Impact-Techniken für die Psychotherapie

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Impact-Techniken für die Psychotherapie
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Ich widme dieses Buch all jenen Kollegen, die meine Begeisterung teilen, anderen zu helfen, sie selbst zu werden.

Danie Beaulieu

Impact-Techniken für die Psychotherapie

Aus dem Französischen von Gisela Dreyer

Achte Auflage, 2021


Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Witten/Herdecke)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Tom Levold (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Dr. Burkhard Peter (München)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin (Heidelberg)

Karsten Trebesch (Berlin)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Reihengestaltung: Uwe Göbel

Umschlagillustration: Thorsten Hönig

Satz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Achte Auflage, 2021

ISBN 978-3-89670-444-3 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8497-8282-5 (ePub)

© 2005, 2021 Carl-Auer-Systeme Verlag und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © Danie Beaulieu, 2005

All Rights reserved

Copyright © der deutschen Ausgabe

Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg, 2005

Illustrationen: Christian Daigle

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Carl-Auer Verlag GmbH

Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg

Tel. + 49 6221 6438 - 0 • Fax + 49 6221 6438 - 22

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Inhalt

Vorwort

Vorwort der Autorin

Die Grundlagen der Impact-Techniken

Erstes mnemotechnisches Prinzip: Das multisensorische Lernen

Zweites mnemotechnisches Prinzip: Abstrakte Konzepte konkret machen

Drittes mnemotechnisches Prinzip: Nutzen der bereits bekannten Informationen

Viertes mnemotechnisches Prinzip: Emotionen auslösen

Fünftes mnemotechnisches Prinzip: Interesse wecken

Sechstes mnemotechnisches Prinzip: Lust und Spaß in der Therapie

Siebtes mnemotechnisches Prinzip: Einfach ist einfacher!

Achtes mnemotechnisches Prinzip: Wiederholen, wiederholen … doch ohne Zwang!

Impact-Techniken sind mehr als reine Mnemotechniken

Impact-Techniken mit Objekten

Ein Blatt Papier

Modellierknete

Audiokassetten

Videokassetten

Filter

20-Euro-Schein

Bindfäden

Kartenspiel

Kunststoffbecher (aus Polyäthylen)

Klebezettel

Aktentasche

Gummibänder

Schachfiguren

Der vergiftete Saft

Die Pepsi-Flasche

Kugeln

Überraschungstopf

Schwamm

Impact-Techniken unter Einsatz von Stühlen

Verschiedene Ich-Anteile

Eine Entscheidung treffen

Der rationale und der neutrale Stuhl

Leere Stühle

Rollenspiele

Zeit

Rollenwechsel und/oder Co-Therapie

Zeitprogression

Die Realität von Fantasien unterscheiden

Der nachdenkende Stuhl und der mit immer den gleichen Geschichten

Angst vor Veränderung

Leere aus Selbstlosigkeit

Distanz

Impact-Techniken mit Bewegung

Kinderstuhl

Familienmediation

Interdependenz

Skulptur

Garderobenständer

Kontinuum

Verweigerung der Zusammenarbeit

Ecke

Veränderung in der Therapie

Die Maslow’sche Hierarchie

Hindernisse

 

Ein Kräfteverhältnis klären

Sich im Kreise drehen

Schlussbemerkung

Literatur

Vorwort

Von Kurt Tucholsky stammt die Aussage: »Ich habe Erfolg, aber ich habe keinerlei Wirkung.« Danie Beaulieu demonstriert in diesem Buch, wie man Wirkung und Erfolg zugleich erzielt.

Als ich auf Empfehlung von Jeffrey Zeig auf einer Internationalen Tagung einen Workshop von Danie Beaulieu besuchte, war ich von der sprühenden Kreativität der sympathischen Kollegin aus Kanada sehr beeindruckt. Sie bezog sich auf Fallbeispiele von Milton Erickson und erzählte viele eigene prägnante Fallbeispiele ihres »Impact«-Ansatzes.

