Die endgültige Regelung des Nahost-Konfliktes

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Die endgültige Regelung des Nahost-Konfliktes
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EKKEHART GÄMLICH

Die

endgültige Regelung

des

Nahost-Konfliktes

durch

die Errichtung einer

öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte

für

das palästinensische Volk

außerhalb Palästinas

Imprint

Die endgültige Regelung des Nahost-Konfliktes

durch die Errichtung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte

für das palästinensische Volk außerhalb Palästinas

2. unveränderte Auflage 09 / 2012

© Die 1. Auflage erschien als Buch im Selbst-Verlag Ekkehart Gämlich, Magdeburg – 11 / 2008

(ISBN 978-3-00-026692-8)

Anschrift des Autors:

Ekkehart Gämlich - Simonstraße 5 - D-39114 Magdeburg

Gaemlich.Magdeburg@web.de

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2012 Ekkehart Gämlich

ISBN 978-3-8442-3367-4

Mit dem Wunsch

auf einen dauerhaften, wirklichen Frieden und

eine glückliche Zukunft

ist dieses Buch

dem israelischen Volk

und dem palästinensischen Volk

gewidmet.

Ein kurzes Vorwort zur 2. Auflage

Die 1. Auflage erschien am Jahresende 2008 als Buch.

Dieser folgt die 2. Auflage als eBook im Oktober 2012.

Sie ist unverändert.

Weil auch die Lage nach fast vier Jahren unverändert ist.

Die Palästinenser befinden sich jetzt zwar hinter einer gigantischen Mauer.

Aber die gigantische Mauer hat das gigantische Problem nicht gelöst.

Vertane Jahre in einem Jahrzehnte währenden Konflikt mit vertanen Chancen und Möglichkeiten.

Liebe Leserin, lieber Leser,

zunächst darf ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie ein Buch mit diesem nonkonformistischen Untertitel erworben haben.

Möglicherweise ist "Buch" für diese Lektüre etwas zu hoch gegriffen. Es ist wohl eher als Text eines Vortrages zu definieren; eines Vortrages, in dem Interessierten (oder Interessenten) ein neues Produkt, ein neues Konzept oder eine neue Idee präsentiert wird.

Unter diesem nonkonformistischen Untertitel möchte ich Ihnen ebensolche Gedanken vorstellen, denn ich zähle zu jenen, die absolut nicht glauben können, dass die jetzt angestrebte Lösung – zwei stark wachsende Völker teilen sich ein zu kleines Land – jemals zu einer wirklichen Lösung des Nahost-Konfliktes führen kann.

Sie wird für Israel keine zukunftstaugliche Dauer-Lösung bringen und für das palästinensische Volk kann ein lebensunfähiger "Flicken-Teppich-Staat" schon gar keine Perspektive darstellen.

Zu befürchten ist, dass sich beide Völker – wegen ihres jahrzehntelangen Gegeneinanders – irgendwann so geschwächt haben, dass ihnen durch Druck von außen eine Problem-Lösung aufgenötigt wird. Es besteht die Gefahr, dass diese "Lösung" primär geopolitischen Erfordernissen entspricht, "endlich Ruhe in der Region zu bekommen" und dass dabei die Belange beider Völker zu kurz kommen.

Ebenso wird eine Lösung keine Dauer-Lösung sein können, die ein sehr starker Partner einem sehr schwachen aufzwingt.

Daraus kann bestenfalls ein aufgeschobenes – oder verschlepptes – Problem werden, oder schlimmstenfalls der Nährboden weiterer, womöglich noch schlimmerer Konflikte.

Das haben beide geschundenen Völker wahrhaft nicht verdient.

Im Marketing-Bereich kennt man ein Schema der "strukturierten Vorgehensweise bei der Problem-Lösung". Es besteht aus vier Stufen:

1. Was ist das Problem?

2. Wodurch ist das Problem entstanden?

3. Welche Lösungs-Möglichkeiten gibt es?

4. Was ist die Erfolg versprechendste Problem-Lösung?

Ungeschulte Verkaufs-Teams gelangen in der Regel bis Stufe 2.

Sie kennen das Problem und wissen auch ganz genau, wie das Problem entstanden ist. Sie können sich gegenseitig mit unzähligen Details und Argumenten "tot schmeißen" und stundenlang von Misserfolgen erzählen.

