßE - Oktober 07 – März 08







Kapitel 2 - März – Juli 08







Kapitel 3 - Juli – Oktober 2008 - JULIGRÜßE







Kapitel 4 - Oktober – Dezember 08 - Goldene OKTOBERGRÜßE.







Kapitel 5 - Dezember 08 – Februar 09







Kapitel 6 - Februar – Mai 09 - VORFRÜHLINGSGRÜßE aus B.







Kapitel 7 - Mai – August 09 - Das müssen nun SPARGELGRÜßE wer-den…







Kapitel 8 - Hi Leute, ich bin´s, Elvis.







Kapitel 8b - Mai - August 08







Kapitel 9 - August – Oktober 09 - SCHORNSTEINFEGERGRÜßE!







Kapitel 10 - Oktober – Dezember 09 - GLÜHWEINGRÜßE, „vin chaud“…







Kapitel 11 - Dezember 09 – Februar 10 - WINTERGRÜßE!







Kapitel 12 - Februar – August 09 (das ist ja nicht möglich!!) - Nicht ganz störungsfreie SOMMERGRÜßE!







Kapitel 13 - August – Oktober 10 - Das werden jetzt WINZERGRÜßE!







Kapitel 14 - Oktober – Dezember 10 - LICHTERGLANZGRÜßE!







Kapitel 15 - Dezember 10 – März 11 - Milde FRÜHLINGSGRÜßE







Kapitel 16 - März – Mai 11 - Ihr erhaltet heute MAIGLÖCKCHENGRÜ-ßE…







Kapitel 17 - Mai – Juli 11 - TANGOGRÜßE und einen dicken Strauß Rosen..







Kapitel 18 - Juli – September 11 - HOCHZEITSGRÜßE!







Kapitel 19 - September – Dezember 11 - SCHON KAMINGRÜßE..







Kapitel 20 - Dezember 11 – März 12 - GRÜßE VOM RAGONDIN







Kapitel 21 - März – Mai 12 - ROSIGE MAIGRÜßE







Kapitel 22 - Mai – September 12 - SPÄTSOMMERGRÜßE







Kapitel 23 - September – November 12 - MISTRALGRÜßE







Kapitel 24 - November – Dezember 12 - PARISGRÜßE







Kapitel 25 - Dezember 12 – Februar 13 - VALENTINSGRÜßE, es gingen aber auch KARNEVALSGRÜßE…







Kapitel 26 - Februar – April 13 - SCHNEEGRÜßE, mal zur Abwechslung.







Kapitel 27 - April 13 - JUBILARSGRÜßE!







Kapitel 28 - April – Juni 13 - WETTERKAPRIOLENGRÜßE







Kapitel 29 - Juni – August 13 - GROßELTERNGRÜßE!







Kapitel 30 - August – Oktober 13 - KNOBLAUCHGRÜßE







Kapitel 31 - Oktober – Dezember 13 - HUNDEGRÜßE!







Kapitel 32 - Dezember 13 – Februar 14 - FAULE WINTERGRÜßE!







Kapitel 33 - Februar – April 14 - MANDELBLÜTENGRÜßE!







Kapitel 34 - April – Juni - OLIVENZWEIGGRÜßE







Kapitel 35 - Juni – August 14 - HOCHSOMMERGRÜßE!







Kapitel 36 - Juli 14 - ELVISGRÜßE







Kapitel 37 - August – Oktober 14 - GEBURTSTAGSKINDERGRÜßE







Kapitel 38 - Oktober – Dezember 14 - KULTURGRÜßE







Kapitel 39 - Dezember 14 – Februar 15 - WINTERBLUESGRÜßE!







Kapitel 40 - Februar – März 15 - GÄNSEBLÜMCHENGRÜßE!







Impressum neobooks







Zitat



„Ich bin wahrlich eine



glückliche Frau.



