Die Taufe auf den Tod Christi

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3.4 Fragestellungen der Arbeit

Folgende Fragen seien der Studie vorangestellt:

1) Die christliche Taufe als Ritual in der Zeit und Wahrnehmung des Paulus: Wie lässt sich die Taufe als Ritual charakterisieren? Welche Aspekte zeichnen sie in besonderer Weise aus und machen sie als Ritual unverwechselbar? In welcher Funktion wird die Taufe von der christlichen Gemeinde vollzogen? Welche Bedeutungsaspekte werden von Paulus durch seine vielfältige, bildreiche Sprache betont, welche hingegen abgelehnt? Nimmt die Bedeutung der Taufe dabei Bezug auf den Ritualablauf oder sind beide unabhängig voneinander zu verstehen? In welchen Bereichen seines dogmatischen wie ethischen Denkens verortet Paulus die christliche Taufe?

2) Die Entstehung der christlichen Taufe in ihrem rituellen Kontext: Welche Rituale können als „Vorläufer“ der christlichen Taufe gelten? In welcher Weise übernimmt die christliche Taufe Ritualaspekte von diesen? Wie grenzt sie sich auch von ihnen ab? Zu welchen anderen Ritualen steht die Taufe in welcher Art von Relationen?

Kapitel II: Begrifflichkeiten
1 βάπτω und βαπτίζω
1.1 βάπτω

Βάπτω wird in den biblischen Schriften ausschließlich im wörtlichen Sinn gebraucht und meint da: Eintauchen, Untertauchen oder Färben. In der LXX steht es meist als Übersetzung für טבל und bezeichnet das Eintauchen verschiedener Kleidungsstücke, eines Ysopbündels, eines Fingers, eines Fußes oder auch Brotes und zwar in Wasser (Num 19,18; 2Kön 8,15), Blut (Gen 37,31; Ex 12,22; Lev 4,6.17), Öl (Lev 14,16; Dtn 33,24), Honig (1Sam 14,27) bzw. eine Grube (Hiob 9,31).1 Neutestamentlich begegnet das Verb βάπτω gesichert lediglich an zwei Stellen: Der reiche Mann bittet, der arme Lazarus möge doch zu ihm gesandt werden, ἵνα βάψῃ τὸ ἄκρον τοῦ δακτύλου αὐτοῦ ὕδατος (Lk 16,24); beim Abschiedsmahl in Joh taucht Jesus einen Bissen ein und gibt ihn Judas, der ihn verraten wird (Joh 13,26).2

Im klassischen und hellenistischen Griechisch finden sich ganz ähnliche Kontexte, wenn dort auch die andere Bedeutung „Färben“ häufiger anzutreffen ist.3 Zudem begegnen hier verschiedene metaphorische Gebrauchsweisen: Härten von Metall, Färben im weiteren Sinne oder auch Besprengen bzw. Färben durch Besprengen. Ferguson schließt auf der Grundlage vieler von ihm analysierter antiker Texte daher, dass βάπτω „no idea of submerge or immersion“4 erkennen ließe. Dem ist insofern zu widersprechen, als etymologisch βαπτώ mit „awno. kvefja ‚niederdrücken, untertauchen, ersticken‘ (wozu aschwed. kvaf n. ‚Tiefe‘ u.a.) gleichgesetzt“5 wird. Entsprechend erklärt sich die etwas ungewöhnliche Nebenform βύπτειν „unschwer als eine Neubildung nach δύπτειν (s. δύω) oder […] nach dem gewöhnlichen und bedeutungsverwandten κύπτειν.“6

Insofern βάπτω letztlich „fast ausschließlich übertragen = ‚färben‘ benutzt“7 wird, tritt „[d]ie erweiterte Verbform βαπτίζω = ‚(ein)tauchen, taufen‘ (Hp. Pl., hell. u. spät) […] an die Stelle von βάπτω“.8 So verwendet etwa auch Josephus βάπτω ausschließlich im Sinne von „Färben“ und βαπτίζω für das „Ein-/Untertauchen“ von Personen und Gegenständen. Doch worin unterscheiden sich βάπτω und βαπτίζω?

