How to do empirische Sozialforschung

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How to do empirische Sozialforschung
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utb 5595

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Mag. Dr. Claus Braunecker arbeitet seit mehr als drei Jahrzehnten als Instituts- und Betriebsmarktforscher in Österreich und lehrt seit vielen Jahren empirische Methoden, statistische Datenanalyse und SPSS am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, an der Donau Universität Krems und an diversen Fachhochschulen.

Digitale Materialien (Beispiel-Fragebogen, Best-Practice-Beispiele u.a.) stehen kostenlos zur Verfügung unter:

https://www.utb-shop.de/9783825255954


https://www.howtodo.at


Dozent*nnen finden dort außerdem einen frei (um)gestaltbaren Foliensatz zur Unterstützung in der Lehre.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter

http://d-nb.de abrufbar.

© 2021 Facultas Verlags- und Buchhandels AG

facultas Verlag, Stolberggasse 26, 1050 Wien, österreich

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: Atelier Reichert, Stuttgart

Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg

Printed in Germany

utb-Nummer 5595

ISBN 978-3-8252-5595-4 (Print-Ausgabe)

ISBN 978-3-8385-5595-9 (Online-Leserecht, erhältlich unter utb-shop.de) [4]

Inhalt

VORWORT

Der rote Faden der Empirie – die Inhalte dieses Buchs

1 | Thema, Erkenntnisinteresse(n), Forschungsfragen, Hypothesen

1.1 | Thema

1.2 | Erkenntnisinteresse(n), Erhebungsziel(e)

1.3 | Forschungsfragen, Hypothesen

1.3.1 | Forschungsfragen – die„Themenliste‟

1.3.2 | Hypothesen – die „Checkliste‟

2 | Qualitative und quantitative Forschungsmethoden

2.1 | Qualitative Methoden

2.2 | Quantitative Methoden

2.3 | Inhaltsanalyse

2.4 | Beobachtung

2.5 | Gruppendiskussion (Fokusgruppe)

2.6 | Qualitative Befragung

2.7 | Quantitative Befragung („Umfrage‟)

2.8 | Experimentelles Design

3 | Grundgesamtheit, Voll- oder Teilerhebung, Ethik und Datenschutz

3.1 | Grundgesamtheit

3.2 | Voll- oder Teilerhebung (Stichprobe)

3.2.1 | Vollerhebung

3.2.2 | Teilerhebung (Stichprobe)

3.3 | Forschungsethik und Datenschutz

3.3.1 | Forschungsethik

3.3.2 | Datenschutz

3.3.2.1 | Personenbezug von Daten

3.3.2.2 | Adressierung von Teilnehmenden

3.3.2.3 | Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten

3.3.2.4 | Informationspflichten – die Datenschutzerklärung

3.3.2.5 | Rechte der Betroffenen

3.3.3 | Methodische Implikationen von Forschungsethik und Datenschutz.... [5]

4 | Repräsentativität, Arten von Stichproben

4.1 | Repräsentativität

4.1.1 | Stichprobengröße # Repräsentativität

4.1.2 | Repräsentativität in Zahlen

4.1.3 | Repräsentativität bei Online-Erhebungen

4.2 | Arten von Stichproben

4.2.1 | Zufällige Auswahl: Reine Zufallsstichproben

4.2.2 | Zufällige Auswahl: Vorgeschichtete Stichproben

4.2.3 | Exkurs: Gewichtung von Datensätzen

4.2.4 | Nicht zufällige Auswahl: Willkürliche Stichprobe

4.2.5 | Nicht zufällige Auswahl: Quotenstichprobe

4.3 | Inzidenz, Penetration, Durchdringungsgrad

4.4 | Mindestgröße von Stichproben

4.5 | Best Practice

4.5.1 | Repräsentative Samples in der Praxis

4.5.2 | Sample Points (Klumpenstichprobe)

4.5.3 | (Studentisches) „Viel-Zweck-Sample‟

5 | Statistische Schwankungsbreiten und Stichprobengrößen

5.1 | Schwankungsbreiten von Prozentwerten

5.1.1 | Schwankungsbreiten von Prozentwerten berechnen

5.1.2 | Schwankungsbreiten und Größe der Grundgesamtheit

5.1.3 | Theoretischer Hintergrund

5.2 | „Schwankungsbreiten‟ von Mittelwerten

5.3 | Ermittlung von Mindeststichprobengrößen

 

