Buch lesen: «Bodyweight Training Anatomie»

Schriftart:

BRET CONTRERAS


Der vollständig illustrierte Ratgeber für mehr Kraft, Leistung und Muskelaufbau


Vollständige eBook-Ausgabe der im Copress Verlag

erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-7679-1178-9).

Erstmals erschienen 2014

unter dem Titel „Bodyweight strength training anatomy“

bei Human Kinetics

www.humankinetics.com

Copyright © 2014 by Bret Contreras

© 2014 der deutschen Ausgabe:

Copress Verlag in der

Stiebner Verlag GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

www.copress.de

Übersetzung aus dem Englischen: Torsten Walter

Redaktion: Niehaus & Stirl, Berlin

Satz (Printausgabe): Dirk Brauns, Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch darf nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Copyright-Inhabers vollständig bzw. teilweise vervielfältigt, in einem Datenerfassungssystem gespeichert oder mit elektronischen bzw. mechanischen Hilfsmitteln, Fotokopierern oder Aufzeichnungsgeräten bzw. anderweitig weiterverbreitet werden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-7679-2015-6

Grafikdesign (Printausgabe): Fred Starbird

Grafikerin (Printausgabe): Kim McFarland

Umschlaggestaltung: Pierre Sick

Art Manager: Kelly Hendren

Illustrator: Jen Gibas (Umschlag und Innenteil)

INHALT

Vorwort

Dank

KAPITEL HERAUSFORDERUNG BODYWEIGHT-TRAINING

KAPITEL ARME

KAPITEL NACKEN UND SCHULTERN

KAPITEL BRUST

KAPITEL CORE

KAPITEL RÜCKEN

KAPITEL OBERSCHENKEL

KAPITEL GESÄSS

KAPITEL WADEN

KAPITEL GANZKÖRPER-TRAINING

KAPITEL TRAININGSPLAN ERSTELLEN

Der Autor

VORWORT

Die Tatsache, dass Sie dieses Buch zur Hand nehmen, bedeutet, Sie haben Interesse an den Methoden des Bodyweight-Trainings (kurz: BWT), mit denen Sie Kraft und Fitness durch Krafttraining ohne Gewichte und spezielle Geräte steigern können. Prima! Dann sind Sie hier genau richtig.

In den vergangenen zwanzig Jahren habe ich nie länger als ein paar Tage auf effektives Krafttraining verzichtet. Ich habe zwar in Hunderten von tollen Fitnessstudios und Krafträumen in aller Welt trainiert, doch in vielen Fällen musste ich mit dem vorliebnehmen, was ich in meinem Haus, Appartement oder Hotelzimmer gerade vorfand. Als ich mit fünfzehn Jahren das erste Mal mit Gewichten trainierte, wusste ich noch nicht, was ich tat, fühlte mich bei vielen Übungen ungeschickt und unkoordiniert. Ja, ich ließ sogar die meisten Grundübungen (Mehrmuskel- oder Verbundübungen) aus, weil ich das Gefühl hatte, sie nicht so korrekt ausführen zu können wie die Isolationsübungen für einzelne Muskeln. Rückblickend war ich ein schwächlicher Hänfling mit extrem schlecht entwickelter Core-Muskulatur (ich konnte kaum stabil auf einem Bein stehen) und minimalen motorischen Fähigkeiten. Ich irrte ziel- und planlos zwischen den Übungen umher. Zu Beginn konnte ich noch nicht einmal Liegestütze. Zugegebenermaßen konnte ich auch keine Chin-ups, Dips oder Inverted Rows. Ich fürchte heute, schon bei dem Versuch von Full Squats hätte ich damals einen Rundrücken gemacht und meine Knie hätten nachgegeben (Melting-candle syndrome), da meine Gesäßmuskulatur so unglaublich schwach war und ich keine Ahnung von formgerechter Ausführung hatte. Es dauerte fünf Jahre, bis ich korrekte Chin-ups und Dips ausführen konnte.

In den vergangenen zwanzig Jahren habe ich mir so viel Wissen wie möglich über den menschlichen Körper und effektives Kraft- und Fitnesstraining angeeignet. Hätte ich damals gewusst, was ich heute weiß, hätte ich meine Trainingsergebnisse mehrere Jahre früher erreichen können, indem ich mich an ein konsequent progressives Trainingsprogramm gehalten hätte. Ich wage sogar zu behaupten, ich hätte Chin-ups und Dips schon im ersten Trainingsjahr korrekt ausführen können, wenn ich grundlegende Kenntnisse über Ausführungsform, Übungsabfolge und Trainingspläne gehabt hätte. Heute versetze ich mich in diese frühen Jahre zurück, um jungen, unerfahren Athleten auf die Sprünge zu helfen.

