Broken Hearted

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Broken Hearted
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Broken Hearted
Herz (nicht) zu verkaufen
Cara Lay

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

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1
Brenda

Die Party war in vollem Gange. Munteres Stimmengewirr und Gelächter drangen an ihr Ohr.

Auf der Suche nach einem ruhigen Platz schob sich Brenda Callen mit ihrem Champagnerglas in der Hand durch die Menschen, die in Grüppchen zusammenstanden. Hier und da blieb sie stehen, um ein paar Worte zu wechseln. Einige Gäste kannte sie, die meisten waren ihr fremd.

Ihre beste Freundin Cadence und deren Freund Noel hatten zu einer Party – eine Art sommerlichem Richtfest – in ihren Rohbau eingeladen. Daraus ergab sich der interessante Kontrast von Männern in maßgeschneiderten Anzügen und Frauen in edlen Cocktailkleidern, die auf Klappstühlen saßen – umgeben von Zementsäcken und Mörtelkübeln.

Brenda beglückwünschte sich, dass sie in weiser Voraussicht ein tauglicheres Outfit gewählt hatte. In ihrer Hose und mit den flachen Halbschuhen war sie den Herausforderungen der Baustelle gewachsen. Nur ihre raffiniert geschnittene Seidenbluse war ein Zugeständnis an die Ansprüche einer Party, zu der einer der reichsten Männer des Landes eingeladen hatte.

Brenda erreichte den Raum, der später einmal der Salon sein würde. Während nebenan im zukünftigen Esszimmer ein reichhaltiges Buffet wartete, gruppierten sich die Gäste hier mit den Tellern um Stehtische, deren blütenweiße Hussen aus dem übrigen Betongrau herausstachen. In der Ecke entdeckte Brenda niedrigere Tische mit freien Plätzen und steuerte darauf zu.

Erleichtert sank sie auf einen der Klappstühle. Ihre Mundwinkel schmerzten von ihrem aufgesetzten Lächeln. Zwischen all den unbeschwerten Menschen zu sitzen und vorzugeben, sie wäre ebenfalls unglaublich fröhlich, wurde mehr und mehr zur Herausforderung. Heute Morgen waren wieder zwei Rechnungen ins Haus geflattert. Nicht überraschend natürlich, sie hatte die Waren für das ›Plansprings Inn‹ selbst bestellt, aber insgeheim hatte sie gehofft, die Schreiben der Lieferanten würden noch etwas auf sich warten lassen. Lange konnte sie die Zahlungsschwierigkeiten nicht mehr geheim halten.

Und ausgerechnet jetzt fiel ihr Blick auf den Mann, der an dieser Misere erhebliche Mitschuld trug. Matthew Miller lachte gerade sein offenes, warmes Lachen, das jeden in seiner Umgebung sofort für ihn einnahm. Er stand mit Noel zusammen. Harvard-Studienkollege, bester Freund und stiller Teilhaber des Plansprings Mountain Ski Resorts. Diese Luxus-Hotelanlage, die Matt gehörte und die maßgeblich für den Niedergang ihres eigenen kleinen Gastronomiebetriebs verantwortlich war.

Sofort spürte sie einen Stich im Magen. Schon wenn sie nur an das Hotel dachte, zogen sich ihre Eingeweide zusammen. Für ihre Heimatgemeinde Plansprings war die Anlage eine Art Heilsbringer. In diese abgelegene Ecke der Rocky Mountains verirrten sich für gewöhnlich keine Investoren, aber Matt stammte aus dem Ort und war nach dem Studium hierher zurückgekehrt. Noel und Matt hatten neue Jobs geschaffen, als die Gemeinde nach dem Stellenabbau im Sägewerk wirtschaftlich am Boden war.

Ein Segen für alle – außer für Brenda. Die Gäste kehrten nach ihren Wanderungen nicht mehr bei ihr ein, sondern ließen sich von der Hotelterrasse und der – zugegebenermaßen spektakulären – Aussicht verführen. Dagegen kam das kleine ›Plansprings Inn‹ nicht an. Eine Renovierung des Lokals war seit Jahren überfällig. Wenn sie nur an die altersschwache Kaffeemaschine dachte, die nur noch nach dem Zufallsprinzip funktionierte. Aber allein eine gute Gastronomiekaffeemaschine kostete ein paar tausend Dollar. Vom Rest ganz zu schweigen.