Aber das bringt sie nicht weiter, sondern sie demotivieren sich selbst und landen immer wieder - und immer wieder – in der gleichen "Sackgasse".

Genau das scheint mir seit Jahrzehnten Stand beim Nahost-Konflikt zu sein. Man ist über Stufe 2 nicht hinausgekommen.

Seit Jahrzehnten können beide Völker – und deren Verbündete - nur eines vorweisen, nämlich die Misserfolgs-Historie, das Problem zu lösen, das Verharren in Sackgassen.

"Das Camp-David-Abkommen ist ein Meilenstein zur Lösung des Nahost-Konfliktes", meinte man damals. – Damals !

Damals bestand der Staat Israel 30 Jahre.

Am 17.9.2008 ist dieses Abkommen 30 Jahre alt geworden.

Nach 30 Jahren, und im 60. Jahr des Staates Israel, dauert dieser Konflikt immer noch an.

Warum könnte man beim Nahost-Konflikt über Stufe 2 nicht hinaus gekommen sein?

Etwa deswegen, weil jede Seite genau weiß, - es aber nicht offen sagt, - dass derzeitige Konzepte für beide Seiten keine wirkliche Lösung darstellen können?

Streitet man über Vordergründiges, Tagespolitisches, wird aber von Hintergründigem angetrieben?

Wenn beide Seiten wirklich lieber diese Angelegenheit offen halten wollen, statt sich auf fatale, folgenträchtige Kompromisse

einzulassen, kann man den Akteuren beider Seiten nur Verantwortungsbewusstsein ihren Völkern gegenüber bescheinigen.-

Trotzdem kommen wir so nicht weiter.

Im Marketing besitzt das "vom Tagesgeschäft und Tagesfrust losgelöste Team-Gespräch in Stufe 3". einen sehr hohen Stellenwert: "Wir waren bisher erfolglos. Aber gibt es wirklich nur den einen Weg, die eine Möglichkeit, das eine Konzept…..usw.?

Vergessen wir doch einmal unsere vergangenen Misserfolge. Analysieren wir, welche Möglichkeiten uns außerdem noch zur Verfügung stehen. Sammeln wir Ideen, suchen wir die beste Idee und entwickeln daraus – in Stufe 4 - eine neue Strategie."

Und das soll in der großen Politik funktionieren?

Warum denn nicht?

Betrieblicher Misserfolg ist schließlich im persönlichen Leben auch keine Kleinigkeit. Er kann die Existenz kosten – und was das heißt, muss heute wohl niemandem mehr erklärt werden.

Im Gegenteil: Wir leben in einer Zeit, in der (global-)wirtschaftliche Belange in bisher nicht gekannter Weise unser Leben, bis hin zu staatlichem Handeln, dominieren.

Warum finden eigentlich bisher bewährte Instrumente und Strategien aus der Wirtschaft kaum Anwendung in der internationalen Politik, in zwischenstaatlichem Handeln, bei Problem-Lösungen, oder bei vorausschauender Problem-Prävention?

"Patent-Rezepte", oder gar ein "Gutachten mit Erfolgsgarantie", sollte man auf den folgenden Seiten, bitte, nicht erwarten.

Hier wird Ihnen eine "Idee" vorgestellt und deren Praktikabilität begründet.

Also:

Analysieren wir die Lage aus der Sicht Außenstehender. Distanziert.- Aber dennoch voll Sympathie für beide Völker.

Suchen wir Antworten. Antworten, die zum unbefangenen Weiterdenken anregen, die den "Sanierungsfall Nahost-Konflikt" lösen könnten, - oder mindestens weiterbringen,

Fragen wir im Sinne der angesprochenen Stufe 3:

"Gibt es denn wirklich nur den einen, jetzt angedachten Lösungsweg?"

Antwort: "Nein, es gibt mehrere – und alle sind besser, als das, an dem man jetzt werkelt."

Das Konzept, das Ihnen hier vorgestellt wird, kann zudem auch dann noch realisiert werden, wenn (beispielsweise durch Druck von außen) eine vermeintliche Lösung gefunden wurde, - die aber gar nichts löst.

Frage: "Wäre dieses Konzept wirklich für beide Seiten praktikabel, gerecht, akzeptabel, zukunftstauglich?"

Bitte, liebe Leserin, lieber Leser, beantworten Sie diese Frage selbst, wenn Sie dieses Buch gelesen haben.

