Die Paraquatvergiftung

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Die Paraquatvergiftung
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Einar Göhring

Die Paraquatvergiftung

Copyright © 2017 Einar Göhring

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-7450-2943-7

Mit 12 Abbildungen und Grafiken

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Titelbild, Abbildungen, Grafiken, Satz, Layout und Konvertierung: Einar Göhring

Rev. 191019

Diese ebook-Ausgabe basiert auf der Printausgabe des Autors

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INHALT

1. EINLEITUNG

1.1. Aufgabenstellung

2. DARSTELLUNG DES PROBLEMS IN DER LITERATUR

2.1. Toxizität

2.2. Toxikologie

2.3. Histologische Befunde

2.3.1. Tierversuche (Lunge)

2.3.2. Humanhistologie (Lunge)

3. MATERIAL UND METHODIK

3.1. Toxizität – Letalitätsuntersuchungen

3.2. Toxikologische Analytik – Quantitative Bestimmungen

3.3. Histologische Untersuchungen

3.3.1. Tierversuche (Lunge)

3.3.2. Humanhistologie – Schilderung eines eigenen Falles

4. ERGEBNISSE

4.1. Toxizität – Letalitätsuntersuchungen

4.2. Toxikologische Analytik – Quantitative Bestimmungen

4.3. Histologische Befunde

4.3.1. Tierversuche (Lunge)

4.3.2. Humanhistologie

5. DISKUSSION

5.1. Toxizität – Letalitätsuntersuchungen

5.2. Toxikologische Analytik – Quantitative Bestimmungen

5.3. Histologie

5.3.1. Tierhistologie (Lunge)

5.3.2. Humanhistologie (Lunge)

6. ZUSAMMENFASSUNG

7. LITERATURVERZEICHNIS

NACHTRAG

1. EINLEITUNG

Paraquat, eine quartäre Bipyridiniumverbindung (1,1'-Dimethy1-4,4'- bipyridiniumdichlorid bzw. -dimethylsulfat, s. Formel), wurde 1962 von CALDERBANK und CROWDY als sehr wirksames Kontaktherbizid entdeckt. Vorher war es schon seit Längerem unter dem Namen Methylviologen (MICHAELIS und HILL 1933a,b) als Redoxindikator bekannt.


Paraquatdichlorid

Vergiftungen mit Paraquat wurden seit seiner Einführung in die Landwirtschaft ‒ in Deutschland unter dem Namen GramoxoneR als 2%ige Lösung im Handel ‒ in zunehmendem Maße in der medizinischen Literatur beschrieben (ALMOG und TAL 1967, BEEBEJAUN et al. 1971, BONY et al. 1971, BRONKHORST et al. 1968, BULLIVANT et al. 1966, CAMPBELL 1968, CARSON 1972, EISENMENGER et al. 1974, FAVAREL-GARRIGUES 1972, FENNELLY et al. 1968, ders. 1971, FISHER et al. 1971, FRANZ 1968, GARDINER 1972, GRABENSEE et al. 1971, ders. 1974, GRUNDIES et al. 1971, HARRISDN et al. 1972, HENSEL und DÜRR 1971, HERCZEG und REIF 1968, HOFMANN und FROHBERG 1972, IFF et al. 1971, KALBFLEISCH 1970, KERR et al. 1968, KODAGODA et al. 1973, LANZINGER et al. 1969, MALONE et al. 1971, MASTERSON und ROCHE 1970, MATTHEW et al. 1968, ders. 1971, McDONAGH und MARTIN 1970, McKEAN 1968, MICKLESON 1971, MOURIN 1967, MUSTI 1972, NAGI 1970, NIENHAUS und EHRENFELD 1971, OREOPOULOS et al. 1968, PASI und HINE 1971, PERROY 1972, RACHAMANDRAN et al. 1974, SWAN 1967, TILLING 1968, TOMPSETT 1970, WEIDENBACH 1969).

Wenn Paraquat auch nicht den Bekanntheitsgrad anderer toxischer Substanzen in der Agrikultur, wie z.B. des »klassischen« Giftstoffs Nitrostigmin, erreicht hat, hat es dennoch in seiner Verwendung als Suizidmittel und durch Unfälle toxikologisches Interesse erlangt. Dies ist auf die typischen klinisch-pathologischen Erscheinungen zurückzuführen, die Paraquat in der Mehrzahl der Fälle verursacht:

Nach oraler Aufnahme zeigen sich anfangs nur geringe Reizerscheinungen (lokale Verätzungen, Übelkeit, gastrointestinale Störungen), die nach einem nahezu symptomfreien Intervall von wenigen Tagen vom führenden Krankheitsbild der Lungenveränderungen, nämlich einer fortschreitenden Lungenfibrose mit begleitendem Ödem, abgelöst werden. Daneben werden je nach Vergiftungsgrad auch andere Organbeteiligungen deutlich (hepatorenales Syndrom), die jedoch wenig Einfluss auf den klinischen Verlauf nehmen.