Eines ihrer Impact-Beispiele von Milton Erickson habe ich in verschiedenen Varianten von Kollegen gehört, die bei Milton Erickson zu Besuch waren. Erickson sitzt bei diesen Besuchen schon im Rollstuhl und hat fortgeschrittene Lähmungen. Neben seinem Rollstuhl liegt ein großer Granitstein. Erickson versucht mühsam, diesen Stein zu sich in den Rollstuhl zu hieven, und verweigert die Hilfsangebote seines Besuchers. Zitternd schafft er es schließlich und hält den Stein vor sich in Brusthöhe. Dann schmeißt er den Stein plötzlich und blitzschnell in Richtung Schoß seines Besuchers. Der Besucher zuckt zusammen und fängt den Stein abwehrend. Es ist aber kein Stein, sondern federleichter Schaumstoff, der einem Stein täuschend ähnlich sieht. Erickson kommentiert: »Die Dinge sind nicht immer so schwer, wie sie aussehen, nicht wahr?«

Ich habe auch schon Varianten gehört, bei denen Erickson einen Besucher bat, den Stein für ihn aufzuheben. Da der »Stein« schwer wirkt, geht der hilfsbereite Helfer mit Kraft und Elan an die Sache. Er reißt sich dadurch regelrecht mit Schwung in eine aufrechte Haltung – Erickson suggeriert ihm damit implizit für die Zukunft eine aufrechtere Körperhaltung.

Mit solch strategisch geplanten Inszenierungen versah Erickson öfters seine Suggestionen mit unvergesslichem »Impact«.

Danie Beaulieu erzählte in ihrem Seminar ein eigenes Beispiel:

Eine Patientin beklagt sich: Ich wurde missbraucht. Alle treten auf mir herum. Ich bin nichts wert. Die Therapeutin holt einen 20-Dollar-Schein aus der Geldbörse und fragt die Patientin: Was ist der Wert dieser Banknote? Die Patientin nennt irritiert den Wert der Banknote. Die Therapeutin zerknüllt den Geldschein, wirft ihn auf den Boden, tritt auf ihm herum, hebt ihn wieder auf und entfaltet ihn mit der Frage: Was ist der Wert dieses Geldscheines?

Es sind diese kreativen Bilder, Symbole, Metaphern, die über alle Sinneskanäle bleibenden Eindruck (= Impact) beim Patienten hinterlassen.

Diese kreativen Impact-Techniken lassen sich in Therapie, Beratung, aber auch in Pädagogik und Erziehung zur nachhaltigen Intensivierung der Prozesse vielfältig verwenden. Sie sind nicht an ein Therapieverfahren gebunden und lassen sich mit verschiedenen Therapiemodellen kombinieren. Suggestionen, Ratschläge, Impulse bleiben dadurch länger im Gedächtnis, sie entfalten sich sozusagen mit einer Depotwirkung.

Von Peter Bamm stammt der Ausspruch: Frauen sind erstaunt, was Männer alles vergessen. Männer sind erstaunt, woran Frauen sich erinnern.

Danie Beaulieu hilft Männern wie Frauen beruflich wie privat, unvergessliche Erinnerungen zu kreieren und davon zu profitieren.

Bernhard Trenkle

Vorwort der Autorin

Was sind Impact-Techniken? Eine mögliche Antwort könnte wie folgt lauten: ein von Ed Jacobs (1994), Professor an der Universität von West Virginia, entwickeltes Verfahren. Kennzeichnend für die Impact-Therapie sind ihr Eklektizismus und die synergetische Integration verschiedener zeitgenössischer psychotherapeutischer Modelle, insbesondere der Erickson‘schen Hypnose, der lösungsorientierten Psychotherapie, des NLP (Bandler 2003), der Rational-Emotiven Therapie RET (Ellis 2003), der Transaktionsanalyse (Goulding 1999), der Gestalttherapie (Perls u. Goulding 1976) und seit kurzem auch der Theorie der Pro-Aktion.