1. Beide Völker sind Opfer der Geschichte

Aus der Geschichte können beide Völker einen begründeten Anspruch auf Palästina – und Jerusalem - herleiten. Das israelische Volk hat zweifellos den älteren Anspruch, religiös aus der Bibel und historisch, aus biblischer Zeit. König David eroberte etwa 1.000 v. Chr. Jerusalem.

Aber das palästinensische Volk kann belegen, dass deren Vorfahren 637 n. Chr. Jerusalem eroberten und 1.099 n. Chr. gegen die Kreuzritter kämpften. Nach den Kreuzrittern - ab 1244 - war Jerusalem wieder moslemisch.

Gleichgültig, wer sich auf welche Jahreszahl beruft, alles war lange, lange vor 1492. Damals entdeckte Kolumbus Amerika. – Heute würde kaum ein Amerikaner darüber diskutieren, "wem gehört dieses Land"?

Bringt uns also diese Art von Geschichtsbetrachtung weiter?

Nein, - denn wir landen nur in immer neuen Sackgassen.

Ein Gesichtspunkt erscheint aber im Sinne des Themas durchaus erwähnenswert, nämlich die Toleranz, die Jahrhunderte lang zwischen Juden und Moslems herrschte, im Gegensatz zur Intoleranz der Christen gegenüber den Juden. Dazu zwei Beispiele:

1.

711 n. Chr. eroberten moslemische Mauren Spanien. Moslems, Juden und Christen lebten danach friedlich miteinander. Sie brachten Handel, Gewerbe Kultur und Landwirtschaft zu unglaublicher Blüte. Bedeutende Wissenschaftler aller Religionen beeinflussten von dort das gesamte europäische Mittelalter.

Die "Reconquista" der katholischen Könige Spaniens – im Bündnis mit der "Heiligen Inquisition" - beendeten dieses vorbildliche Zeitalter ganz im Geiste des "unduldsamen Katholizismus":

 

1492 wurden alle Juden verjagt und bis 1609 fast alle der über 250.000 dort verbliebenen Mauren.

2.

Seit dem Mittelalter ist Jerusalem in vier Stadtteile aufgeteilt.

Im Nordwesten liegt das Viertel der Christen, im Osten das der Muslime, im Süden ist das Judenviertel und im Südwesten das der Armenier. Sie lebten Jahrhunderte lang in Frieden unter der Herrschaft des moslemischen Osmanischen Reiches.

Vor diesem geschichtlichen Hintergrund bedeutet der Nahost-Konflikt eine ( hoffentlich kurzfristige ) Störung eines Jahrhunderte lang von Toleranz geprägten Verhältnisses zwischen Juden und Moslems. Diese Störung wurde beiden von Dritten aufgezwungen, denn ein weiterer Gesichtspunkt verdient ausführliche Betrachtung:

 Beide Völker sind Opfer der Geschichte. – Beide Völker !

Ohne Zweifel ist das jüdische Volk – durch die Jahrhunderte - das "verfolgteste Volk" im christlichen Kulturraum. Juden waren als Nicht-Christen quasi rechtlos. Gegen Zahlung besonderer Abgaben konnten sie sich, besonders in einzelnen Reichsstädten, gewisse (Schutz-) Privilegien erkaufen, die für jeden Christen als Selbstverständlichkeit galten.

Bereits im Hoch-Mittelalter trat die Kirche für eine "strengere Isolierung der Juden" von der "rechtgläubigen" christlichen Bevölkerung ein. Den Juden wurden in den Städten bestimmte Wohnviertel zugewiesen (Ghettos).

Seit dem Vierten Lateran-Konzil im Jahre 1215 war ihnen besondere Kleidung als äußeres Kennzeichen vorgeschrieben, nämlich ein spitzer Hut (Judenhut) und ein gelber Fleck.

Der gelbe "Judenstern" der Nazis hatte also Vorläufer und Vorbilder.