5.3.1 | Stichprobengröße und Größe der Grundgesamtheit

5.3.2 | Stichprobenausfälle (bei Zufallsstichproben)

5.3.3 | Mindeststichprobengröße selbst berechnen

5.3.3.1 | OHNE Einbeziehung der Grundgesamtheit

5.3.3.2 | MIT Einbeziehung der Grundgesamtheit

6 | Messen in der Sozialforschung

6.1 | Messbegriff, Skala

6.2 | Messniveaus (Skalenniveaus) und Datenanalyse

6.3 | Messniveaus (Skalenniveaus) im Detail

6.4 | Praktische Anwendung von Messniveaus

6.4.1 | Schulnotenskalen oder andere Skalen?

6.4.2 | Skalenbreite, gerade oder ungerade Anzahl von Skalenpositionen?..

6.4.3 | Eigenschaften bipolar abfragen, Skalierungsrichtung wechseln?

6.5 | Indikatoren, Einstellungsskalen und Gütekriterien

6.5.1 | Validität

6.5.2 | Reliabilität [6]

6.5.3 | Objektivität

6.5.4 | Skalierungsverfahren

7 | Leitfaden, Fragebogen

7.1 | Zuerst das „WAS‟, dann erst das „WIE‟!

7.2 | Qualitativ oder quantitativ – Leitfaden oder Fragebogen

7.2.1 | Gesprächs- und Diskussionsleitfaden

7.2.2 | Fragebogen

7.3 | Gestaltung von Fragebogen und Online-Formular

7.3.1 | Regeln für professionelle Fragebögen

7.3.2 | Arten von Fragen: Fragetypen

7.3.2.1 | Fragen, die den Gesprächsverlauf lenken

7.3.2.2 | Offene und geschlossene Fragen

7.3.2.3 | Skalenfragen

7.3.2.4 | Spontane und gestützte Abfragen

7.3.2.5 | Direkte und indirekte Fragen

7.3.2.6 | Manipulative Fragestellungen

7.4 | Erhebungssoftware

7.5 | Pretest

8 | Datenanalyse, Ergebnisdarstellung

8.1 | Datenanalyse-Techniken

8.1.1 | Qualitative Datenanalyse

8.1.2 | Quantitative Datenanalyse

8.1.2.1 | Häufigkeitszählungen

8.1.2.2 | Mittelwertsberechnungen

8.1.2.3 | Kreuztabellen

8.1.2.4 | Mittelwertsvergleiche

8.1.2.5 | Korrelationen

8.1.3 | Datenanalyse forschungsfragen-/hypothesenkonsistent planen

8.2 | Gesamtüberblick und Ergebnisdarstellung

8.2.1 | Summary

8.2.2 | Erhebungsdetails

8.2.3 | Textliche Interpretationen

8.2.4 | Diagramme

9 | Umsetzungs-Tipps für die Praxis

LITERATURVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

STICHWORTVERZEICHNIS [7]

VORWORT

2016 erschien das „Vorgänger“-Buch zu diesem: How to do Empirie, how to do SPSS. Eine Gebrauchsanleitung. Sein Ziel war es, doppelt Hilfe zu bieten – bei der Konzeption einer Erhebung UND bzw. ODER bei der Datenanalyse. Der große Erfolg dieses Werks – vom Autor liebevoll How to do genannt – legte eine Fortführung sehr nahe.

Eine zweite (überarbeitete) Auflage wäre leicht, aber nicht besonders herausfordernd gewesen. Viel spannender war es, How to do weiterzuentwickeln – mit allen Erfahrungen und Rückmeldungen, die seit dem Erscheinen gesammelt werden konnten. Bald stand das neue Konzept fest: Wir teilen das „Doppel-Buch“ der Erstauflage und lassen daraus zwei eigenständige Publikationen entstehen, eine für Empirie und eine für Statistik und Datenanalyse (mit SPSS). Also das hier vorliegende Druckwerk und das zeitgleich erscheinende mit dem Titel How to do Statistik und SPSS. Eine Gebrauchsanleitung.

