Pilates

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Christof Baur und Bernd Thurner

Pilates

Die besten Übungen

für Anfänger und

Fortgeschrittene

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an die Autoren?

Anregungen zum Buch?

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Inhalt

Vorwort

Pilates – Harmonie von Körper und Geist

Was ist Pilates?

Die fünf wichtigsten Pilates-Prinzipien

Modernes Pilates-Training

Pilates – eine Trainingsmethode

Wie Sie richtig trainieren

Das Dehnprogramm

Trainingsziel Beweglichkeit

Die Dehnübungen



Die Pilates-Körperschule

Die Kunst der Körperwahrnehmung

Übungen für Anfänger

Übungen für Fortgeschrittene

Übungen für Könner

Weitere Informationen

Impressum

Stichwortregister



Vorwort

Seit Jahren boomt die Fitness- und Gesundheitsbranche, und mit ihr wächst auch das Verlangen nach neuen Trainingsinnovationen. Auf diese Weise entstehen scheinbar neue und revolutionäre Trends, welche oftmals genauso schnell verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. Mit dem Kauf dieses Buches haben Sie sich für einen wahren Klassiker entschieden. Seit Jahrzehnten folgen gesundheitsbegeisterte Anhänger den Trainingsphilosophien von Joseph Pilates, dem Erfinder des gleichnamigen Gymnastikprogramms. Aus gutem Grund, wie die Erfolge dieses Trainingskonzeptes beweisen. Pilates trainiert auf abwechslungsreiche Weise Ihre Körper- und Muskelfunktionen und ist ein idealer Ausgleich für unseren oftmals mental stressigen und körperlich monotonen Alltag. Sie straffen Ihre Muskeln, stärken Ihren Rücken und verbessern nachhaltig Ihre Beweglichkeit. Kein Wunder, dass zahlreiche Elemente des Pilatestrainings in anderen Fitness-Programmen wieder zu erkennen sind. „Core stability“ oder „functional movement“ sind aktuelle Schlagwörter der Fitnessszene. Sie propagieren Inhalte, die Joseph Pilates bereits vor nahezu hundert Jahren entdeckt hat und die sich bis zum heutigen Zeitpunkt stetig weiterentwickelt haben. Im ersten Teil des Buches erfahren Sie mehr über die Person Joseph Pilates, seine Vorstellungen und Prinzipien, welche bis heute Gültigkeit haben. Wir bewerten für Sie die Trainingsmethode „Pilates“ und vergleichen sie mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Lernen Sie, wie Sie richtig und effektiv trainieren und wie Sie Ihren persönlichen Trainingsplan im Einzelnen gestalten können. Im Übungsteil erhalten Sie viele praktische Tipps und eine genaue Anleitung für die richtige Umsetzung. Beweglichkeit ist ein wichtiger Baustein im Pilateskonzept. Prüfen Sie mit unseren Testübungen (siehe Seite 24ff.), wie beweglich Sie sind. Ein ausführliches Dehnprogramm (siehe Seite 28ff.) hilft Ihnen, eine optimale Grundlage für das Übungsprogramm zu schaffen. Die Pilates-Körperschule (siehe Seite 35ff.) beschäftigt sich mit den Grundtechniken von Pilates. Die richtige Körperhaltung, Atmung und Präzision sind sehr wichtig und wollen geübt werden. Wenn Sie schließlich wissen, was eine „Neutralposition“ oder die Aktivierung des „Powerhouse“ ist und wie Sie diese korrekt umsetzen, steht Ihrem Übungsprogramm nichts mehr im Wege. Wir haben für Sie drei Übungsprogramme zusammengestellt – aufgeteilt von „leicht“ nach „schwer“. Autoren und Verlag wünschen Ihnen viel Vergnügen auf Ihrem persönlichen Weg zu besserer Fitness und einem neuen Körpergefühl.