Für Juden galten Berufsverbote. Christen war verboten, mit Juden in "Tischgemeinschaft" zu leben oder für sie als Dienstboten zu arbeiten, getreu dem Motto: "Teile und herrsche: Hier die Guten, dem Wort der heiligen Mutter Kirche folgend – und dort jene Ungläubigen, deren Vorfahren unseren Heiland ans Kreuz nagelten und riefen: 'Sein Blut komme über uns und unsere Kinder'. " ("Gottes-Mörder")

Für dieses Blut haben christliche Kirchen gesorgt, geschürt, gehetzt. Mehr oder weniger galt dieses für alle christlichen Glaubensrichtungen. Immer wieder kam es zu schrecklichen Juden-Verfolgungen (Pogromen) –Vertreibungen, -Ermordungen. Und es soll bloß niemand sagen, "das waren Auswüchse, die die Kirche(n) nicht wollte(n)". Im Mittelalter geschah nichts gegen den Willen der mächtigen "christlichen" Kirchen.

Jesus Christus war selbst Jude. Den Gott der Juden nannte er seinen Vater. Er predigte und lebte Nächstenliebe, ja Feindesliebe. Was hätte er wohl zu dem gesagt, was seine "Gläubigen" - in seinem Namen – Jahrhunderte lang mit seinem Volk (und nicht nur mit diesem) - anrichteten?

Im 19. Jahrhundert hatten Juden in Westeuropa Fortschritte bei der rechtlichen Gleichstellung und Integration (Assimilation) erreicht.

Es war eine Hoffung vieler westeuropäischer Juden, dass in künftigen demokratisch-parlamentarischen Gesellschaften der Spuk des Antisemitismus vorüber sein wird.

Zu dieser (zu) optimistischen – und letztlich für deutsche Juden verheerenden – Einschätzung konnten die Juden Osteuropas und Russlands nicht gelangen. Für westeuropäische Begriffe herrschten diesbezüglich dort noch fast mittelalterliche Verhältnisse.

1881 wurde der russische Zar Alexander II. ermordet. Als sich herausstellte, dass der Attentäter ein Jude war, schürte die russische Regierung den ohnehin latent vorhandenen Antisemitismus.

Viele jüdische Gemeinden wurden von Pogromen heimgesucht.

Unter diesem Eindruck erschien 1882 die Schrift des Arztes Leon Pinsker aus Odessa "Autoemancipation". Sie gilt als "Geburt der zionistischen Idee" und postuliert: Nur die Rückbesinnung auf die Wurzeln des Judentums, auf jüdische Identität und die Gründung eines jüdischen Staates kann eine Lösung für die Juden bringen.

Waren die Gedanken Pinskers eher national-religiös-idealistisch, erfuhr der Zionismus durch den Publizisten und Politiker Theodor Herzl realpolitische Impulse. Als Korrespondent der angesehenen Wiener Zeitung "Neue Freie Presse" berichtete er über den skandalösen Dreyfus-Prozess in Frankreich. Er schloss daraus, dass selbst in liberalen westeuropäischen Demokratien, wie Frankreich, der Judenhass Bestand haben würde.

In seinem Buch "Der Judenstaat" entwickelte er 1896 seine Vision der "Rück-Besiedelung Palästinas", dem gelobten Land der Stämme Israels.

Der 1897 von Herzl in Basel einberufene erste Zionistische Weltkongress verabschiedete die "Basler Erklärung", deren Kernsatz lautet:

 "Der Zionismus erstrebt für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina".

Der Zionismus ist damit letztlich eine Reaktion auf Jahrhunderte lang erlittenes Unrecht. Es sollte Schluss sein mit Einschränkungen, Selbstverleugnung und Rechtlosigkeit in der Diaspora. Die Zionisten beanspruchten das Recht, das jedem Volk zusteht:

"Ein freies Volk in unserem Land" heißt es in der israelischen Nationalhymne.

In den Jahren 1882 bis 1904 wanderten die ersten 35.000 Juden aus Russland und Rumänien nach Palästina aus. Mit finanzieller Unterstützung durch Edmund de Rothschild kauften sie Land und gründeten erste jüdische Orte.

1917 kam jener Arthur James Earl of Balfour ins Spiel. Auf Initiative von Vertretern des Zionismus – N.Sokolow und C.Weizmann – erklärte er in einem Brief an Lord Rothschild, am 2. November 1917:

 "Die Regierung seiner Majestät betrachtet die Errichtung einer Nationalheimstätte für das jüdische Volk in Palästina mit Wohlwollen und wird keine Mühe scheuen, die Erreichung dieses Zieles nach Kräften zu fördern." (Balfour-Deklaration).