Natürlich schadete Matt ihr nicht absichtlich. Im Gegenteil – er war einer ihrer ältesten Freunde und wenn er gewusst hätte, wie hart der Überlebenskampf ihres Lokals durch sein Hotel geworden war, hätte ihn das tief getroffen. Schon aus diesem Grund würde sie nie auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verlieren. Ändern konnte er an der Situation ohnehin nichts.

Es fiel ihr allerdings mit jedem Tag schwerer, ihm gegenüber unbekümmert aufzutreten. Auch jetzt hätte sie sich am liebsten heimlich davongemacht, doch führte der einzige Weg nach draußen direkt an ihm vorbei. An ihm und an seiner Freundin Sandra, die klettengleich an seinem Arm hing.

Mit ihrem makellosen Äußeren passte sie perfekt zu dem gutaussehenden Hoteleigentümer. Beide strahlten um die Wette. Das Klischee eines erfolgsverwöhnten Paares. Wie unter Zwang musste Brenda immer wieder dorthin schauen, obwohl es ihr jedes Mal einen Stich versetzte. Seit wann interessierten sie Matts Frauengeschichten überhaupt?

Als hätte er ihre Blicke gespürt, drehte Matt den Kopf in ihre Richtung. Das intensive Blau seiner Iriden leuchtete sogar auf diese Entfernung. Mit diesen Augen, dazu einem strahlendweißen Lächeln und einem immer etwas ungebändigten blonden Schopf zog er das Interesse mancher Frau im Raum auf sich.

Brenda hatte ihn seit der Kindheit nicht mehr mit nacktem Oberkörper gesehen, aber sie war überzeugt, dass er ein Sixpack hatte. Dachte man sich nun noch ein Surfbrett unter dem Arm hinzu, hätte er auf jedem Cover eines Surfer Magazins eine gute Figur gemacht.

Ihre Blicke kreuzten sich, und sie sah nicht schnell genug weg. Prompt löste er sich von Sandra und schlenderte lächelnd zu ihr herüber. In seiner grauen Stoffhose und dem hellen Pullover mit V-Ausschnitt wirkte er elegant und leger zugleich.

»Na, Kleine, was ziehst du denn für ein Gesicht?« Er nahm spielerisch eine dicke Strähne aus ihrem Zopf in seine Hand und zog daran.

Früher hatte er sie immer damit in Rage gebracht, sie ›Kleine‹ zu nennen, heute löste diese Neckerei bei ihr eine seltsame Wehmut aus. Was waren das für unbeschwerte Zeiten gewesen, als die größten Probleme in ihrem Leben Matts Streiche waren, und die Frage, auf welche Weise sie sich am besten dafür rächen konnte.

»Es ist nichts.« Normalerweise heiterte Matts Anwesenheit sie stets auf, doch heute wollte selbst das nicht funktionieren. Die Sorgen um ihr Dinercafé, dazu all die glücklichen Leute um sie herum – ihre Laune war auf dem Tiefpunkt. Unwillig schüttelte sie den Kopf.

»Das nennst du ›Nichts‹?« Matt zog die Augenbrauen zusammen. »Die immer vor Energie sprühende kleine Brenda sitzt hier und sieht aus, als wolle sie einen Mord begehen.«

»Und wird das womöglich auch tun, wenn du mich noch einmal Kleine nennst und mir weiter auf die Nerven gehst.« Sie stürzte den Rest des Champagners in einem Zug hinunter. Matt blickte sie verdattert an. Verflixt, das hatte er nicht verdient. Brenda erhob sich abrupt. »Es tut mir leid. Ich bin einfach nicht gut drauf. Kopfschmerzen. Ich muss kurz an die frische Luft.« Ihre Mundwinkel zeigten hoffentlich so etwas wie ein entschuldigendes Lächeln. Sie drängte sich an Matt vorbei und knallte das Glas im Vorbeigehen auf einen der Stehtische. Sie sah noch Matts überraschtes Gesicht, dann quetschte sie sich durch die Menschentraube.

 

Gern wäre sie ohne Verabschiedung verschwunden. Das würde Cadie allerdings übelnehmen.