Ich selbst fühle mich fit, meine Gelenkigkeit und Kraftwerte sowie motorischen Fähigkeiten sind sämtlich überdurchschnittlich. Auf meinem jetzigen Stand bin ich zu außergewöhnlichen Trainingseinheiten fähig, einfach durch die Tatsache, dass ich mein eigenes Körpergewicht beherrsche; dabei arbeite ich nur mit gewöhnlichen Möbelstücken. Ich hänge mich z. B. an Tische oder Stühle, um meinen Rücken und meine Beine zu stärken, meine Bauchmuskeln trainiere ich auf der Couch, für Brust-, Schulter-, Bein- und Core-Muskulatur reicht mir der Fußboden.

Jedes Krafttraining sollte zuerst auf der Beherrschung des eigenen Körpergewichts, also einem Training ohne Gewichte beruhen, bevor man zu Freihantelübungen und anderen Trainingsformen übergeht. BWT legt die Grundlagen für Trainingserfolge in späteren Jahren, denn eine effektive Leistungsentfaltung erfordert eine ideale Mischung von Beweglichkeit, Stabilität und motorischer Kontrolle. Mit zunehmender Kraft gehen Sie dann kontinuierlich zu anspruchsvolleren Übungen über, um Ihre Muskulatur zunehmend mehr zu fordern und Ihre Fitness zu steigern. Doch um das zu erreichen, müssen Sie zuerst die einzelnen Grundübungen erlernen und einer Art „Roadmap“ folgen.

Bodyweight-Training – Anatomie habe ich für mehrere Kategorien von Sportlern geschrieben:

•Einsteiger, die zuerst die BWT-Basics erlernen müssen. Jeder kennt Sit-ups und Kniebeugen, doch beileibe nicht jeder kennt sich mit Hip Thrusts, RKC-Planks und Inverted Rows aus. Diese Übungen sollten jedoch Dreh- und Angelpunkt jedes Krafttrainings sein.

•Leute, die ihren Körper in Form bringen wollen, aber Krafträume meiden. Sollte das auf Sie zutreffen, kann ich Ihnen versichern, dass Sie mit der BWT-Methode jederzeit und überall effektive Trainingseinheiten absolvieren können!

•Menschen, die regelmäßig trainieren, aber viel reisen. Zweifellos ist es wunderbar, Zugang zu Trainingsequipment zu haben, das Hunderttausende wert ist, aber wer viel unterwegs ist, weiß, dass diese Option nicht immer zur Verfügung steht.

•Krafttrainingsenthusiasten: Ganz gleich ob Wochenendkrieger, Leistungssportler, Gewichtheber, Trainer oder Physiotherapeut – wenn Fitness zu Ihrem Business gehört, müssen Sie mit den Grundlagen der BWT-Methode vertraut sein. Kraftenthusiasten mögen verschiedene, ganz individuelle Fitnessziele haben (z. B. Verbesserung der funktionalen Kraft, Aufbau von Muskelmasse, Senkung des Körperfettgehalts, bessere Körperhaltung), doch BWT wird jedem dieser Menschen beim Erreichen seiner Ziele helfen.

Ich habe dieses Buch wie folgt strukturiert: Kap. 1 dient der Einführung in die Materie. In Kap. 2–9 diskutiere ich die funktionale Anatomie eines Sportlers und ihre Rolle für sportliche Leistung und Ästhetik und schildere die besten Bodyweight-Übungen für die Muskelgruppen Arme, Nacken und Schultern, Brust, Core-Muskulatur, Rücken, Oberschenkel, Gesäßmuskeln und schließlich Waden. In Kap. 10 beschäftige ich mich mit den Grundübungen und erläutere ihren Sinn und Zweck. In Kap. 11 schließlich, dem wichtigsten Kapitel von allen, bringe ich Ihnen die Grundlagen der Trainingsplanung nahe und liefere einige Beispielpläne, an denen Sie sich orientieren können. Insgesamt dient Bodyweight-Training – Anatomie mit etwa 150 Übungen als aussagefähige Referenz. Mit zunehmender Kraft werden Sie von den einfacheren Übungen zu den anspruchsvolleren übergehen können; ein integriertes Bewertungssystem hilft Ihnen bei der Einschätzung des jeweiligen Schwierigkeitsgrads.