Impact-Techniken sind wirksam, weil sie es den Klienten in der Therapie ermöglichen, schneller und dauerhafter wichtige Botschaften aufzunehmen. Denn sie beachten mnemotechnische Prinzipien, die es dem Gedächtnis gestatten, Informationen leicht und nachhaltig aufzunehmen. Die Impact-Therapie wird durch die Verwendung von Erinnerungstechniken (Mnemotechniken) charakterisiert: eine Kommunikation, die alle Sinne anspricht und sich in den verschiedenen Ausdrucksformen des Körpers zeigt. Es geht dabei also darum, nicht allein die Ohren, sondern ebenso die Augen und die Gesamtheit der sensorischen Modalitäten anzusprechen. Das Gedächtnis versteht mehr als nur Worte! Das ist vor allem bei der Arbeit mit Kindern und Klienten zu beachten, die sich nur begrenzt verbal auszudrücken vermögen.

Diese Erkenntnisse wurden zwar in zahlreichen Untersuchungen, Forschungsarbeiten, Büchern und anderen Publikationen beschrieben, fanden aber aus mir unerklärlichen Gründen in der Psychotherapie bisher kaum Beachtung. Tatsache ist, dass Werbefachleute diese zeitgemäßen Kenntnisse sehr gezielt zu nutzen verstehen. Sie setzen sie ein, um Würstchen, Zigaretten oder Bier zu verkaufen!

Sie scheinen mehr über Gedächtnisfunktionen zu wissen als die meisten Psychotherapeuten. Es genügt, sich die Wirkung einer nur selten wiederholten 3-Sekunden-Werbung vor Augen zu führen! Es gelingt damit, das Konsumverhalten geschickt zu beeinflussen, ohne dass es der Verbraucher bemerkt und ohne seinen Widerstand dagegen zu mobilisieren. Wir können dieses Vorgehen zwar kritisieren, aber seine Wirksamkeit nicht leugnen. Die Werbefachleute nutzen ein Wissen, das auch jeder Therapeut besitzen sollte. Mit diesen Lerntechniken könnte die therapeutische Wirkung vor allem bei den Klienten gesteigert werden, die auf die konventionellen, rein verbalen Methoden nicht ausreichend ansprechen.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen ein Wissen zur Verfügung stellen, das Sie leicht in Ihre tägliche Arbeit integrieren können. Darüber hinaus geht es mir darum, Ihnen eine Fülle von Techniken der Impact-Therapie zu vermitteln, die Sie unabhängig von Ihrer psychotherapeutischen Grundrichtung verwenden können. Ich würde mir wünschen, dass Sie beim Lesen dieses Buches neue Verfahrensweisen entdecken und motiviert werden, noch kreativer und mit Dynamik und Enthusiasmus Ihre Arbeit zu gestalten. Dazu wünsche ich Ihnen viel Erfolg, Spaß beim Lesen und zahlreiche neue Einsichten.

Danie Beaulieu

Die Grundlagen der Impact-Techniken

Wenn ich Impact-Techniken erkläre oder anwende, lösen sie häufig Reaktionen des Erstaunens aus: Die Zuhörer sind überrascht, dass mit nur wenigen Objekten und einfachen Interventionen eine große Wirkung erzielt werden kann. Das ist nicht erstaunlich, wenn man weiß, wie Gehirn und Gedächtnis funktionieren. Ich möchte daher die 8 Grundprinzipen der Mnemotechniken darstellen, mit denen es in der Psychotherapie möglich ist, schneller und leichter Spuren im Gedächtnis zu hinterlassen.

Erstes mnemotechnisches Prinzip: Das multisensorische Lernen

Der Mensch lernt am besten unter Einsatz all seiner Sinne, nicht nur der Ohren, dem bevorzugten Kanal in der Psychotherapie. Dabei ist das audiophone System aus neurophysiologischer Sicht das am wenigsten entwickelte und vor allem das unzuverlässigste. Kommt es nicht oft vor, dass ein Klient nicht richtig zuhört und etwas anderes versteht, als der Therapeut meinte? Eine verfehlte Kommunikation beeinträchtigt die Motivation des Therapeuten und die Therapeuten-Klienten-Beziehung. Es führt auf beiden Seiten zu einer Demotivation. Häufig tröstet man sich mit der Bemerkung »Er war noch nicht so weit« oder »Ich habe alles versucht«. Das heißt im Grunde: »Ich habe alles gesagt, was ich konnte, er versteht es nicht, ich kann ihm nicht helfen.«