Mit einem erleichterten Aufseufzen schob sich Brenda an den letzten Gästen vorbei und stand endlich vor dem Haus. Allein, denn der von den Bauarbeiten aufgewühlte Boden war eine Bedrohung für die feinen Schuhe der versammelten weiblichen Eleganz dort drinnen. Sie fühlte sich nicht dazugehörig. Matt, Cadie und erst recht Noel – sie alle schienen im Eilzugtempo Karriere zu machen. Nur Brenda war abgehängt und sah vom erfolgreichen Leben der anderen nur noch die Rücklichter.

Erschöpft lehnte sie sich an die Hauswand, schloss die Augen und genoss die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Es roch nach frischem Wind und Blütenduft. Endlich ließ die Anspannung nach und Ruhe breitete sich in ihr aus.

Bis sie eine Berührung am Arm spürte. Cadie stand vor ihr und sah sie prüfend an. »Du ziehst schon den ganzen Tag eine Miene, als hättest du Zahnschmerzen. Was ist los?«

»Nichts«, log Brenda heute bereits zum zweiten Mal. »Nur Kopfschmerzen. Ich wollte einfach einen Moment die Aussicht genießen.« Noch eine Lüge, denn die Aussicht hatte sie nicht einmal richtig wahrgenommen. Dabei war das Panorama atemberaubend. Plansprings zu ihren Füßen, umgeben von Weiden, die jetzt im Frühsommer in einem saftigen Grün leuchteten, darüber die unzähligen Berggipfel der Sawatchkette – das hätte Brenda unter normalen Umständen andächtig staunen lassen. Heute erinnerte sie der Anblick daran, dass die Tage gezählt waren, an denen sie diese Bilder genießen durfte. Die Vorstellung, all dies hier verlassen zu müssen, brach ihr das Herz. Doch hatte sie nichts anderes gelernt, als das ›Inn‹ zu führen. Wenn sie schließen musste, konnte sie nicht bleiben. Der einzige Arbeitgeber in Plansprings war Matt mit seinem Resort, aber allein der Gedanke, an dem Ort arbeiten zu müssen, der ihr die größte Niederlage ihres Lebens zufügte, verursachte ihr Bauchschmerzen. All das konnte sie Cadie allerdings nicht erklären. Cadie, Noel, Matt – alle waren viel zu eng mit dem Resort verbandelt. Sie setzte also ein nichtssagendes Lächeln auf und wartete auf ihre Chance, dieser Party zu entkommen.

2
Matt

»Bist du abgeblitzt?« Sandra lächelte ihn lasziv an. »Das kommt davon, wenn du dich um andere Frauen kümmerst.«

Matt verzog das Gesicht. Er hätte sich denken können, dass Sandra seine Unterhaltung mit Brenda genau im Blick behielt. Es störte Sandra für gewöhnlich wenig, wenn andere Frauen ihn mit unverhohlenem Interesse betrachteten – sie sah es sogar als eine Art Bestätigung an. Aber seine Beziehung zu Brenda war ihr ein Dorn im Auge. Dabei waren sie nur Freunde. Brenda gab sich ihm gegenüber genauso kumpelhaft wie in ihrer Kindheit. Vielleicht konnte Sandra genau das nicht einordnen. Für sie bestand die Männerwelt aus zwei Kategorien: attraktive Millionäre oder nicht existent. Dass ein Mann mit einer Frau einfach nur befreundet war, überstieg schlicht ihre Vorstellungskraft.

»Ich muss dich schon viel zu häufig mit dem verflixten Hotel teilen, da will ich wenigstens in den seltenen Momenten Freizeit deine uneingeschränkte Aufmerksamkeit«, beschwerte sie sich wie aufs Stichwort.

Er lächelte sie beschwichtigend an, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und raunte mit tiefer Stimme: »Ich mache es wieder gut.« Das wirkte immer.

Auch jetzt glätteten sich Sandras Züge. »Wenn du mir ein neues Glas Champagner besorgst, verzeihe ich dir.« Die Art, wie sie ihn ansah, erinnerte ihn daran, warum er diese Frau vor einigen Monaten angesprochen hatte: volle rote Lippen, die ein betörendes Lächeln formten, makellose Zähne, babyblaue Augen. Dazu ein Körper mit Modelmaßen. Wie ferngesteuert hatte er auf jener Party zu ihr hinüberschlendern müssen und seitdem waren sie zusammen.