Ich lebe mit Büchern,…



Blumen, Sonnenschein,



dem Lied der Grillen,



und ich habe viel Muße,



all das in meinem Garten



zu genießen.“




Nach Elizabeth von Arnim











Vorwort



Dezember 2007




Émile, Étienne, Élodie,…wer war noch dabei? Elvira? Édith auch? Egal, sie saßen Alle an diesem kalten Tag auf der Mauer und schauten zu, wie ein Möbelwagen mit Anhänger vorfuhr.



„Die haben ein „D“ als Kennzeichen. Hab ich schon mal gesehen“ sagte Émile, der pfiffigste von Allen. „Das sind Touristen.“



„Was heißt „D“, zirpte Élodie, die nie was raffte.



„Das heißt Deutschland, Mensch du weißt aber auch wirklich nichts.“ Étienne jetzt, der sich zu Wort meldete.



Élodie schmollte.



„Und was wollen die hier aus D.?“ säuselte Édith.



„Ich glaube, die wollen hier einziehen. Die Bude steht doch schon seit dem Sommer leer. Wir werden das beobachten.“ Émile nun wieder.



Und dann verzog sich die Kombo in den Park und quatschte die halbe Nacht, über das, was sich wieder ereignete im „Mas Roustan“.










Kapitel 1 – CHAMPAGNERGRÜßE - Oktober 07 – März 08




Es ist jetzt schon über sieben Jahre her, - da standen wir an einer Su-permarktkasse irgendwo in Südfrankreich und nahmen beim Bezahlen eins von diesen ausgelegten Heftchen mit, „Paru-Vendu“, ,„Der Heiße Draht“ o.ä. Querbeet wurde alles angeboten, von Autos über Haushaltsauflösungen, Kleintiere, Musikinstrumente, bis hin zu Mie-tofferten.



„Voila!“ Da stand es: mehrere MAS zu vermieten….“, Telefon etc.



Ein Mas ist ein provenzalisches Bauernhaus, alt, aus Stein, oft ländlich gelegen, mehr oder weniger technisch auf der Höhe. Meistens eher weniger….



Wir telefonierten also. Machten für den nächsten Tag einen Termin aus und fuhren hin.



Unser Haus in Deutschland hatten wir – endlich – ein paar Wochen vorher verkaufen können, zu einem halbwegs akzeptablen Preis. War keine gute Zeit für Hausverkäufe damals, aber wir wollten einfach nur weg.



Weg wollen Viele: „ sobald ich in Rente bin, ziehe ich auf die griechi-sche Insel….sobald es geht, werde ich Olivenbauer in der Toskana, - fahre mit meinem Boot um die Welt…“



Träume sind schön, Träume sind wichtig, Träume halten uns am Leben, aber wenn der Traum zum Leben wird -, das ist nochmal was Anderes. Nach einem Zitat von Marc Chagall.



So viele aus unserem früheren Lebensumfeld haben uns nicht zuge-traut, dass wir wirklich diesen Schritt gehen würden: dort Alles hinter sich lassen, hier ganz neu anfangen. Wir waren immerhin bald Mitte 60. „ Ach was“, haben sie gesagt, das macht ihr ja doch nicht, ihr redet nur davon,- das schöne Haus, eure Kinder sind hier, eure Freunde…“ Wir hörten, aus dem was sie sagten, durchaus so was wie Eifersucht? Neid? heraus. Nur meine alte Mutter hat gesagt: „ das macht ihr genau richtig!“



Jetzt muss die Vorgeschichte kommen, sonst versteht ja kein Mensch, was wir da im Süden wollten.



Wir wollten in die Provence! Wir wollten nach dem Ende unseres Be-rufslebens genau dort leben, wo wir jeden Tag Weinfelder sehen würden, Olivenhaine, den vielgerühmten blitzeblauen Himmel, gut auch nicht immer…, aber doch unvergleichlich mehr als im Norden.



Wir wollten genau dahin, wo jetzt morgens am Pool mein Blick auf die Zwillingszypressen fällt, die aussehen wie der Kölner Dom… wo ich meinen Kaffee trinke und denke:“ Ja, so hatten wir uns das gedacht!“

 



Zurück zur Geschichte.