Der letale Ausgang tritt meist innerhalb von drei Wochen ein. Werden die ersten Tage überlebt, führen pulmonale Stauung und Rechtsherzinsuffizienz zum Tod. Dieser Verlauf ist den Fällen mit mäßiger Giftaufnahme eigen; bei schwerer Vergiftung - sie kommt seltener vor - ist der klinische Verlauf foudroyant:

Bei stärker ausgeprägten Reizerscheinungen kommt es zu massiver Nierenschädigung mit Azotämie und ausgeprägtem alveolären und interstitiellen Lungenödem, die Leberschädigung ist stärker, der Tod tritt innerhalb der ersten drei Tage nach Giftaufnahme ein.

Als Ausnahmeerscheinungen sind das Auftreten von hämolytischer Anämie (MUSTI 1972) und Nebennierennekrose (NAGI 1970) zu betrachten. Zum Spektrum der Schädigungen durch Paraquat kommen bei lokalem Kontakt schließlich noch Nagelschäden, Bindehautentzündung mit Komplikationen und Nasenbluten nach Einatmen von Paraquatstaub hinzu (CALDERBANK 1968, CANT und LEWIS 1968, JOYCE 1969, SAMMAN et al. 1969, SINOW und WEI 1973).

Die Therapie der Paraquatvergiftungen ist nach wie vor auf symptomatische Maßnahmen beschränkt, zumal es kein Antidot gibt: im Frühstadium Verhinderung der Absorption durch Magenspülung oder ‒ noch effektiver ‒ durch Gabe von Adsorbentien wie Fullers-Erde (Calciummontmorillonit) oder Bentonit (Aluminiumsilikathydrat), die anderen Adsorbentien wie z.B. Medizinalkohle stark überlegen sind (CLARK 1971, STAIFF et al. 1973), daneben Einleitung forcierter Diurese; Hämo- und Peritonealdialyse sind nur bei Niereninsuffizienz in Erwägung zu ziehen, da die Elimination von Paraquat aufgrund des niedrigen Blutspiegels mit diesen Maßnahmen allein nicht suffizient ist, auch wenn die gute Dialysierbarkeit von Paraquat im Modellversuch nachgewiesen werden konnte (GRUNDIES et al. 1971, HENSEL und DÜRR 1971, HOFMANN und FROHBERG 1972). Ohne therapeutischen Erfolg scheint ebenso eine Blutaustauschtransfusion zu sein, die in einem Vergiftungsfall durchgeführt wurde, mit der Absicht, auf diese Weise den Paraquatspiegel im Blut zu senken (MICKLESON und FULTON 1971).

 

Einer in einem Paraquatvergiftungsfall durchgeführten Lungentransplantation blieb ebenfalls der Erfolg versagt. Der verbliebene Paraquatspiegel war anscheinend nach in der Lage, die bekannten pathologischen Veränderungen bis zum letalen Ausgang zu induzieren (MATTHEW et al. 1968).

Der Einsatz von Corticoiden im Hinblick auf die sich entwickelnde Lungenfibrose ist – wie auch bei anderen Lungenfibrosen (MEIER-SYDOW 1975) – bislang unbefriedigend (MATTHEW et al. 1971, GRABENSEE et al. 1974). Gerade wegen des geringen therapeutischen Reservoirs soll jedoch am Rande auf die Möglichkeit des Einsatzes von Penicillamin hingewiesen werden.

Seine Fähigkeit zur Unterdrückung der Kollagenfaserbildung infolge Hemmung der Polymerisation von Mukopolysacchariden sowie seine Befähigung zur Kollagenaseaktivierung wird ja auch bei Lungenfibrosen anderer Genese und bei ähnlichen systemischen Erkrankungen mit verstärkter Fibrosierung ausgenutzt (BÖNI et al. 1969, HARRIS und SJOERDSMA 1966, WIONTZEK 1970), sodass ein vergleichbarer Effekt auf die Entwicklung der Paraquat-Lungenfibrose zumindest vermutet werden kann. Desgleichen ist an eine mögliche Anwendung von Spironolacton zu denken; sein Erfolg bei der Behandlung von Lungenfibrosen ist schon nachgewiesen (FREERKSEN 1973).

1.1. Aufgabenstellung

Die folgende Arbeit wurde mit der Zielsetzung durchgeführt, durch vergleichende toxikologische und histologische Untersuchungen zur Pathogenese der Organveränderungen und zum Ansatzpunkt der forensisch-toxikologischen Analytik bei Paraquatvergiftungen beizutragen. So sollten zum einen Letalitätsuntersuchungen Auskunft über die Toxizität von Paraquat im Tierversuch geben, zum andern wurde von quantitativen Bestimmungen der Paraquatkonzentrationen in verschiedenen Organen eine Antwort auf Fragen der Verteilung und Elimination des Giftes erwartet, so z. B. ob und in welchem Umfang Konzentrationsunterschiede zwischen verschiedenen Organen bestehen.

Diese Frage musste jedenfalls bei der Suche nach der Ursache der im Vordergrund stehenden Lungenveränderungen nach Paraquatintoxikation gestellt werden.

Parallel geführte histologische Untersuchungen sollten über die vermutete Korrelation zwischen der beim Menschen so typischen »Paraquatlunge« (NIENHAUS und EHRENFELD 1973) und der Giftkonzentration im Tierversuch Auskunft geben.

Ein vorliegender Vergiftungsfall mit letalem Ausgang ermöglichte den Vergleich zwischen tier- und humanpathologischen Befunden.

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