Pilates – Harmonie von Körper und Geist

Erfahren Sie, woher die Pilates-Methode kommt, wer sie begründet hat, welche die wichtigsten Pilates-Prinzipien sind und was es mit Ihrem „Powerhouse“ auf sich hat.


Was ist Pilates?

Die Pilates-Methode

Die Pilates-Methode wurde 1926 von Joseph Pilates entwickelt und erlebt im Moment einen Boom. Auch in Deutschland findet sie immer mehr Anhänger. Das ursprüngliche Programm des Begründers der Methode wurde im Laufe der Jahre von seinen Schülern weiterentwickelt und verändert. Das gilt insbesondere für die Anfängerübungen, die völlig neu konzipiert werden mussten, da Joseph Pilates vor allem mit durchtrainierten Sportlern arbeitete. Aber auch er beharrte keineswegs auf starren Trainingsmustern.

Entscheidend war für ihn immer die Anpassung des Übungsprogramms an die Bedürfnisse des Einzelnen. Er handelte allerdings stets nach festen Grundprinzipien, die bis heute sportwissenschaftlichen und medizinischen Anforderungen standhalten. Diese Grundprinzipien, sozusagen die „Pilates-Philosophie“ müssen Sie verinnerlichen, um mit der Methode Erfolg zu haben. Die heutigen, modernen Übungsprogramme entsprechen dem neuesten Wissen. Moderne Pilates-Übungen sind ein ideales Konzept für die Harmonie von Körper und Geist. Besonders Menschen mit Rückenproblemen können sehr von Pilates profitieren.

Vor 80 Jahren

„Meine Methode fördert den Körper ganzheitlich. Sie korrigiert Fehlhaltungen, aktiviert die körperliche Leistungsfähigkeit, stärkt die Konzentrationsfähigkeit und steigert die Lebensqualität.“ Mit diesen Worten warb der in Düsseldorf geborene Joseph Pilates bereits vor 80 Jahren für seine Körperschule. Im Jahre 1926 gründete er in New York ein eigenes Gymnastikstudio. Seine Klientel bestand vor allem aus professionellen Tänzern, Turnern, Athleten und Schauspielern.

Der Pilates-Effekt

Richtig angewendet ist Pilates eine Trainingsmethode für Menschen aller Fitnessstufen und jeden Alters. Die Förderung von Kraft, Koordination und Beweglichkeit wird gezielt miteinander vereint und sorgt für ein neues Körpergefühl. Trainiert werden vor allem die tiefliegenden Muskelbereiche, die oftmals in klassischen Fitnessprogrammen vernachlässigt werden. Die Funktion dieser Muskeln ist aber für einen richtigen Bewegungsablauf äußerst wichtig. Die Kontrolle des Bewegungsablaufs, die Präzision und eine bewusste Atmung sind die entscheidenden Grundlagen aller Übungen. Dazu ist immer eine hohe Körperspannung notwendig.

Eine typische Pilates-Übung beginnt mit Konzentration – denn nur wer geistig-seelisch vollkommen präsent ist, kann seinen Körper bewusst und wirkungsvoll trainieren.

Innere Bilder verbessern die Körperwahrnehmung und verhelfen zu einem unmittelbaren Trainingseffekt: Verspannungen der Muskulatur und der Seele werden gelöst. Regelmäßiges Üben garantiert Ihnen straffe Muskeln und verleiht Ihrem wohlgeformten und beweglichen Körper mehr Leistungsfähigkeit.

Das Übungsprogramm

Die Übungen in diesem Buch werden detailliert bezüglich ihrer Wirkung und Ausführung beschrieben. Die Grundlage jeder Übung ist eine präzise und exakte Bewegungsausführung.

Der Praxisteil beginnt deshalb mit einem Test Ihrer Beweglichkeit. Beweglichkeit ist eine Voraussetzung für erfolgreiches Training. Danach folgt ein spezielles Dehnprogramm, das ebenfalls die Beweglichkeit fördert und die Pilates-Übungen ergänzt.