Warum das? Wir haben beobachtet, wie How to do verwendet wurde: Die Nutzung des Buchs hat sich oft auf einen der beiden Teile konzentriert. Viele müssen empirische Sozialforschung zunächst KONZIPIEREN. Datenanalyse liegt dabei noch in der Ferne. Erst dann, wenn die AUSWERTUNG ansteht, rücken Statistik und Tools wie SPSS näher.

Deshalb versorgen wir unsere Zielgruppe(n) jetzt „phasengerecht‟, denn:

– Zwei Bücher erlauben es, die Inhalte noch mehr zu schärfen und zu präzisieren.

– Halb so viele Seiten vermitteln weniger „Oh, da muss ich aber viel lesen ...‟.

Das verbindende Element bleibt natürlich bestehen! Beide Bücher sind nach wie vor so gestaltet, dass sie ein großes Ganzes ergeben – einzeln oder kombiniert verwendbar.

Hier liegt nun also das „Empirie-Buch‟ vor. Es will rasch und effizient sozial- oder wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse der empirischen Sozialforschung vermitteln. Viele suchen Orientierung, wie sie eine bevorstehende Bachelorarbeit, Master-Thesis oder Dissertation anlegen sollen. Andere wollen freiwillig oder unfreiwillig ihre Empirie-Kenntnisse vertiefen oder auffrischen. Sie alle werden mit diesem Werk „abgeholt‟.

Niemand soll alles lesen müssen! Viele Verweise verknüpfen deshalb thematisch verwandte Passagen. Somit ist an jeder Stelle ein individuell motivierter Einstieg möglich.

40 Abbildungen, weiterführende Literaturhinweise (mit Seitenangaben) und ein schlagwortoptimiertes Stichwortverzeichnis ergänzen die leicht lesbare, verständliche Gebrauchsanleitung. Frei zugängliche Downloads (Beispiel-Fragebogen, Best-Practice-Beispiele, Vorlagen für tabellarische und grafische Ergebnisdarstellungen, weitergestaltbare Empirie-Slides als Präsentationsvorlage usw.) unter howtodo.at bzw. www.utb-shop.de/9783825255954 runden das „empirische Gesamtpaket‟ ab.

[8]

Warum ist dieses Buch entstanden? ‒ Persönliche Worte des Autors:


Empirie und SPSS begleiteten mein Ausbildungs- und gesamtes bisheriges Berufsleben. Seit meinem Studium der Kommunikationswissenschaft in den 1980ern arbeite ich als Instituts- und Betriebsmarktforscher in österreich. Seit vielen Jahren unterrichte ich an Unis und FHs, berate Studierende unterschiedlicher Jahrgänge, Semester und Studienrichtungen im Umgang mit der empirischen Sozialforschung, Statistik und Datenanalyse. Planung, Auswertung und Interpretation von Erhebungen zählen zu meiner alltäglichen Berufs- und Vermittlungs-Routine. Immer wieder neue Fragen und Problemstellungen führten mich dazu, mein erstes Buch zu schärfen und neu entstehen zu lassen.

Die Gliederung und Aufbereitung orientieren sich an meinen Erfahrungen in Wirtschaft und Wissenschaft. Die Darstellung der Themen hat bei sehr vielen Menschen – unterschiedlichen Alters, mit mannigfaltigen Zugängen, mit und ohne Vorwissen – für wiederholt positives Feedback gesorgt. Fortgeschrittenere Lesende mögen manche Ausführung vielleicht als zu „vereinfacht‟ empfinden. Sie seien um Verständnis gebeten: Es ging mir um das verständliche Vermitteln der Inhalte an nicht (mehr) oder wenig(er) Involvierte.

GANZ besonderer Dank (in alphabetischer Reihenfolge) an • Mag. Jennifer Braunecker, Tochter und Juristin und • Mag. Dr. Rosemarie Nowak, Donau-Universität Krems, Lehrgangsleiterin am Department für Wissens- und Kommunikationsmanagement! Ihr beider „Intensiv-Lektorat‟ des fast finalen Werks hat für unermessliche Inputs gesorgt!