Einzigartig an diesem Buch sind die detailreichen Illustrationen. Hier werden für Sie die einzelnen Muskelgruppen und -partien, die durch die jeweilige Übung belastet werden, visuell nachvollziehbar dargestellt. Untersuchungen haben ergeben, dass man einzelne Muskelpartien im Training gezielt ansprechen kann; dazu ist jedoch eine genaue Kenntnis der Muskeln nötig. Die während der Übungen primär und sekundär angesprochenen Muskeln sind in den begleitenden Abbildungen unterschiedlich eingefärbt, um die Verbindung zwischen „Kopfsteuerung“ und Muskel (mind-muscle connection) zu verdeutlichen.


Nach der Lektüre werden Sie über profunde Kenntnisse der menschlichen Muskulatur verfügen und eine Menge Übungen kennen, mit denen einzelne Bewegungsmuster und Muskeln trainiert werden können. Sie werden wissen, wie man als zukünftig Fortgeschrittener die entscheidenden Übungen ausführt. Sie werden Ihre Roadmap kennen, um Ihre Beweglichkeit und Kraft kontinuierlich weiterzuentwickeln; Sie werden die Bedeutung von Core-Stabilität und kräftiger Gesäßmuskulatur für fundamentale Bewegungsabläufe begreifen; sie werden effektive Trainingsprogramme entwickeln können, die auf Ihren individuellen Kompetenzen und Präferenzen beruhen; und schließlich werden Sie die BWT-Methode, die unkomplizierteste und angenehmste Krafttrainingsform, optimal nutzen können – mit erstaunlichen Resultaten.

DANK

Danken möchte ich meinem guten Freund Brad Schoenfeld. Er empfahl mich nicht nur als Autor bei Human Kinetics, sondern half mir auch mit viel dringend benötigter Expertise bei meiner ersten Buchveröffentlichung. Meiner Familie danke ich für ihre stete Unterstützung.


HERAUSFORDERUNGBODYWEIGHT-TRAINING

Über Bodyweight-Training (BWT) sind schon zahlreiche Bücher geschrieben worden, meist Kompendien von Übungen unter Nutzung des eigenen Körpergewichts. Doch ein Sammelsurium an Übungen ist nur ein Teil des Pakets: Die erreichbaren Ergebnisse hängen von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, und es ist wichtig, dass der Athlet einen idealen Mix von Übungen nach einer ausgewogenen Routine trainiert.

Seit zwanzig Jahren beschäftige ich mich mit schon mit Widerstandstraining, in den letzten zehn Jahren habe ich mich intensiv mit den weltbesten Trainern, Biomechanikern, Physiotherapeuten und Sportwissenschaftlern auseinandergesetzt. Also kann ich aus Erfahrung sagen: Wenn man schon lange genug im Spiel ist, braucht man ein Trainingsprogramm nur ansehen und weiß sofort, ob es effizient ist und optimale Resultate bringen wird. Beim Entwurf eines Programms verlasse ich mich am liebsten auf kompetente Trainer: Sie haben nicht nur ein persönliches Interesse an der Optimierung ihrer Athleten in Kraft, Leistung und spezifischer Fitness, sie müssen auch die entscheidenden Faktoren Gesundheit und Langlebigkeit berücksichtigen. Ihre Programme müssen kontinuierliche Fortschritte ermöglichen und gleichzeitig ungewünschte Dysbalancen vermeiden.

ZUG- UND DRUCKÜBUNGEN

Grundsätzlich weist BWT eine starke Tendenz zu Druckbewegungen und gegen Zugbewegungen auf. Denn dank der Schwerkraft müssen Sie für eine effektive Trainingseinheit lediglich Ihr Körpergewicht absenken und dann wieder nach oben drücken. Beispiele sind Kniebeugen, Ausfallschritte, Liegestütze (für Profis im Handstand). Diese Druckbewegungen müssen Sie unbedingt in Ihr Programm integrieren. Was aber ist mit den Zugbewegungen? Für solche Übungen benötigen Sie eine Klimmzugstange, einen Zugseilmechanismus – oder äußerst stabile Möbel. Man kann seinen Körper dann um die Möbel herumziehen, um die Zugmuskeln zu trainieren, die ebenfalls wichtig für das strukturelle Gleichgewicht Ihres Körpers sind und um einseitigen Anpassungserscheinungen Ihrer Körperhaltung durch die trainierten Druckbewegungen entgegenzuwirken.