Der Besitzer, den wir angerufen hatten, zeigte uns ein Haus mit klei-nem Garten. Fanden wir schon nicht schlecht, wollten aber beim Mit-tagessen noch mal nachdenken.



Zwei Stunden später also wieder hingefahren, - das Haus war vermie-tet! An einen Gefängniswärter vom Gefängnis in Tarascon.



Ich fange jetzt mal mit der ordentlichen Auflistung der Mieter an, das wird Vieles erleichtern. Also Gefängniswärter (No.1).



„ Aber“, sagte der Besitzer, „ ich hätte da noch das „Maison de Mâit-re“. Später werden wir lernen, dass der Erbauer des Mas Ende des 18.Jahrhunderts in diesem Teil gewohnt hat. Der „Mâitre“ mithin.



Wir sind von der Gartenseite reingekommen. Und nun stehen wir da im Raum, schauen uns um und halten die Luft an. In der Sekunde ist uns klar, dass wir das große Los gezogen haben.



Obwohl unglaublich viel Gelumpe rumstand und der Kamin zugemüllt war!



Ist sowas Schicksal? Natürlich ist es das!



Wir hatten in den Tagen vorher etliche Objekte angeschaut. Alles nix. Und nun das hier, genauso, wie wir uns das immer in unseren Vor-stellungen ausgemalt hatten.



Wir waren doch schon Jahre, Jahrzehnte immer in die Provence ge-fahren, hatten Häuser gemietet, hatten in jedem irgendwas gefunden, was unbedingt , wenn es denn mal so weit wäre, vorhanden sein müsste: ein großer Kamin, uriger Fußboden, alte Decken, „beaucoup de charme“! Das ist so ein oft gehörter Immobilier-Spruch, Vorsicht! Heißt im Klartext: optisch einnehmend, aber besser schau mal auf die E-Technik und ob man heizen kann!



Hier war es nun alles beisammen: der Kamin (trotz Müll), der Fuß-boden, die Kassettendecken. Die Frage nach der Heizung haben wir schon gestellt, aber ich hab es, glaube ich, ausgeblendet.



Wir schlurften hinter dem Besitzer die Wendeltreppe rauf und durch die vielen Zimmer hinterher und wieder ein andere Treppe run-ter…eigentlich wollten wir uns doch verkleinern, oder? Na gut!



Also den Mietvertrag unterschrieben, übrigens an meinem Geburtstag! Zufall? Nie! Was für ein Geschenk.



Wir haben gleich Fotos gemacht, damit man bei Rückkehr nach D. was vorzeigen konnte.



Dass unsere Möbel im Geiste schon ihren Platz gefunden hatten, ver-steht sich von selbst.



Ende Oktober: Zelte abbrechen in Deutschland.



Das Übliche bei Umzügen: aussortieren, verkaufen, verschenken, wegschmeißen; das Letztere kann jeder nachempfinden, der nur ein einziges Mal umgezogen ist. Warum hortet man bloß so viel?



8. Dezember, die Count-down-Woche läuft.



Nachts habe ich Albträume: ich sehe unsere diversen Terrassen im Süden, überall sitzen fremde Menschen auf MEINEN Stühlen, plaudern, fühlen sich gestört durch meine Frage, was sie hier wollten…. Pampige Antworten: sie hätten hier Mietrecht, und ich wäre nicht die Einzige, die Zugriff auf den Garten hätte und über-haupt. Oben in den Zimmern lungern auch fremde Leute herum…und immer mein Eindruck, dass wir da mit dem Unterschreiben des Mietvertrages einen gewaltigen Irrtum hingelegt haben.



Der Gatte erscheint auch in dem Szenarium, findet das alles nicht so schlimm, mault nur rum und sagt, dass er seinen Tenniskoffer verges-sen habe… Zum Glück nur ein böser Traum.



