Ritter und Rosen auf Rhodos

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Ritter und Rosen auf Rhodos
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Barbara Nguyen Van

Ritter und Rosen auf Rhodos

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorbemerkungen

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Impressum neobooks

Vorbemerkungen

Die Geschichte des Ordens der Ritter des heiligen Johannes ist so, wie in diesem Roman beschrieben, hinreichend belegt.

Alle Agierenden des Ordens oder Personen, die mit der Geschichte des Ordens verwoben sind und hier auftreten, sind ebenfalls historische Persönlichkeiten.

Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: Weder gab es explizit einen Komtur Wennengut, noch gab es den Medicus. Jedoch stehen die Rollen, die diese Personen einnehmen, im Einklang mit der Struktur des Ordens.

Zwei Freiheiten habe ich mir erlaubt: Es ist nicht belegt, dass Großmeister de Villaret einen Beinbruch erlitt, noch, dass je ein Anschlag auf ihn verübt wurde.

Ritter Hans und sein Ordensbruder Wilhelm entspringen komplett meiner Fantasie, ebenso wie alle weiteren Protagonisten in diesem Roman.

Ritter und Rosen

auf Rhodos

Kapitel 1

Unser neuer Metalldetektor schlug heftig aus.

Mein bester Freund Flori und ich befanden uns im Urlaub auf der Insel Rhodos. Dieses Ziel hatte er für uns ausgesucht. Er begeisterte sich seit einem Bericht im Spiegel, den er zufällig gelesen hatte, für die Johanniterritter des Mittelalters auf Rhodos. So hatte er auch im Vorfeld unseres Besuchs den Vermieter des wunderschönen Ferienhauses in der Altstadt gebeten, uns einen Metalldetektor zu besorgen. Dieses Gerät war vielleicht schwer durch die griechischen Zollkontrollen zu transportieren.

Es war ein sonniger Tag Anfang Januar. Wir gingen unserem Hobby als Schatzsucher nach. Wir betätigten uns auch als Freizeitarchäologen und fanden, dass für diese Interessen der ruhige Winter auf Rhodos besser geeignet war als die touristische Saison. Dann besuchen hunderttausende Menschen aus aller Herren Länder die Insel. Sie waren für unser Hobby nur hinderlich. Unsere Frauen Leah und Laura hatten einen Wellness Urlaub auf Mallorca gebucht, da sie sich mit unserem Vorhaben nur gelangweilt hätten.

Für heute hatten wir uns das Gebiet des Berges Filerimos in der Nähe des Flughafens von Rhodos ausgesucht. Die kurvenreiche Auffahrt zum Gipfel mit seiner alten Niederlassung der Johanniterritter bot atemberaubende Blicke auf die Ägäis und das Festland der Türkei, das sich an diesem klaren Morgen mit seinen schneebedeckten Gipfeln der Bergketten gestochen scharf präsentierte.

Zielstrebig hatte Flori sich ein Gebiet gesucht, in dem wir uns mit unserem Metalldetektor ins Abenteuer stürzen wollten.

„Mensch, Theo!“, rief er aufgeregt aus. „Da ist was! Hör mal, wie heftig der Detektor piepst.“

„Ja, ja. Wahrscheinlich ist das wieder mal eine vergammelte Blechbüchse oder sowas.“

Florian Elber ließ sich aber nicht beirren und fing eifrig an zu buddeln. Nach kurzer Zeit stieß er auf einen Gegenstand, der gar nicht nach einer vergammelten Konservendose aussah. So grub er mit erneuerter Anstrengung weiter.

Schließlich kam eine Metalltruhe zum Vorschein, die den Eindruck erweckte, als wäre sie schon ziemlich alt. Außerdem entdeckte Flori noch ein verrostetes Schwert, welches neben der Kiste vergraben war.

Das Schwert war zu beschädigt, um es im ganzen zu bergen, also ließen wir es an Ort und Stelle. Die Kiste jedoch war in erstaunlich gutem Zustand, wenn auch mit einer gräulich schwarzen Oxidationsschicht überzogen.

Verstohlen schauten wir uns um. Kein Mensch war weit und breit zu sehen.