Fast alle BWT-Programme tendieren zu Druckbewegungen. Trotz deren hoher Effektivität muss Zugübungen dieselbe Bedeutung in Sachen Anzahl, Wiederholungen und Sätzen eingeräumt werden, sonst kann es zu strukturellen Dysbalancen kommen: Übermäßige Ausbildung des Quadrizeps, Kniebeschwerden, Schulterschmerzen sowie Vorkippen des Beckens und Schmerzen im Lendenwirbelbereich sind nur einige der negativen Effekte, die durch ein schlecht aufgebautes Trainingsprogramm verursacht werden können.

Klimmzugstangen und Zugseilsysteme

Vielleicht finden Sie es angenehmer, Klimmzüge und Ruderzüge an einer Stange bzw. mit einem Zugseil statt an einem Deckenbalken oder am Tisch zu trainieren. Sie können sich selbst eine Klimmzugstange oder eine Trainingsstation für hängende Ruderzüge herrichten oder eines der zahlreichen Modelle kaufen, die im Türrahmen zu installieren sind. So können Sie die Übungen mit verschiedenen Griffpositionen ausführen, um der natürlichen Bewegungsform möglichst nahezukommen.

Aus zwei Gründen habe ich die Herausforderung, dieses Buch zu schreiben, angenommen: Erstens braucht die Branche dringend ein hochwertiges BWT-Fachbuch, das sich auf die richtige Auswahl der Übungen und eine ausgewogene Trainingsgestaltung konzentriert. Zweitens liegt mir das BWT sehr am Herzen. Ich glaube kaum, dass sonst jemand sich so intensiv den Übungen für die Rückenmuskulatur gewidmet hat wie ich. Es ist relativ einfach, die Muskeln an der Vorderseite des Körpers zu trainieren, da es sich hier um Muskeln für Druckbewegungen handelt. Ein sportlich fitter Mensch benötigt jedoch auch eine starke Muskulatur an der Körperrückseite; BWT-Zugübungen, um speziell diese Muskeln anzusprechen, sind keineswegs so offensichtlich. Hier ist Kreativität gefragt.

VORSPRUNG DURCH EFFEKTIVITÄT

Viele Sportler mögen die Idee, effizient und bequem zu Hause trainieren zu können. Die meisten Fitnessfans haben eine Fitnessclub-Mitgliedschaft und sind daher bereits hochgradig „abhängig“ von Fitnessgeräten und Freihanteln etc. Ich bin zugegebenermaßen ein großer Befürworter jeglicher Art von Widerstandstraining, doch BWT ist zweifellos die praktischste und damit angenehmste Trainingsmethode. Alles, was Sie benötigen, ist Ihr eigener Körper, Sie haben also immer und überall alles dabei und brauchen auch keinen Spotter, der Sie sichert. Mit anderen Worten: Wenn Sie Ihren eigenen Körper als „Hantel“ benutzen, dann haben Sie jederzeit Gelegenheit zu einem tollen Workout. Progressives BWT kann Ihnen zu enormen Zugewinnen an funktionaler Fitness in Sachen Kraft, Leistung, Gleichgewichtssinn und Ausdauer verhelfen. Und neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass Sie Ihre Beweglichkeit ebenso gut oder sogar besser durch BWT als durch Stretching steigern können.

Ich sehe gern Athleten verschiedenster Sportarten beim Training zu. Als Trainer habe ich natürlich schon Tausende von Athleten Gewichte stemmen sehen. Dabei sind mir immer zwei Sportarten aufgefallen, die alle anderen in puncto Muskelbeherrschung in den Schatten stellen: Turnen und Bodybuilding. Voller Respekt beobachte ich, mit welcher Präzision Turner an den Ringen und am Pferd ihren Körper beherrschen, mit welcher totalen Konzentration sie ihre Muskeln gegen den Widerstand kontrahieren. Wenn man mit dem eigenen Körpergewicht arbeitet, sollte man sich möglichst viel von diesen Athleten abgucken, um eine auch nur annähernd so gute mind-muscle connection zu erlangen; denn dann kann man wirklich an jedem beliebigen Ort ein effektives Training absolvieren.