1.2 βαπτίζω
1.2.1 Verwendungsweisen allgemein

Laut Oepke ist βαπτίζω das Intensivum, welches „Versenken“ (Akt.) bzw. „Versinken, Umkommen“ (Pass.) bedeuten kann und im übertragenen Sinne als „an den Rand des Verderbens bringen“ gebraucht wird. Ferguson dagegen zieht teilweise noch andere Beispiele aus dem antiken wie hellenistischen Griechisch heran und kommt zu dem Schluss: „Where there was a difference, baptizō involved a more thorough and lasting submersion than baptō. In some cases βαπτίζω refers to a condition of being under or surrounded (covered) by something (usually a liquid) regardless of the action than brought about the state or condition […].“1

Im Normalfall ist es Wasser, in dem jemand ertrinkt bzw. ertränkt wird,2 in welchem ein Schiff versinkt, weil es überladen wurde,3 oder das z.B. Agamemnon für seinen Freitod wählt.4 Für diesen wörtlichen Gebrauch von βαπτίζω fasst Ferguson zusammen: „Since being under water was associated with drowning or sinking, many of the uses of βαπτίζω are in a context of (potential) destruction, but destruction does not inhere in the word itself, as is shown by the metaphorical uses.“5 Von der Assoziation „überflutet, überschwemmt werden“ herkommend, wird βαπτίζω auf metaphorischer Ebene verwendet im Sinne von: Überwältigt werden von Trunkenheit, Begierden, aber auch Krankheiten oder Schulden. „In these figurative uses the point of comparison is not the manner of application of the element that overwhelms but the completeness of the effect or result. The use of baptizō does emphasize a total submersion […].“6 Ob nun in einem wörtlichen oder auch metaphorischen Sinne verwendet, bliebe die Grundbedeutung jedoch die gleiche: „being covered or overwhelmed“.7

Fragt man nach der Verwendung von βαπτίζω im Kontext von Waschungen, so lassen sich nur sehr vereinzelt Beispiele finden8 – diese zumeist in sakralen Zusammenhängen. Als Mittel für eine gesunde Lebensweise, gegen Furcht oder in anderen magischen Zusammenhängen wird βαπτίζω gelegentlich synonym zu (ἀπο)λούω oder als „Eintauchen“ verwendet. Indem man auf der wörtlichen Ebene bleibt, wohnen solchen Ritualen zwar die Motive des Waschens, Reinigens bzw. auch der Lebenssteigerung bis hin zur Unsterblichkeit inne, sie haben „jedoch nicht sakraltechnischen Sinn“9 angenommen.

Die LXX verwendet an lediglich vier Stellen βαπτίζω: für das selbstständige Untertauchen eines Aussätzigen im Jordan (2Kön 5,14), für das Überschwemmtwerden mit Gesetzlosigkeit (Jes 21,4LXX) sowie an zwei Stellen für ein Reinigungsritual (Sir 34,30; Jdt 12,7).

Der allgemeine jüdische Sprachgebrauch unterscheidet sich davon noch einmal. So kennt etwa Josephus verschiedene Verwendungsarten: das Sinken von Schiffen oder das zu Tode Bringen durch Untertauchen,10 aber auch die rituelle Reinigung11 und in seinem Abschnitt zu Johannes dem Täufer sogar als Bezeichnung für dessen Taufen,12 wobei der Begriff hier bereits den Status eines terminus technicus eingenommen haben dürfte.

Die nicht-christlichen Quellen verwenden βαπτίζω also im Sinne eines „Ein- bzw. Untertauchens“ (Akt. und Pass.), aber auch für ein „Versinken in etwas“ bzw. „Überwältigtwerden von etwas“.13 Doch unabhängig davon, ob das Verb wörtlich oder auf einer metaphorischen Ebene verwendet wird, lassen sich zwei Aspekte in sämtlichen Kontexten ausmachen: 1) Sowohl ein vollständiges Eintauchen als auch ein absolutes Überwältigtwerden transportieren ein holistisches Moment – der Mensch ist ganz und gar davon betroffen. Und 2) beschreiben die Texte oft lebensgefährdende oder gar lebensbeendende Szenarien (Versinken im Wasser, Ertränktwerden im Wasser, aber auch das Hineinstoßen eines Schwertes in einen Leib). Ferguson betont in diesem Zusammenhang, dass die Lebensgefährdung nicht durch βαπτίζω selbst benannt wird, sondern als die Wirkung des jeweiligen „Eintauchens“ bzw. „Überwältigwerdens“ dargestellt wird: „… such was the effect of the submerging and one could substitute the effect for the action, but that was a secondary application.“14

Es ist nun zu fragen, ob die neutestamentlichen Texte auf die gleichen Bedeutungsebenen und -aspekte von βαπτίζω rekurrieren.