„Flori, denkst du das gleiche wie ich?“

Er grinste breit und erwiderte: „Klar doch, mein Freund!“

Also verstauten wir die Kiste in unserer Tasche, buddelten das Loch schnell wieder zu und machten, dass wir davon kamen. Es war uns bewusst, dass unsere Aktivitäten von jetzt ab nicht mehr ganz legal waren. Eigentlich müssten wir unseren Fund direkt dem archäologischen Institut auf Rhodos melden. Aber dann würden wir wahrscheinlich nichts über den Inhalt der kleinen Truhe erfahren- und dazu waren wir viel zu neugierig. Nicht, dass wir etwas behalten wollten, worauf wir keinen Anspruch hatten, aber wir wollten doch wenigstens sehen, was wir da gefunden hatten. Danach würden wir es dann abgeben. Wir würden wahrscheinlich von den griechischen Behörden eins auf den Deckel bekommen, aber das war uns in dem Moment herzlich egal, so gepackt waren wir von unserem Fund.

 

In unserem behaglichen Ferienhäuschen in der Altstadt von Rhodos angekommen, hoben wir die Kiste aus der Tasche. Florian, der ein recht guter Fotograf ist, machte von jedem unserer nun folgenden Schritte Aufnahmen, um unser Vorgehen zu dokumentieren.

Wir reinigten die Truhe zunächst mit neutraler Seife.

Kein Zweifel, der Behälter war sehr alt. Er schien aus Silber gefertigt zu sein, besaß prachtvolle Verzierungen und war unverschlossen, wenn auch offensichtlich mit einer Art Wachs rundum versiegelt, so dass keine Feuchtigkeit eindringen konnte.

Florian und ich schauten uns erwartungsvoll an. Hatten wir tatsächlich einen wertvollen Fund gemacht?

Zögernd ergriff Florian die Schließe und ich nickte ihm ermunternd zu, voller Vorfreude auf die zu erwartenden Schätze.

Langsam und behutsam schnitt er die Wachsschicht rund um den Rand der Truhe mit einem scharfen Messer auf, etwas ruckelnd öffnete er den Deckel.

Unsere Blicke fielen auf einen Gegenstand, der mit Leinwand umwickelt war. Vorsichtig versuchte ich, die Leinwand zu öffnen, ohne den Gegenstand aus der Truhe zu bergen, damit ich nichts unnötig beschädigte. Als wir erkannten, um was es sich handelte, stand Flori die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.

Keine Münzen, kein Schmuck, nichts dergleichen. Es war ein Manuskript.

Die Beschriftung des Schriftstückes war schon ziemlich vergilbt, aber noch gut zu entziffern. Eine Jahreszahl war zu erkennen, 1326, und, wir glaubten unseren Augen nicht zu trauen, in einer Sprache, die ich als Mittelhochdeutsch identifizierte, die folgenden Worte:

Ritter und Rosen auf Rhodos

Etwas ratlos und unschlüssig schauten wir uns an. Das Manuskript schien zwar alt, aber recht gut erhalten zu sein. Als Hobbyarchäologe hatte ich mich mit alten Texten schon häufig beschäftigt und deshalb konnte ich, wenn auch mit etwas Mühe, die Worte lesen.

„Florian, gib mir ein Messer, bitte.“ Vorsichtig versuchte ich mit Hilfe des Messers, durch die Seiten des Textes zu blättern, und auch hier erlebten wir wieder eine Überraschung. Das Pergament war noch sehr fest und sah nicht so aus, als würde es bei Berührung zerbröseln. So bargen wir das Manuskript vorsichtig aus der Truhe. Dabei fiel eine getrocknete Blüte heraus, die wir als Hibiskus identifizieren konnten und die wir sorgfältig aufbewahrten.

Wir vergewisserten uns, dass der Text gelesen werden konnte, ohne ihn zu beschädigen. Deshalb beschlossen wir, es uns gemütlich zu machen, damit ich den Text in einem Deutsch vorlesen konnte, das auch Florian verstand.

Kapitel 2

Wir schreiben das Jahr des Herren 1326. Ich bin Hans von Rittingau und lebe als Einsiedler auf dem Berge Filerimos auf Rhodos seit mehr als acht Jahren. Ich muss für mich niederschreiben, was ich erlebt habe, um mit meiner Schuld besser leben zu lernen. Ich möchte auch, dass meine geliebte Irini nicht in Vergessenheit gerät.