Glücklicherweise gibt es noch andere, oft wirksamere Kanäle, über die ein Mensch erreicht werden kann. Hier sind vor allem die Augen zu nennen, das visuelle System. Wussten Sie, dass 60 % der Informationen, die ins Gehirn gelangen, über die Augen vermittelt werden? Wer von uns hat gelernt, mit den Klienten über die Augen zu kommunizieren? Glauben Sie, dass eine Werbung im Radio wirksamer ist als ein Fernsehspot? Und wenn nicht, warum ist das so? Die Antwort ist klar. Wenn man nicht nur die verbalen Zentren des Gehirns anspricht, sondern sich auch an die Augen richtet, erhöht sich die Wirksamkeit. Für den Impact-Therapeuten bedeutet das, dass die wesentliche Frage nicht lautet »Wie kann ich es meinen Klienten sagen?«, sondern vielmehr »Wie kann ich es ihm zeigen oder auf andere Weise erfahrbar machen?«.

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen immer wieder, dass eine kortikale Reaktion in den auditiven und visuellen Hirnregionen deutlicher ist, wenn eine bimodale sensorische Stimulation statt allein einer unimodalen visuellen oder auditiven Stimulation erfolgt. In anderen Worten, es wird eine größere Anzahl von Neuronen aktiviert, wenn eine Botschaft visuelle und verbale Attribute enthält, verglichen mit einer Fülle von Einzel-Stimulationen (Calvert et al. 1999, 2000, 2001; Calvert 2001). Das Hinzufügen der visuellen Dimension macht es möglich, wirksamer und von sich heraus bestimmte Regionen des Gehirns in den mnestischen Funktionen zu aktivieren (Grady et al. 1997).

Beispiel für die Anwendung des multisensorischen Prinzips in der Psychotherapie

Ein Junge mit allen Voraussetzungen für einen guten Schüler versagt in der Schule, weil er sich nicht genug anstrengt. Kinder spüren sehr deutlich, wenn ihnen ein Erwachsener etwas beibringen will. Schon vor dem ersten Wort verschließen sie ihre Ohren! Kennen Sie das? Und doch, jedes Kind reagiert auf eine Überraschung! Um den Widerstand des Jungen zu umgehen und um auch die anderen Sinne anzusprechen, setzen wir einen visuellen oder einen kinästhetischen Reiz, indem wir beispielsweise einige Becher aus Styropor vor ihn stellen und ihn auffordern, sie den verschiedenen »Bereichen« seines Lebens zuzuordnen (Rollerblades, Internet, Freunde, Fernsehen, Videospiele etc.), den letzten für die Schule. Es löst eine völlig andere Reaktion aus: Statt sich zu rechtfertigen, versucht er zu verstehen, was das soll. Will man ihn zusätzlich körperlich ansprechen, kann man ihm ein Glas Wasser in die Hand geben und erklären, dass dieses Glas seine gesamte Energie enthält. Er möge diese nun in die verschiedenen Becher füllen und zeigen, was in der vergangenen Woche mit seiner Energie geschah. Der Junge soll jeweils so viel Wasser in die einzelnen Becher schütten, wie er Zeit mit den verschiedenen Aktivitäten verbracht hat. Da die Schule an letzter Stelle steht, bleibt nicht mehr viel Energie für diesen Teil des Lebens übrig.

Es besteht eine direkte proportionale Beziehung zwischen unserem Engagement für eine Sache und den Ergebnissen, die wir darin erreichen. Deshalb ist es leicht zu sehen, warum es in der Schule nicht klappt. Natürlich kann es ihm auch gesagt werden, aber wenn seine Augen es nicht verstanden haben, kommt die Botschaft oft nicht wirklich an. Die Ärztin und Neurophysiologin Guillemette Isnard hebt hervor: »Eine Information wird integriert, wenn alle Sinne angesprochen werden« (1990).