Danach stellen wir Ihnen die „Pilates-Körperschule“ vor. Sie ermöglicht es Ihnen, Bewegungszusammenhänge besser zu verstehen und bewusster wahrzunehmen.

Dehnübungen und Körperschule sind die Grundlage für das eigentliche Pilates-Übungsprogramm. Sie sollen vor allem den Einstieg für Trainingsanfänger erleichtern.

 

Die Pilates-Übungsprogramme im Anschluss daran sind entsprechend ihrer Schwierigkeit für Anfänger, Fortgeschrittene und Könner aufgebaut. Zahlreiche Übungsbeispiele ermöglichen wirklich jedem Pilates-Fan eine auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Trainingsgestaltung.

Bewegung neu erleben

Die Harmonie von Körper und Geist ist das übergeordnete Ziel von Pilates. Um diese Einheit zu erreichen, entwickelte Joseph Pilates eine Reihe von Grundelementen, die das Fundament jeder Übung sind. Sie sind der Schlüssel für den Erfolg Ihres Übungsprogramms. Haben Sie diese Grundlagen verinnerlicht, werden Sie Bewegung auch und gerade im Alltag neu erleben.

Bewegungen sind nichts anderes als Programme und Bilder, die im Gehirn geplant und durch die Muskeln ausgeführt werden. Je klarer diese Bilder definiert sind, umso gezielter und exakter ist der Ablauf einer Bewegung.

Die Durchführung von Pilates-Übungen erfordert deshalb stets Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.

Die fünf wichtigsten Pilates-Prinzipien

1. Präzision

Die exakte und korrekte Übungsausführung ist das oberste und wichtigste Grundprinzip des Pilates-Übungsprogramms. Alle weiteren Prinzipien dienen nur dazu, die Präzision zu erhöhen.

Jede Übung beinhaltet zahlreiche Details, die der Trainierende beachten muss, um das übungsspezifische Ziel zu erreichen. Um diese Feinheiten zu erkennen und zu verstehen, benötigen Sie theoretische und praktische Körpererfahrung. Pilates-Einsteiger sollten sich deshalb intensiv mit der Körperschule (siehe Seite 35ff.) beschäftigen. Eine Bewegung besteht immer aus einer Kette von einzelnen Elementen, die in der richtigen Reihenfolge aufeinander abgestimmt werden müssen. Diese Grundelemente lernen Sie dort kennen. Erarbeiten Sie sich Schritt für Schritt – ähnlich einer tänzerischen Choreografie – die einzelnen Pilates-Bausteine.

2. Konzentration

Um neue Bewegungsabläufe zu erlernen und im motorischen Gedächtnis zu speichern, sollten überflüssige Reize ausgeschaltet werden. Das bedeutet: keine Musik, kein Fernsehen im Übungsraum. Widmen Sie Ihrem Übungsprogramm Ihre ganze Aufmerksamkeit und Konzentration. Nur so können Sie im Laufe der Zeit die notwendige Präzision bei den Übungsabläufen erzielen.

Durch regelmäßiges Wiederholen und bewusstes Üben trainieren und verinnerlichen Sie die richtige Art, sich zu bewegen. Davon werden Sie auch im Alltag profitieren.

Auch wenn wir uns Bewegungsabläufe nur vorstellen, erzeugen diese Bilder unseres Gehirns bereits messbare elektrische Impulse in unserer Muskulatur. Daraus können wir folgern: Gedachte Bewegung ist ebenfalls Bewegung.

Dieses mentale Training ist das geistige Ausführen eines kompletten Bewegungsablaufes, und es bewirkt im Gehirn eine erhöhte Durchblutung.

3. Fließende Bewegungen

Der Bewegungsfluss ist – nicht nur bei Pilates – ein wichtiges Merkmal zur Beurteilung der Qualität einer Bewegung. Um eine fließende Bewegung zu erzielen, müssen Krafteinsatz, Tempo und Präzision optimal aufeinander abgestimmt werden. Je häufiger Sie Ihre Bewegungsabläufe einstudieren, desto kontrollierter wird Ihre Feinsteuerung. Die einzelnen Phasen der Bewegung werden flüssig verbunden und steigern die Bewegungsökonomie.