1.2.2 Der neutestamentliche Gebrauch

Die neutestamentlichen βαπτίζω-Stellen – und der Einfachheit halber sollen hier auch schon τό βάπτισμα, ὁ βαπτισμός und ὁ βαπτιστής mitverhandelt werden – lassen sich vier Kontexten zuordnen: 1) die Taufe des Johannes1 und 2) die christliche Taufe.2 3) Mk 7,2–4 und Lk 11,38 sprechen – wie aus dem Kontext deutlich hervorgeht – vom Reinigen, also Säubern von Geschirr bzw. den Händen und beziehen sich dabei auf jüdische Reinheitsvorschriften. Lediglich an diesen beiden Stellen wird βαπτίζω zweifelsfrei unabhängig von der Taufe verwendet.3 4) Es verbleiben einige wenige andere Textstellen, welche in irgendeiner (meist übertragenen) Weise auf die christliche Taufe Bezug zu nehmen scheinen oder mit dieser assoziiert werden: In diesem Sinne diskutiert wird etwa 1Kor 10,2, wo der Durchzug durch das Rote Meer mit einem Getauftwerden εἰς τὸν Μωϋσῆν […] ἐν τῇ νεφέλῃ καὶ ἐν τῇ θαλάσσῃ verbunden wird.4 Schließlich spricht Jesus in Mk 10,38f von einem ihm noch bevorstehenden τὸ βάπτισμα und scheint diesen über die Parallele mit dem Kelch mit seinem Tod zu assoziieren: δύνασθε […] τὸ βάπτισμα ὃ ἐγὼ βαπτίζομαι βαπτισθῆναι; (Mk 10,38).5 Sodann ist die von Johannes angekündigte Taufe (ἐν) πνεύματι ἁγίῳ (καὶ πυρί) (Mk 1,8parr) zu nennen. Da sie aber einen eindeutigen Christusbezug hat, soll sie im Rahmen der christlichen Taufe verhandelt werden.

1.2.2.1 Die Taufe des Johannes1

Das Handeln des Johannes ist für seine Zeitgenossen so charakteristisch, dass er den Beinamen ὁ βαπτιστής, der Täufer, erhält.2 Der Vorgang des Taufens wird ausschließlich mit dem Verb βαπτίζω beschrieben und von Johannes zudem als eine Taufe ὕδατι qualifiziert, was zusammen mit der Angabe, dass sie im Jordan vollzogen wird, zunächst für eine wörtliche Deutung von βαπτίζω spricht: Der Täufling wird durch Johannes im Wasser des Jordans untergetaucht. Da ein bloßes Eintauchen auch über βάπτω wiedergegeben werden könnte, scheint der einheitliche Gebrauch von βαπτίζω auf einer Betonung des dem Intensivum eignenden Moment eines vollständigen Untertauchens zu liegen. Ob hierbei ebenfalls das Gefahren- bzw. lebensbedrohende Element mitschwingt, welches den profanen Gebrauch von βαπτίζω prägt, ist allein auf der grammatikalisch-kontextuellen Ebene nicht zweifelsfrei zu entscheiden und daher an späterer Stelle zu klären.3

 

Der auffällige synoptische wie textkritische Befund bezüglich des Johannes zugeschriebenen Vergleiches seiner Taufe mit der Taufe dessen, der nach ihm kommen wird, stellt diese erste Bedeutungszuweisung allerdings noch einmal zur Diskussion: Wenn βαπτίζω als Terminus technicus gewählt wird, um eine Taufe zu bezeichnen, was genau soll man sich dann darunter vorstellen bzw. mithören? Denn Johannes beschreibt nach den Synoptikern von sich aus – in Joh auf die Frage nach dem Grund seines Taufens hin – die Eigenart seiner Taufe mit Hilfe des Vergleiches mit einer anderen Taufe: ἐγὼ ἐβάπτισα ὑμᾶς ὕδατι, αὐτὸς δὲ βαπτίσει ὑμᾶς ἐν πνεύματι ἁγίῳ (Mk 1,8) bzw. ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί (Mt 3,11; Lk 3,16).4 Anzahl wie Art der textkritischen Varianten sprechen für den Diskussions- und Interpretationsbedarf der Formulierung: Johannes tauft ὑμᾶς ὕδατι (Mk 1,8; Lk 3,16) bzw. (ὑμᾶς …) ἐν ὕδατι (Mt 3,11; Joh 1,26.31.33).5 Außerdem findet sich noch die textkritische Variante ἐν τῷ ὕδατι (Joh 1,31.33).6 Von dem, der nach ihm kommen wird, bezeugt Johannes, dass er taufen wird: ἐν πνεύματι ἁγίῳ (Mk 1,8; Joh 1,33) bzw. ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί (Mt 3,11; Lk 3,16). Als gewichtige textkritische Variante ist πνεύματι ἁγίῳ (Mk 1,8) zu erwähnen, die so qualitativ und quantitativ gut bezeugt ist,7 dass sie bis zur 25. Auflage die von Nestle/Aland bevorzugte Variante darstellt.