WIRKLICH großer Dank gebührt auch der Verlagslektorin dieses Buchs • Mag. Sandra Illibauer-Aichinger. Sie begleitet die How to do's (und mich) von Anbeginn an. Wirklich viel vom Erfolg der Erstauflage und von der Gestaltung dieses Werks ist ihr persönlich zuzuschreiben!

Vielen herzlichen Dank für ihre wertvollen und spezifischen Inputs richte ich auch an

• Mag. Bernhard Burger, Arbeitskollege in Wirtschaft und Wissenschaft • PD Mag. Dr. Petra Herczeg, Universität Wien, Vizestudienprogrammleiterin Publizistik- und Kommunikationswissenschaft • Mag. Ursula Illibauer, Juristin und Datenschutzexpertin in Wirtschaft und Wissenschaft • Prof. (FH) Mag. (FH) Claudia Kummer, MSc, Hochschullehrerin, Department Wirtschaft der FH Burgenland • Ass.-Prof. Ing. Mag. Dr. Klaus Lojka, Universität Wien, Studienprogrammleiter Publizistik- und Kommunikationswissenschaft • PD Dr. Dr. Julia Wippersberg, Vizestudienpräses der Universität Wien • Mag. (FH) Markus Zimmer, Inhaber und Geschäftsführer von BuzzValue – New Media Research.

Alle genannten Personen aus Wissenschaft und Praxis haben mich über die Jahre immer wieder mit ihren Tipps, Ratschlägen und Kontakten unterstützt und dabei geholfen, How to do weiterzuentwickeln. Danke dafür!

 

Wien, im März 2021 Mag. Dr. Claus Braunecker [9]

Der rote Faden der Empirie ‒ die Inhalte dieses Buchs


Abbildung 1: Jedes empirische Vorhaben benötigt einen roten Faden

Jedes empirische Forschungsvorhaben – ob in Wirtschaft oder Wissenschaft – benötigt einen roten Faden. Abbildung 1 veranschaulicht die einzelnen Schritte jeder empirischen Sozialforschung: Jedes Detail – von der ersten Forschungsidee bis zur Ergebnispräsentation – MUSS dem roten Faden folgen! Jeder einzelne Puzzlestein leistet seinen Beitrag und kann die anderen Phasen mehr oder weniger stark beeinflussen.

So können z.B. nachträgliche änderungen an den Erkenntnisinteressen die gesamte bisher geplante Methodik ad absurdum führen.

Eine (nur kleine) änderung im Fragebogen (nach Erhebungsstart) macht die ursprünglich beabsichtigte Auswertung unmöglich. Dadurch kann in weiterer Folge eine Forschungsfrage nicht mehr beantwortet werden.

Eine fehlerhafte Stichprobenziehung führt dazu, Ergebnisse völlig falsch zu interpretieren.

Aus allen diesen Gründen folgt auch der Aufbau dieses Buchs einem roten Faden. Im Detail geht es dabei um die folgenden Prozessschritte:

Jedes Forschungsvorhaben besitzt 1. ein Thema mit Erkenntnisinteresse (ab Seite 13).

Aus diesem Erkenntnisinteresse werden 2. Forschungsfrage(n) und/oder Hypothese(n) abgeleitet (ab Seite 14). Das erfolgt in der Wirtschaft aus sachlichen Zusammenhängen, in der [10] Wissenschaft im Zuge eingehender Literaturrecherchen. Forschungsfragen bzw. Hypothesen weisen der späteren Datenanalyse den Weg (ab Seite 142).

Parallel dazu, manchmal vor, manchmal nach dem 2. Schritt, lässt sich 3. eine passende Forschungsmethodik, ein sinnvolles qualitatives oder quantitatives Forschungsdesign (ab Seite 22) festmachen. Dieses wird auch Setting genannt und soll die Forschungsfragen möglichst effizient beantworten bzw. die Hypothesen möglichst zielgerichtet einer Prüfung zuführen.