Der Junge verfügt nun über drei Schlüssel für die gleiche Information: den verbalen, den visuellen und den kinästhetischen Schlüssel. Alle drei Sinne arbeiten synergetisch und wiederholen die gleiche Botschaft. Wenn mehr Neuronen angesprochen werden, verstärkt sich die Reaktion. Es ist das Gleiche, wie wenn drei Personen einen schweren Gegenstand schieben: Es ist leichter zu dritt als allein.

Eine kleine Inszenierung gibt Ihnen die Möglichkeit zu explorieren und gleichzeitig neue Ideen zu »säen«. So können Sie beispielsweise das Wasser wieder in das Ausgangsglas zurückschütten und den Jungen auffordern, Ihnen zu zeigen, was er tun muss, um besser in der Schule klarzukommen. Damit ist ebenfalls der Körper angesprochen, seine Möglichkeiten und seine Lesart. Es ist nicht so bedeutend, wenn sich der Klient verbal widersetzt, denn der Körper hat die Information aufgenommen. Im Übrigen können Sie beim nächsten Gespräch diese Erfahrung wieder einbringen und die zu Beginn oft notwendige Aufwärmphase erheblich verkürzen. Der Becher wird zum Messgerät und zeigt an, was in der vorangegangenen Woche geschehen ist: Was hat der Junge in dieser Zeit mit seiner Energie gemacht? In welchen Becher gelangte sie? Konnte er sein Ziel erreichen?

 

Diese Übung ist für Kinder geeignet, die sich zu viel mit ihren Freunden und ihren außerschulischen Aktivitäten beschäftigen, sowie für diejenigen, die zu sehr auf Probleme fokussieren wie z. B. die Scheidung der Eltern, Streit mit Freunden, Fremd- und Selbstabwertung. Diese Technik ist auch für Erwachsene geeignet, um bei ihnen ein Nachdenken darüber auszulösen, womit sie sich in ihrem Alltagsleben am meisten beschäftigen.

Es sind oft nur wenige Worte nötig, um eine solche Erfahrung zu vermitteln. Die Information wird evident, und die Aufnahme erfolgt auf eine neue Weise, nicht nur kognitiv.

Kindern fällt es besonders schwer, die richtigen Worte zur Beschreibung ihrer Gefühle zu finden. Deshalb nutzt die Impact-Technik die kindliche Spontaneität und Transparenz. So können sie sich in einer Situation, die eine implizite Sprechweise auslöst, kompetent fühlen. Auch Erwachsene und Jugendliche fühlen sich durch die konkrete und gleichzeitig einfache Wirksamkeit angesprochen. Sie erleben sich als intelligent, weil sie die Botschaft schnell erfassen und leicht integrieren können. All diese Aspekte fördern nicht nur einen besseren Einsatz des Gedächtnisses und eine Steigerung der Motivation, sondern auch eine Verbesserung der therapeutischen Beziehung.

Dies bedeutet aber keineswegs, dass wir die verbale Ebene vernachlässigen sollten. Was im psychotherapeutischen Kontext unmöglich und im Übrigen für den Prozess nachteilig wäre. Wörter besitzen eine außergewöhnliche Macht. Die Werbeleute von McDonald wissen das sehr gut. Haben Sie jemals gehört, dass in Werbetexten von einem Mikrowellengerät, von fettreichen Nahrungsmitteln oder von tiefgefrorenen Produkten gesprochen wird? Natürlich nicht! Die Werbeleute wählen attraktive Bezeichnungen, die beim Verbraucher Wünsche hervorrufen; es sind Wörter, die den Kunden ansprechen und sein Interesse wecken, wie z. B. »köstlich«, »frisch«, »schnell«, »idealer Ort für ein Familienfest mit Kindern«.

