Traumprotokolle

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Traumprotokolle
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Christof Wackernagel

Traumprotokolle

2011 bis 2020

Band 3


© 2020 zu Klampen Verlag • Röse 21 • 31832 Springe • zuklampen.de

Korrektorat: Miriam Marie Hirschauer • Schladen

Regina Derr • Hannover

Satz: Christof Wackernagel • München

Miriam Marie Hirschauer • Schladen

Umschlaggestaltung: Germano Wallmann • Gronau • geisterwort.de

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH • Rudolstadt

ISBN 978-3-86674-782-1

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.dnb.de› abrufbar.

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

VORBEMERKUNG

AB 10. MAI 2011

AB 17. JULI 2011

AB 22. OKTOBER 2011

AB 3. JANUAR 2012

AB 5. APRIL 2012

AB 2. JUNI 2012

AB 12. JUNI 2012

AB 7. SEPTEMBER 2012

AB 15. NOVEMBER 2012

AB 12. MAI 2013

AB 20. AUGUST 2016

AB 7. MÄRZ 2018

AB 2. JANUAR 2019

AB 2. JANUAR 2020

PERSONENREGISTER

AUTORENVITA

Vorbemerkung

Träume sind flüchtig. Sie gleichen einer vorbeiwehenden Frau, die ahnen lässt, was für erregende Unterwäsche sie trägt, aber keine Chance gibt, sie auch nur zu grüßen. Träume sind ungreifbar, man kann sie nicht festhalten, selbst die Erinnerung an sie ist allein identisch mit der durch sie erzeugten Stimmung. Diese Tatsache stellt eine Herausforderung dar.

Träume sind Kunstwerke – Traumprotokolle sind die Plots dieser Kunstwerke, Skripts, Anhaltspunkte, nicht die Kunstwerke selbst. Selbst als solche bedeutet es eine sisyphosartige Anstrengung, sie zu erstellen: je näher man an den Traum heranreicht, desto weiter rückt er weg; die Frau mit der erotischen Unterwäsche ist nicht zu kriegen. Warum ich es trotzdem versuche, ist in meinem Buch »Politik des Traums«1 nachzulesen.

Die Veröffentlichung dieser Protokolle soll die Leser dazu einladen, Träume nicht nur individualpsychologisch zu interpretieren, sondern in ihnen Gesellschaftsbilder zu sehen.

Ein Beispiel: Ich rede mit einer Freundin über die Kommune, in der wir zusammen gelebt hatten, das Scheitern dieser Idee. Das drückt individualpsychologisch aus, dass uns dies bis heute beschäftigt.

Als Bild der Gesellschaft aufschlussreich an diesem Traum ist, dass wir dieses Gespräch in einem Automobil geführt hatten, das in einer stehenden Masse von Autos steckte.

In einer globalen Gesellschaft, in der das Auto wirtschaftlich wie psychologisch eine vorherrschende Rolle spielt, erinnert das stehende Auto daran, dass die meisten Autos die meiste Zeit sinnlos herumstehen. Da Autos aber zum Fahren da sind, erinnert diese Tatsache daran, dass die Landschaften so zubetoniert werden, dass Überflutungen überhand nehmen, die Ozonschicht zerstört wird, das Artensterben beschleunigt wird etc., also die Gesellschaft als solche, und zwar die globale, wegen des Automobils sinnlos stehen geblieben ist.

Dies erweitert die individualpsychologische Interpretation um eine gesellschaftliche Dimension: So könnte man die Erinnerung an die stehen gebliebene Kommuneutopie mit der an die stehen gebliebene Gesellschaft konstruktiv verbinden, indem man feststellte, dass kollektive gesellschaftliche Umgangsformen den Autowahnsinn überflüssig machten: Traum als Schlüssel zur Utopie.

Ein aktuelles Beispiel (die Pandemie 2020) verdeutlicht dies besonders eindringlich: Ich träumte von einem gläsernen Bus, in dem, in voneinander abgetrennten gläsernen Kabinen, Kinder mit Kopfhörern vor Laptops saßen, und auf diese Weise einen Kindergeburtstag feierten.

Der psychoanalytische »Tagesrest« war das Zoom-Pfadfindertreffen meines Sohnes am Laptop alleine in seinem Zimmer, meine mitfühlende Trauer über diese Entfremdung vom Pfadfindergedanken.

Gesellschaftlich könnte es keine beklemmendere künstlerische Ausdrucksform für die Traumatisierung der folgenden Generation, die Zerstörung urmenschlichster Ausdrucksformen durch das Herunterfahren gesellschaftlicher Aktivität aufgrund einer Pandemie geben: Albtraum als Warnung vor gesellschaftlicher Realität.

Dasselbe gilt für alle menschlichen Grundbedürfnisse und Tätigkeiten von Essen und Trinken über Politik bis zur Sexualität: jeder Mensch verarbeitet sie jede Nacht und kann daraus Schlüsse nicht nur in Bezug auf sich selbst, sondern auch auf die Gesellschaft, in der er lebt, ziehen.