In Wechselwirkung mit dem Setting steht 4. die genaue Definition der Grundgesamtheit (ab Seite 41). Damit zusammenhängend erfolgt die Entscheidung über eine Vollerhebung (ab Seite 43) oder eine bei qualitativen Verfahren meist willkürliche Auswahl (ab Seite 68). Bei quantitativen Designs sind Stichproben im Idealfall zufällig (ab Seite 63) oder Quotenstichproben (ab Seite 68).

Sind Methodik und Stichprobenverfahren festgelegt, ist auch der Weg für 5. das Erhebungsinstrument – Fragebogen, Leitfaden, Codierschema oder Protokollbogen – vorgezeichnet. Damit das Erhebungsinstrument mit den Forschungsfragen und/oder Hypothesen korrespondiert, müssen die Fragen oder Erhebungsdimensionen „Passgenauigkeit‟ besitzen. Hier ist neben der exakten inhaltlichen Abdeckung der Erkenntnisinteressen (ab Seite 110) auch die Skalenform der Erhebungsinhalte (ab Seite 97 und ab Seite 142) von hoher Bedeutung.

Beim 6. Pretest wird das Erhebungsinstrument auf Praxistauglichkeit überprüft (Seite 133). Funktioniert es nicht zufriedenstellend, muss es noch einmal überarbeitet werden. Gibt der Pretest das Erhebungsinstrument „frei‟, kann die Datenerhebung (Feldarbeit) starten.

In der Phase der 7. Datenerfassung muss die Kontrolle erfolgen, ob die Vollerhebung wirklich „voll‟ erhoben hat bzw. ob die Stichprobe zufriedenstellenden Rücklauf verzeichnet (Braunecker 20211: 25ff.). Vor allem quantitative Daten müssen vor der Auswertung sehr oft repräsentativ sein (ab Seite 55).

Liegen (dann) Daten vor, folgt deren 8. technische Auswertung (ab Seite 134 und im Detail Braunecker 2021).

Im Zuge der Auswertung finden 9. Ergebnisinterpretation (ab Seite 145), Beantwortung der Forschungsfragen und Hypothesenprüfung (ab Seite 142 und im Detail Braunecker 2021) statt.

Erst dann werden 10. die Ergebnisse möglichst plakativ aufbereitet und derart präsentiert, dass sie möglichst alle Erkenntnisinteressen abdecken und die erforderlichen Antworten auf die Forschungsfragen und Hypothesen geben (ab Seite 145).

Alle Phasen einer Erhebung müssen wie ein Puzzle ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt sein. Veränderungen nur einer Phase können – manchmal sogar auch rückwirkend – andere Phasen beeinflussen.

[11]

Empirische Erhebungen sind meist speziell und individuell. Sie folgen in ihrem grundsätzlichen Setting aber immer festlegbaren Kriterien: Die Erläuterungen in allen weiteren Abschnitten dieses Buchs zur Planung, Durchführung, Auswertung und Ergebnisinterpretation von Erhebungen können deshalb sinngemäß auf alle – in Kapitel 2 vorgestellten – Forschungsmethoden umgelegt werden.

Die im Buch angeführten Beispiele zeigen meist nur EINE von vielen Möglichkeiten der Umsetzung. Jedes empirische Vorhaben ist eine „Maßanfertigung‟. Immer stehen individuelle Erkenntnisinteressen, Forschungsfragen und Hypothesen im Vordergrund! Es gibt (fast) immer mehrere Umsetzungsmöglichkeiten.

1 Parallel zu diesem Werk erscheint das Buch Braunecker, Claus (2021): How to do Statistik und SPSS. Eine Gebrauchsanleitung. Wien: facultas. Beide Bände haben das Ziel, den gesamten roten Faden der empirischen Sozialforschung zu spannen – von der ersten Forschungsidee bis zur statistischen Datenanalyse mit der Datenanalysesoftware SPSS. [12]

1 | Thema, Erkenntnisinteresse(n), Forschungsfragen, Hypothesen

... in diesem Kapitel geht's um:


Thema: Basis für das gesamte Vorgehen • muss neue Detailaspekte beleuchten • darf keine Kopie bereits durchgeführter empirischer Erhebungen sein • nicht zu breit anlegen
Erkenntnisinteresse(n): Erhebungsziele kurz und exakt formulieren • Grundlage für Forschungsfragen und/oder Hypothesen
Forschungsfragen ‒ sind zu beantworten: müssen VOR dem Erhebungsinstrument festgelegt werden • wie eine „Themenliste“ • neutrales Erkenntnisinteresse in Frageform • Aufteilung in Subdimensionen ratsam • besser „Welcher Zusammenhang ...“ als „Gibt es einen Zusammenhang ...“
Hypothesen ‒ sind zu prüfen: müssen VOR dem Erhebungsinstrument festgelegt werden • wie eine „Prüfliste“ • Annahmen aufgrund von Basiswissen • Wahrscheinlichkeitsaussagen • ungerichtet oder (präziser) gerichtet mit vermuteter Art des Zusammenhangs • Aufteilung in Subdimensionen ratsam • inhaltliche ≠ statistische (für Signifikanzprüfung) Hypothesen • besser „Wenn-Dann“- und „Je- Desto“-Formulierung als ein Aussagesatz

„Wir brauchen rasch eine Umfrage‟ – und schon wird in der oft schnelllebigen Wirtschaft ein Online-Formular erstellt.

Empirische Sozialforschung sollte nicht unüberlegt starten! Ist Empirie Teil einer wissenschaftlichen Arbeit, darf sie niemals „einfach so‟ beginnen! Zuerst werden alle Details spezifiziert, dann erst kann die konkrete Umsetzung in Form einer Forschungsmethode erfolgen (vgl. Kapitel „2 | Qualitative und quantitative Forschungsmethoden‟ ab Seite 22).

In der Wissenschaft2 erfolgt vor jeder empirischen Erhebung eine exakte, ausführliche Problemdefinition. VOR jeder Erhebung müssen alle interessierenden Details feststehen. Erst dann, wenn alle Erkenntnisinteressen bzw. genauen Fragestellungen vorliegen, kann das konkrete Erhebungsinstrument im konkreten Wortlaut ausformuliert werden (= Operationalisierung).

Nun erst wird ein Fragebogen oder Leitfaden (vgl. Kapitel „7 | Leitfaden, Fragebogen‟ ab Seite 110) erstellt, ein Codierschema (vgl. Abbildung 3 auf Seite 26) entwickelt oder ein Beobachtungsprotokoll (vgl. Abbildung 5 auf Seite 31) entworfen.

1.1 | Thema

Jedes (wissenschaftlich) empirische Vorhaben benötigt zuallererst ein Thema, eine Problemstellung. Das Thema stellt die Basis für das gesamte weitere Vorgehen dar (vgl. [13] HERCZEG/WIPPERSBERG 2019: 71FF.). Dabei ist es wichtig, sich die Erforschung eines neuen Detailaspektes vorzunehmen (ebd.) und nicht bereits vorhandene Empirie zu „kopieren‟.

Das Thema darf nicht zu breit oder zu allgemein angelegt und formuliert werden. Sonst ist es mit vertretbarem Aufwand nicht mehr (empirisch) „behandelbar‟. Drei Beispiele für „gute‟ empirische – jeweils im Rahmen einer Masterarbeit erforschte – Themen:

„Sprache in der internen Veränderungskommunikation. Eine kritische Betrachtung unter linguistischen und kommunikationswissenschaftlichen Gesichtspunkten am Beispiel formeller, schriftlicher Kommunikation in deutschen Industrieunternehmen.‟(Sturm 2019)

„Sponsoring im Spitzensport. Der gegenwärtige Stellenwert von Sportsponsoring in österreich, in Bezug auf die Rolle von Sponsoringagenturen. Eine Fallstudie anhand der Erste Bank Open.‟ (Haas 2018)

„Informationswahrnehmung von Online-Wein-Shoppern: eine Eye-Tracking Studie mit Think-Aloud Technik.‟(Horvath 2015)

1.2 | Erkenntnisinteresse(n), Erhebungsziel(e)

Ist das Thema erarbeitet, müssen im nächsten Schritt die genauen Erkenntnisinteressen bzw. Erhebungsziele definiert werden. Das geschieht am besten einfach, klar, mit wenigen Sätzen (vgl. Herczeg/Wippersberg 2019: 80). Exakt formulierte Erkenntnisinteressen3 sind essentiell für wissenschaftliches Arbeiten – und damit auch für jede empirische Erhebung. Sie stellen die inhaltliche Klammer dar, an der Forschungsfragen und Hypothesen andocken.