Diese Deklaration erfolgte im dritten Jahr des 1. Weltkrieges, in einer für die Ententemächte kritischen Kriegslage. Beispielsweise scherte im November 1917 Russland aus der Koalition gegen Deutschland aus.

Wer sich mit der Geschichte der Juden in der Diaspora beschäftigt, wird für diese "Schaffung einer Nationalheimstätte" mindestens Verständnis aufbringen, wenn nicht sie begrüßen.

Äußerst kritikwürdig ist aber die Strategie jenes Arthur James Earl of Balfour, die ihn zu einem der Väter des "Nahost-Konfliktes" machte.

Der Earl wurde am 25.7.1848 geboren und starb am 19.3.1930.

1887 – 1890 war er Irland-Minister,

1902 – 1905 Premier-Minister,

1916 - 1919 Außen-Minister,

1925 – 1929 Lord-Präsident.

Als Lord-Präsident erschuf er den Begriff "British Commonwealth".

Der Earl war also ein führender Politiker einer damaligen Weltmacht, die in dieser Zeit als größte Kolonialmacht galt.

Arthur James Earl of Balfour dachte – und handelte, – wie in jener Zeit Kolonial-Politiker oder Kolonial-Herren zu denken und zu handeln pflegten. Richtschnur des Handelns jener Kolonial-Herren war ausschließlich – wirklich ausschließlich - das imperiale Interesse ihres Landes.

Die von ihnen beeinflussten, abhängigen oder beherrschten Völker wurden für die Interessen der Kolonialmacht – je nach Interessenlage - "benutzt". Fast alle am 1. Weltkrieg teilnehmenden Staaten – mit Ausnahme der USA - waren Kolonialmächte.

Wie könnte die Interessenlage der beteiligten Kolonial-Mächte hinsichtlich des Nahen Ostens zu jener Zeit gewesen sein?

Wie wurde wer (zeitweise) "benutzt"?

Im Januar 1916 wurde das "Sykes-Picot-Geheim-Abkommen" ausgehandelt und mit einem Schriftwechsel im Mai 1916 bestätigt. Es trägt den Namen der beiden Unterhändler, dem Briten Sir M. Sykes und dem Franzosen C.F.G.Picot.

Darin legten die beiden Ententemächte Großbritannien und Frankreich die Aufteilung – oder "Neuordnung" - der arabischen Gebiete des Osmanischen Reiches nach dem 1. Weltkrieg fest. Dieses geschah also bereits über zwei Jahre vor Beendigung des 1. Weltkrieges und der Kapitulation des zu den Achsenmächten zählenden Osmanischen Reiches (damals "der kranke Mann vom Bosporus") . Weitere Infos: Brockhaus multimedia 2009 und Google: Sykes-Picot-Abkommen

 Man definierte zwei Arten von Gebieten:

Einflusszonen

und Gebiete unter direkter Verwaltung der jeweiligen Macht.

Großbritannien erhielt demnach den südlichen Irak und Palästina in direkter Verwaltung. Als Einflusszonen erhielten die Briten unter anderem den südlichen Teil der syrischen Wüste. Die Häfen Akko und Haifa in Palästina sollten britische Freihäfen werden.

Frankreich reservierte sich den Libanon, West-Syrien, sowie Südost-Anatolien. Weitere Gebiete wurden Russland und Italien zugesprochen. Russland stieg nach der Oktoberrevolution 1917 aus diesem Deal aus.

Ein solches Abkommen wird ja nicht im Januar 1916 "mal ganz schnell fertig auf den Tisch gelegt". Man arbeitet es in längeren Verhandlungen aus. Als eben diese Verhandlungen liefen, - als mindestens der Tenor bereits feststand, - wurde London auf einer anderen Ebene aktiv.

Die Briten waren bei Kriegsausbruch in Basra, im Süd-Irak, gelandet. Sie hatten bereits bis Ende 1914 den gesamten südlichen (ölreichen) Irak erobert, erreichten Bagdad jedoch erst im März 1917. Außerdem unterstellte sich der Herrscher des Ölstaates Kuwait 1914 ihrem Protektorat.

Ziel könnte gewesen sein, osmanische Kräfte in Arabien zu binden, um so die britischen Verbände im Irak zu entlasten.

Wie macht man das? Man hetzt die Araber gegen die Osmanen, schürt einen Aufstand und destabilisiert gleichzeitig damit den Gegner.