Damit werden die über einen Zeitraum von 40 Jahren festgehaltenen Traumprotokolle zu einer neuen Art von Geschichtsbuch. Die Nachtseite der Geschichte, ihr − mitunter grelles – Vexierbild. Die nicht sichtbare, die unbekannte, die verdrängte Seite der Geschichte und der sie gestaltenden Menschen im Großen wie im Kleinen: the Dark Side of the Moon.

So viele Leser diese Traumprotokolle haben werden, so viele verschiedene gesellschaftliche Schlussfolgerungen können aus diesem historischen »Entwicklungsroman« aus der Perspektive des Unbewussten gezogen werden.

Damit möchte ich die Leser anregen, ihre eigenen Träume in diesem Sinne anzunehmen und, so weit es geht, festzuhalten.

PS – technische Verständnishinweise:

1 Mit dem Zeichen: • voneinander getrennte Texte bezeichnen verschiedene Träume in derselben Nacht.

2 Nicht verständliche oder unlogische Wort- oder Satzkonstruktionen, meist in Anführungszeichen zitiert, sind erinnerte Wort- oder Satzbildungen aus dem Traum. Diese »Traumsprache« − eine Kreation der »Werkmeister des Traums« Verdichtung, Vermischung und Verschiebung − ist Vorbild der in meinem Roman »es. Traumtrilogie«2 in seiner mittleren Spalte geschriebenen Übersetzungen von Träumen in Halluzinationen.

3 In geschwungene Klammern gesetzte Textpassagen beziehen sich auf Träume, an die ich mich während des Aufschreibens erinnerte, weil sie die gleiche Stimmung ausdrückten. Diese Erfahrung ist Grundlage meiner in der »Politik des Traums« ausgeführten These, dass Situationsgebundenheit und Bildlichkeit der Träume austauschbar und damit für eine Interpretation nur bedingt verwendbar sind: entscheidend am Traum ist die durch ihn erzeugte Stimmung.

4 In diesem dritten Band gegen Schluss kursiv eingefügte Bemerkungen formulieren, nach Freud, die immer disparaten Tagesreste und anderen Quellen, aus denen die Werkmeister des Traums das Gesamtkunstwerk Traum zusammensetzen. Da jede Kunst nach diesen Prinzipen arbeitet, verfolge ich als Autor diese Quellen, um mich davon inspirieren zu lassen: die Werkmeister des Traums als Lehrmeister des Schriftstellers.

Ab 10. Mai 2011

− wir gleichen Werte ab für die Träume, wie Vorlagen, was sich als Vorlagen eignet und was nicht, aber es sind immer nur »eins« oder »zwei«; ich sitze glückselig lächelnd auf einem Stuhl in der Mitte des Zimmers und nicke ab –

– jeder darf zum Geburtstag eine Stelle vorlesen, und wenn sich verschiedene Leute die gleiche Stelle aussuchen, kriegt man auf diese Weise die verschiedenen Interpretationen mit • eine riesen Versammlung auf dem Dach zur Verbreitung, aber wenn man dann die Leute sieht, die direkt was machen, ist das ein ganz kleiner Prospekt und man kann gar nicht richtig loslegen, weil man dann selber wird • »Tatortkommissarsassistentin brachte sich kurz vor dem fünfzigsten Jubiläum um« – »das stieß auf spartenübergreifenden Widerstand« • das gibt einen ein bisschen besseren Geschmack, wenn man es mit Weiblichkeit übergießt • treffe Sartre, der wegen eines Kongresses da ist, am Rande eines Drehs, wo er uns besucht, gleich wieder geht, aber dann wiederkommt, und ich begleite ihn dann zu einem offiziellen Essen von der Stadt Stuttgart, das zu seinen Ehren gegeben wird, und ich frage ihn, wie das ist, ob man da die ganze Zeit diskutieren kann und er sagt: »ja ja, kein Problem« und er erzählt, dass der Bürgermeister ein habgieriger Typ sei, der nur wolle, dass er, Sartre, komme, damit die Goldpreise steigen, und dann kommen wir mitten in die Vorbereitungen zu dem Essen, wobei ziemlich viele Leute um einen Tisch herumwuseln, der fast den ganzen Raum ausmacht, darunter ein Langhaariger im Siebziger-Jahre-Stil, der das Ganze leitet, den wir begrüßen und dem ich mich vorstelle, wovon er ganz angetan ist, findet es ganz toll, dass ich auch da bin, was auch gut zu dieser Siebziger-Jahre-Aufmachung der Veranstaltung passt, aber dann zerfällt wieder alles und sie machen eine gestellte Aufnahme mit einem Kameramann aus den siebziger Jahren, mit dem sie anfangen wollen und der da mit einem riesengroßen alten Ding rumfilmt, wobei so getan wird, als sei das ein historisches Dokument, dabei findet es ja heute statt und die Vorbereitung geht weiter, und da will ich Sartre mal fragen, ob er mir einen Rat geben kann, und erzähle ganz vertraulich, dass ich mal bei der RAF war und aber immer noch gerne mit anderen Mitteln weitermachen würde, aber bevor er antworten kann, sieht er einen Schwarzen – er selbst ist auch ein Schwarzer – und er will erstmal mit dem reden, weswegen ich nicht dazu komme, meine Frage zu stellen, was er denn meint, was man trotz allem noch machen kann, weswegen ich rausgehe und Leute auf blauweißen Plastikmatten am Boden sitzen sehe, die auch, zumindest teilweise, zu dem Kongress gehören und dann ist Sartre nicht mehr zu finden • ich warte in irgendeinem Saal, da kommen ein bisschen ausgeflippte Typen vorbei, von denen einer auf mich mit dem Finger zeigt und sagt: »now du für Gott work«, und das Ganze ist eine »Peter Timm Produktion« • ich suche im Lexikon nach der Göttin, deren Jubilar wir feiern, die auch da ist oder was und deren Leitspruch oder Motto heißt: »die Gerechtigkeit des Maßes«, ich finde einen ganz langen Artikel, mehrere Lexikonspalten, und ich kann mir kaum vorstellen, dass die dahin kommen wird, denn auf sie bezieht sich das mit diesem Essen, aber es wird dadurch viel länger, also allein die Vorstellungen der Beteiligten, der Bezug darauf wird dann so lang, wenn man das Ganze erwähnen will, was da im Lexikon steht, und ich habe bei diesem Essen mit ihr, der Göttin zu tun, bin an sie irgendwie gekoppelt – Brigitte Bardot mit einer ganz normalen, alten, abgewetzten Handtasche –

 

– ich stelle eine Dokumentation von allen unseren alten Arbeiten zusammen, kann aber nur ganz wenig nehmen, muss die Informationen dazu komprimieren, ganz schwierig und dann schau ich weiter oben in so ’ner Klappe, und da kommt dann immerhin nochmal ein neuer Artikel raus, auch mit Fotos, muss so die Zeit von »Abschnitt 40« gewesen sein, kann aber nur die kürzesten Zusammenfassungen und das Allernötigste nehmen beziehungsweise in der Dokumentation bringen • die neuen Gitarrensaiten haben eine »previt« – Kontrolle!, hätte ich sie doch gekauft als ich bei Knut war, aber da hat der Registrierungsprozess bei den anderen Sachen vorher gehakt, also die Speicherung dessen, was ich an dem Nachmittag gemacht habe – meine ganz normalen Tätigkeiten –, ist hängengeblieben –

– Zapfen, die aus dem Boden herausragen bis in Hüfthöhe, etwa zehn Zentimeter Durchmesser, und eine Blume oder ähnliches drin, was eine Installation zum Geburtstag ist, also man kann mit diesem Ding jemandem zum Geburtstag gratulieren; es gibt das überall, also im ganzen Land, und ich habe schon die Übersetzung davon, nur da ist das dann schon ein harmloser »Geisteszustand« oder Gegenstand, eben ein System von irgendwas, aber ich habe es noch auf der Höhe von wo es »gestreckt« ist, also wenn man etwas dazu sagen kann, es als Geburtstagsgruß ankommt3, aber es soll verboten werden, was ich verstehen kann, weil es genau auf Höhe der Geschlechtsteile ist, aber dieses Spezielle ist für Fips, an Fipsens Geburtstag, und es ist erst nach langen, umständlichen Bemühungen fertig, bei denen hochkomplizierte, langdauernde gruppendynamische Prozesse abgelaufen sind, höchstkomplizierte zwischenmenschliche Vorgänge bei der Zubereitung dieser Rohre in den konzentrischen Kreisen, weil die meisten Leute das gar nicht verstehen, was da gemacht wird, aber trotzdem mit »Hoheit«, also mit erhöhtem, fast euphorischen Gefühl ihren Job machen sollen, in einer erwartungsvollen Stimmung, also in dem Bewusstsein, dass man etwas Bedeutendes, Wichtiges, fast Historisches da macht, aber am Schluss ist dann trotzdem Ende gut, alles gut, endlich alles fertig hergerichtet, gebaut, installiert, und der Geburtstag von Fips kann beginnen und Fips wird sich sicherlich sehr freuen – unberührt bleibt die Konstruktion unverändert, das Gestell mit den Rohren in einem weiteren runden Gefäß, praktisch einen abgeschnittenen Ölfass, in Flüssigkeiten schwimmend, aber wenn man sie berührt oder versucht zu essen, verändern sie ihre Konsistenz • meine Zeichen am oberen Stockwerk sind weg, nur noch die Pappreste zu sehen, auf denen sie aufgeklebt waren, das wellige mittlere Zeugs der Pappe • mit Fips vor einer Buchhandlung in Afrika in das Schaufenster sehend, wo wir eine tolle chinesische Kulturzeitschrift entdecken, die wahnsinnig schöne, ästhetische, überzeugende Kunstwerke, Objekte abbildet und in Wirklichkeit eine längst eingestellte, also nicht mehr existierende Zeitschrift aus Deutschland ist, von der der Buchhändler noch eine letzte Restauflage gekauft hat, und als ich ein Heft davon haben will, lehnt das der Buchhändler, ein dicker, großer, souveräner Kenner, ab, weil er nur alles zusammen verkauft, nicht will, dass es weiter zerrissen ist, da es eh schon nicht komplett sei, zwar ziemlich viele Exemplare, aber eben nicht vollständig und kein Register hat, also man kann nicht richtig damit arbeiten könne, ist er bereit von achtundneunzig Euro auf sechsundneunzig runter zu gehen, was ich natürlich nicht kaufen kann und zudem ist die Frage, wie wir das transportieren wollen, aber er bittet uns trotzdem in die Buchhandlung, er spricht sogar Deutsch, wir setzen uns in den Garten von der Kunsthandlung und ich frage nach Hajek, ob er den für einen guten Künstler hält – weil von dem auch ein Objekt sogar auf einem Titelblatt dieser Zeitschrift abgebildet war –, aber er sagt ganz entschieden: »nee!«, aber das war auf dem Titelblatt der letzten, später dann eingestellten Zeitschrift, und Fips und ich sind eigentlich in einer ganz anderen Mission unterwegs und die Person, mit der wir verabredet sind, wartet jetzt schon lange und wird sich wohl wundern, warum wir nicht kommen, weil sie ja nicht weiß, dass wir hängengeblieben sind in dieser Kunsthandlung • wir treffen morgens vor dem Haus zwei Frauen, die wir am Abend vorher gesehen haben und die nochmal mit uns frühstücken gehen wollen, weil sie dann auch wegmüssen, auch unterwegs sind, wir gehen noch einen Kaffe trinken, und dann müssen die beiden weiter, während die anderen in eine Bibliothek wollen, ich aber plötzlich wahnsinnig dolle scheißen muss, schon denke, dass es hier in Afrika ja nur dreckige stinkende Löcher gibt, aber mir ist das egal, wenn ich nur schnell eins finde, aber dann gibt es tatsächlich am Rande der Vorhalle dieser Bibliothek, die wie ein großes Hotel ist, ganz normale Klos mit normalen Türen über denen bei einem auch ein Männchen gezeichnet ist, ich gehe rein und da sind wieder viele Türen zu den eigentlichen Scheißräumen, aber die verengen sich immer mehr zur Wand, bis zu einer nicht mehr durchquerbaren Lücke, hinter der das Fenster ist und ich denke schon, dass ich hier nicht mehr rauskomme, es ist wie in diesen Träumen manchmal, nur jetzt in Realität, und auch die Türen zu den Klos sind so dicht, aber man kann sie aufschieben, ich will sie aber nicht mehr zumachen, weil ich Angst habe, dass wenn ich drin bin, ich vielleicht nicht mehr rauskomme und mich wie in den Träumen ganz heftig konzentrieren muss, um wieder wegzukommen, aber dann kommt der Besitzer, ein gemütlicher, Vertrauen erweckender Typ mit einem Polizisten und zeigt mir, dass man die aufgeschobene Tür tatsächlich offen lassen, aber einen Vorhang, der auch oben offen bleibt, zuschieben kann, so dass man in Ruhe scheißen kann, woraufhin er freundlich lächelnd wieder geht und der Polizist, der eine schnieke Uniform anhat, auch dick, gemütlich und Vertrauen erweckend ist, sich noch seine Kappe aufsetzt, mich nochmal nett ansieht, bevor er abdampft – wobei ich denke, dass das alles so scharf und genau zu sehen ist, dass es kein Traum sein kann, beziehungsweise man mal wieder sehen kann, wie genau ein Traum sein kann, aber als ich dann alleine bin und endlich in Ruhe scheißen will, schaut ein kleiner Junge zum Fenster rein und sagt: »ach, das ist doch so schön, wenn man jeden Tag in Ruhe scheißen kann« und ich sage ja: »stengeln«, woraufhin der kleine Junge sagt: »ja, jeden Tag ein Weihnachtsbaum fällt« und ich mir vorstelle wie es aus einer schwanzartiges Kerze spritzt, Sperma rausläuft –

– eine neue Drucktechnik, bei der man das Ergebnis, wenn man es genau anguckt, dreidimensional sehen kann, sogar mit ein bisschen Geschichte, Verlauf der jüngsten Vergangenheit, wobei der Druck etwas wolkig aussieht, aber man muss genau hinsehen und dann wird es klar und deutlich • lauter kleine Päckchen und Tüten, also in Tüten verpackte Päckchen von Lizenzen und Kommunikationsgenehmigungen, Einteilungen, wann und wie viel man miteinander zu tun hat, wobei man den Zeitpunkt allerdings selber bestimmen kann, über den man sich auch gegenseitig informiert, und gerade ist jemand gekommen, der ein Päckchen mitgebracht hat, das wir verteilen, also jedem seinen Anteil von den Päckchen geben, also von den Tütchen, in denen drinsteht, mit wem man wann weiterredet, und es war dann keine Überraschung mehr, dass eine größere Sache aufgeteilt wurde; es sind viele kleine, verschiedenfarbige, aber gleich große und mit der gleichen Menge des Inhalts versehene beziehungsweise gefüllte Tütchen – in Puddingtütenform –, die in oben offenen Kartons verpackt sind und daraus verteilt werden • auf Seite zweihundertundirgendwas ist rechts oben in der dritten Spalte ein Block zerfetzt und in der Zeile danach ein Wort nur halb • ich beherrsche ein neues Übertragungssystem, das durch Gedanken ausgelöst oder ausgeführt wird und nicht über den Rechner, aber dann fehlen teilweise zwischen den Absätzen beziehungsweise Abschnitten, also jeweils neuen Nächten, die Trennstriche • ich gehe am See, Meer oder Fluss entlang und komme zu einer Luxusferienhotelanlage, frage mich noch kurz, ob es dieses einzige hohe hellrotbraune Hotel ist, das man von überall sieht, merke aber gleich, dass es das nicht ist, sondern nur unten rum so aussieht, und im unteren Eingangsbereich – das ganze Ding beginnt erst im ersten Stock und steht auf Stelzen – ist ein Juweliergeschäft, das gerade jemand betritt, was wieder mal ein Beweis dafür ist, wie viel Geld in diesem angeblich so armen Land in Umlauf ist, was einem keiner glaubt, aber dann gehe ich eine ganz steile Treppe hoch, eine sehr enge, quadratische, und stelle oben fest, dass es gar nicht rausgeht {wo ich sonntags in das offene Büro kam, in dem niemand war, aber man die Geräte benutzen durfte}, stelle dann aber fest, dass es doch rausgeht, und bin dann in einem Kleinbus, einem viereckigen, schmalen Ding, das haargenau in den Gang passt, durch den es fährt, außerdem fährt diese Kiste seitlich, nicht vorwärts, und es gibt tatsächlich auch hier eine Tür, die ich bitte aufzumachen, aber es wird eine andere Tür aufgemacht und ich komme raus und es laufen zwei Straßen am Fluss Niger schräg seitlich zusammen, auf denen viel Verkehr ist, was wieder mal eine Bestätigung dafür ist, was für einen Luxus es hier gibt in Afrika, und wie sie wohnen, die Weißen, aber ich komme dann in ein Büro von drei weißen Männern, durch das ich auf die Straße gehen kann, wo ich aber zum Abschied frage, ob ich ein Papier haben kann, um mir Notizen zu machen, wozu der eine ganz entschieden sagt: »also das gibt es hier nicht!«, aber ein anderer gibt mir heimlich einen kleinen Zettel mit, auf dem, wie ich draußen lesen kann, zwar handschriftlich, aber gedruckt, steht: »Alles für die Rechnung«, es ist also ein Rechnungsprüfungsbüro, und dann bekomme ich Putzzeug von einer Frau, lauter kleine Tütchen mit Putzpulver, das zum Teil auch Knut gehört, und ich überlege, ob ich jetzt schon anfangen soll zu putzen, gleich • ich erfahre, dass ich sofort zum Arzt muss, weil meine Diät dringend zurückgewiesen wird, das heißt, ich bin irgendwie krank und in dem Ständer mit den CDs mit den Programmen ist oben drauf eine CD mit den Rezepten, zwei sortiere ich schon in meine Schublade rein, aber Assa fragt lachend, ob ich die wirklich nehmen will, und die Medikamente liegen in einem glänzend bedruckten A5-Umschlag aus Karton • drei Arbeiter reißen den letzten Baum am Steinbruch oben ab • eine Maus läuft quer durch den Salon, ist schon unten durch und zum anderen zurück – ich springe in Zeitlupe von einem sehr hohen Schrank runter und ein Kleiderbügel segelt in Zeitlupe vom Schrank runter, ich mache alles in Zeitlupe • ich komme in einen Kollektivbetrieb und rede erstmal mit den Leuten, dann geht aber einer von denen weg, um etwas für meinen Rechner zu kaufen, weil der mir aus der Hand gerutscht ist und unten ein wenig angestoßen, wodurch vielleicht etwas kaputt gegangen sein könnte, da klingelt das Telefon, ich geh dran und jemand will den Typen sprechen, der eben gegangen ist, weswegen ich sage: »nee, der ist nicht da«, woraufhin der Anrufer sagt: »ja, da muss aber endlich mal geklärt werden, wann genau die Zeiten sind, an denen jemand da ist, das geht so nicht«, und ich sage: »ja, ich werd’s ausrichten« und frage, wer am Apparat ist, er sagt seinen Namen, und ich sage: »ja, ich glaube, ich weiß, wer Sie sind«, woraufhin er im Brustton der Wichtigkeit sagt: »ja, ich bin Schriftsteller«, was er so betont, als müsste man gleich vor Ehrfurcht erstarren, aber ich sage auch brav: »ich glaube, ich habe den Namen schon gehört«, woraufhin er sofort sagt: »ja, ich bin ein sehr bekannter Schriftsteller!«, woraufhin ich auflege und es den anderen erzähle, die inzwischen wieder da sind und sich totlachen über den und lästern, was für ein arroganter Typ das ist, und der Typ, der mit mir geredet hat, erzählt, dass sie alle so froh waren, als der endlich weg war – er war morgens dagewesen –, weil das so anstrengend gewesen war und er dann mit mir reden konnte, und dann kommt der wieder, der was für meinen Rechner geholt hat, und bringt eine angeblich ganz moderne Mauskonstruktion, die aber ein ziemlich großes mechanisches Ding mit drei Drucktasten ist, das man irgendwie auf den Rechner draufpacken kann, das mir aber viel zu teuer ist, dann ist auch Klaus Kahmann da, und die beiden unterhalten sich über dieses neue Gerät, wie man das anschließen kann und dass es im Grunde völlig überflüssig ist, und dann sitzen wir in diesem Kollektivbetrieb, der Nautilus sein könnte oder eine dazugehörige Druckerei, an einem großen Tisch, wir sind ja gekommen, um ein Buch zu besprechen, das wir dort rausbringen wollen, ich sitze ganz hoch am Tisch, die anderen vier aber schräg unter mir in einem Karton, dessen obere Klappen nach innen geschlagen sind, so dass nur ein kleiner Spalt offen bleibt, und ich höre, wie sie über mich reden, auch über die RAF und ich ärgere mich sowieso schon ein bisschen, dann kommt aber auch noch ein Kind, ein kleiner fetter Junge, und sagt {über mich}: »und dann fing er an mit Hitler«, so als ob ich irgendwie Sympathien mit Hitler {gehabt} hätte, und ich bin ziemlich sauer und frage: »was soll das?«, woraufhin die anderen abwiegeln und sagen: »das kommt darauf an, wie es gemeint ist«, aber das akzeptiere ich nicht und sage: »nein, da will ich Frage und Antwort sehen, also was angeblich gefragt wurde, um darüber reden zu können«, aber es wird weiter von allen Seiten abgewiegelt, und dann treffe ich Heiner am Rande einer Veranstaltung, wir reden über die »Weiße Rose« und über die Frage, dass behauptet wurde, es habe die Möglichkeit gegeben, Hitler sofort umzubringen, und dass sie das eben nicht gemacht haben aus politischen oder moralischen Rücksichten, oder um es später zu machen, und ich sage: »dadurch war es irgendwie zu spät und wurde dann gar nicht mehr gemacht!« da sagt Heiner tatsächlich: »ja, du hast recht« –

 

– umständliche Konstruktion und Arrangement, damit Gadhafi bei dem Wettbewerb doch noch mitmachen kann mit einem Objekt, das fünfundzwanzig Zentimeter abgemessen hat, also fünfundzwanzig mal fünfundzwanzig ist, und von dem auch die letzten zwanzig Prozent abgeschnitten sind, wobei das dann, wenn es fertig gemacht wird, sozusagen wieder drangehängt werden kann, aber so ist die Sache auch einheitlich für alle Beteiligten • Claudia will mich zum Flughafen bringen, macht aber noch an irgendeiner Arbeit herum und sagt: »hat noch Zeit, hat noch Zeit«, es ist aber schon ungefähr fünf nach halb zwölf und um viertel nach zwölf fliegt die Maschine, und dann findet sie selber plötzlich auch, dass es eigentlich schon knapp ist, und als wir am Flughafen ankommen, ist der Flughafen selbst verschoben worden, integriert in ein riesiges Einkaufszentrum, wodurch nur sehr schwer zu erkennen ist, wo der eigentliche Flughafen denn nun ist, also an einer Stelle, die man kaum sieht, so dass ich ziemlich hetzen muss durch dieses Einkaufszentrum, um zu finden, wo es endlich losgeht, und dann sehe ich eine Frau irgendwo rauskommen und erkenne, dass es tatsächlich der Ankunftsteil ist beziehungsweise dessen Ausgangstür, die direkt in das Einkaufszentrum mündet, und die Frau stöhnt, »boah, ist das heiß hier«, obwohl sie gerade vom Urlaub kommt, und durch die offene Tür kommen die Flugzeugabgase direkt in das Einkaufszentrum rein, ich gucke nach der Fluggesellschaft, mit der ich fliegen will, die kommen alle der Reihe nach und ich bin zum Glück bei allen angemeldet, so dass ich jede nehmen kann, und dann kommt wieder eine, offenbar eine ganz kleine, wo ich gleich reingehe und direkt durchgehen kann auf meinen Sitzplatz, der allerdings ganz seltsam, eher wie in Transportmaschinen seitlich sich gegenüberstehend aufgebaut ist, immer zwei zusammen und mir wird noch schnell ein zweiter danebengestellt und festgeschraubt, auf dem aber niemand sitzt, sondern nur mir schräg gegenüber sozusagen der Schaffner des Flugzeugs, das sofort losfährt, erstmal ganz lange über das Flugfeld, das nicht aufhören will, und in eine normale Straße übergeht, auf der die kleine Maschine – wie die, mit denen ich früher von Dortmund aus geflogen bin und die ich gern mag, fast lieber als die großen – gut fahren kann, aber die Maschine kommt und kommt nicht hoch, muss jetzt an einer Baustelle vorbei, fährt da durch, als ob sie keine Flügel hätte, und dann fragt mich der Schaffner, der mir gegenübersitzt, gemütlich gutgelaunt: »na, was haben wir denn so im letzten halben Jahr gemacht?« und ich sage: »naja, ich hab so ’n bisschen gedreht«, woraufhin er sagt: »das hab ich mir doch gedacht!« und so tut, als würde er mich kennen, und während wir dann um eine ganz enge Ecke kurven, ganz nah an einem alten, mehrstöckigen Bürgerhaus vorbei, erzählt er, dass da drin für die Produktion von »Der kleine Engel« gedreht worden sei, eine Produktion, bei welcher er auch mitgemacht habe – und von der ich schon gehört habe – und er zeigt auf den Hauseingang, aber dann geht’s wieder ganz scharf um die Kurve in die andere Richtung, denn das Flugzeug ist schon fast wie ein Auto inzwischen, und ich sage, dass ich von dieser Produktion gehört habe, dass sie doch nicht so ganz geworden sei, wie man sich das vorher vorgestellt hatte und wie es auch groß angekündigt worden sei, als Komödie gemeint, die auch ganz witzig hätte werden können, aber doch ziemlich blöd wurde, was wohl am Regisseur gelegen haben muss, was der Schaffner bestätigt, mit einem Einverständnis heischenden wissenden Blick sozusagen »ohne auf weitere Einzelheiten einzugehen«, weil wir beide wissen, was gemeint ist –

– ich decke mit einem anderen auf einem größeren Platz die Wahrheit ab, die ein größerer, Plastik- oder Gummi-artiger Klecks von etwa einen Meter Durchmesser ist, den man abziehen kann, und dann ist sie aufgedeckt, aber insgesamt wird es auch nicht viel klarer dadurch, und dann findet eine lange vorbereitete Veranstaltung vom Schriftstellerverband mit dem Thema »Widerstand und Bewegung« endlich statt, es ist eigentlich nur eine ganz kleine, spießige Bochumer Veranstaltung, aber es ist rappelvoll, man kommt kaum zwischen den Leuten durch; ich habe keinen Text von mir, noch irgendetwas anderes dabei, das ich vortragen könnte, Sabine fängt schon mal an und spielt etwas im Saal, während ich noch im Vorraum bin, nachdem ich nochmal rausgegangen war und gerade noch rechtzeitig zurückgekommen bin, als sie anfängt, schon zum Publikum spricht, während ich am Platz des Auftritts stehe und überlege, was ich denn sagen soll, und erwäge, ganz einfach frei zu sprechen, mal richtig zur Sache zu kommen und das dann »Über Klartext« zu nennen, ganz klar die Dinge beim Namen zu nennen und unumwunden zu sagen, was und wie verbrecherisch alles ist und zwar koste es, was es wolle, da kommt ein anderer Kollege rein, der da auch mitmacht und sofort beginnt, sich für seinen Auftritt umzuziehen, aber mir vorher noch seine CD auf den Tisch wirft, die ich offensichtlich kaufen soll und die ich nehme und mir anschaue, aber als Erstes sehe ich, dass unten steht: »Für Freunde 90 Cent pro Minute«, es sind aber insgesamt fünfzig Minuten, also fast fünfzig Euro, weswegen ich ihn frage, wie er das begründet, wozu er den Kopf schüttelt und sagt: »das geht nicht anders!«, er bekomme das auch, weil alles so teuer sei, und dann erzähle ich ihm, dass ich frei sprechen will, sozusagen neben mir stehen will und so deutlich wie möglich alles sagen, was man sonst immer nur umschreibt, aber er sagt: »das würde ich nicht machen«, zeigt, seine Umzieherei unterbrechend, mit dem Finger irgendwohin neben mich und fährt fort: »das steht ja da geschrieben«, woraufhin ich frage: »wo?«, aber er wegwerfend antwortet: »ja, bei mir irgendwo!«, was er so lässig ausruft, dass ich lache, woraufhin er sagt: »ja, stimmt, das gilt natürlich nicht für dich, weil es sich bei mir aufs Autofahren bezieht, ich würde mich sonst zu Tode rasen«, und dann stelle ich mir vor, dass Leute, die hören, was von mir gesagt wird, das nach unten verlängern und festmachen, mit Seilen oder Schnüren am Boden fixieren und dadurch seine Wirkung entschärfen, und obwohl die Vorstellung schon läuft, gehe ich nochmal raus und unten am Fluss entlang, unter den hohen Bäumen, die am Flussufer stehen • großes Treffen der gesamten ehemaligen Rote-Armee-Fraktion-Mitglieder beim Bundeskriminalamt mit den ehemaligen Fahndern mit Essen und Trinken und allgemeinem Quatschen und Machen und Tun, sowohl im Souterrain des BKA als auch auf der Wiese davor sitzt man in Grüppchen am Tisch oder auf dem Boden und quatscht, alles ist voller Mikrofone, mit denen jedes Wort dieses historischen Treffens aufgezeichnet wird, alle fühlen sich wichtig, finden es aber auch witzig, alles ist voll mit Maschinenpistolen und schwer bewaffneten zum Teil vermummten Sondereinsatzkommando-Leuten, die drumrum patrouillieren, man tauscht erstmal nur Eingangsfloskeln aus und unterhält sich angeregt über die Unmengen von zum Teil uralten Postkarten, die gesammelt wurden und werden, auch welche von Franz Josef Strauß, der auch zu dem Treffen gekommen ist, und man unterhält sich darüber, wer wie wo wann was geschrieben hat, und einer vom BKA, der aussieht wie Udo Fischer, hält die Begrüßungsansprache, man versteht aber nichts, es ist nicht klar, was er sagt; es ist schon das zweite Treffen dieser Art, das letzte Mal mit weniger Leuten, wobei ich aber auch schon Postkarten gesammelt hatte, die ich in dem Kunstprojekt mit Sigrid aus dem Norden eingebracht habe und die damit längst ins Museum gewandert sind; man kann nach dem Treffen Kisten und Unterlagen mitnehmen, so viel man will, und die Hauptfrage ist: »warum hat sich die RAF aufgelöst?«, was weder die RAFler noch die BKAler erklären können, es wird fast wie früher danach gefahndet, wobei kurz sowohl von den RAF-Leuten mit den BKA-Leuten als auch von den BKA-Leuten mit den RAF-Leuten echte verhörartige Situationen entstehen, bei denen aber nichts, nicht das geringste bisschen herausgefunden wird, es gibt auch mehrere andere Ansätze, etwas zu bequatschen, man kommt aber nicht dazu, und dann kommt eine Delegation von ganz jungen Typen rein und ich sage zu Stefan, dass der ganz lockere, ziemlich junge Typ von denen der oberste Chef der Bundeswehr ist, den ich beim letzten Treffen kennen gelernt und mit dem ich ziemlich viel gekifft habe, was Stefan mir nicht glaubt, und der Typ, der aussieht wie Udo Lindenberg, gibt erstmal keine Wiedererkennungszeichen von sich, kommt aber dann zu uns und setzt sich an unseren Tisch, wo wir gerade große Kuchenstücke essen; es ist nur das Waschbecken benutzbar, aber da sind irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen des BKA in Kraft, und am Rande des Gartens sehe ich Gert auf dem Fahrrad kommen, der ein riesiges Buch, mindestens doppelt so groß wie mein »es«, dabei hat, das erstmal von einer SEK-Patrouille kontrolliert wird, was Gert lächelnd über sich ergehen lässt, ich will ihm entgegenkommen und auch helfen, da ist er aber schon da und passiert gerade eine Durchleuchtungskontrolle, was ich von weiter hinten sehe und zuschaue, aber dann das dicke Buch von ihm in Empfang nehme, und ich sage den BKA-Leuten, sie sollten doch die Steine und Gesteinsbrockensammlungen aus dem Zusammenhang auch mitbringen, nicht nur die Postkarten, und die Behälter reichen alle gar nicht, um die ganzen Postkarten und anderen Sachen alle aufzubewahren und zusammenzustellen • ziehe vorübergehend in eine Wohnung am Hang in Stuttgart, wo eine Familie mit erwachsenen oder fast erwachsenen Kindern lebt, stelle meine Sachen in meinem Zimmer ab und setze mich mit diesen Kindern schon mal an den Tisch auf der Veranda mit Blick auf Stuttgart, dessen Tal sich fast bis zum Horizont erstreckt, und wir besprechen, wie das Zusammenleben so laufen wird, wobei ich sage: »ich kann noch nicht genau sagen, wie es gehen wird; ich kann dort arbeiten, ich kann hier arbeiten, je nachdem, es wird also auf ein Sowohl-als-Auch rauslaufen«, und die eine Tochter, eine ein bisschen nachdenklich-philosophische wie Maryam Sangaré, sagt: »also nie ganz ankommen?« – »nie ganz ankommen und nie ganz wegkommen!«, sage ich daraufhin, und betone, es sei ein philosophischer Irrtum, zu glauben, es gebe so etwas wie »Heimat«, und der Freund von ihr ist sehr skeptisch gegenüber dem, was ich da sage, weshalb ich noch eins draufsetze und sage: »es ist auch ein Irrtum zu glauben, dass es Liebe gibt«; ich esse gerade Cornflakes und setze mich an den Rand der Straße, die unter dem Haus entlangläuft vor diesen Hangbefestigungsmauern aus dunklem Naturstein vor diesem weitläufigen Balkon mit seinem wunderschönen Blick über das riesige Stuttgart mit seinen schönen Häusern unter dem schönen blauen Himmel, und dann kommt ein Typ über die Straße zu mir und fragt: »mögen Sie Scheiße?«, ich frage mit vollem Mund »mhm?« und er ruft triumphierend aus: »sehr gut! danke, das reicht«, wendet sich ab und geht weiter und lacht sich tot, weil er so tut, als habe ich seine Frage bejaht, was sogar ich selbst ein bisschen witzig finde und den jungen Leuten lachend erzähle, aber der Freund von Maryam regt sich total auf, wie blöd dieser Typ sei, der so eine saudumme Frage gestellt habe, wie man überhaupt so einen Schwachsinn fragen könne, aber ich sage: »naja, wenn er sich dann den ganzen Tag beömmelt, hat es ja seinen Sinn gehabt«, aber der junge Mann glaubt das nicht und betont: »nein, so dumm kann niemand sein, sich darüber zu beömmeln!« • ich hänge das Tonbandgerät auf einen Bügel in zwei Meter fünfzig Höhe, hole es dann aber da wieder runter und da ist das Geschenk für Fips, das da noch festhängt, das muss aber auch unbedingt mit –