Wir machen eine letzte Runde durch das Städtle. Abschiednehmen vom Buchhändler, von der netten Apothekerin, sie sind alle, ja, ein bisschen gerührt. Auch meine Frau „Hasen-W.“, nein, den vollen Na-men nenne ich jetzt nicht. Also, sie hat in einem Laden gearbeitet, den ich oft frequentiert habe. Vorher war sie mal im Haushalt von unserem Freund B. beschäftigt, und einmal sollte sie einen Hasen zubereiten, hatte sie aber wohl noch nie vorher gemacht. Nun denn, Hase rein ins Rohr in voller Montur, im Pelzfell.. waren da Kräuter dran? GRRRR, der Gestank ging wochenlang nicht aus der Wohnung. Sie ist nicht lange dort geblieben.



Abends laden uns Freunde zum Essen ein, und später, als wir schon fast im Bett liegen, klopfen noch liebe Nachbarn an, Sekt und Gläser unter dem Arm.



Es sind genau diese Freunde, die den Kontakt nicht haben abreißen lassen in all den Jahren,- gegenteilige Beispiele sind zahlreicher.



Morgen wird der Möbelwagen kommen.



Warum fühle ich kein Fitzelchen Wehmut?



Die Kinder schon…dieses Haus war ihr Elternhaus, hier haben sie ihre Kinder- und Jugendjahre verbracht. Ich bin in meinem Leben so oft umgezogen, da ist das anders.



Nein, anders ist es deswegen, weil diesmal ein Möbelwagen nach Sü-den fährt, wir hinterher und direkt dahin, wo aus einem Traum Leben werden soll.



Es gießt übrigens den ganzen Tag, - als wenn uns da jemand zeigen wollte, dass dort wegzukommen, das Höchste ist.



Montag, 14. Dezember, 9.00 Uhr. Der Möbelwagen ist da. Acht Leute verstauen in drei Stunden unseren gesamten Hausrat. Wagen und Anhänger pickepackevoll.



Mittags setzen sie sich mit zwei Leuten Besatzung in Bewegung in Richtung Süden.



Die Käuferin des Hauses kommt kurz darauf und strahlt, als sie die Schlüssel kriegt. Schicksal auch das!



Wie viele nörgelige Möchtegernkäufer/Immobilientouristen sind durch unser Haus geschlichen! Herabsetzende Kommentare – sicher auch um den Preis zu drücken - …“ offenes Wohnen, geht überhaupt nicht, und die Kinder im Keller!“ Die hatten einen eigenen Eingang zum Souterrain, den sie geliebt haben, besonders als die Zeit der Dis-cobesuche herankam.



Bei jedem, der unser Haus runtergeredet hat, ist mir schwerer ums Herz geworden.. und dann kommt jemand durch die Tür, sieht das offene Wohnen und sagt: „ ja, das ist es!“ Hört mir auf mit Zufall!



15. Dezember: unsere Abfahrt nach Frankreich.



Hinten im Auto, das Wichtigste: der Hund! Elvis, unser Jack-Russell.



Was noch? Das „Zauberbett“, so ein superbequemes, aufblasbares Monstrum, die Federbetten, ein Aktenkoffer, bisschen Kleidung fürs erste, ein Werkzeugkoffer, ein Picknickset…



Es war Mittag, als wir am 16. Dezember in B. ankamen, eine Über-nachtung war irgendwo bei Dijon eingeschoben worden.



Auf dem Weg zur Autobahn am nächsten Morgen musste der Gatte noch rasch in einen Baum kraxeln, um einen dicken Mistelzweig zu schneiden. Im Burgund sind die prächtig vertreten.



Gartenschere und Klappspaten habe ich immer im Auto – und Weih-nachten ohne Misteln geht überhaupt nicht.



Dem Besitzer hatte ich eine Mail geschickt, in der ich darum bat, dass man ein von Gelumpe und Müll bereinigtes Haus vorzufinden wün-sche! Was war? Nichts, aber auch gar nichts hatte er getan, es sah genau noch so aus wie im Oktober.



Widerwillig schleppte er dann mit seinem Sohn das ganze Graffel raus. Bei einem Bücherregal versuchte er noch, uns ein Angebot zu machen. („Tout neuf“, eine seiner Lieblingsfloskeln!)



Er hatte das Regal kaum nach draußen gewuchtet, - da fiel es auch schon in sich zusammen!