Womit macht man das? Mit vagen – oder notfalls falschen – Versprechungen.

Was war das passendste Versprechen für die Araber?

Ein "arabisches Reich" nach dem Sieg über die Osmanen.

Es existiert ein Briefwechsel zwischen dem damaligen britischen Hochkommissar in Ägypten, Sir Henry Mc Mahon und dem Emir und Scherifen Hussain von Mekka, worin dem Scherifen ein "arabisches Reich" für den Fall zugesagt wird, dass sich Mekka gegen die Osmanen erhebt.

Von Anfang an stand aber fest, dass mit den Vereinbarungen eines "Sykes-Picot-Geheim-Abkommens" ein solches Versprechen gar nicht einzuhalten ist. Abgesehen davon wird man dieses auch niemals vorgehabt haben. Kolonialmächte brauchen kleine, zerstückelte Staaten mit divergierenden Interessen und kein starkes Großreich als "Partner".

Der Scherif von Mekka ließ sich im Sinne der Arabischen Idee, oder des Arabischen Traumes, benutzen. Sicher hatte er auch den Erhalt und/oder den Ausbau der eigenen Macht im Hinterkopf.

Er funktionierte wunschgemäß. 1916 begann er den "Aufstand in der Wüste", ausgeführt von Beduinen. Unterstützt wurde er von britischem Geld und britischen Agenten. Einer war Edward Thomas Lawrence – uns besser bekannt als "Lawrence von Arabien". Die Beduinen kämpften erfolgreich gegen die Osmanen und erreichten 1918 Damaskus.

Nach dem 1.Weltkrieg wurde der Völkerbund gegründet. Er beauftragte bestimmte Staaten mit der Wahrnehmung der Verwaltung von Gebieten des ehemaligen Osmanischen Reiches. Die Gebiete nannten sich fortan Mandatsgebiete.

Im Vertrag von San Remo sicherte sich 1920 Großbritannien das Mandat für den Irak und Palästina - zu dem damals auch Transjordanien gehörte. Frankreich erhielt das Mandat für den Libanon und Syrien.

Dem Scherif von Mekka blieben nur einige nördliche Teile der Arabischen Halbinsel. Der Traum von einem Arabischen Reich mit den arabischen Zentren Bagdad, Damaskus, (Jerusalem), Kairo war damit ausgeträumt.

Umgangssprachlich würde man sagen: Die Araber wurden 'gekonnt hereingelegt'. Allerdings hätte ein Emir und Scherif Hussain von Mekka wissen müssen, mit wem er sich - worauf - einlässt.

Möglicherweise wurden andere, zum Beispiel Kurden und Armenier, von anderen Mächten ähnlich benutzt, die Armenier vielleicht von Russland. Möglicherweise köderte man sie mit ähnlichen vagen Versprechungen. Fakt ist jedenfalls, dass hunderttausende Armenier ihre Gegnerschaft zum Osmanischen Reich und ihre Nähe zu Russland mit dem Leben bezahlten – im osmanischen Völkermord an den Armeniern.

 

(Ausführliche Informationen dazu unter http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Armeniern).

Unter diesem Aspekt stellt die Balfour-Deklaration auch nur den Versuch dar, Zionisten für eigene imperiale Interessen zu benutzen.-

Und dieses: "man betrachtet mit Wohlwollen" – "und wird keine Mühe scheuen" – "nach Kräften zu fördern" kennen wir doch zur Genüge aus Sonntags-, Parlaments-, Parteitags-, Wahl- und sonstigen unverbindlichen Politiker-Reden.

Diese Deklaration klang "Zionismus-freundlich".

Wie sich jedoch später zeigte, hielt sich die Zionismus-Freundlichkeit der britischen Mandatsverwaltung – um eine Häufung von Peinlichkeiten freundlich zu umschreiben - in sehr engen Grenzen.

In dem problematischen Kriegsjahr 1917 war sie ein Instrument, die "quengelnden Zionisten" ruhig zu stellen und sie gleichzeitig taktisch nutzbar zu machen.

Die Araber stellten schon 1915 / 1916 Forderungen nach einem "eigenen Reich", nach "einem Arabischen Kalifat für den Islam". Kolonialherren, deren Denkweise noch fest im 19. Jahrhundert wurzelte, konnten darin nur eine "bodenlose Unverschämtheit" erkennen:

Eine Weltmacht, wie Britannien, führt schließlich keinen Krieg gegen die Osmanen, damit sie Arabische Träume erfüllt.