Versuchen Sie von Beginn an, ruckartige Bewegungen zu vermeiden. Kontrollieren Sie die Abläufe durch langsame und gleichmäßige Bewegungen. Auf diese Weise steigern Sie die Wirkung auf Körper und Geist und reduzieren die Belastung der Gelenke.

4. Zentrierung

Joseph Pilates entwickelte sein Übungsprogramm auf der Grundlage praktischer Erfahrungswerte und seiner offensichtlich hervorragenden Fähigkeit zur Körperwahrnehmung. Nach seinem Grundverständnis benötigt jede Bewegung eine stabile Basis, eine Art Fundament, auf dem der Bewegungsablauf aufbauen kann.

Wir können unseren Körper mit einem Schiff vergleichen, dem ein großes Segel ohne einen stabilen Mast nichts nützt, der den Kräften des Windes standhalten kann.

Joseph Pilates betrachtet den unteren Bereich des menschlichen Rumpfs als den „Mast“ unseres Körpers, der alle Bewegungen stabilisieren muss. Er bezeichnet dieses Zentrum als „Powerhouse“ (engl. „Versorgungsgebäude, Maschinenraum“).


Yoga und Pilates teilen die ruhigen Bewegungen und die Konzentration.

Bauch rein!

Durch Untersuchungen an Muskelpräparaten und durch klinische Versuche wurde der Sinn des Baucheinziehens wissenschaftlich durchleuchtet. Die korsettähnliche Bauchmuskulatur setzt direkt an den Segmenten der Lendenwirbelsäule an und gewinnt dadurch große Bedeutung für die Stabilität des Körperzentrums. Ihre Aktivität kontrolliert die neutrale Gelenkstellung und ist unabhängig von der Richtung der Körperbewegung. Wie Sie die Kraft Ihres „Powerhouse“ optimieren können, lernen Sie im Kapitel „Körperschule“ (siehe Seite 35ff.).

Diesen Begriff sollten Sie sich merken, er taucht in den Übungsanweisungen immer wieder auf. Das Fundament dieses Gebäudes bilden die verschiedenen Schichten der Beckenbodenmuskulatur. Das Dach formt das Zwerchfell. Die Vorderwand besteht hauptsächlich aus der tiefen, quer verlaufenden Bauchmuskulatur. Die Rückwand des Hauses schließlich bilden die Rückenmuskeln.

Mit der Anweisung, den Bauchnabel nach oben und damit in Richtung Wirbelsäule zu ziehen, wird der Kraftgürtel unseres „Powerhouse“ aktiviert.

Dieses Grundprinzip findet bei jeder Übung Anwendung, um den Trainingseffekt zu steigern und gleichzeitig die Wirbelsäule vor Fehlbelastungen zu schützen.

5. Atmung

Sauerstoff ist die Grundlage nahezu aller Stoffwechselprozesse. Er sorgt in den Körperzellen für die Verbrennung der Nährstoffe und die Gewinnung von Energie. Die Atmung ist eng mit unserer körperlichen und geistigen Befindlichkeit verbunden.

Die Atemtiefe und auch die Atemfrequenz passen sich an unsere aktuelle Lebenssituation an, das heißt, nicht nur körperliche Belastung verändert die Atemaktivität, auch unsere Gefühlswelt nimmt Einfluss darauf.

Angst, Aufregung und Stress führen zur Erweiterung der Luftröhre und der Bronchien. Die Folge: Die Atemhäufigkeit und die Tiefe der Atmung steigen. Entspannung und Ruhe wirken hier entgegengesetzt: Die Atmung beruhigt sich und sorgt für einen gleichmäßigen und langsamen Rhythmus.