1.3 | Forschungsfragen, Hypothesen

Wer (weiterhin) beim Wesentlichen bleiben und das Vorhaben nicht versehentlich an den Erkenntnisinteressen „vorbeilenken‟ möchte, formuliert im nächsten Schritt am besten Forschungsfragen (Programmfragen4) und/oder Hypothesen. Diese stellen vorerst nur eine Art Themenkatalog dar. Sie werden indirekt, also üBER jemanden oder etwas formuliert.

Im Falle z.B. einer Befragung wird zunächst noch keine Frage direkt an die Befragten gerichtet, sondern zunächst z.B. eine Forschungsfrage üBER sie artikuliert. Also nicht: „Wie ist Ihr Leseverhalten ‟, sondern: „ Wie ist das Leseverhalten von ...‟.

Eine derartige Themenabgrenzung ist essenziell notwendig, um einerseits Antworten auf ALLE Fragestellungen zu finden, andererseits KEINE Antworten auf NICHT VORHANDENE Fragen zu generieren.

Forschungsfragen bzw. Hypothesen stehen mit der Erhebung in Wechselwirkung: Eine Erhebung, die Forschungsfragen nicht beantworten oder Hypothesen nicht prüfen kann, geht [14] am Ziel vorbei. Umgekehrt zielen Forschungsfragen oder Hypothesen, die an der Erhebung „vorbei‟ formuliert werden, ins Leere.

Wer wissenschaftlich vorgeht, leitet aus den Erkenntnisinteressen zuerst Forschungsfragen und/oder Hypothesen ab. Erst dann ergeben sich aus ihnen und in weiterer Folge die empirische Methode, das Erhebungsinstrument und dessen genaue Inhalte.

Für das Erhebungsinstrument sind also die Forschungsfragen bzw. Hypothesen verantwortlich: Aus ihnen resultieren die konkreten Fragen im Fragebogen oder Leitfaden, die Dimensionen im Codierschema oder die Details im Beobachtungsprotokoll. Ziemlich oft wird allerdings der Fehler begangen, Methode, Erhebungsinstrument oder dessen Inhalte bereits festzulegen, bevor die Forschungsfragen bzw. Hypothesen fixiert sind.

Forschungsfragen bzw. Hypothesen sind für die Operationalisierung des gesamten empirischen Vorhabens verantwortlich: Wo bzw. bei wem wird in welcher Form was genau erhoben? Deshalb sollten sie derart formuliert sein, dass sie den Rahmen für die Erhebung sehr präzise abstecken.

Es ist (bei empirischen Erhebungen) ratsam, Forschungsfragen und Hypothesen in ihre thematischen Details aufzusplitten und explizit Sub-Forschungsfragen bzw. -Hypothesen zu formulieren. Das ermöglicht eine deutlich präzisere Gestaltung des Erhebungsinstruments und später eine maßgeschneiderte Datenanalyse.5

Ein Fragebogen, Leitfaden, Codierschema oder Beobachtungsprotokoll benötigt nicht weniger, auch nicht mehr, sondern genau so viele Fragen bzw. Merkmale, wie zur Abdeckung der Forschungsfragen und/oder Hypothesen erforderlich sind. Nicht jede Forschungsfrage bedingt eine Hypothese, nicht jede Hypothese eine Forschungsfrage.

Beide – Forschungsfragen und Hypothesen – stehen am Beginn der Forschung. Beide werden aus Theorie (Literatur) und/oder anderer Vorrecherche (vorliegenden empirischen oder anderen Sekundärdaten) abgeleitet. Worin liegt dann aber ihr Unterschied?