Allerdings kriselte es schon seit Weihnachten. Sein Hotel forderte ihn. Er liebte diese Arbeit, stürzte sich mit vollem Einsatz in jede neue Aufgabe und konnte es manchmal selbst nicht glauben, dass es ihm gelungen war, aus dem alten Landgasthof innerhalb weniger Jahre eines der angesagtesten Luxus Ski Resorts zu machen. Doch natürlich hatte alles seinen Preis und in seinem Fall ging sein Erfolg auf Kosten des Privatlebens. Sandra konnte dem Charme der Bergwelt nichts abgewinnen. Sie kam aus Denver, und in ihren Augen stellte das eine halbe Autostunde entfernte Vail mit den zahlreichen Ausgehmöglichkeiten den äußersten Rand der Zivilisation dar.

So war er zum Pendler geworden und verbrachte die meisten Wochenenden in der Großstadt bei Sandra. Das funktionierte, seit er Cadence als seine rechte Hand eingestellt hatte. Inzwischen war sie zu einer unersetzlichen Assistentin geworden, auf die er sich blind verlassen konnte. Cadie, die gerade mit Brenda am Arm auf die Theke zusteuerte, wo er soeben sein Bier und den Champagner für Sandra geordert hatte.

Brendas Lächeln wirkte künstlich und verkrampft. Ob es wirklich nur die Kopfschmerzen waren? Immerhin leuchteten ihre Augen auf, als sich ihre Blicke begegneten.

Matt lächelte automatisch zurück. Im selben Moment ahnte er allerdings, dass diese Szene nicht unbeobachtet blieb. Und richtig – eine leichte Drehung des Kopfes und er sah seine Vermutung bestätigt: Sandras Augen feuerten wütende Blitze in seine Richtung. Als die Bedienung die gewünschten Getränke anreichte, riss Matt sie dem Mann fast aus den Händen. Nur schnell weg, ehe Brenda die Bar erreichte. Sandra war gereizt genug. Ihre Eifersucht war geradezu albern. Innerlich schüttelte Matt über sich den Kopf, weil er sich so von den Launen seiner Freundin beeinflussen ließ. Doch lieber ging er Brenda für die nächsten Stunden aus dem Weg, als später mit Sandra ellenlang diskutieren zu müssen, anstatt heißen Sex mit ihr zu haben. Kurz fühlte er den Stich eines schlechten Gewissens, während er sich mit den Gläsern in der Hand in Richtung Sandra schob. Brenda wirkte so traurig.

Sandra nahm ihn mit einer hässlichen Falte auf der Stirn in Empfang. Hastig trank Matt einen großen Schluck Bier, nur damit er nicht Gefahr lief, ihre schwer zu ertragende Launenhaftigkeit zu kommentieren. Vielleicht sollte er weniger Rücksicht auf Sandras übertriebene Befindlichkeiten legen, und sich um die Person kümmern, die gerade so aussah, als könnte sie einen Freund gebrauchen. Im Gegensatz zu Sandra schien Brenda echte Sorgen zu haben.

Sein Blick glitt suchend über die Köpfe. Brenda stand am Ende des Raums. Mit dem leeren Wasserglas in der Hand wirkte sie irgendwie verloren. Sandras Laune hin oder her – er würde jetzt mit ihr reden. Noch ehe er aber einen Schritt in ihre Richtung machen konnte, nahm Brenda Kurs auf die Haustür. Offenbar stand sie im Begriff, sich heimlich von der Party ihrer besten Freundin zu stehlen. Ausgerechnet Brenda, diese Ausgeburt an Lebensfreude. Was war nur mit ihr los?

3
Brenda

Drei Gäste. Drei läppische Gäste. Einer davon war der alte Tom, der jeden Tag kam und sich stundenlang an einem Glas Wein festhielt.