Die Atmung spielt beim ganzheitlichen Übungskonzept von Joseph Pilates eine besondere Rolle und wird fließend in die Übungen integriert. Durch bewussten Einsatz der sogenannten Flanken- oder Seitenatmung (siehe Seite 40) wird die Stabilität des Rumpfes unterstützt, ohne dabei zu verkrampfen und den Blutfluss zu hemmen.

Ziel ist, in einer Ruhesituation etwa 15 Mal pro Minute zu atmen. Eine kontrollierte Atmung unterstützt den präzisen Bewegungsablauf und baut eine Brücke zwischen Körper und Geist, die bewusst genutzt werden kann.

Entspannung als Voraussetzung

Ein Pilates-Trainingsprogramm beginnt immer mit einer Phase der Entspannung, um hemmenden Stress und seelischen Ballast abzuwerfen. Im Kapitel „Körperschule“ (siehe Seite 35ff.) finden Sie entsprechende Anleitungen, wie Sie Ihr persönliches Trainingsprogramm am besten beginnen.

Modernes Pilates-Training

Dieses Kapitel zeigt Ihnen, warum Pilates-Übungen gut für Ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden sind, wie Sie Ihr Training aufbauen können und wie oft Sie trainieren sollten.


Pilates – eine Trainingsmethode

Aus heutiger Sicht

Wir haben Ihnen im letzten Kapitel die wichtigsten Prinzipien des Pilates-Trainings vorgestellt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden die meisten dieser Prinzipien von Joseph Pilates selbst entwickelt. Es lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, welche Teile erst später hinzukamen. Jedenfalls waren es immer Veränderungen auf der Grundlage neuester Erkenntnisse über die Funktionsweise unseres Körpers, die dazu beigetragen haben, die Pilates-Methode stets dem neuesten Stand der Wissenschaft anzugleichen.

Eine Methode ständig den neuesten Erkenntnissen anzupassen, ist aus medizinischer Sicht grundsätzlich sinnvoll und notwendig. Vergleicht man jedoch die unterschiedlichen Pilates-Trainingsprogramme auf dem Markt, findet man zum Teil Änderungen, die wohl eher von Marketingspezialisten entwickelt wurden und sicher nicht auf die Vorstellungen von Joseph Pilates zurückgehen.

Erfolgreiches Training

Beim Pilates-Training steht das ausgewogene Training der Rumpfmuskulatur und vor allem der Bauchmuskulatur im Mittelpunkt. Das, wofür Mediziner und Wissenschaftler Jahrzehnte der Forschung benötigten, war für Joseph Pilates selbstverständliches Wissen. Vielleicht ist das der Hauptgrund dafür, weshalb das Pilates-Training heute so erfolgreich ist.

Wir möchten Ihnen das nötige Wissen an die Hand geben, damit Sie selbst beurteilen können, welches Programm für Sie sinnvoll ist.

Dazu haben wir versucht, folgende Fragen zu beantworten: Welche Prinzipien sind heute noch so aktuell wie zu Zeiten von Joseph Pilates? Welche Grundsätze haben sich als überholt oder gar als falsch herausgestellt?

Körperliches und geistiges Wohlbefinden

Dass körperliches Training zum körperlichen und geistigen Wohlbefinden beiträgt, wussten schon die alten Griechen. Heute bestätigt uns die Wissenschaft die große Bedeutung regelmäßiger Bewegung. In der Praxis erschöpft sich dieses Wissen bei vielen Menschen aber in dem Versuch, ab und zu den Körper sportlich zu fordern.

Joseph Pilates erkannte bereits zu seiner Zeit das, was viele Sporttreibende selbst heute noch unterschätzen: Nur ein methodisches und regelmäßiges Training garantiert den Erfolg!

Der große Verdienst von Joseph Pilates war es, eine Methode zu entwickeln, mit deren Hilfe Sie zu mehr körperlichem und geistigem Wohlbefinden gelangen können. Er hat ein System aus Übungen entwickelt, die aufeinander aufbauen, in ihrem Schwierigkeitsgrad zunehmen und Ihnen zeigen, welche Muskeln Sie ganz persönlich trainieren müssen, um ein körperliches Gleichgewicht zu erreichen. Pilates beschreibt dabei ganz genau, wie die einzelnen Übungen auszuführen sind und welches Ziel jede einzelne Übung verfolgt.