In diesem Buch lernen Sie die besten Bodyweight-Übungen und den effektivsten Weg zu einem homogenen Trainingsplan, der sich nach Ihren individuellen Fitnesszielen richtet; wie man von den einfachsten Bodyweight-Übungen zu den kompliziertesten und fortschrittlichsten gelangt; und wie Sie mit Ihren Bauch- und Gesäßmuskeln Ihren Rumpf in einer stützenden Stellung quasi verriegeln können, während Sie Arme und Beine bewegen. Durch das Training wird Ihr Körper schlank, biegsam und athletisch werden. Liegestütze und Klimmzüge werden Sie nicht mehr einschüchtern. Das Selbstvertrauen, das dieses Programm Ihnen verschafft, wird sich in jedem Aspekt des Lebens widerspiegeln – von einem knackigen Hintern ganz abgesehen.

Nie mehr werden Sie fürchten müssen, z. B. im Urlaub Ihr Training vernachlässigen zu müssen, denn effektive Trainingseinheiten sind auch ganz bequem in Ihrem Hotelzimmer möglich. Ihnen wird klar werden, dass man weder Langoder Kurzhanteln noch Zugseile braucht. Ausgerüstet mit den fundamentalen biomechanischen Kenntnissen des BWT, können Sie mit genauso hoher Muskelbelastung trainieren wie in einem harten technischen Widerstandstraining.

Noch besser: Sie sparen Tausende an Fitnessclubgebühren – ohne Beeinträchtigung der Qualität Ihres Trainings. Das eingesparte Geld investieren Sie besser in gesunde Ernährung, um Ihre Trainingserfolge noch zu steigern. Und all das ganz bequem zu Hause!

Sicherheit geht vor!

Ich werde Ihnen zwar viele Übungen mit ganz normalen Möbeln zeigen; ich will aber auf keinen Fall, dass Sie sich durch einen wegrutschenden Stuhl oder eine Tür, die aus den Angeln bricht, verletzen. Standard-Fitnessequipment wie Klimmzugstangen und Langhantelbänke bleiben stets bedenkenswerte Optionen. Beim Training an Möbeln müssen Sie unbedingt auf sichere, stabile und widerstandsfähige Stücke achten. Schieben Sie die Möbel möglichst gegen eine feste Wand oder stellen Sie sie auf eine rutschfeste Unterlage. Mit einem Keil können Sie eine geöffnete Tür zusätzlich stabilisieren. Falls trotzdem ein Rutsch- oder Sturzrisiko besteht, wählen Sie eine weiche Unterfläche wie Teppich oder Rasen. Testen Sie die Sicherheit Ihres Übungsaufbaus mit ein oder zwei Wiederholungen, bevor Sie richtig und mit voller Intensität zu Werke gehen. Sollte sich ein Setup als wirklich instabil und gefährlich erweisen, übergehen Sie die Übung und suchen Sie eine sichere Alternative.

Kürzlich wurde ich gefragt, ob ich meine Fitness und meinen durchtrainierten Körper allein durch BWT beibehalten könnte. Ich antwortete ohne Zögern mit „Ja“. Zudem sorgt der Übergang zu schwierigeren Übungen und gesteigerten Wiederholungszahlen für eine kontinuierliche Forderung Ihres neuromuskulären Systems. Ihr Körper reagiert auf diese Herausforderung durch eine erhöhte Protein-Synthetisierung und Bildung von mehr Muskelgewebe, das nennen wir „Adaption“ (Anpassung). Neueste Studien haben gezeigt, dass hohe Wiederholungszahlen einen stärkeren muskelbildenden Stimulus bewirken, als die meisten Fachleute bisher dachten. Ich freue mich, dass Sie sich entschieden haben, die BWT-Herausforderung anzunehmen und zu lernen, wie Sie Ihren Körper positiv manipulieren können, um Trainingseinheiten auf Weltklasseniveau zu absolvieren. Nun sind Sie nicht mehr länger Sklave eines Fitnessclubs, sondern die ganze Welt ist Ihr Fitnessclub, und Ihr eigenes Körpergewicht ersetzt alle Fitnessgeräte und Kraftmaschinen!