Mein Bericht wird Geheimnisse von Freunden enthalten. Sollten diese zu ihren Lebzeiten ans Tageslicht kommen, müssten sie mit schwerer Strafe, wenn nicht sogar mit dem Tod rechnen. Deshalb werde ich dieses Schriftstück vergraben. Ich vertraue darauf, dass irgendwann jemand diesen Text finden wird. So wird auch Irini in das Bewusstsein der Menschen wiederkehren.

Ich besitze ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Wenn ich die Augen schließe, höre ich Gespräche wie mit einem inneren Ohr. Ich kann sie auch nach langer Zeit wortwörtlich wiedergeben. Diese Fähigkeit will ich in meiner Niederschrift verwenden.

Ich wurde im Jahre 1288 als zweiter Sohn des Grafen Wilfred von Rittingau und seiner Frau Elfrida geboren. Ich hatte vier Geschwister, Thomas, der älter war als ich, sowie die jüngeren Schwestern Sieglinde, Margarete und Hildegunde.

Schnell begriff ich, dass Thomas als der ältere einmal den gräflichen Titel erben würde und ich mich weitestgehend um mein eigenes Geschick kümmern musste. Mit Schwung und Wissbegier widmete ich mich daher schon seit frühester Jugend den unterschiedlichsten Unternehmungen.

Zunächst wich ich meiner geliebten Frau Mutter kaum von der Seite. Sie war eine herzensgute Dame und in der Heilkunde sehr bewandert. Sie fand es zwar seltsam, dass ein Knabe sich für dieses Wissensgebiet interessierte, aber ich liebte den intensiven Duft der Kräuter, ihre erstaunlichen Formen des Wuchses, ihre Ernte, ihre unterschiedlichsten Konservierungsarten und das Wissen um ihre Anwendungen.

Meine Frau Mutter fand sich irgendwann damit ab, dass ich sie ständig begleitete. Mit den Jahren saugte ich ihr Können und Wissen wie eine durstige Pflanze auf und konnte ihr bald sachkundig zur Hand gehen.

Meinen Herrn Vater sah ich in ganz jungen Jahren wenig. Er war stets mit irgendwelchen Unternehmungen beschäftigt, die unsere Grafschaft betrafen. Das interessierte mich damals kaum. Er wiederum widmete sich mehr Thomas, der ihm einmal als Erbe und erfolgreicher Stammhalter nachfolgen sollte.

Erst als ich alt genug war, um mich mit der Waffenkunde vertraut zu machen, nahm er mehr Notiz von mir. Wenn ich ihn auch nicht beerben würde, so legte er doch großen Wert darauf, mich standesgemäß zu erziehen.

Fortan gehörten Waffenkunde, Schwertausbildung, Reiten mit der Lanze, Bogenkampf, die griechische und lateinische Sprache sowie Rechnen zu meinem Lehrplan. Mein Herr Vater pflegte mir zu predigen:

„Hans, als mein Zweitgeborener wirst du einmal Priester oder Soldat werden. Lerne und übe also gut, was ich dir bieten kann, damit du einmal ein würdiges, erfolgreiches Leben führen kannst. Höre stets auf deine Lehrmeister!“

Unerbittlich überwachte er meine Fortschritte und zeterte bisweilen fürchterlich über meine Neigung zur Heilkunde, wenn er meinte, dass mich dieses Interesse nur von meiner eigentlichen Ausbildung ablenkte. Aber ich ließ mich von seinen Tiraden nicht beirren.

Meinen Geschwistern schenkte ich wenig Beachtung, denn ich hatte genug mit mir selbst zu tun. Keines von ihnen teilte meine Interessen, außer der kleinen Hildegunde. Sie schloss sich irgendwann meiner Mutter und mir an, da sie ebenfalls großes Interesse an der Heilkunde an den Tag legte.

Hildegunde sah oft zu mir auf und sagte bisweilen: „ Hans, du hast so schöne, blonde, lockige Haare, und deine blauen Augen scheinen direkt in mich herein sehen zu können. Und du hast so schöne, breite Schultern, da macht es Spaß, sich in sie hinein zu kuscheln. Und so groß bist du auch.“

Das mochte ich als Jüngling jedoch nicht so gerne hören und dennoch, Hildegunde schmeichelte meiner Vorstellung von mir selbst. So kam es, dass ich Hildegunde mehr Aufmerksamkeit als meinen anderen Geschwistern widmete.

Dafür sollte ich eines Tages noch sehr dankbar sein.