Bei den anderen Gästen handelte es sich um ein Pärchen aus Denver. Sie waren für ein verlängertes Wochenende in Plansprings. Zum Wandern, hatten sie Brenda erklärt und sich von ihr Routen empfehlen lassen. Sie gehörten zu den immer selteneren Besuchern, die es nicht hoch in den Luxuskomplex zog, sondern ihr Quartier unten im Dorf nahmen. Aber selbst sie hatten die Plastikmöbel auf der Terrasse kritisch beäugt. Brenda seufzte. Wie gerne hätte sie hier schöne Holzmöbel. Dazu Heizpilze und Decken, damit die Gäste auch an den kühleren Tagen die Aussicht genießen konnten. Denn auch die Terrasse des ›Plansprings Inn‹ erlaubte einen spektakulären Ausblick. Jetzt, wo die Weiden ein Meer an Farben boten, die Laubbäume ein saftig grünes Haupt trugen und das Grau der Berge zu ihren vom Schnee weißgetünchten Gipfeln interessante Kontraste setzte, konnte sich niemand dem Zauber entziehen. Besucher und Einheimische waren sich gleichermaßen darin einig, dass es die schönste Jahreszeit war.

Brenda begann, Kartoffeln zu schälen. Lustlos, denn in den vergangenen Tagen hatte nicht ein Gast ihre Spezialität, hausgemachte Pommes frites aus frischen Kartoffeln, bestellt. Wenn überhaupt hatte sie etwas von dem Kuchen verkauft. Vielleicht sollte sie statt der Pommes mehr Kuchen machen?

Sofort hob sich ihre Laune. Backen war ihre neuentdeckte Leidenschaft. Seit es im ›Plansprings Inn‹ immer ruhiger wurde, vertrieb sie sich damit die Zeit. Sie war gerade dabei, die Zutaten abzuwiegen, als jemand die Tür zur Küche aufstieß.

»Onkel Hank, es ist wenig los, deshalb mache …« Brenda hob den Kopf und hielt inne. »Oh, Cadie. Hallo. Ich dachte, es sei Hank.« Brenda zog unbewusst die Schultern hoch. Sie hatte Cadie seit der Party nicht mehr gesprochen und ahnte, dass noch etwas nachkommen würde.

»Da war aber schon mal mehr Begeisterung in deiner Stimme, wenn du mich begrüßt hast.« Trockener Spott schwang in Cadies Tonfall mit, aber sie lächelte freundlich. Mit zur Seite geneigtem Kopf sah sie Brenda an. »Backen kannst du auch später. Wie wär’s: Wir trinken einen Kaffee und du erzählst mir, was dich bedrückt?«

Brenda strich sich mit dem Handrücken eine Strähne zurück. »Ich weiß nicht, ich habe noch viel zu tun.«

»Das sehe ich. Der alte Tom mit seinem Glas Wein hält dich ganz schön auf Trab.« Cadie hatte selbst lange im ›Plansprings Inn‹ gearbeitet; ihr konnte Brenda nichts vormachen.

Mit einem unterdrückten Seufzen löste Brenda die Küchenschürze, wusch die Mehlspuren von den Fingern und folgte Cadie nach vorne. Das Pärchen hatte inzwischen gezahlt. Tom und Hank waren in eine Unterhaltung über irgendein Footballspiel vertieft. Vielleicht war es auch Baseball. Die zwei Männer schafften es zu Brendas Erstaunen jeden Tag, Gesprächsstoff zu finden.

Brenda musste unwillkürlich lächeln, als sie die beiden so sah. Das ›Plansprings Inn‹ war für ihren Onkel nicht nur seine Existenzgrundlage, sondern auch ein Zuhause. Das Zentrum seines sozialen Lebens. Wer etwas von Hank wollte, fand ihn meist hinter der Theke, auch wenn er auf Anraten seines Arztes gezwungen war, Brenda immer mehr Verantwortung zu überlassen.

»Kaffeepause?« Hank zwinkerte ihr zu, als sich Brenda an ihm vorbei zu dem altersschwachen Ungetüm von Gastronomiekaffeemaschine schob, deren Mahlwerk nur stotternd in Gang kam. Ein Punkt auf der Liste der dringend erneuerungsbedürftigen Dinge im ›Inn‹. Stirnrunzelnd vernahm Brenda das Quietschen, das dem Getöse des Mahlwerks folgte. Lange würde es nicht mehr dauern und sie wären ein Café ohne Kaffee.