In einem Experiment über die Kraft der Wörter wurden einer Gruppe von Versuchspersonen Fotos von zwei schönen Frauen gezeigt. Sie wurden aufgefordert zu sagen, welche der beiden Frauen ihnen am besten gefiel. Die erste Erhebung gab ein 50:50 Resultat. Dann wurde das Experiment wiederholt, wobei die Versuchspersonen informiert wurden, dass die eine Frau Jennifer heißt und die andere Gertrud. Nun erhielt Jennifer 80 % der Stimmen (Bottini et al. 1994). Wörter aktivieren im Innern bestimmte Register, die mit früheren Erfahrungen assoziiert sind. Jedes Wort hat spezifische Auslöser. Es müssen also Verbindungen angesprochen werden, die es dem Klienten erlauben, an gewünschte Handlungen und Überlegungen anzuknüpfen. Wenn wir also Fragen stellen wie »Fühlen Sie sich depressiv?«, »Haben Sie schon mal an Selbstmord gedacht?« oder auch »Worin besteht Ihr Problem?«, veranlasst dies den Klienten, sich gerade auf das zu konzentrieren, was nicht gut läuft. Wenn Sie aber fragen »Welche Veränderungen möchten Sie in Ihrem heutigen Leben erreichen?« oder »Was möchten Sie gegenwärtig verbessern?«, dann wird es dem Klienten möglich, seine Aufmerksamkeit auf das zu richten, was er erreichen möchte, d. h. er kann »proaktiv« werden.

Weiter ist es so, dass Aussagen, in denen Metaphern verwendet werden, die rechte Gehirnhälfte mehr ansprechen, während eine rein explizite Sprache sich eher an die linke Gehirnhälfte richtet (Bottini et al. 1994; Brownell et al. 1990, Faust a. Weisper 2000). Diese Information ist unter der Annahme wichtig, dass dabei tausende Neuronen aktiviert und miteinander in Verbindung gebracht werden, was wiederum die Gehirnleistung erhöht. Dies bewirkt eine bessere Kommunikation zwischen unseren Sinnesorganen und den kortikalen Bereichen des Gehirns, wodurch die Wahrnehmung und die Interpretation der äußeren Welt angemessener erfolgen (Isnard 1990).

Das Verbale hat eine außergewöhnliche Wirkung auf das Gedächtnis, aber dazu ist es erforderlich, sein volles Potenzial zu nutzen.

Zweites mnemotechnisches Prinzip: Abstrakte Konzepte konkret machen

Was haben folgende Werbetexte gemeinsam? Ein WC-Papier wird mit der Weichheit kleiner Kätzchen in Verbindung gebracht; eine Versicherungsgesellschaft benutzt das Bild eines Elefanten als Symbol für Kraft, Langlebigkeit und Würde; ein Hersteller von Haushaltsgeräten zeigt einen sich langweilenden Techniker und verweist damit auf die Zuverlässigkeit seiner Produkte. Jeder versucht, dem Verbraucher durch konkrete Symbole abstrakte Kategorien nahe zu bringen. Warum tun sie das? Das ist sehr einfach: Das Gehirn speichert konkrete Informationen leichter als abstrakte. Warum sollten wir diese Erkenntnis nicht auch in der Arbeit mit unseren Klienten nutzen?

Als mein Sohn 9 Jahre alt war, sagte seine Lehrerin eines Tages im Unterricht: Solidarität, gegenseitiger Respekt und gute Zusammenarbeit sind sehr wichtig. Als ich von einem Elternabend nach Hause kam, bei dem die Lehrerin sehr viel über Rechtsphilosophie gesprochen hatte, fragte ich meinen Sohn, was er unter »Solidarität« verstehe. Ich wusste, dass es ein neuer Begriff für ihn war. Er antwortete mit ernster Miene: »Das ist ganz wichtig für Luise!«1 »Aber weißt du denn, was das Wort bedeutet?«, wiederholte ich meine Frage. Er gab die gleiche Antwort. Er hatte mit Körper und Augen verstanden, wie bedeutsam das Wort für die Lehrerin war, aber er hatte keine Ahnung, worum es sich handelte. Ich bin dem ein wenig nachgegangen, und mir wurde klar, dass er sich eine Bedeutung gebastelt hatte auf der Grundlage des Wortes »solide«, das er bereits kannte. Jedes Mal, wenn die Lehrerin von »Solidarität« sprach, verstand mein Sohn »solide« und dass er so »stark wie ein Eisenträger« sein müsse. Dies ist kaum förderlich für erfolgreiches Lernen!