ARME

Teenagern, die mit dem Krafttraining beginnen, wird stets das Armtraining das wichtigste Anliegen sein. Unter Männern scheinen gut entwickelte Bizepse und Trizepse die begehrtesten Muskeln des gesamten Körpers zu sein, wahrscheinlich weil dies gewöhnlich die sichtbarsten sind. Normalerweise verhüllen T-Shirts, Hosen und Socken den größten Teil von Rumpf und Beinen, die Arme sind aber meist gut sichtbar für jedermann.

Welcher Muskel wird wohl am häufigsten vor den Badezimmerspiegeln dieser Welt demonstrativ gebeugt und angespannt? Zu jeder beliebigen Weltzeit posieren wahrscheinlich Tausende vor dem Spiegel und lassen ihre Bizepse spielen. Und sehr viele mit Bohnenstangenarmen würden alles tun, um ihre lose schlackernden T-Shirt-Ärmel mit einem Paar Schwarzenegger-Muskeln zu füllen. Auch wenn der Bizeps den ganzen Ruhm abzubekommen scheint: Für einen wohlgeformten Arm ist der Trizeps auf der Armrückseite genauso wichtig und muss ebenso trainiert werden.

Doch Armübungen sind nicht etwas nur für Männer. Auch für Frauen sind sie von Bedeutung. Die amerikanische First Lady Michelle Obama löste mit ihren muskulösen Armen einen wahren Medienrummel aus. Und fragen Sie nur einmal eine zukünftige Braut, die zur Trauung ein trägerloses Kleid tragen will, wie sehr sie sich eine definierte Armmuskulatur wünscht. Besonders Frauen scheinen dabei sehr viel Wert auf das Aussehen ihrer Trizepse zu legen und konzentrieren sich beim Krafttraining auf entsprechende Übungen.

DIE ARMMUSKELN

Für ein gezieltes Ansprechen der Armmuskulatur müssen wir zuerst in die Grundlagen der Anatomie eintauchen. Auf der Oberarmvorderseite befinden sich die Ellenbogenbeuger. Durch die Beugung der Ellenbogen wird das Handgelenk in Richtung Schulter bewegt. Die primären Ellenbogenbeuger sind die beiden Köpfe des Bizeps: der lange und der kurze Kopf (Abb. 2.1). Die anderen Ellenbogenbeuger, die wir kennen sollten, sind Oberarmmuskel und Oberarmspeichenmuskel. Diese Muskeln tragen in variierendem Ausmaß zur Bewegung bei. Der Bizeps wird meist im Untergriff trainiert (mit zugewandten Handflächen), der Oberarmspeichenmuskel im Hammergriff (Handflächen einander zugewandt), der Oberarmmuskel im Obergriff (abgewandte Handflächen). Das hängt mit der Hebelwirkung jedes Muskels in verschiedenen Stellungen und Bewegungsspektren zusammen.


Abb. 2.1 Bizeps, Ellenbogenbeuger und Oberarmspeichenmuskel


Abb. 2.2 Trizeps

An der Oberarmrückseite liegen die Ellenbogenstrecker. Durch die Ellenbogenstreckung wird das Handgelenk von der Schulter weg bewegt, sodass eine stabile gerade Linie von der Schulter bis zum Handgelenk entsteht. Die primären Ellenbogenstrecker sind die drei separaten Köpfe des Trizeps – der lange, mediale und laterale Kopf (Abb. 2.2).

Die Arme sind von wesentlicher Bedeutung für die verschiedensten Sportarten. Die Ellenbogenstrecker kontrahieren kräftig, wenn wir einen Baseball- oder Golfschläger schwingen oder die Arme versteifen, um einen Gegner wegzustoßen, wie im American Football; ebenso beim Hechtbagger im Volleyball und beim Überkopfwurf im Baseball und American Football. Wichtig sind diese Muskeln auch beim Brustpass im Basketball sowie beim Jab und rechten Cross im Boxen sowie beim Kugelstoßen in der Leichtathletik.

Die Ellenbogenbeuger übertragen hingegen die Energie, wenn wir einen Tennisschläger schwingen oder beim Boxen einen Haken schlagen. Auf diese Muskeln müssen wir uns im Clinch verlassen können, wenn wir bei Vollkontaktsportarten Griffe des Gegners verhindern wollen; ebenso beim Tackling eines Gegners im American Football und beim Hochziehen während des Kletterns. Außerdem brauchen wir unsere Ellenbogenstrecker beim Tragen schwerer Gegenstände vor dem Körper, z. B. bei Strongman-Events und natürlich beim Rudern.