Sieglinde und Margarete wurden schon früh durch meine Eltern in vorteilhafte Beziehungen versprochen. Diese beiden Schwestern schien das gar nicht zu stören, im Gegenteil, sie interessierten sich nur für eitlen Tand. Sie strebten nach Geld. Das konnte nur von einem wohlhabenden Ehegatten kommen. Mein Herr Vater unterstütze das noch, meine Frau Mutter jedoch versuchte, ihren Töchtern so weit als möglich die Augen zu öffnen; was es für sie bedeuten würde, einem Ehegatten ausgeliefert zu sein, ohne für sich selbst sorgen zu können.

All diese Zwistigkeiten liefen jedoch an mir vorbei, denn ich hatte mich um mich selbst zu kümmern.

Je älter ich wurde, desto mehr Gedanken machte ich mir um meine Zukunft. Mein Glaube an Gott war fest, aber das Amt des Priesters auszuüben konnte ich mir nicht vorstellen. Ich mochte das Predigen nicht, ich liebte die freie Natur. Was sollte ich also auf einer Kanzel, oder noch schlimmer, in irgendwelchen muffigen Schreibstuben ausrichten?

Auch die Aussicht auf ein unstetes Soldatenleben behagte mir nicht besonders. Ich kämpfte zwar bisweilen gerne- und auch gut, aber ich wollte nicht, dass mein Leben darin bestehen sollte, meist unschuldige Menschen zu töten, nur weil gerade wieder Krieg war. Ich wollte auch nicht mein eigenes Leben als Söldner eines fremden Heeres auf das Spiel setzen und mein Leben nur zu riskieren, weil es keine andere Möglichkeit gab, meinen Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten.

Für die dritte Möglichkeit, den Beruf des Medicus zu ergreifen, konnte ich meinen Herrn Vater nicht begeistern. Er lehnte das rundheraus ab, da sich diese Laufbahn einem Sprössling aus gräflichem Hause keinesfalls gezieme. Das war seine unumstößliche Meinung.

So gab ich mir Mühe, von meiner Frau Mutter so viel als möglich über die Heilkunde zu erlernen, ohne dabei meine anderen Studien zu vernachlässigen.

Doch der Gedanke an meine Zukunft ließ mir keine Ruhe. Oft wälzte ich mich des Nachts schlaflos umher, besorgt über meinen Werdegang, ohne jedoch zu einem fassbaren Ergebnis zu kommen.

Die Lösung für mein Dilemma kam für mich im Jahre 1304 in Gestalt des Komturs Ritter Wennengut, der ein Mitglied des Ordens der Brüder des heiligen Johannes war, und zu dessen Ballei unsere Grafschaft gehörte. Einmal im Jahr bekamen wir Besuch von ihm oder seinem Stellvertreter, und Vater und er zogen sich zurück, um geschäftliche Angelegenheiten zu regeln.

Ritter Wennengut war in seinem schwarzen Umhang mit weißem, gleicharmigen, an den Enden zweispitzigen Kreuz, unter dem er auf Reisen stets ein Ringpanzerhemd trug, eine beindruckende Gestalt. Ebenso wie seine Begleiter, die teils schwarz, teils braun gewandet waren. Sonst aber waren sie genauso ausgestattet wie der Ritter selbst und trugen umgegürtet ihre Schwerter.

Diesesmal gestaltete sich der Besuch des Komturs etwas anders als die vorangegangenen.

Aufmerksam beobachtete der Komtur mich bei meinen täglichen Kampfesübungen, um sich anschließend lange mit meinem Vater zu beratschlagen.

Nach dem Mahl am Abend nahm er mich beiseite und das folgende Gespräch beeindruckte mich wie bis dahin kein anderes.

„Hans, dein Vater hat mir viel und Gutes über dich berichtet. Deshalb will ich dir einen Vorschlag machen.