Obwohl man noch die Unterstützung der Araber gegen die Osmanen suchte, betonte die britische Regierung in einem Brief vom 15.10.1915 an Scherif Hussain hinsichtlich des arabischen Kalifates, dass "die Gebiete westlich einer Linie Damaskus – Aleppo keinen 'rein arabischen Charakter' besäßen". Die Wünsche der Zionisten hinsichtlich Palästinas kamen London also gerade recht.

Weiterhin deutete sich schon Anfang 1917 an, dass aus den Ideen des 28. Präsidenten der USA , Thomas Woodrow Wilson, den Kolonialherren aller Kolonialstaaten erhebliche Probleme erwachsen würden.

Nach langem Zögern erfolgte am 6.4.1917 der Kriegseintritt der USA.

Mit seinen "Vierzehn Punkten" veröffentlichte Wilson im Januar 1918 seine Kriegsziele. "Eine stabile Nachkriegs-Ordnung", ein "System kollektiver Sicherheit", einen "Frieden des gerechten Ausgleichs" und das "Prinzip der Selbstbestimmung der Völker", die sich im "Völkerbund" organisieren, - an dessen Entstehung Wilson maßgeblichen Anteil hatte.

Dieser große Präsident erhielt 1920 den Friedens-Nobelpreis. Kolonialvölker beriefen sich forthin natürlich auf Wilsons "Prinzip der Selbstbestimmung.-"

Wegen des Suezkanals, der für die Kolonialmacht Britannien zur damaligen Zeit eine Schlagader von überragender Bedeutung war, konnten solche Bestrebungen in Ägypten überaus gefährlich werden.

1869 wurde der Suezkanal eröffnet. Schon 1882 fand eine Revolte eines Offiziers statt, der "Urabi-Aufstand". Dieser zwang Briten und Franzosen zu einer Militär-Intervention. Die Briten besetzten danach dauerhaft die Kanalzone und unterstellten 1914 Ägypten ihrem Protektorat.

Bereits vor 1917 war Unruhe in diesem wichtigen Land wahrnehmbar.

Wohlgesonnene Zionisten in greifbarer Nähe konnten in dieser Hinsicht von künftigem strategischem Nutzen sein.

Noch knapp vierzig Jahre später sollte sich diese Strategie – vordergründig und kurzfristig – als äußerst nützlich erweisen. 1956 beging der ägyptische Präsident Nasser die "Todsünde", den Suezkanal zu verstaatlichen. Als alle Verhandlungen, die Verstaatlichung rückgängig zu machen, scheiterten, fielen die beiden ehemaligen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich in einer Luftlande-Operation über dieses souveräne Land her.

Israelische Bodentruppen näherten sich gleichzeitig über den Sinai dem Kanal. Mitten in Kalten Krieg bekamen beide Weltmächte, USA und UdSSR, "Angst und kalte Füße" und pfiffen gemeinsam die Aktion ab und die Angreifer zurück.

1918 wurde Palästina von britischen Truppen eingenommen und stand bis zum 31.05.1920 unter britischer Militärverwaltung. Am 1.6.1920 wurde der erste britische Hochkommissar zur Verwaltung des Palästina-Mandates eingesetzt. Britannien hatte also nun Gelegenheit, den Worten der Balfour-Deklaration Taten folgen zu lassen.

 Was aber zwischen den beiden Weltkriegen folgte, war ein höchst peinliches, permanentes Zurückrudern.

Zwischen 1919 und 1923 folgte eine neue jüdische Zuwanderungswelle. Weitere 35.000 Juden kamen ins Land und provozierten stärker werdenden Widerstand der Araber, der in seiner Heftigkeit von der Mandatsmacht nicht erwartet worden war.

Man brauchte die Juden nicht mehr. Sie wurden zunehmend zum Störfaktor, weil sie die Aufmüpfigkeit der ohnehin unruhigen Araber anheizten.

Mit einem 1. "Weißbuch" verordnete der damalige britische Kolonial-Minister Winston Churchill grundsätzlich, dass "die jüdische Einwanderung der Aufnahmefähigkeit des Landes zu entsprechen habe". - Man beachte bitte: "der Aufnahmefähigkeit des Landes zu entsprechen habe" dekretierte Churchill damals, nachdem "weitere 35.000 jüdische Menschen" dort einwanderten, 35.000 !