Als die Lehrerin feststellte, dass auch die anderen Schüler nicht verstanden hatten, was sie mit so viel Engagement hatte sagen wollen (ich war erleichtert, dass es nicht allein mein Sohn war), bat sie mich, den Schülern durch den Einsatz von Impact-Techniken ihre Aussagen verständlicher zu machen. Ich regte an, eine Art Puzzle mit 30 Teilen einzusetzen und jedem Schüler (sie waren 26 in der Klasse) ein Puzzleteil zu geben; die letzten vier Teile waren für die Fachlehrer bestimmt. Den Kindern machte dieses Spiel Spaß, sie verbanden damit auch »Ich kann es schaffen!«. Sie erfuhren dabei, dass jedes Teil verschieden ist, dass es seinen richtigen Platz benötigt und dass es richtig eingeordnet werden muss, um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Damit war für die Rolle jedes Kindes eine passende Analogie gefunden: Jedes Kind muss seinen Beitrag leisten, die Schüchternen müssen begreifen, dass auch ihr Beitrag wichtig ist und dass das »Puzzleteil« des anderen respektiert werden muss, d. h., auch sein Beitrag ist für das Gesamtbild erforderlich.

Diese Metapher zeigt weiter, dass es sehr unterschiedliche Teile in einer Gesamtheit gibt. Es gibt einige, die an den Rand gehören, die sich lieber zurückhalten, weil sie nicht so gerne mit vielen Menschen zu tun haben. Dann gibt es Teile für die Mitte, für diejenigen, die immer im Mittelpunkt stehen wollen, immer den Arm in der Luft haben, um Fragen des Lehrers zu beantworten, und viele Freunde haben! Dann gibt es noch die Seitenteile, die sich gerne den Bedürfnissen der anderen anpassen: Die Eckteile sind ruhig, können aber sehr lebhaft werden, wenn sie mit anderen, die gerne im Mittelpunkt stehen, zusammen sind. Um eine schnelle und zuverlässige Einschätzung einer Gruppe zu bekommen, erhält jeder Teilnehmer ein solches Puzzleteil und wird aufgefordert, es an der richtigen Stelle einzusetzen: Da der Körper nicht lügt, wird sehr schnell deutlich, welche Teilnehmer in den Mittelpunkt gehören (es sind die, die beginnen), welche Randstücke eher im Hintergrund bleiben und wer sein Teil lieber jemandem gibt, der zum Mittelstück gehört und es für ihn einfügt. Die Eckstücke bleiben sitzen und halten sich zurück, bis sie an der Reihe sind.

Kinder nehmen die Botschaft, die sich als konkrete Übung darstellt, viel interessierter auf. Sie haben Spaß und sind umso aufmerksamer, je mehr ihr Bedürfnis nach Bewegung akzeptiert wird: Es reicht schon, wenn der Lehrer beispielsweise einem Schüler, der zu viel Raum einnimmt, sagt: »Stephan, hast du heute schon dein Teil gelegt? Dann wäre es vielleicht besser, wenn du jetzt die anderen ihre Teile hinzufügen lässt!« Damit wird dem Kind die Möglichkeit gegeben, Bilder und Eindrücke zu erinnern und zu verstehen, dass es hier um die Gemeinschaft und nicht nur um sein persönliches Anliegen geht.

Soweit zu dieser Übung, die auch mit verschiedenen Arbeitsteams und in einer therapeutischen Gruppe durchgeführt werden kann.