ARMÜBUNGEN

Die Armmuskeln werden bei Oberkörperübungen mit zwei oder mehreren Gelenken gleichzeitig stark beansprucht. Bei allen Arten von Zugübungen und Ruderbewegungen werden die Ellenbogenbeuger trainiert, bei sämtlichen Arten von Liegestützen und Dip-Bewegungen die Ellenbogenstrecker. Deshalb gilt: Wann immer Sie Ihre Brust-, Schulter- und Rückenmuskeln trainieren, tun Sie automatisch auch etwas für die Arme.

Besonders wichtig aus der BWT-Perspektive ist die Beteiligung der Armmuskulatur bei mehrgelenkigen Verbundbewegungen. Bei der Arbeit mit freien Gewichten und Seilzügen ist es einfach, die Armmuskeln isoliert anzusprechen: Man nehme einfach ein Gewicht oder greife einen belasteten Seilzug und beuge oder strecke die Ellenbogen. Komplizierter wird es jedoch, wenn man versucht, den gesamten Körper quasi als Hantelstange einzusetzen. Es ist ziemlich schwierig, den Körper um die Ellenbogen herum zu bewegen. Das soll nicht heißen, es sei keine gute Idee, zu versuchen, die Arme mit Einzelgelenksbewegungen anzusprechen. Wichtig ist jedoch, zu verstehen, dass Mehrgelenksbewegungen in Sachen Gesamtmuskelbelastung am produktivsten sind.

Einer der wichtigsten Faktoren bei Armübungen ist es, sich auf die Kontraktion der Zielmuskeln zu konzentrieren und nicht andere Muskeln die Arbeit verrichten zu lassen. Bevor er Tausende von Wiederholungen für die Ellenbogenbeuger absolvierte, visualisierte Arnold Schwarzenegger, wie seine Bizepse zu Bergen heranwuchsen. Fühlen Sie die Kontraktion der Armmuskeln, die für die gewünschte Bewegung erforderlich ist. Bodybuilder nennen das mind-muscle connection, und es braucht einige Zeit, um diese neuromuskulären Leitungen zwischen Geist und Muskeln ausreichend auszubilden. Beim funktionalen Training geht es mehr um das Trainieren von Bewegungen, beim Training zu ästhetischen Zwecken mehr um das Trainieren von Muskeln. Deshalb: Denken Sie beim Armmuskeltraining an die Kontraktion Ihrer Muskeln gegen einen Widerstand – das wird Ihnen helfen, die Zielmuskeln maximal zu belasten.

Auch wenn die Unterarme anatomisch Teil der Arme sind, werden sie bei den Greifbewegungen (einschließlich Klimmzügen und Ruderbewegungen) im Kapitel über das Rückenmuskeltraining behandelt (Kap. 6).


TRIZEPSSTRECKUNG



SicherheitshinweisWählen Sie einen stabilen, belastbaren Tisch oder Stuhl.

Ausführung

1.Platzieren Sie Ihre Hände mit gestreckten Armen auf einer Tisch- oder Stuhlkante; dann laufen Sie mit den Füßen nach hinten, bis Sie eine gestreckte Haltung erreichen

2.Nun senken Sie den Körper durch Beugung der Ellenbogen. Achten Sie dabei auf einen geraden Rücken und gestreckte Beine. Das Gewicht lastet nun auf den Fußspitzen und Händen, Bauch- und Gesäßmuskeln sind angespannt.

3.Heben Sie den Körper durch Streckung der Ellenbogen wieder an.

Trainierte Muskelgruppen

Primär: Trizeps

Sekundär: Gerader Bauchmuskel, Großer Gesäßmuskel

Hinweise zur Übung

Die Trizepsstreckung ist eine der seltenen Übungen, die die Trizepsmuskulatur wirklich voll beansprucht, da der Körper um die Ellenbogengelenke rotiert und die Trizepse auf der gesamten Strecke zwischen gebeugter und gestreckter Position belastet werden. Dafür muss der Körper während der gesamten Übung durch Spannung in den Gesäß- und Bauchmuskeln von Kopf bis zu den Knien perfekt gestreckt bleiben, ein Absinken der Hüften verringert nicht nur den Nutzen der Übung, sondern ist auch potenziell schädlich für den Lendenwirbelbereich. Vermeiden Sie so weit wie möglich eine Bewegung der Schultergelenke. Arbeiten Sie möglichst ausschließlich mit den Trizepsmuskeln, um Ihren Körper zu heben und zu senken.