Dann versuchte er, den Ölofen in Gang zu kriegen. Mit Hilfe von Lulu, einem seiner Hiwis. Es war doch Dezember, und, jawohl, in der Pro-vence kann es da richtig kalt werden.



Wir hatten ebenfalls per Mail darum gebeten, den Ofen schon mal zwei Tage vor unserer Ankunft anzuwerfen, damit es schon ein klein wenig gemütlich sein möchte, aber nein!



Er „bricolierte“ herum. Wunderbares Wort! Bedeutet soviel wie: „Herumwerkern, Heimwerkeln..! Eher nichtfachmännisch! Von der Sortierung „Technikaktionismus“ hat er in den Jahren, die folgen soll-ten, noch hundertfach Zeugnis abgelegt!



Der Ölofen leckte also. Nächste Baustelle: das Gäste-WC. Es funktio-nierte nicht. Wir wussten gleich, dass er seit Oktober nicht in dem Haus gewesen ist, um möglicherweise das Eine oder Andere zu regeln. Nach drei Stunden rumwurschteln, ist er dann – murrend – losgefahren und hat ein neues gekauft. Hat es mit Lulu zusammen eingebaut.



All die Typen, die ab jetzt so erwähnt werden, könnt Ihr Euch merken, Müsst Ihr aber nicht, sie tauchen sowieso wieder auf.



Und spätestens dann, damals, hätten wir die Zeichen sehen müssen, dass wir da an einen Vermieter geraten waren, der „ pas très catholi-que“ ist. Auch schöner Ausdruck. Schlitzohr, nicht vertrauenswürdig, ach, all die bösen Wörter, die wir später in seinem Zusammenhang noch haben lernen müssen!



O-Ton mein Tagebuch, 16.12.: „ ich glaube, dem müssen wir auf die Finger gucken!“



Wir sind zwar in unser Paradies gekommen, - aber leider war der Teu-fel schon vor uns da.



Eine Woche später war immer noch gebändigtes Chaos. Aber: die dicke Mistelkrone hing im Durchgang zwischen Esszimmer und dem, was mal die Bibliothek werden würde.



Der Essplatz war fertig, die Küche soweit funktionstüchtig, zwei Sessel vor dem Kamin, für eine Woche Arbeit war das blendend. Ich hatte mir sogar Zeit genommen, eine Bodenvase mit Zweigen von Oli-venbäumen, Kiefern und Eukalyptus zu füllen als Baumersatz. Steht ja alles vor der Haustür.



Am 23. waren wir nochmal beim Carrefour zum Einkaufen. Blöder Zeitpunkt, klar, 1 000 000 Franzosen deckten sich ein für das Fest. Und bei solchen Gelegenheiten schlägt der Franzose richtig zu.



Alle Einkaufswagen waren brechend voll. Im Mittelgang all die Köst-lichkeiten, auf die man auf keinen Fall verzichten möchte. Foie Gras, die gibt es bis hin zum 5 Kilopack. Austernberge.. und die berühmten 13 Köstlichkeiten, die „13 délices“, die zum Dessert nie fehlen dürfen. Datteln, Trauben, kandierte Früchte, Nougat Mandeln..knallebunt und zuckersüß. Es dürfen mehr sein als dreizehn, aber NIEMALS weniger. So will es die provenzalische Tradition.



* * *




24.12. Schöne Bescherung!



Ich hatte mir beim Heben und Schleppen einen Halswirbel ausgerenkt. Passiert mir öfter mal, und ist ganz fies.



Da die Stadt B. kein Krankenhaus hat, sind wir in das von Tarascon gefahren. Zum Glück hatte ein Arzt Dienst, der bestens einrenken konnte.



Sehr erleichtert habe ich so am Abend die Austern schlürfen können. Und den Champagner. Die 13 Desserts gab es nicht.



Auf unser erstes Weihnachtsfest in der Provence!








Kapitel 2 - März – Juli 08




Heute gibt es „MÄRZENBECHERGRÜßE“ und Neues vom Mas.