1922 lebten etwa 85.000 Juden und etwa 670.000 Palästinenser in Palästina.

Dann schlug Churchill eine Gesetzgebende Versammlung für Palästina vor. Sie war von zehn Arabern und nur zwei Juden zu bilden.

Nach wenigen Jahren hatte man sich bereits meilenweit von der Balfour-Deklaration entfernt. Aber es folgte für die Zionisten in Palästina ein ganz besonders "folgenschwerer Hammer".

 Auf einer Konferenz in Kairo 1921 kreierte Churchill den "Pufferstaat Transjordanien". Transjordanien gehörte bis dahin zu dem, was man unter "Palästina" verstand.

Dieser "Pufferstaat" – heute Jordanien – grenzt im Norden an Syrien, im Nordosten an den Irak, im Osten und Süden an Saudi-Arabien und im Westen an "Rest-Palästina", dem heutigen Westjordanland und Israel. Transjordanien wurde vom Palästina-Mandat des Völkerbundes abgetrennt. Dieser neue Staat unterstand damit also künftig nur direktem britischem Einfluss und war von Britannien finanziell abhängig.

Damit wurde damals eins der heute unlösbaren Probleme geschaffen.

Zwei stark wachsende Völker – Israelis und Palästinenser – sollen sich heute ein zu kleines Land teilen, - also eigentlich "Rest-Palästina".

Das damals existierende Palästina (also das Gebiet einschließlich Transjordaniens) war gedankliche Grundlage der Pläne der ersten Zionisten des 19. Jahrhunderts.

 Ein Palästina mit Transjordanien hätte ausreichend Platz für beide Völker geboten.

 Das heutige Rest-Palästina hat diesen Platz nicht.

Heute hat Jordanien eine Fläche von 89.342 km². Die Fläche Israels beträgt 22.145 km², die der palästinensischen Autonomiegebiete 6.257 km². Zusammen sind das also 28.402 km² oder knapp 32 % der Fläche Jordaniens.

Israel hat über sieben Millionen Einwohner und in den Palästinenser-Gebieten leben etwa vier Millionen. Zusammen leben also in diesem Rest-Palästina – schon jetzt - mehr als elf Millionen Menschen.

Das flächenmäßig dreifach größere Jordanien hingegen hat nur ca. 5,6 Millionen Einwohner, die obendrein zu über 50 % aus Palästina-Flüchtlingen bestehen.

Tansjordanien entsprach und entsprang ausschließlich rücksichtsloser britisch-imperialer Interessen-Politik. Gegen diese Abtrennung und die anderen Anordnungen Churchills liefen die Zionisten Sturm. Schließlich waren schon damals die Folgen dieser fatalen Entscheidung absehbar.

Die Mandatsverwaltung stellte ein Ultimatum: 'Entweder akzeptieren Sie, - oder Britannien fühlt sich nicht mehr an die Balfour-Deklaration gebunden.' Da akzeptierte man.

Dem Kolonial-Minister Churchill steht damit eine Teil-Vaterschaft am Nahost-Konflikt zu.

Im Sommer 1929 kam es zu arabischen Unruhen mit über 120 getöteten Juden. Die britische Mandatsverwaltung erließ deswegen das "2. Weißbuch" und schränkte den jüdischen Zuzug noch weiter ein.

1933 erreichte der außenpolitische Leiter der Jewish Agency, C.Arlosoroff, beim Deutschen Reich eine Ausreise-Vereinbarung für Juden aus Nazi-Deutschland. Zwischen 1933 und 1935 trafen daraufhin fast 150.000 neue jüdische Zuwanderer in Palästina ein. Deswegen brach 1936 der arabische Palästinenser-Aufstand aus, der bis 1939 andauerte. Ziel der Araber war die völlige Beendigung der jüdischen Zuwanderung und Gründung eines arabischen Palästinas.

Im Juni 1937 veröffentlichte eine von der britischen Regierung eingesetzte Kommission unter Leitung von Lord R. Peel (Peel Kommission) einen Vorschlag zur Teilung Palästinas. Dieser Vorschlag sah für einen zu gründenden jüdischen Staat eine Fläche von 5.000 km² vor. Diesem Plan stimmten die Juden zu, die Araber lehnten ab.