Zunächst ist festzuhalten, dass sämtliche hier aufgeführten Belege und Varianten grammatikalisch möglich und zumeist bedeutend und gleichwertig bezeugt sind. Zu fragen bleibt also, ob die Konstruktionen mit und ohne Präposition ἐν bzw. mit und ohne Artikel τῷ unterschiedliche Bedeutungsnuancen anzeigen und damit auch auf unterschiedliche Bedeutungsebenen von βαπτίζω abheben. An dieser Stelle ist noch zu erwähnen, dass neben diese Formulierungen zu Mittel bzw. Ort der Taufe die beiden Formulierungsmöglichkeiten zum Zweck treten, welche entweder auf die gleiche Präposition zurückgreifen oder ganz auf eine Präposition verzichten: μετανοίας εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (Mk 1,4; Lk 3,3) bzw. ἐν ὕδατι εἰς μετάνοιαν (Mt 3,11).

Der Dativ ὕδατι wird klassischerweise als Dativus instrumentalis bestimmt, welcher das Mittel zur Durchführung angibt: Getauft wird mit Hilfe bzw. unter Verwendung von Wasser.8 Dies würde eine Verwendung von βαπτίζω als klar bestimmten Terminus technicus voraussetzen, welcher dann identisch auf die andere Taufe angewendet wird, die nur mit einem anderen „Mittel“ vollzogen würde. Denn eine vergleichbare Konstruktion ist für das profane Griechisch nicht belegt. Vorstellbar wäre m.E. auch ein Dativus loci (Frage: „Wo bzw. worin wird der Täufling getaucht?“ Antwort: „In Wasser.“), der zudem auf beide wörtlichen Bedeutungsebenen von βαπτίζω referieren könnte (getaucht werden in bzw. überschwemmt werden von).9

Bezieht sich die Variante ἐν ὕδατι auf βαπτίζω, kann ἐν instrumental verstanden werden, da Dative mit und ohne ἐν oft als sinngleiche Alternativen auftreten.10 Doch auch die klassische Bedeutung „in“ (auf die Frage „Wo?“) ist für die Koine belegt, gerade bei Autoren, welche ἐν und εἰς vermischen.11 Legt man das in den Evangelien beschriebene Szenario, also die Taufe „im Jordan“, zu Grunde und zieht sodann die beiden wörtlichen12 Bedeutungsvarianten heran („untergetaucht Werden in“ bzw. „überschwemmt Werden von“, wobei sich auf Grund der Handlung des Täufers hier klar für erstere zu entscheiden ist), scheint eine lokale Deutung näherliegend: Johannes taucht im Jordan, also in Wasser, seine Täuflinge komplett unter.

Eine instrumentale Deutung gerät erst dort in den Blick, wo die andere Taufe als ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί qualifiziert wird, üblicherweise übersetzt als: mit dem Heiligen Geist und mit Feuer. Diese instrumentale Deutung der anderen Taufe erweist sich jedoch keineswegs als notwendig, geschweige denn zwingend. Vielmehr ist sowohl eine lokale Deutung der Geist- und Feuertaufe als auch eine übertragene Bedeutungsebene von βαπτίζω zu erwägen. Die Taufe ἐν πνεύματι ἁγίῳ ist wie bereits erwähnt für alle vier Evangelien belegt – καὶ πυρί lediglich für Mt und Lk. Wie auch einiges weitere Material, etwa die Vorstellung vom Verbrennen von unfruchtbaren Bäumen bzw. von Spreu im unmittelbaren Kontext, scheinen diese Traditionen der Quelle Q zugeordnet werden zu können. Die Kontextualisierung legt nun die Deutung nahe, dass es sich eigentlich um zwei alternative Taufen handelt: eine ἐν πνεύματι ἁγίῳ und eine [ἐν] πυρί, vorgestellt als ein Ins-Feuer-Geworfen-Werden. Dies würde auch vom klassischen Bedeutungsspektrum von βαπτίζω gedeckt werden: Jemand wird in etwas hineingeworfen, davon komplett umgeben, wobei das oft mitassoziierte lebensbedrohende Element hier überdeutlich wird. Übertrüge man diese Deutung parallel auf ἐν πνεύματι ἁγίῳ, hieße es nicht mehr: „mit Hilfe des Heiligen Geistes wird dem Täufling … getan“, sondern vielmehr: „durch den Täufer wird der Täufling in den Heiligen Geist ‚hineingeworfen‘, sodass er schließlich komplett von diesem umgeben ist.“ Alternativ dazu ist auch eine übertragene Deutung vorstellbar, vergleichbar etwa dem Besessenwerden des Getauchten von Geist durch das Untertauchen in einer „great mixing bowl“ (Corp Herm IV 4).13 Wird weiterhin ein rein instrumentales Verständnis behauptet, steht dies nicht nur gegen die Kontextualisierung des Traditionsgutes aus Q, sondern auch singulär gegen den sonstigen profanen Gebrauch.

Doch unabhängig davon, ob man es lokal oder instrumental verstehen will, sind beide Verwendungsweisen sowohl für ὕδατι als auch für ἐν ὕδατι möglich. Man könnte nun die Version, welche Mk und Lk bezeugen, bezüglich des Präpositionsgebrauchs für ursprünglicher halten: ὕδατι, aber ἐν πνεύματι ἁγίῳ (καὶ πυρί). Mt und Joh wären dann z.B. als Versuch einer Parallelisierung zu lesen: ἐν ὕδατι und ἐν πνεύματι ἁγίῳ (καὶ πυρί). Die zu Mk 1,8 gut bezeugte Variante ἐν ὕδατι könnte dann als bewusste Abänderung im Rahmen dieses Prozesses eingeordnet werden.14 Da eine wesentliche Verbesserung des Griechischen weder in die eine noch in die andere Richtung festzustellen ist, bleiben m.E. für die zunehmende Vereinheitlichung (für beide Taufen) mit der Tendenz zu ἐν lediglich zwei mögliche Erklärungen: Es entwickelt sich nach und nach eine Vorstellung von Taufe im Allgemeinen bzw. den benannten Taufen im Spe­ziellen, die zu einem Verständnis βαπτίζω ἐν tendiert, oder aber ein weiterer Faktor, etwa eine geprägte Sprachtradition, überformt die ursprünglichen (divergierenden) Formulierungen.15

Verbleibt die Frage nach dem Zweck der Johannestaufe: μετανοίας εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (Mk 1,4; Lk 3,3) bzw. εἰς μετάνοιαν (Mt 3,11).16 Auch an dieser Stelle ist der Sprachgebrauch unterschiedlich. Gerade εἰς mit Akkusativ kann in übertragenem Sinne Bestimmung und Ziel einer Handlung ausdrücken. Für das Ritual kann auf diese Weise etwa nicht allein der Zweck, sondern auch die Wirkung beschrieben werden.

Darüber hinaus tragen die Texte zur Taufe Jesu durch Johannes nur wenig zur Klärung des βαπτίζω-Begriffes bei, abgesehen von folgenden beiden Punkten: Der Vermerk βαπτισθεὶς δὲ ὁ Ἰησοῦς εὐθὺς ἀνέβη ἀπὸ τοῦ ὕδατος (Mt 3,16) bestätigt, dass die Johannestaufe zunächst als ein komplettes Untertauchen im Wasser vorgestellt wird, aus dem der Täufling dann wieder auftauchen muss. Der zweite Aspekt betrifft den Geist, der hier bereits mit der Taufe Jesu durch Johannes in Verbindung gebracht wird.17 Es stellt sich nun die Frage, ob sich die Texte zur christlichen Taufe durch eine größere Klarheit in ihrem βαπτίζω-Gebrauch auszeichnen.

1.2.2.2 Die christliche Taufe

Zur Erwähnung wie Beschreibung der christlichen Taufe bedienen sich die neutestamentlichen Autoren – wie schon bei der Johannestaufe – ausschließlich βαπτίζω bzw. βάπτισμα. Da die Mehrheit der Stellen im Passiv formuliert ist, findet man den zu Taufenden bzw. bereits Getauften gewöhnlich als Subjekt von βαπτίζω und den Täufer bestimmt durch die Präposition ὑπό. Die übrigen Aussagen zur christlichen Taufe lassen sich in drei wesentliche Kategorien einteilen: 1) der Zweck der Taufe, 2) die Wirkung der Taufe, 3) sonstige Erläuterungen.

1) Als Zweck der Taufe findet sich die – formal wie inhaltlich der Johannestaufe gleiche – Angabe εἰς ἄφεσιν τῶν ἁμαρτιῶν ὑμῶν (Apg 2,38) bzw. die Bestimmung ὑπὸ τῶν νεκρῶν (1Kor 15,29).

2) Es fällt auf, dass die Vielfalt der Äußerungen zur intendierten Wirkung der Taufe mit einer großen Diversität der Formulierungen v.a. der Präpositionen einhergeht:1 eine Einheit der Getauften (πάντες εἰς ἓν σῶμα [1Kor 12,13], πάντες γὰρ ὑμεῖς εἷς ἐστε ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ [Gal 3,28]), eine Relativierung oder Negierung der Unterschiede zwischen den Getauften (εἴτε Ἰουδαῖοι εἴτε Ἕλληνες εἴτε δοῦλοι εἴτε ἐλεύθεροι [1Kor 12,13], οὐκ ἔνι Ἰουδαῖος οὐδὲ Ἕλλην, οὐκ ἔνι δοῦλος οὐδὲ ἐλεύθερος, οὐκ ἔνι ἄρσεν καὶ θῆλυ [Gal 3,28]), die Gabe des Heiligen Geistes (λήμψεσθε τὴν δωρεὰν τοῦ ἁγίου πνεύματος [Apg 2,38])2, ein Abwaschen der Sünden (ἀπόλουσαι τὰς ἁμαρτίας σου [Apg 22,16]), allerdings nicht von Schmutz (οὐ σαρκὸς ἀπόθεσις ῥύπου [1Petr 3,21]), oder ganz allgemein die Rettung (βαπτισθεὶς σωθήσεται [Mk 16,16], σῴζει βάπτισμα [1Petr 3,21]3).

3) Die sonstigen Erläuterungen und Interpretationsansätze, welche neutestamentliche Stellen zur Taufe bieten, lassen sich inhaltlich gruppieren: Zu besonderen Umständen oder Rahmenbedingungen ist relativ wenig bekannt.4 Deutlich wird, dass wirklich alle getauft werden können.5 Jeder Täufling kommt – im Zusammenhang mit der Taufe – in eine Relation zum Heiligen Geist.6 Durch die Taufe wird ein besonderes Verhältnis zwischen Täufling und Christus hergestellt.7 Dieses wird an einigen Stellen mit der Formel εἰς τὸ ὄνομα Χριστοῦ (im Folgenden: ὄνομα-Taufformel) zum Ausdruck gebracht.8

Des Weiteren fällt ins Auge, dass βαπτίζω wie τὸ βάπτισμα sich in unterschiedlichen Mikrokontexten sowie grammatikalischen Konstruktionen wiederfinden. Es ist zu fragen, ob dies auf unterschiedliche wörtliche und metaphorische Bedeutungsebenen sowie mehrere Bedeutungsspektren speziell von βαπτίζω verweist. Dies stünde allerdings gegen die beinahe unwidersprochende These, dass beide als Termini technici9 verwendet werden. Aber auch angesichts des divergierenden Präpositionsgebrauchs und der vielfältigen Wirkungsbestimmung ist diese These am Ergebnis einer eingehenden Exegese der v.a. semantischen Eingebundenheit der βαπτίζω- / τὸ βάπτισμα-Stellen in den jeweiligen Kontext zu prüfen. Vorstellbar wäre für die Entstehungszeit mindestens der frühen neutestamentlichen Schriften etwa auch eine Etablierung der christlichen Taufe insoweit, dass βαπτίζω und τὸ βάπτισμα zwar als Termini technici für das Ritual Verwendung finden, sie aber als Begriffe noch nicht so geprägt und entwickelt sind, dass sie als eindeutig und v.a. losgelöst von den (verschiedenen) sprachlichen Verwendungsweisen und Bedeutungsspektren der Wortwurzel und ihres umgangssprachlich-zeitgenössischen Gebrauchs gelten können. Diskutiert man dies etwa für Paulus, so wäre weiterhin zu differenzieren zwischen der Korrespondenz mit von ihm gegründeten Gemeinden, für welche ein gemeinsames Verständnis zu vermuten ist, da sie ihre Vorstellungen von christlicher Taufe im Wesentlichen wohl aus seiner eigenen Verkündigung bezogen haben, und der Korrespondenz mit Gemeinden, welche er nicht selbst ggründet hat, wie z.B. derjenigen in Rom.