Die Taufe auf den Tod Christi

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2.2 Ritologische Methodik der Untersuchung
2.2.1 Ritualfokussierte (klassische) Exegese

Dafür, dass theologische Studien „have been slow to attend to nonverbal, nontextual phenomena“1 sieht Grimes den Hauptgrund in deren Textzentrierung. Ritualwissenschaften hingegen versteht er als „a movement away from the dominance of these verbally oriented conceptions of religion“.2 Dennoch stellen die neutestamentlichen Texte die Primär- und zugleich Hauptquellen für die christliche Taufe und ihre Entstehung dar und keine ritologische Arbeit kann an einer eingehenden Textexegese vorbei. Eine Berücksichtigung sowohl diachroner als auch synchroner Aspekte legt dabei nicht nur die spezifische Kontextualisierung und Argumentation mit und zur Taufe offen, sondern bildet in der Zusammenschau mehrerer Texte auch die unverzichtbare Grundlage für eine Erfassung in ihren rituellen Spezifika.

2.2.2 Beschreibung nach vergleichbaren Ritualaspekten

Die Vielfalt und Vielheit von Ritualen bedarf vor jeder Interpretation einer einheitlichen Analyse- und Darstellungsmethode. Grimes verspricht sich von einer so umfangreich wie möglichen Beschreibung folgende vier Aspekte: 1) „[to] enable ritual to speak most fully for itself“,1 2) „ [to] aid interpreters in discerning the continuities and discontinuities between their symbols and those of participants in a ritual“,2 3) „[to] generate helpful theories of ritual “3 und 4) „[to] precipitate a sense of the living quality of ritual in written accounts of them“.4

Neben der umfangreichen Erfassung jedes einzelnen Rituals bildet eine einheitliche Beschreibung zugleich die Grundlage für eine Vergleichbarkeit und damit Verhältnisbestimmung von Ritualen unterschiedlichen Vollzuges und Bedeutung in Ritualeinzelaspekten.5 Will man die christliche Taufe in sämtlichen ihrer rituellen Relationen erfassen, bedarf es Beschreibungs- und Argumentationsmuster, welche neben der Taufe etwa auch auf die Beschneidung anwendbar sind.

Grimes bietet dazu einen sehr breit angelegten Fragenkatalog, an Hand dessen Rituale nach fünf Aspekten, welche typisch und aussagekräftig für nahezu alle Rituale sind, analysiert und beschrieben werden können: Ritual Space, Ritual Objects, Ritual Time, Ritual Sound and Language, Ritual Identity, Ritual Action.6 Im Sinne von Grimes ist der Katalog nicht als Frage-Antwort-Quiz zu verwenden, sondern themen- und quellenbezogen zu erweitern und anzupassen.7 Für eine Beschreibung der christlichen Taufe auf der Grundlage der biblischen Quellen sowie für eine Erfassung sämtlicher mit der Taufe in Relation stehenden Rituale erweisen sich m.E. die folgenden sieben Ritualaspekte als aussagekräftig: 1) die Ritualbezeichnung, 2) der Ritualursprung, 3) der Ritualleiter, 4) die Ritualteilnehmer, 5) der Ritualort und die Ritualzeit, 6) der Ritualablauf und schließlich 7) die Ritualfunktion und –deutung. Sie seien in ihrem Umfang und den für die Taufe zu erwartenden Fragen kurz expliziert.

2.2.2.1 Die Ritualbezeichnung

Ritualbezeichnungen können sich auf sämtliche Ritualaspekte beziehen. Gelegentlich besteht der Name – vermutlich mit der Absicht einer erhöhten Differenzierungsmöglichkeit – auch aus einer Kombination mehrerer Merkmale des Rituals, wie etwa bei τὸ βάπτισμα Ἰωάννου.

So finden sich Ritualbezeichnungen 1) nach dem Ritualvollzug bzw. einer Teilhandlung während des Rituals, was vermutlich die typischste Variante ist, ein Ritual zu benennen, z.B. die Beschneidung; 2) nach dem Gründungsereignis bzw. Ursprung des Rituals, welches ggf. zu dessen Erinnerung bzw. als dessen Vergegenwärtigung begangen wird, z.B. das Pessachfest oder auch die christliche Abendmahlsfeier; 3) nach der Funktion, Bedeutung oder auch Anlass des Rituals, z.B. das Erntedankfest; 4) nach einer göttlichen Identität, der zu ehren bzw. auf die hin das Ritual vollzogen wird, z.B. Isisweihe oder auch Jahwe-Feste; 5) nach einem Menschen, zu dessen Erinnerung das Ritual gefeiert wird, z.B. sämtliche Heiligenfeiertage; weniger häufig sind Ritualbezeichnungen nach dem Ritualleiter oder auch Ritualentwickler, wie z.B. bei Johannestaufe; 6) nach dem Ritualort, an dem das Ritual selbst oder auch sein Gründungsereignis stattgefunden hat, z.B. Tempelbaufest, und schließlich; 7) nach der Ritualzeit, zu der das Ritual stattfindet oder auf die es sich bezieht, z.B. das Neujahrsfest.

Da demnach sämtliche Ritualaspekte Ausgangspunkt für eine Ritualbezeichnung werden können, ist demjenigen, auf den sie letztlich Bezug nimmt, in der Analyse besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Mit Blick auf die Übernahme und Weiterentwicklung von Ritualabläufen und -bedeutungen ist die Weiterführung, aber auch die Abänderung der Ritualbezeichnung ein besonderes Indiz, da sie z.B. ein Hinweis auf eine entsprechende Bedeutungsverschiebung unter Beibehaltung des Ritualablaufes sein kann.

2.2.2.2 Der Ursprung des Rituals

Der „Ursprung“ eines Rituals kann und soll im Folgenden unter zwei unterschiedlichen Aspekten verhandelt werden, welche zunächst nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, aber spätestens in der Interpretation des Rituals in eine Relation zu setzen sind:

1) Der ritologische Ursprung – das Vorgängerritual: Zu erheben ist, in welcher Weise das untersuchte Ritual auf andere Rituale zurückgeht, worin die Abänderung oder auch die Weiterentwicklung besteht und ggf. was der Anlass dafür gewesen ist.1

2) Der inhaltliche Ursprung bzw. Bezugspunkt – das Gründungsereignis: Ein Ereignis, an welches das Ritual erinnert, kann ein historisches Geschehen oder auch ein Mythos sein. Der zeitliche Abstand zwischen diesem Ereignis und dem ersten Vollzug des Rituals kann nur wenige Wochen (so vermutlich bei der ersten christlichen Abendmahlsfeier), ein Jahr (aus Anlass des 1. Jahrestages) oder auch wesentlich länger betragen.2 Unter Ritualursprung sind auch Ereignisse und Erzählungen zu rechnen, welche die Durchführung des Rituals in grundlegender Weise ermöglichen, wie z.B. das Schicksal der Göttin bei der Einweihung in die Isismysterien.

2.2.2.3 Der Ritualleiter

Die von Grimes gewählte Beschreibungskategorie „Ritual Identity“ trägt der Beobachtung Rechnung, dass ein Ritual wesentlich von den an ihm beteiligten Personen, der Verteilung verschiedener Rollen und Funktionen unter ihnen und den Voraussetzungen, unter denen man dazu Zugang gewinnt, lebt. Diese Interaktion der Beteiligten, gerade wenn sie während des Ritualverlaufes eine Veränderung durchmacht, hat nicht nur Bedeutung für den Zeitraum des Rituals, sondern kann auch über diesen hinaus wirken.1

Dass bezüglich der christlichen Taufe grundsätzlich zwischen Ritualleiter und -teilnehmern differenziert werden soll, liegt einerseits darin begründet, dass die Taufe selbst klar zwischen diesen beiden Rollen unterscheidet und andererseits in der Wahrnehmung, dass Ritualleitern bei Initiationsritualen eine besondere, den Ritualteilnehmern gegenüber wirkmächtige Position einnehmen.2 Besonders zu beachten ist dabei das ggf. wechselnde Verhältnis von Aktivität und Passivität der verschiedenen Personen.

2.2.2.4 Die Ritualteilnehmer

Bezüglich der Ritualeilnehmer – in Abgrenzung zum Ritualleiter – ist zu fragen, ob es grundsätzliche Voraussetzungen für die Teilnahme am Ritual gibt und ob die z.B. in vorbereitenden Handlungen und Ritualen erbracht werden müssen oder möglicherweise von grundsätzlicher, nicht zu beeinflussender Natur sind. Ist das Ritual z.B. geschlechts- oder altersspefizisch? Führt dies zu einem beschränkten Zugang zum Ritual oder beispielsweise zu Differenzierungen im Ritualablauf? Ist das Ritual einzeln oder nur in Gruppen bzw. unter Zeugen durchführbar?1

2.2.2.5 Der Ritualort und die Ritualzeit

Die Raumdimension eines Rituals umfasst zum einen die Beschaffenheit und die Strukturierung des Ortes, an dem ein Ritual vollzogen wird: drinnen oder draußen, an einem zufälligen oder einem besonderen, möglicherweise symbolischen Ort mit Geschichte, ob dieser speziell dem Ritual vorbehalten ist oder auch profan genutzt wird. Zum anderen ist nach den Positionierungen und Bewegung(srichtung)en der Beteiligten zu fragen und inwiefern diese auf Ablauf und Bedeutung des Rituals einwirken.1

Rituale können von Jahres- oder auch Tagesrhythmen bestimmt werden und dabei in alltägliche, aber auch besondere Zeiten fallen und diese ggf. (um)prägen. So kann der Vollzug eines Rituals als wesentliches Lebensereignis wahrgenommen werden, von dem aus ein neuer Lebensabschnitt gerechnet wird, beispielsweise die Hochzeit und die Feier ihrer Gedenktage. Rituale können sich außerdem auf Ereignisse in der Vergangenheit beziehen oder auch Zukünftiges erwarten und erbitten. Und gleichzeitig sind sie oft von einem „Zeit(ablauf)plan“ geprägt.2

2.2.2.6 Der Ritualablauf

Ein Ritual definiert und konstituiert sich über die vollzogene Handlung. Dieser kann – muss aber nicht – im Ganzen oder auch in Einzelaspekten eine symbolische Qualität eignen. Sie kann in der Handlung selbst oder aber darin begründet liegen, welcher Ritualteilnehmer in welcher Rolle die Handlung durchführt. In vielen, wenn auch nicht allen Ritualen, werden zur Durchführung Gegenstände benötigt, welche – ähnlich dem Ritualort – auf ihre Beschaffenheit, Funktion und ggf. sonstige Symbolik und Verwendung außerhalb des Rituals hin zu befragen sind.1

Je ausdifferenzierter sich ein Ritual gestaltet, desto größere Bedeutung kommt der Abfolge und gegenseitigen Bezogenheit der Teilrituale zu.2 Eine Veränderung in der Reihenfolge oder auch das Weglassen einer Teilhandlung kann zu Verwirrung oder gar zum Misslingen des Rituals führen.3 Insofern kommt der Frage besonderes Gewicht zu, ob es nötig ist, die Ritualteilnehmer vorher über den Ablauf zu unterweisen oder ob sie diesen samt seiner Bedeutung vo­rausahnen bzw. verstehen und nachvollziehen können.

 

2.2.2.7 Die Ritualfunktion und –deutung

Mit Blick auf die christliche Taufe eignet sich eine Differenzierung in eine grundsätzliche Funktion, welches das Ritual für den Teilnehmer und die Gemeinschaft übernimmt sowie ausgeführte Deutungen und Bedeutungen dieser Grundfunktion. Erster Anhaltspunkt jeder Funktionsbestimmung sind die (Symbolik der) Handlung sowie ggf. im zeitlichen Umfeld des Rituals gegebene Erklärungen oder Deuteworte.1 Da viele der Ritualklassifikationen nach Ritualfunktionen unterteilen, können nach einer grundsätzlichen Bestimmung deren Beschreibungen und Interpretationen etwa von Initiationsritualen vergleichend herangezogen werden.2 Jedoch erschöpft sich die Ritualbedeutung längst nicht allein in der Zuschreibung einer Grundfunktion oder der Interpretation einer Deutungsmetapher, sondern kommt in jedem einzelnen der Ritualaspekte und deren besonderer Ausprägung im jeweiligen Ritual zum Tragen. Klingbeil spricht diesbezüglich von bis zu zehn Dimensionen, welche einem Ritual zu eigen sein und welche sämtliche Teilaspekte der Ritualbedeutung darstellen können.3

2.2.2.8 Alternative Beschreibungskategorien

Ähnlich den hier auf die neutestamentliche Taufe und ihrer Quellen abgestimmten Ritualaspekten wählt etwa auch Babcock in seiner Studie zu den Festkalendern1 und Al-Suadi in ihrer Untersuchung zu Mahlgemeinschaften2 Beschreibungskategorien, welche sich von dem jeweiligen Ritual her ableiten. Ganz andere, themenungebundene Vorschläge für Beschreibungsmerkmale finden sich etwa bei Klingbeil, welcher eine Orientierung an linguistischen Kategorien als sinnvoll erachtet,3 oder auch bei Theißen.4

2.2.3 Ritualvergleich1

Oben wurde bereits die These Klingbeils dargestellt, die Interpretation eines Ritualtextes gelinge am sichersten über einen Vergleich mit anderen, vorzugsweise schriftlichen Quellen zu Ritualen, welche ersterem entweder in ihrem historischen Kontext oder aber in ihrer Typologie ähneln.2

Wenn auch ein vergleichender Ansatz im Grundsatz vielversprechend erscheint, so sind die von Klingbeil beschriebenen Prämissen dennoch in drei Punkten anzufragen: 1) Wenn ein historical comparison angestrengt werden soll, stellt sich die Frage, wie viele den christlichen Tauftexten vergleichbare Ritualtexte sich überhaupt finden ließen. 2) Mit Blick auf ein typological comparison ist fraglich, wie weit „the common religious conscience of humanity“3 reicht und wie aussagekräftig demnach ein entsprechender Vergleich sein kann, wenn Rituale – wie grundsätzlich bei Klingbeil – als „empty containers“ beschrieben werden. 3) Das Ritualverständnis Klingbeils lässt sich vielleicht vereinfacht auf die Formel bringen „Ritual = Handlungsablauf + dessen Deutung“, und demnach würden lediglich Rituale, welche der Taufe in ihrem Ablauf ähneln, als mögliches Vergleichsmaterial in Frage kommen.

Gegen diese fehlgehenden Prämissen Klingbeils erscheint es mit Blick auf die christliche Taufe in den neutestamentlichen Texten jedoch zunächst sinnvoll, nicht einen einzelnen Tauftext mit einem anderen Ritualtext zu vergleichen, sondern auf der Grundlage mehrerer Texte das Ritual selbst zu einem anderen Ritual ins Verhältnis zu setzen. Sodann ist zu bedenken, dass die neutestamentlichen Tauftexte weder das Wasserritual im Allgemeinen, noch seinen Ablauf im Besonderen, in den Fokus stellen, sondern vielmehr eine bestimmte Funktion oder einen konkreten, anderen Ritualaspekt. Insofern liegen Rituale, welche der Taufe in diesen Punkten gleichen, als mögliche Vergleichsrituale mindestens ebenso nah wie andere Wasserrituale. Hebt beispielsweise ein Text nachdrücklich auf den initiativen Aspekt der Taufe ab, ist nicht zuerst die Johannestaufe als ähnliches Wasserritual, sondern sind andere Initiationsrituale vergleichend heranzuziehen.

3 Aufbau und Fragestellung(en) der Arbeit
3.1 Gegenstand und Ziel der Arbeit

Die Untersuchung versteht sich als eine erste dezidiert ritologische Beschreibung der christlichen Taufe in ihrem Wesen als Ritual. Sie unterscheidet sich daher von den vielfältigen bisherigen neutestamentlichen Arbeiten zur christlichen Taufe sowohl in ihrem methodischen Vorgehen, welches ritualwissenschaftliche Methoden für die biblische Exegese adaptiert, als auch in ihrer Zielsetzung, die christliche Taufe erstmals in der Fülle ihrer neutestamentlich belegten Ritualaspekte zu beschreiben, zu analysieren und zu interpretieren.

Die biblische Textgrundlage bilden dazu die paulinischen Tauftexte, welche als die ältesten Belege zwar bereits den Vollzug der Taufe voraussetzen, allerdings noch in die Entstehungsphase des Rituals zu rechnen sind. Dementsprechend richtet sich das Augenmerk der Untersuchung nicht allein auf Erhebung und Beschreibung der Taufe in der Zeit und in der Theologie des Paulus, sondern ebenso auf die dem vorangehenden und noch anhaltenden Entwicklungstendenzen bezüglich sämtlicher Ritualaspekte.

3.2 Aufbau der Arbeit

Der methodischen Einleitung folgen fünf inhaltliche Kapitel, wobei im Verlauf der Arbeit entsprechend der Entwicklung der Fragestellung die Quellenbasis ausgeweitet wird.

Kapitel II „Begrifflichkeiten“ beinhaltet semantische sowie traditionsgeschichtliche Untersuchungen zu den wesentlichen griechischen Begriffen und Formulierungen, welche im Kontext der Taufe Verwendung finden: βάπτω und βαπτίζω sowie die sog. Tauf- bzw. Namensformel in den Varianten βαπτίζειν εἰς Χριστὸν und βαπτίζειν εἰς τὸ ὄνομα Χριστοῦ.

Kapitel III „Die paulinischen Tauftexte“ untersucht eingehend die ältesten schriftlichen Zeugnisse zur christlichen Taufe und konzentriert sich dazu auf vier Haupttexte, welche in besonderer Weise die Taufe thematisieren bzw. problematisieren: Gal 3,23–29; 1Kor 1,10–17; 1Kor 12,12–20; Röm 6,1–11. Weitere paulinische Tauftexte werden in Exkursen kurz dargestellt.1

Kapitel IV „Die rituelle Umwelt der christlichen Taufe. Ritualvergleiche“ stellt zunächst die vorgängigen und neutestamentlich gegenwärtigen Vorstellungen zum Element Wasser und den damit verbunden Ritualen im jüdisch-christlichen Kontext dar. Sodann werden drei jüdische Rituale ausführlich dargestellt, welche entweder in ihrem Ritualablauf oder aber in ihrer Ritualfunktion und –deutung in einem direkten Verhältnis zur christlichen Taufe stehen: die Johannestaufe, die Beschneidung und das Proselytentauchbad. Die Ergebnispräsentation folgt dabei den oben bereits eingehend vorgestellten2 sieben Ritualaspekten. Schließlich werden vier der bedeutendsten Vertreter der sog. Täufersekten – die Gemeinschaft von Qumran, die Elchasaiten, die Mandäer sowie die Ebioniten – mit einem besonderen Fokus auf die von ihnen verwendeten Rituale untersucht. Auch wenn es sich dabei mehrheitlich um Phänomene handelt, welche nach der Etablierung der christlichen Taufe entstehen, bilden diese in ihrer Fokussierung auf Wasserrituale eine interessante Vergleichsfolie für die christliche Gemeinde, welche die Taufe als Initiationsritual vollzieht. Auf Grund der teilweise sehr beschränkten Quellenlage können die Wasserrituale dieser Gruppierungen lediglich bezüglich ihrer Bezeichnung und Art, Ritualablaufes, Ritualfunktion und –deutung dargestellt und verglichen werden. Sämtliche Unterkapitel laufen sodann auf eine Verhältnisbestimmung zur christlichen Taufe hinaus, einem Ritualvergleich.

Kapitel V „Ritologische (Deutungs)Motive“ thematisiert fünf Metaphern und Deutungen, welche zur Interpretation der Taufe in den paulinischen Texten Verwendung finden und sich zugleich als klassische Motive erweisen, wie sie auch bei anderen, jüdischen wie nichtjüdischen Ritualdeutungen begegnen: „Leben-Tod(-Leben)“; „Freiheit/Befreiung“; „Leib/Einheit“; „Erbe/Sohn“; „Name“.

Kapitel VI „Die christliche Taufe als Ritual. Eine Zusammenfassung“ bündelt die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Untersuchungsschritten in einer umfassenden Beschreibung und Interpretation der christlichen Taufe an Hand der sieben Ritualaspekte.

3.3 Begriffliche Differenzierungen

Die Forschungsliteratur zum Thema Ritual konnte sich bisher nicht auf einen einheitlichen Sprachgebrauch bezüglich bestimmter Fachtermini einigen. Dieses Problem potenziert sich zusätzlich durch die Übertragung englischer Begrifflichkeiten ins Deutsche. Unabhängig von den teilweise vehement geführten Auseinandersetzungen darüber gelten für die Untersuchung folgende begriffliche Differenzierungen:

1) rituell – ritologisch: „Rituell“ bezeichnet Eigenschaften, welche eine Handlung als Ritual kennzeichnen bzw. prägen. „Ritologisch“ hebt auf die ritualtheoretische und demnach methodische Ebene einer Fragestellung ab.

2) Ritual – Ritus: Die gelegentlich anzutreffende Differenzierung zwischen „Ritus“ als kleinster Sinneinheit bzw. Handlungsbestandteil und „Ritual“ als dem Gesamtgeschehen1 bleibt letztlich schwierig, da bspw. dieselbe rituelle Handlung sowohl als eigenständiges „Ritual“ existieren und gleichzeitig als Teil eines größeren rituellen Zusammenhanges und somit „Ritus“ vorkommen kann.2 Zudem trägt eine derartige Unterscheidung nichts zur Beschreibung und Interpretation der in der Arbeit untersuchten Rituale bei. Daher wird im Folgenden durchgehend von Ritual gesprochen und damit jede Art ritueller Handlung bezeichnet.3

3) Taufe – Tauchbad: Auch wenn Ferguson, welcher eine der ausführlichsten unter den aktuellen Untersuchungen zur Taufe vorgelegt hat,4 es nicht für erforderlich zu erachten scheint und sowohl die christliche Taufe als auch das Proselytentauchbad unter den Oberbegriff „baptism“ fasst, so unterscheidet die folgende Studie durchaus zwischen einer von einem Täufer vollzogenen „Taufe“ und einem selbstständigen „Tauchbad“ ohne Hilfe oder Zutun einer anderen Person.