Cadie dachte offenbar in eine ähnliche Richtung. »Das Ding klingt jeden Tag schlimmer«, kommentierte sie, nahm die beiden Tassen in Empfang und trug sie auf die Terrasse hinaus. Brenda folgte mit zwei Tellern, auf denen Cinnamon Twists einen appetitlichen Duft verströmten.

Cadies Augen leuchteten auf, als sie eine der gedrehten Stangen ergriff, die reichlich mit Zimt und Zucker bestreut waren. »Seit du backst, besuche ich dich noch lieber.« Sie probierte genüsslich. »Himmlisch.«

»Das sind eigentlich nur längliche Donuts«, wehrte Brenda das Kompliment ab, freute sich aber über das Lob. Sie biss nun ebenfalls ein Stück ab und musste ihrer Freundin insgeheim recht geben. Backunfälle waren selten geworden, mittlerweile konnten sich die meisten Ergebnisse sehen lassen. Vielleicht sollte sie sich in Vail bei einem Bäcker bewerben, wenn hier endgültig Schluss war. Plötzlich schmeckte die Zimtstange nur noch halb so gut.

»Du ziehst schon wieder das gleiche Gesicht wie am Samstag«, bemerkte Cadie sofort und runzelte die Stirn. »Als deine beste Freundin bestehe ich darauf, dass du mir endlich erzählst, was los ist. Dich belastet doch etwas.«

»Mir geht halt viel durch den Kopf.« Brenda stopfte sich ein großes Stück Zimtstange in den Mund. Sie wollte nicht darüber reden. Das ›Plansprings Inn‹ gehörte seit Generationen ihrer Familie. Und kaum schickte sie sich an, es zu übernehmen, starb das Lebenswerk ihrer Vorfahren.

 

»Wir kennen uns ein Leben lang.« Cadie langte über den Tisch nach Brendas Hand und hielt sie davon ab, einen weiteren Bissen zu nehmen. »Glaubst du wirklich, ich lasse mich mit dieser lapidaren Erklärung abspeisen?« Sie sah Brenda mit blitzenden Augen an. »Also rede mit mir, oder ich werde nachträglich doch noch sauer, weil du dich am Samstag einfach von der Party geschlichen hast!«

»Ich hatte Kopfschmerzen«, murmelte Brenda und verfolgte angelegentlich, wie sich ein paar Sperlinge am Ende der Terrasse um einige Krümel balgten.

»Ja, das hast du am Samstag schon als Grund vorgeschoben«, gab Cadie zurück. »Aber die Brenda, die ich kenne, hätte nach einer Aspirin gefragt und weitergefeiert. Was war es also wirklich?«

»Ich sage doch, es ging mir nicht gut.« Brenda presste die Lippen aufeinander und hoffte, ihre Freundin möge das Zeichen verstehen. Eigentlich war Brenda immer die Resolutere von ihnen gewesen. Doch jetzt starrte Cadie sie derart entschlossen an, dass Brenda wusste: Dieses Verhör war noch nicht vorüber.

»Ist es wegen eines Mannes?«, überlegte Cadie nun laut. Dann riss sie die Augen auf. »O mein Gott, ist es Matt? Ich habe beobachtet, wie ihr euch unterhalten habt, bevor du nach draußen geflüchtet bist.« Sie kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Brenda Callen, ich will jetzt sofort wissen, was los ist.«

»Matt? Wie kommst du denn auf Matt?«, fragte Brenda viel zu laut. Gut, dass niemand in der Nähe saß. Zum ersten Mal war sie froh über den Mangel an Gästen.

»Die Art, wie er dir nachgeschaut hat. Er macht sich ebenfalls Sorgen.« Cadie sah sie eindringlich an. »Wie wir alle. Wenn es also nicht um Matt geht: Was ist es dann?«

Schritte und Stimmen ersparten ihr eine Antwort. Eine Gruppe Wanderer kam schwatzend auf die Terrasse. Brenda sprang auf, um ihnen dabei zu helfen, die Tische zusammenzuschieben. »Tut mir leid, ich muss arbeiten«, murmelte sie Cadie im Vorbeigehen zu. Ein Blick das Gesicht ihrer Freundin verriet ihr, dass die Unterhaltung nur aufgeschoben war. Sie würde sich eine plausible Antwort überlegen müssen.

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