Wie war unser erstes Vierteljahr, wie ist unser neues Leben in unserer neuen Heimat?



Das klappt aber nur deshalb mit dem Schreiben, weil seit zwölf Stun-den ein heftiger Mistral weht, draußen wurschteln wäre jetzt unan-genehm. Es war ja schon fast frühsommerlich warm zwischendurch, aber dieser Wind, dieser böse Wind, der drückt dann die Temperaturen wieder runter.



Ich erzähle, während der Gatte eine neue Lichtleiste im Ankleide-zimmer anbringt. Wir sind sowas von vornehm geworden! Bei den vielen Gemächern hätte man gut und gerne auch ein Séparée für den Hund einrichten können.



Dann müssen noch ein paar Bilder im Gästezimmer aufgehängt wer-den, denn ab der nächsten Woche sind wieder Gäste zu erwarten.



Im Haus gibt es natürlich immer noch viel zu tun, aber wir wurschteln uns voran. Eigentlich ist es schon jetzt saugemütlich, und manchmal, wenn wir so abends geschafft vor dem Kamin sitzen, mit einem Glas Rouge, dann staunen wir immer noch über unser Glück.



Ich sitze grad so bequem, da werde ich Euch ein bisschen erzählen von B., unserer neue Heimatstadt.



Es ist ein typisches Provencestädtchen, als Sahnehäubchen hat es einen Hafen im Zentrum; die meisten Besitzer der Boote, die dort vor Anker liegen, wohnen ganzjährig auf ihren Schiffen: Holländer, Belgier, Engländer, Franzosen. Am Anfang wurden wir immer gefragt, ob wir vielleicht auch auf einem Boot wohnen würden….



Parallel zum Hafen ist ein großer Platz mit Platanen bestückt, wie das so ist im Midi.



Genau dort ist donnerstags und sonntags bis mittags Markt. Und das bedeutet, da ist Leben. Sonntags sind alle Läden offen. Dann holen wir uns die Zeitung, den „Midi Libre“, denn man möchte schließlich wissen, wie die Bürgermeisterwahl ausgehen wird und was auf der Jahresversammlung der Stierkampffreunde so gestritten wurde.



Danach holen wir uns unsere Austern von einem Stand, der am Wo-chenende seine Meeresfrüchte feilbietet, setzen uns ins Café, ich trinke einen Rosé, der Gatte bevorzugt einen Pastis, und wir schauen dem Treiben zu, bevor wir wieder heimfahren und die Austern verknuspern. Haben natürlich auch ein frisches Baguette gekauft.



Tägliche Rituale: nach unten schleichen, einen Espresso trinken und dabei beobachten, wie die Sonne auf der Ostseite über das Dach von Madame Dijolles Haus klettert. Ach, das Licht! Es ist Klischee, ich weiß, aber ich weiß auch, dass es so ist, - und Ihr wisst es auch…

 



Elvis und ich ziehen dann später los auf unsere morgendliche Sportel-runde, durch die Weinfelder, bis zum Kanal, eben jener Kanal, der im Hafen von B. anfängt und immer weiter nach Westen führt bis nach Bordeaux.



Bevor wir zurücklaufen, verschnaufen wir ein bisschen, dabei frage ich meinen Hund, wie er es so findet hier, und er sagt jedes Mal, er wäre sehr zufrieden.



Auch draußen haben wir schon schwer gewerkelt.



Im Februar hatten wir in einer Gärtnerei einen Großeinkauf getätigt, die haben angeliefert und Jean Dias, der Portugiese, der Neffe von Lori, hat alles im Garten eingepflanzt.



Bambus, Pittosporum, den mexikanischen Orangenstauch - Santoli-nen, eine 15m lange Lavendelreihe, Olivenbäume, Zypressen, - die typischen Pflanzen des Mittelmeeres eben.



Bei der Pflanzaktion beobachte ich einen Radelfahrer, der jeden Morgen an unserem Garten vorbeifährt, sehr langsam, schließlich am Brückchen anhält, absteigt und guckt. Ich gucke zurück. Auf mein „bonjour“ kam keine Reaktion. Nach einpaar Tagen hab ich ihm den Beinamen „Hahnejökel“ verpasst, so nannte meine Großmutter Typen, die ein wenig aus der Spur waren, aber im Prinzip harmlos. Ich entschied mich auch für diese Variante.