Der Schwierigkeitsgrad der Übung lässt sich durch verschiedene Tisch- bzw. Stuhlhöhen variieren: Eine größere Höhe bedeutet einen geringeren Schwierigkeitsgrad, eine kleinere Höhe steigert den Schwierigkeitsgrad.

VARIANTE

Trizepsstreckung mit verkürztem Hebel

Sportler, denen dieser Bewegungsablauf anfangs noch Schwierigkeiten bereitet, können den Hebel verkürzen, indem sie die Übung kniend ausführen; dadurch verringert sich der Prozentsatz des Körpergewichts, der angehoben werden muss. Diese Übungsvariante ist nur mit einem Stuhl oder einem Couchtisch möglich, ein normaler Tisch ist zu hoch.


RUDERZUG HÄNGEND MIT VERKÜRZTEM HEBEL



SicherheitshinweisWählen Sie für diese Übung einen stabilen Tisch oder Stuhl und einen weichen Untergrund, z. B. einen Teppich.

Ausführung

1.Ausgangsstellung ist die Rückenlage mit dem Kopf unter einem stabilen Tisch oder Stuhl geeigneter Höhe; Ihre Hände greifen die Außenkante über Ihnen, die Handflächen sind Ihnen zugewandt.

2.Nun heben Sie Ihren Körper durch Beugung der Ellenbogen an; Rumpf und Oberschenkel bilden dabei eine gerade Linie, der Hals befindet sich in neutraler Stellung, die Knie sind 90° gebeugt, das Gewicht lastet auf den Fersen, Bauch- und Gesäßmuskeln sind angespannt. (Kopf und Hals bleiben während der gesamten Übung in neutraler Stellung, d. h. sie werden nicht auf und ab bewegt.)

3.Senken Sie Ihren Körper langsam und kontrolliert wieder in die Ausgangstellung mit fast durchgestreckten Armen ab. Die Bewegung sollte fast nur in den Ellenbogen, nicht in den Schultern stattfinden.

Trainierte Muskelgruppen

Primär: Bizeps

Sekundär: Ellenbogenbeuger, Gerader Bauchmuskel, Großer Gesäßmuskel

Hinweise zur Übung

Der Ruderzug hängend mit verkürztem Hebel gehört zu den wenigen Übungen, die sich primär nur auf den Bizeps konzentrieren. Die meisten anderen Bizepsbewegungen beanspruchen gleichzeitig auch in großem Maße die Rückenmuskulatur. Achten Sie auf stabile Spannung in Ihrer Core-Muskulatur einschließlich der Gesäßmuskeln, um Ihren Rumpf und die Oberschenkel in einer geraden Linie zu halten, während der Körper um die Ellenbogengelenke rotiert.

Der Schwierigkeitsgrad der Übung lässt sich durch verschiedene Tisch- bzw. Stuhlhöhen variieren: Eine größere Höhe bedeutet einen geringeren Schwierigkeitsgrad, eine kleinere Höhe steigert den Schwierigkeitsgrad. Je nach Art des Tischs oder Stuhls können Sie nicht das gesamte Bewegungsspektrum durchlaufen, weil Ihr Kopf an die Unterseite des Möbelstücks stößt. In solchen Fällen bauen Sie einfach eine Haltephase ein, indem Sie am höchsten Punkt einen Moment innehalten, um die verringerte Amplitude der Bewegung zu kompensieren. Anhänger des Rückwärtigen Curls mit langem Hebel, denen diese Übung zu leicht erscheint, können den Hebel leicht verlängern, indem sie die Beine gestreckt auf einen zusätzlichen Stuhl oder Ähnliches legen, wodurch sich der Prozentsatz an zu hebendem Körpergewicht erhöht.

VARIANTE

Ruderzug hängend mit langem Hebel

Athleten, denen der Ruderzug hängend mit verkürztem Hebel zu leicht ist, können den Hebel verlängern, indem sie die Übung mit gestreckten Beinen auf einem weiteren Stuhl oder einer Bank ausführen. Dadurch steigt der Prozentsatz des Körpergewichts, das gehoben wird.

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