Aber zunächst möchte ich dir etwas mitteilen. Wir Ritter des Ordens des heiligen Johannes leben nach folgendem Motto:

,Der Johanniter lässt sich rufen, wo die Not des Nächsten auf seine tätige Liebe, und der Unglaube der Angefochtenen auf das Zeugnis seines Glaubens wartet.‘

Nun, was hältst du davon?“

Verwirrt schaute ich ihn an. „Herr Ritter, das scheint mir ein edles Motto zu sein, wenn ich es auch nicht ganz verstehe.“

Verstohlen lächelnd erwiderte er: „Nun, Hans, der erste Teil bedeutet, dass wir uns der Krankenpflege und der Armenpflege widmen, und der zweite, dass wir Pilger auf ihrem Weg nach Jerusalem und zurück vor den Muselmanen beschützen, notfalls auch mit Hilfe des Schwertes. Wäre das etwas für dich?“

Das klang mir zu gut, um wahr zu sein. Krankenpflege? Gegen die Mamlucken, Sarazenen und andere Muselmanen zu kämpfen? Meine Glaubensangehörigen auf dem Weg ins Heilige Land mit dem Schwerte gegen die Heiden zu verteidigen? Konnte es sein, dass ich endlich meine Bestimmung gefunden hatte? Es klang wie der süße Gesang der Lerche in meinen Ohren, und so antwortete ich ihm mit voller Überzeugung.

„Herr Ritter, es wäre mir eine Ehre, für diese Ziele zu leben und zu kämpfen. Aber wie soll ich das wohl anstellen?“

„Es ist alles schon mit deinem Vater besprochen. Er hat mit deiner gründlichen Ausbildung gut vorgesorgt, du bist ein guter Schwertkämpfer und Bogenschütze, sprichst recht fließend Griechisch und Latein, kannst Lesen, Schreiben, Rechnen, hast jetzt schon profunde Kenntnisse in der Heilkunde und bist mit deinem Pferd wie verwachsen.

Außerdem bist du adeliger Abstammung. Wenn du einwilligst, nehme ich dich morgen früh mit, damit du die Zeit nutzt, bis du alt genug bist, als Ritter in unserem Orden aufgenommen zu werden. Du wirst bei uns deine Ausbildung noch vervollkommnen.“

 

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Das war eine Aufgabe, die ich mir selbst in meinen kühnsten Träumen nicht besser hätte vorstellen und wünschen können. Ich zappelte fast vor Aufregung.

„Mit Freuden werde ich sie begleiten, Herr Ritter.“

„Du wirst verschiedene Gelübde ablegen müssen, wenn du ein Ritter unseres Ordens werden möchtest.“

Und Ritter Wennengut erklärte mir, was es damit auf sich hatte. Als Ritter dieses Ordens musste man schwören, keusch zu leben, gehorsam und demütig zu sein und sich nicht an dem Orden zu bereichern.

Schließlich erkundigte er sich:

„Hans, kannst du dir nun vorstellen, als treuer Ritter des Ordens der Brüder des heiligen Johannes zu dienen?“

„Jawohl, mein Herr Ritter, nichts könnte mir besser gefallen, als ein Mitglied des Ordens zu werden. Ich danke euch sehr für diese Möglichkeit und verspreche euch, mein Bestes zu geben, um euer Interesse an mir zu rechtfertigen.“

„Schön. Dein Herr Vater wird dein Reisegepäck vorbereiten lassen. Morgen in aller Frühe werden wir aufbrechen. Gute Nacht, mein Freund.“

Wie von Bier benebelt ging ich zum letzten Mal in meinem Leben in Rittingau zu Bett. Ich sollte also ein Ordensritter sein. Einer, der sich der Krankenpflege und dem Kampfe für Gott und Christus widmen dürfte. Das war mehr, als ich mir je erhofft hatte. Wie wenig bedeutete es im Vergleich dazu, dass ich am Ende meiner Lehrzeit die Ordensgelübde abzuleisten hatte.

Ich konnte damals noch nicht ahnen, dass ich jedes einzelne dieser Gelübde brechen, zum Rächer und fast zum Mörder werden sollte, dass der Bruch dieser Gelübde mich zu meinem jetzigen Dasein als Einsiedler auf dem Berge Filerimos auf Rhodos führen würde.

Am folgenden Morgen nahm ich frohgemut, aber auch ein wenig wehmütig Abschied von meiner Familie. Ich dankte meinen Eltern für ihre Fürsorge, umarmte meine Geschwister, wünschte Thomas Glück und ermahnte Hildegunde, die Heilkunde weiterhin ernst zu nehmen. Dann ritt ich, winkend, aber ohne mich noch einmal umzublicken, mit den neuen Weggefährten davon. Das kleine Medizinkästchen, welches mir meine Frau Mutter noch zugesteckt hatte, war sicher an meinem Sattel befestigt.

Mein Dasein als Angehöriger des Ordens der Brüder des heiligen Johannes hatte begonnen.