Eines Tages stand er da wieder nur so rum, und auf einmal grüßt er mich und erzählt, leicht wirr, dass dieses Stück Garten, den wir erst zu einem machen wollen, früher mal der Gemüsegarten seines Großvaters war .Und in dem er als Kind gespielt hat.



Jetzt wissen wir auch, woher die zwei Kirschbäume kommen und die riesige Feige. Und die hervorragende Qualität der Erde.



Er jökelt in Abständen immer mal wieder vorbei, manchmal grüßt er, manchmal nicht. Aber wenn er gute Erinnerungen an seinen Großvater hat, ist das schön, und dann darf er auch gucken.



Vorn am Eingangshof, nach Nordwesten gelegen, hat inzwischen ein schönes schmiedeeisernes Hoftor mit vergoldeten Spitzen seinen Platz gefunden! Der Gatte hat eine vorhandene Mauer verlängert, um das Tor einzupassen. Versaille, ja, genau so. Tisch, Stühle, eine Bank, Pötte, alles schon sehr einladend. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dies unser Abendplätzchen wird bei Sonnenuntergang. Wenn der Mistral nicht weht, versteht sich.



Da vorne haben wir Lorbeer, Oleander und Hortensien gepflanzt, und mittendrin…die einzige Rose, die wir aus D. mitgenommen hatten, „Félicité Parmentier“. Sie hat Umzug und Vernachlässigungen nicht übelgenommen und treibt aus!



Dieser Gartenteil nach Norden direkt am Haus sah wirklich furchtbar aus, ein paar zauselige Büsche, ein Stück Wiese, eine Brache. Aber es hatte sich ja auch nie jemand gekümmert. Das Haus war bis zu diesem Zeitpunkt nur im Sommer an Feriengäste vermietet, und Sommergäste haben nun mal keine Veranlassung, irgendwas im Garten zu machen.



Auf der Südterrasse sind Kletterrosen gepflanzt, Zitronen- und Oli-venbäume stehen in Kübeln, ein paar Hortensien im Schatten. Sie fühlen sich alle sichtbar wohl, weil hier ihnen ja auch der Mistral nicht zusetzt. Über den wird noch zu sprechen sein!



Am Pool, im Garten, angelehnt an das Poolhäuschen, haben wir eine Pergola aufgestellt, gabs günstig als Fertigteil im Baumarkt.



Obendrüber ist eine Strohabdeckung als Sonnenschutz, ist ja die volle Südseite. Rechts und links sitzen zwei Glyzinien, mittig ein Jasmin. Ihr dürft ab jetzt klettern!



Solche Arbeiten kriegen wir noch allein hin. Die schweren Sachen machen eben die Portugiesen. So wie Lori, unsere Zugehfrau, unsere „femme de ménage“. Sie wohnt gegenüber und hat noch am Tage unseres Einzugs dieses Haus unter ihre Fittiche genommen. Auch hier wieder „danke, Schicksal!“. Sie ist so ein kleines, rundliches Energie-bündel, so eine, die reinkommt, in die Hände klatscht und nicht lange fackelt. Und wenn sie sagt, die Betten werden heute neu bezogen, dann würde ich nie widersprechen. Allerdings ist sie grobmotorisch angelegt. Ich geh weg, wenn sie den Staubsauer schwingt, hab ein bisschen Angst um meine Deko.



Möchtet Ihr jetzt einen ersten kurzen Blick ins Haus werfen?



Bibliothek, Esszimmer, Küche mit großem Kamin, die drei Räume ge-hen ineinander über. Alte Bodenplatten aus dem Burgund, der Fuß-boden in der Bibliothek hat das für ein „Maison der Mâitre“ typische schwarz-weiße Rautenmuster. Hohe Decken, teils Stuck, teils Holz-kassetten. Zur Geschichte des