Ein Puzzle kann auch eingesetzt werden, um die Trennung der Eltern zu konkretisieren. Wenn Sie z. B. einem Kind einzelne Puzzleteile zeigen, die nicht zueinander passen, und es auffordern, sie zusammenzufügen, so wird nach kurzer Zeit deutlich, dass es nicht geht. Und wenn Sie dann das Kind fragen, welches von den zwei Teilen nicht in Ordnung ist oder welches zu verändern wäre, dann stellt es leicht fest, dass jedes für sich durchaus stimmig ist, aber dass sie einfach nicht zusammenpassen. Und wenn Sie jetzt noch den Namen des jeweiligen Elternteils von hinten auf diese Teilstücke schreiben, dann wird deutlich, dass die Eltern nicht zusammengehören können. Sie werden irgendwo ihren Platz finden, aber verbunden mit anderen Teilstücken des Puzzles. Wenn Erklärungen auf diese Weise konkret vermittelt werden, dann sind langwierige Diskussionen oft überflüssig. Das Kind spürt, dass es nicht dafür verantwortlich ist, dass die beiden Teile nicht zusammenpassen. Wählen Sie die Teile sorgfältig aus, um sicherzustellen, dass sich das Teil des Kindes mit beiden Elternteilen verbinden lässt.

Drittes mnemotechnisches Prinzip: Nutzen der bereits bekannten Informationen

Glauben Sie, dass es für einen Italiener leichter ist, Spanisch zu lernen als für einen Deutschen? Warum? Weil Spanisch dem Italienischen verwandter ist? Ist es für einen Arzt leichter als für einen Fotografen, den Beruf des Apothekers zu erlernen? Der Arzt hätte es leichter, weil er bereits über Kenntnisse in diesem Bereich verfügt. Trotz unserer Anstrengung, die Psychologie allen zugänglich zu machen, sind die Konzepte über Neurosen, Abwehrmechanismen, Projektionen und das Über-Ich für die meisten unserer Klienten, insbesondere für die jüngeren, sehr undurchsichtig und fremd. Wenn Sie hingegen eine Übung machen, bei der bereits bekannte Informationen verwendet werden, dann lösen Sie implizit eine Fülle kognitiver, emotionaler, visueller, kinästhetischer Reaktionen aus, oft ohne dass der Klient es bemerkt. Er öffnet sich leichter, und es gelingt eine bessere Bearbeitung der jeweiligen Botschaft. Fällt es Ihnen denn nicht auch leichter, mit einer Gabel statt mit Stäbchen zu essen? Viele von uns lehnen es ab, mit Stäbchen zu essen, genauso lehnen manche die Psychotherapie ab, wenn die mnestischen Fähigkeiten des Klienten unberücksichtigt bleiben.

Der Impact-Therapeut bemüht sich unablässig, die »Datenbank« seines Klienten zu ergründen und zu nutzen, eine Beziehung aufzubauen, den Widerstand zu umgehen, eine bedeutsame Überlegung anzuregen und Anker zu setzen, um einen inneren Prozess auszulösen, der über das Therapiegespräch hinaus weiterwirkt.

Hier nun ein Beispiel, wie dieses Prinzip in einem therapeutischen Rahmen genutzt werden kann, mit Menschen, die nicht bereit sind, ihre bedrückenden Erfahrungen mit anderen zu teilen (Traumata, sexueller Missbrauch, physische und psychische Einschüchterung etc.). Nehmen Sie einen randvollen Müllsack und verschließen Sie ihn mit einer Schnur. Lassen Sie nun die Teilnehmer diesen Sack mit all seinen Gerüchen öffnen und stellen Sie folgende Frage: »Glauben Sie, dass dieser Sack mit seinen unangenehmen Gerüchen nach einiger Zeit weniger oder intensiver stinken wird? Möchten Sie einen Müllsack mit all den schlechten Erinnerungen dauernd mit sich herumtragen? Oder gibt es vielleicht sogar mehrere Säcke? Haben Sie vielleicht festgestellt, dass andere gemerkt haben, dass Sie anders geworden sind, und dass man es spüren kann, dass Sie nicht glücklich sind?« Es wäre einfach, ein langes Gespräch darüber zu führen und diese Metapher auszuschöpfen. Die Klienten, insbesondere die jüngeren, verstehen häufig überhaupt nichts von posttraumatischen Belastungsstörungen, aber sie wissen sehr gut, was mit einem Müllsack gemeint ist. Indem Sie dieses Wissen nutzen, ermöglichen Sie es ihnen, sich besser zu verstehen und gleichzeitig zu erkennen, wie wichtig es ist, den inneren Mülleimer zu leeren!