1.3.1 | Forschungsfragen – die „Themenliste‟

Forschungsfragen drücken ein neutrales Erkenntnisinteresse in Frageform aus. Sie definieren die genauen Inhalte und Formulierungen im Erhebungsinstrument (Fragebogen, Leitfaden, Codierschema, Beobachtungsprotokoll). Empirie beantwortet Forschungsfragen.

Auf Forschungsfragen baut jede empirische Erhebung auf. Sie geben vor, was genau betrachtet werden soll und was nicht. Auch in der Wirtschaft ist es sinnvoll, vor der Durchführung von Empirie zumindest eine Themenliste zu erstellen, welche Fragestellungen abgedeckt werden sollen. Forschungsfragen (bzw. Themenlisten) sind sowohl bei qualitativen als auch quantitativen Erhebungen notwendig (vgl. Kapitel „2 | Qualitative und quantitative Forschungsmethoden‟ ab Seite 22).

Der Beantwortung von Forschungsfragen sollte Raum gelassen werden: Deshalb ist es besser, sie sinngemäß als: „Welcher Zusammenhang besteht zwischen ...?‟ zu formulieren als:

[15] „Gibt es einen Zusammenhang zwischen ...?“. Oder besser: „Welche Unterschiede gibt es ...?‟anstelle: „Gibt es Unterschiede...?‟. Die beiden letzteren Formulierungen münden bloß in einfache Ja/Nein-Antworten, OB die Empirie einen Zusammenhang oder Unterschied festmachen konnte oder nicht. Die „W‟-Fragen hingegen lassen Platz für konkrete Ausführungen, WELCHER Zusammenhang bzw. Unterschied identifiziert werden konnte.

Im Folgenden werden beispielhafte Forschungsfragen (FF) angeführt. FF 1.1 bis FF 1.3 wären in einer quantitativen Bevölkerungsumfrage mit den ersten drei Fragen des Fragebogens6 auf Seite 101f. (vgl. Abbildung 27 und 28) messbar – also operationalisier- und datenanalytisch beantwortbar. Die Aufteilung der Forschungsfragen in drei Sub-Dimensionen könnte auf vorangegangenen Literaturrecherchen7 beruhen.

FF 1: Wie groß ist die Leseaffinität8 der österreichischen Wohnbevölkerung?

FF 1.1: Wie groß ist die Leseaffinität generell?

Frage 1

FF 1.2 : Wie groß ist die Leseaffinität in Bezug auf Belletristik?

Frage 2

FF 1.3: Wie groß ist die Leseaffinität in Bezug auf Fachliteratur?

Frage 3

Derselbe Fragebogen könnte unter anderen auch aus folgenden weiteren Forschungsfragen operationalisiert worden sein. Die mit den Forschungsfragen korrespondierenden Fragebogen-Fragen sind jeweils wieder mit gekennzeichnet.

FF 2 : Welche spontanen Anforderungen stellen österreichische Fachbuch-Leserinnen und -Leser an Fachbücher?

Frage 5 (nur für Datensätze mit „JA‟ bei Frage 3)

FF 3 : Wie hoch sind die halbjährlichen Ausgaben österreichischer Fachbuch-Leserinnen und -Leser für Fachliteratur?

Frage 8 (nur für Datensätze mit „JA‟ bei Frage 3)

FF 4 : Welchen Zusammenhang gibt es zwischen der Leseaffinität der österreichischen Wohnbevölkerung und ihrem Konsum von Literatur?

FF 4.1 : Welchen Zusammenhang gibt es [zwischen der Leseaffinität der österreichischen Wohnbevölkerung] und ihrem Konsum von Belletristik?

Fragen 1 und 2 [16]

FF 4.2: Welchen Zusammenhang gibt es […] und ihrem Konsum von Fachliteratur?

Fragen 1 und 3

FF 5 : Welche Meinung hat [die österreichische Wohnbevölkerung über Fachbücher] generell?

Frage 9, alle Items

Setzt sich die mit Forschungsfrage 5 angesprochene „generelle Meinung‟aus vier Dimensionen zusammen – z.B. persönliche (subjektive) Wahrnehmung, formale Aspekte, inhaltliche, und anwendungsbezogene Aspekte -, wären folgende Detaillierungen möglich: