Lizenz zu Leben

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Christian Vogt

Lizenz zu Leben

Geschichten - Gedanken - Geheimnisse

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Widmung

Gedanken

Motivation

Sprung ins Leben

Ich bin: Ich

Mein Innerstes

Sebastian

Das Erste Mahl

Moleskines

Ich bin dann mal weg

Sandra – nur geträumt

Strandgedanken

Nachtstreif

Reinkarnation: Ja / Nein / Vielleicht

Albtraum: Wer bin ich?

Geschenk an Sebastian

Alles ist möglich

Felix – Best Friends Forever

Und jetzt?

Anfang vom Ende

Eintausend Tage

Die Zukunft beginnt jetzt

Impressum neobooks

Widmung

Christian Vogt


Lizenz zu Leben

Geschichten - Gedanken - Geheimnisse

Für meine Eltern

Gedanken

Für alle, die ihre Träume leben

oder ihr Leben träumen.

Eigentlich ist das egal.

Hauptsache, du bist wach.

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Die Realität ist schneller als du.

Sie holt dich ein.

Du musst nicht auf sie warten.

Lebe deine Träume,

solange du kannst.

Motivation

Wir wollten das Universum erforschen. Das Leben erkunden. Gefunden haben wir, was wir nicht erwartet hätten: Gefunden haben wir uns.

Dies sind unsere Geschichten, Gedanken und Geheimnisse. Die Chronologie unserer Freundschaft. Die Chronologie unserer Suche.

Natürlich haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie das alles enden könnte. Möchten wir noch zurück, wenn wir vom Leben gekostet haben?

Vielleicht ist das dann so, als wärst du auf Entzug und es macht dich wahnsinnig. Du willst immer mehr davon, vom Leben. Ohne Rücksicht auf Verluste. Dann wäre es echt wie eine Droge: „Abhängig vom Leben“ – wie krass ist das denn?

Und ist das nicht sogar der Sinn des Ganzen überhaupt?

Folge uns auf unserer Reise. Du musst es nur wollen.

Lass es einfach zu.

Fürchte dich nicht.

Sprung ins Leben

Felix Lux

Einhundert Meter unter mir sehen Containerschiffe aus wie Legosteine. Hinter mir rauscht der Verkehr. Ich stehe auf einer Brücke. Es ist kalt. Es ist feucht. Ein rauer Wind zerrt an meinem grauen Poloshirt. Die Luft schmeckt salzig. Sebastian steht ein paar Meter hinter mir. Er meint, ich würde es mir in letzter Sekunde nochmal überlegen. „Du springst nicht! Komm wieder zurück!“, ruft er. Was für ein Arsch. Als ob er mich besser kennen würde als ich mich selbst. Hat er etwa Recht?

Ich habe es mir so sehr vorgenommen: Ein gewaltiger Schritt für mich, ein kleiner Schritt für die Menschheit. Meine Knie zittern beim Blick in die Tiefe – und beim Blick in die Ferne – eigentlich die ganze Zeit. Ich darf jetzt auf keinen Fall auf diesem glitschigen Metall ausrutschen. Wenn ich nur ausrutsche und falle ist das nicht das Gleiche. Es ist das bewusste Abspringen in das Nichts. Die Bestätigung, mit mir selbst im Reinen zu sein. Mein Körper macht, was ich will. Und wenn ich sage: „Spring!“, dann hat er verdammt nochmal zu springen. Der Geist ist Herrscher über den Körper, nicht umgekehrt. Ich bin keine Duckmaus, kein Feigling. Ich will es. Es ist jetzt das Einzige, was ich will. Ich will es mir und der Welt beweisen. Beim Blick in die Tiefe wird mir trotzdem mulmig. Ich nehme all meinen Mut zusammen und springe ab. Mit aller Kraft. Umkehren geht jetzt nicht mehr. Jetzt ist es egal. Ich fliege!

Hab ich das eben wirklich gemacht? Der Wind drückt mir in die Augen. Alles geht so schnell. Der freie Fall fühlt sich komisch an. Es ist tiefer als ich dachte. Mein Herz rast. Ein Feuerwerk der Gefühle. Panik, Angst, Euphorie alles gleichzeitig. Jetzt die Panik unterdrücken. Keine Zeit für Angst. Schon ist alles vorbei. Die Euphorie bleibt.

Mein Name ist übrigens Felix. Und das da oben, der mir gerade ganz geschockt nachschaut, das ist mein bester Freund, Sebastian. Ich bin jetzt nicht gestorben. Ich bin ja kein Selbstmörder oder so was. Obwohl ich keine Angst mehr vor dem Tod habe. Der kommt ja auf jeden Fall irgendwann. Macht also keinen Sinn, sein Leben deswegen mit Angst vor ihm zu vergeuden. Und du dachtest dir sicher schon, dass ich nicht gestorben bin, weil ich ja noch diese Geschichte erzählen kann. Und du bist kein Medium und kannst daher nicht mit Toten sprechen. Also bin ich nicht tot.

Das wäre jetzt also geklärt:

Ich, Felix, lebendig –

Du, kein Medium –

Sebastian, weiß noch nicht.

Ich hänge gerade kopfüber am Bungee-Seil und werde wieder auf die Brücke hochgezoge n. Das ist eigentlich das Blödeste an der Sache, die ganze Zeit kopfüber zu hängen wie Spider-Man in der Kussszene. Und das auch noch ungeküsst.

Sebastian kenne ich ziemlich gut. Er steht jetzt gerade oben auf der Brücke und hat eine Schweineangst. Er ist der Nächste, der springt. Wenn er nicht springt, werde ich ihn wahrscheinlich schubsen. Ich zwinge ihn zu seinem Glück. Das braucht er manchmal einfach. Dafür wird er mich hassen, aber nur für wenige Sekunden – das weiß ich. Ich bin mir sicher, dass der zweite Sprung einem nicht mehr so verdammt zu schaffen macht. Und dann springt er eben beim zweiten Mal selbst.

Hey Sebastian! Du bist ja ganz bleich!“

Du hast gut lachen! Joe hat mir eben erklärt, dass nur in einem Promille der Sprünge etwas schiefgeht. Und sie hatten schon eintausend oder so Sprünge und noch keinen einzigen Unfall.“

Ich kenne Sebastian sogar richtig gut und auch seinen Humor. Und weiß, dass er Zusammenhänge und Statistiken gut versteht. Mir ist also klar, dass er das nicht ernst meint. Wahrscheinlich hat er nicht mal mit unserem neuen Freund Joe von der Bungee-Company darüber gesprochen.

Dann sollte ich deinen Sprung auf jeden Fall filmen. Schon alleine wegen der Versicherung!“

Na klar, ich in der Hauptrolle in einem Splattermovie – super Idee.“

Inzwischen bin ich abgebunden und stehe im Sicherheitsbereich hinter der Absperrung. Um Sebastians Füße wird die Manschette gebunden, an der später das Seil befestigt wird. Joe erklärt ihm noch, was zu tun ist. Irgendwie sieht es nicht so richtig aus, als hätte Sebastian gerade die beste Zeit seines Lebens. Er ist leichenblass. Ich befürchte, er kippt gleich um und fällt von der Brücke, noch bevor er verkabelt ist. Das wäre dann nicht so gut. Aber er würde es nicht mehr mitbekommen. Ein schwacher Trost.

Komm, wir springen zu zweit.“

Geht das denn?“ Ein fragender Blick zu Joe:

Ein Tandemsprung? Ja, das geht.“

Okay, dann machen wir das.“

Sebastians Gesicht bekommt schon wieder etwas Farbe. Also stehen jetzt wir beide auf der rutschigen Plattform. Mit einem Seil an den Füßen angebunden. Ich versichere mich noch kurz bei Joe, dass alles okay ist. Joe bestätigt mit einem „I like“: Daumen hoch. Alles klar. Ein Blick in Sebastians Augen verrät mir, was er gerade durchmacht. Leichenblass, weiche Knie, irgendwo zwischen Angst, Panik und Adrenalinflash. Aber er braucht das, er braucht wieder mehr Leben in seinem Leben.

Ich greife mit meiner linken Hand nach seinem rechten Handgelenk. Wir halten uns gegenseitig. Sein Griff ist fest und angsterfüllt. Seine Finger sind kalt und feucht. Wir schauen noch einmal in die Tiefe, holen tief Luft und ich springe. „Warte!“, höre ich Sebastian noch rufen, doch es ist zu spät. Er hat keine Chance und wird von mir von der Plattform gezogen.

 

Wir fallen gemeinsam in die Tiefe. Adrenalin frei! Kurz Angst und Panik, doch die Euphorie überwiegt. Das Herz stockt und schon ist es vorbei. Das alles fühlt sich viel kürzer an als beim ersten Mal. Weniger intensiv, zumindest für mich.

Jetzt hängen wir beide Kopf nach unten über dem Wasser. Das Seil pendelt sich aus, und wir sind wahrscheinlich jeder um gute drei Zentimeter in der Länge gewachsen. Es sind noch etwa acht Meter bis unten.

Idiot! Ich war noch nicht fertig“, ist das Erste, was Sebastian von sich gibt.

Womit warst du noch nicht fertig? Was wolltest du denn noch machen?“

Ach, ich weiß es auch nicht. Es hat sich einfach noch nicht fertig angefühlt.“

Wolltest du es dir nochmal anders überlegen?“

Ich weiß es nicht – wahrscheinlich schon.“

Ist aber okay jetzt – oder?“

Ja, alles okay.“

Oben auf der Brücke angekommen, ist wieder richtig viel Farbe in Sebastians Gesicht. Liegt vielleicht auch daran, dass wir eben eine Weile kopfüber gehangen sind. Wenn ich ihn mir genau ansehe, sehe ich das Leben in seinen Augen aufleuchten. Das ist ein gutes Zeichen. Leben strömt durch seine Adern, genau wie durch meine. Ich umarme ihn.

War das nicht super? Ein Sprung ins Leben!“

Er drückt mich auch ganz fest.

Wie kann man so was nur zweimal hintereinander machen? ... Vielen Dank.“

Für ihn wäre ich auch noch ein drittes Mal gesprungen, aber das muss er ja nicht wissen.

Auf der Bungee-Plattform warten bereits die Nächsten. Und Joe, der eben noch unser bester Kumpel und Vertrauter war, zieht vor den Neuen genau die gleichen Sprüche ab wie bei uns. In zehn Minuten wird er uns vollkommen vergessen haben. Eine Massenabfertigung. Vor einer Stunde dachte ich, Joe hätte wohl den coolsten Job der Welt. Jetzt tut er mir leid.

Wir kaufen noch die Bilder vom Sprung und klettern von der Brücke. Das war eine wichtige Erfahrung für jeden von uns: Du kannst es. Du musst es nur wollen.

Ab jetzt geht es für uns nur noch aufwärts.

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