Der Rumpf im Mittelpunkt

Nie war das Thema Wirbelsäule so aktuell wie heute. 80 Prozent der Bevölkerung der westlichen Industrienationen sind in ihrem Leben irgendwann von Rückenschmerzen betroffen. Die Kosten für die Behandlung sind kaum zu beziffern. Es ist vor allem der schlechte Trainingszustand der Rumpfmuskulatur, der vielen Menschen Probleme bereitet. Was Joseph Pilates schon vor 80 Jahren wusste, gilt auch heute: Sehr oft ist eine zu schwache Bauchmuskulatur verantwortlich für Rückenbeschwerden! Ihr wird deshalb viel Aufmerksamkeit gewidmet.

Sanfte Übungen

An dieser Stelle seien ein paar kritische Anmerkungen erlaubt: Vielfach wird behauptet, das Pilates-Training sei eine besonders sanfte Trainingsmethode. Ob diese Behauptung von Joseph Pilates selbst stammt oder später von cleveren Werbestrategen in die Welt gesetzt wurde, lässt sich heute nicht mehr sagen. Aus unserer Sicht sollten die Anleitungen für Pilates-Training sehr genau betrachtet werden. Denn neben vielen sehr guten und empfehlenswerten Übungen gibt es auch solche, die weder hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades noch bezüglich der Belastung für die Wirbelsäule als sanft bezeichnet werden können. Auch in klassischen Pilates-Lehrbüchern gibt es einige Übungen, die Anfänger völlig überfordern und die viel zu anspruchsvoll sind. Betrachtet man die Geschichte des Pilates-Trainings, ist dies eigentlich nicht verwunderlich. Joseph Pilates trainierte viel mit Tänzern, für die diese Übungen aufgrund ihrer körperlichen Konstitution einfach waren. Er konnte nicht ahnen, dass sich innerhalb weniger Jahrzehnte die Leistungsfähigkeit der Durchschnittsbevölkerung dramatisch verschlechtern würde. Die einzelnen Übungen in diesem Buch sind dieser veränderten Situation angepasst worden.

 

Wie Sie richtig trainieren

Eine zeitgemäße Trainingsform

Sie kennen nun die wichtigsten Grundprinzipien, die Joseph Pilates entwickelt hat, und wissen, wie das Pilates-Training aus heutiger Sicht zu bewerten ist. Das moderne Pilates-Training vereint die traditionellen Pilates-Prinzipien mit den neuesten Erkenntnissen. Sie sollten die Vorteile aus beiden Bereichen nutzen. Im Folgenden erfahren Sie, wie Sie am besten in Ihr modernes Pilates-Training einsteigen.

Richtige Übungsausführung

Joseph Pilates legte bei seinem Übungsprogramm sehr viel Wert auf eine kontrollierte Bewegungsausführung. Die Wichtigkeit dieser Forderung kann aus heutiger Sicht nur unterstrichen werden. Zwar ist es erfreulich, dass immer mehr Menschen sportlich aktiv werden und zum Beispiel ein Fitnessstudio besuchen. Wie dort trainiert wird, ist in manchen Fällen jedoch eher gesundheitsschädlich. Möglichst viel Gewicht wird mit vielen Wiederholungen bewegt, es wird jedoch kein Gedanke an eine saubere Bewegungsausführung verschwendet. Dabei bestätigt die moderne Sportwissenschaft den Ansatz von Pilates: In den ersten Trainingseinheiten muss vor allem die richtige Bewegungsausführung erlernt werden. Trainingsaspekte wie Gewicht, Wiederholungszahl oder Pausenlänge spielen zunächst keine Rolle.


Viele Studios bieten neben Ausdauer- und Muskeltraining auch Pilates an.

Auf die Übung konzentrieren

Konzentration ist eine Grundvoraussetzung für den Trainingserfolg. Trotzdem wird sie häufig vernachlässigt. In der Trainingspraxis sehen wir häufig Menschen, die während des Trainings ein Buch lesen. Sträflicher kann man das Prinzip der Konzentration nicht verletzen.

Sportwissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Ablenkung den Trainingseffekt mindert. Vor allem Anfänger versuchen, sich während des Trainings mit etwas anderem zu beschäftigen.

Könner sind mit ihren Gedanken ganz bei der Bewegung. Dabei ist es egal, um welchen Sport es sich handelt.

Also: Wenn Sie Ihre Übungen ernst nehmen, verzichten Sie beim Trainieren auf Ablenkungen durch Bücher, Zeitschriften, Musik oder Fernsehen.

Ideale Ergänzung

Fast jede Sportart birgt die Gefahr von Fehlbelastungen. Sei es beim Skifahren, Tennis oder Laufen – die meisten Freizeitsportler werden irgendwann von Beschwerden geplagt. Pilates ist die ideale Ergänzung für fast alle Sportarten, weil die Übungen unseren gesamten Bewegungsapparat im Gleichgewicht halten oder ins Gleichgewicht bringen können.

Gleichmäßig atmen

Die Kontrolle der Atmung wird ebenfalls häufig vernachlässigt. Es ist sehr wichtig, dass Sie während der Ausführung Ihrer Übungen ruhig und gleichmäßig weiteratmen.

Wenn Sie bei einer Kräftigungsübung den Atem anhalten, steigt Ihr Blutdruck stark an: Je anstrengender die Übung ist, desto höher wird der Blutdruck. Dem Gesunden macht das nichts aus. Wer jedoch Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System hat, für den wird es gefährlich.

Achten Sie daher bei jeder Übung darauf, nicht den Atem anzuhalten (Pressatmung). Können Sie das nicht, ist die Übung für Sie zu schwierig. Wählen Sie also den Schwierigkeitsgrad einer Übung immer so, dass Sie niemals in die Gefahr der Pressatmung kommen.

Ohne Schwung

Es gibt beim Pilates-Training praktisch keine Übungen, die mit Schwung durchgeführt werden. Schwunghafte Bewegungen bedeuten, dass die Muskulatur wenig, der passive Bewegungsapparat (Sehnen, Bänder, Knochen, Knorpel) hoch belastet wird.

Eine gute Übung zeichnet sich aber dadurch aus, dass die Muskulatur hoch und der passive Bewegungsapparat wenig belastet wird. Daher gilt: Absolvieren Sie jede Bewegung langsam und kontrolliert. Schwunghafte Bewegungen sollten Sie vermeiden. Werden die Übungen mit Schwung ausgeführt, gilt dasselbe wie für die Atmung: Meist ist der Schwung ein Ausdruck dafür, dass die Übung für Sie (noch) zu schwierig ist.

Zu Beginn gedrosselte Intensität

Gerade für Anfänger ist es wichtig, zunächst die korrekte Bewegungsausführung zu erlernen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die Übung zu intensiv ist. Bei den ab Seite 49 vorgestellten Übungen haben wir deswegen die traditionellen Pilates-Übungen für Anfänger einfacher gemacht! Nur so ist gewährleistet, dass Sie sich nicht überfordern. Wir empfehlen Ihnen, nach der grundlegenden Körperschule (siehe Seite 35ff.) mit den Anfängerübungen zu beginnen. Wenn Sie die Bewegungsausführung exakt beherrschen, können Sie – je nach Leistungsfähigkeit – relativ schnell zu den Übungen für Fortgeschrittene (ab Seite 71) übergehen.

Wie viele Wiederholungen?

Joseph Pilates legte keinen Wert auf viele Wiederholungen. Stattdessen stellte er die saubere, kontrollierte Bewegungsausführung in den Vordergrund.

Heute wissen wir allerdings, dass unser Gehirn etwa 2.000 Wiederholungen braucht, um eine neue Bewegung zu lernen. Daher gibt es keinen Widerspruch zwischen einer hohen Wiederholungszahl bei einer Übung und der korrekten Bewegungsausführung. Eine leichte Übung können Sie öfter wiederholen als eine schwierige. Gerade für Anfänger ist dieser Punkt entscheidend. Bei unseren Übungsprogrammen haben wir die Anzahl der Wiederholungen vorgegeben. Es ist aber nicht schlimm, wenn Sie zu Beginn nicht alle schaffen.

Die richtige Reihenfolge

Pilates reihte seine Übungen in einer Art Choreografie aneinander. Viele Übungen gehen fast nahtlos ineinander über. Dieses Prinzip wird auch beim modernen Pilates-Training beibehalten. Entscheidend dabei ist allerdings, dass Sie die einzelnen Übungen nicht zufällig hintereinander absolvieren, sondern in der in den folgenden Übungsprogrammen vorgegebenen Reihenfolge. Nur dann haben die Übungen auch den gewünschten Trainingseffekt. So garantiert zum Beispiel das Prinzip des Wechsels zwischen Belastung und Erholung den Trainingseffekt. Der Übergang zwischen den einzelnen Übungen kann nahtlos, ohne Pause, erfolgen. Ist Ihnen eine Übung in einem Programm noch zu schwer, absolvieren Sie das Programm nur bis zu dieser Übung. Lassen Sie sie nicht einfach weg und machen mit der nächsten Übung weiter – das würde den Aufbau des Programms stören.

Nehmen Sie immer erst die nächste Übung zu Ihrem Programm dazu, wenn Sie die vorhergehende wirklich problemlos beherrschen. Kommen Sie gar nicht weiter, arbeiten Sie an Ihrer Beweglichkeit (Dehnprogramm) und an den Grundtechniken der Körperschule, dann klappt es bestimmt bald!


Pilates ist die optimale Ergänzung zu jedem Ausdauersport.

Wichtige Tipps für Ihr Training

Vor dem Training

► Sollten Sie irgendwelche Beschwerden körperlicher Art haben (Rückenschmerzen, Gelenkprobleme, Herz-Kreislauf-Störungen usw.), sprechen Sie vor Trainingsbeginn unbedingt mit Ihrem Arzt oder Krankengymnasten.

► Trainieren Sie in bequemer, nicht einengender Kleidung. Schuhe sind nicht unbedingt notwendig.

► Eine rutschfeste Gymnastikmatte erleichtert die Ausführung der Übungen. Sie können aber auch eine Decke unterlegen.

► Legen Sie ein kleines, festes Kissen oder ein zusammengefaltetes Handtuch zum Unterlegen für den Kopfbereich.

► Ihr Trainingsraum sollte gut belüftet, aber nicht zu kalt sein.

► Machen Sie Ihre Übungen an einem ruhigen Ort, wo Sie möglichst wenig in Ihrer Konzentration gestört werden.

Die Übungsphase

► Wärmen Sie sich fünf Minuten auf (Laufen auf der Stelle, Seilspringen, Tanzen o. Ä.).

► Beginnen Sie Ihr Training mit einer Phase der Konzentration und Entspannung (siehe Körperschule, Seite 35ff.). Richten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf das folgende Übungsprogramm. Hören Sie keine Musik im Übungsraum.

► Achten Sie auf eine exakte Übungsausführung. Gleichmäßige und langsame Bewegungen erhöhen den Trainingseffekt und schonen die Gelenke.

► Halten Sie während der Übungen ständig die Muskelspannung in Ihrem „Powerhouse“ aufrecht. Nur so erzielen Sie den gewünschten Effekt.

► Atmen Sie beim Üben ruhig und gleichmäßig (Seitenatmung, siehe Seite 40). Pressatmung oder auch Luftanhalten hemmt die Blutzirkulation und ist ein Zeichen für Überforderung.

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