Teppichboden - der textile Tausendsassa

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3.1.2 Schaft-Ruten-Webverfahren


Der Webvorgang kann sowohl manuell als auch maschinell betrieben werden. Weben ist der Vorgang, bei dem eine Verkreuzung von mindestens zwei Fadensystemen im Winkel von 90° stattfindet. Diese sind die in Längsrichtung verlaufende Kette und der in Querrichtung verlaufende Schuss.

Die Kettfäden werden in drei verschiedene Gruppen unterteilt:

1 Die Grund- bzw. Füllkette hat zwar auch die Aufgabe, wie aus dem Namen zu ersehen ist, das Gewebe fülliger und voluminöser zu machen, und wird so zur Gewebestabilisierung eingesetzt. Ihre Hauptaufgabe besteht allerdings darin, die Polnoppen im Verbund zu halten.

2 Erst die in ihrer Position wechselnde Bindekette ermöglicht die Herstellung eines Flächenproduktes. Sie wird vom Schuss über bzw. unter der Grundkette abgebunden und somit fixiert.

3 Die Polkette bildet die Nutzschicht bzw. Oberfläche des textilen Fußbodenbelags.


Kettbäume der Pol- und Grundkette, hinter der sich der Kettbaum der Bindekette befindet.

Für die Herstellung eines im Schaft-Ruten-Verfahren gewebten Teppichbodens benötigt man Polkette, Bindekette, Grundkette und Schussfäden in Form von Ober- und Unterschuss. Die Ketten werden auf sogenannte Kettbäume gebäumt (aufgewickelt). Diese sind in Maschinenbreite hinter bzw. unter dem Webstuhl horizontal montiert.

Weil die einzelnen Garne nicht miteinander verknotet, sondern lediglich überkreuzt, also verbunden werden, ist eine flexible Garneinstellung notwendig. Sie wird durch Metallrahmen (Schäfte) erreicht, die vertikal bewegt werden können. An ihnen wiederum hängen dünne Litzen, in deren Mitte sich Ösen (Fadenauge) befinden, durch die jeweils nur ein Faden geführt wird (Polkette, Bindekette, Grundkette). Durch diese Führung können die Fäden jeder Fadengruppe gehoben und gesenkt werden. Weil auch die den Pol bildenden Fäden mithilfe des Schaftes nur in der Gesamtheit gehoben und gesenkt werden können, ist in diesem Verfahren nur die Fertigung einfarbiger, in Kettrichtung (also längs) gestreifter oder klein gemusteter Ware möglich.

Aus den Litzen kommend, läuft das Garn durch ein kammähnliches Webblatt (das Riet), bestehend aus senkrecht angeordneten Flachstahlstäben. Der Abstand der Stäbe zueinander ist entscheidend für die Dichte der Kettfäden im Gewebe (Rieteinstellung). Zwischen zwei Rietstäben (Kettkurs) laufen zwei Bindekettfäden, zwei Grundkettfäden und mindestens ein Polkettfaden (auf 200 cm Warenbreite je Fadenart > 600 Stück) aneinander vorbei.

Beim Webvorgang wird durch Heben und Senken der Schäfte das Pol- und Bindefach gebildet. Hierbei muss das Polgarn so weit angehoben werden, dass eine Rute maschinell von der Seite unter die Polfäden eingeschoben werden kann. Bei der Rute handelt es sich um einen Stahlstab, dessen Höhe und Dicke für die spätere Noppengröße verantwortlich ist. Das Riet schiebt die auf den Füll- und Bindekettfäden liegende Rute nach vorne, die Polfäden werden gesenkt und legen sich so über die Stahlrute. Dadurch wird diese in das Gewebe eingeschlossen. Mihilfe des Bandgreifers (ehemals Schütze) werden in das Bindefach die Schussfäden eingetragen.


Rutenspiel. Das Fach ist geöffnet. Eine Rute ist eingeführt. Der Schussfaden liegt vor dem Riet, das zum Anschlagen bereit ist.

Sobald ein Rutenspiel, etwa 20 bis 30 Ruten, fest eingewebt ist, wird die zuerst eingetragene Rute herausgezogen und über die Rutenweiche wieder in das Webfach eingeschoben, sodass während des Produktionsvorganges ständig mit der gleichen Rutenanzahl gearbeitet wird. Dabei wird eine Schlingenoberfläche hergestellt. Besitzen die Ruten am Kopfende auswechselbare Messer, werden durch das Herausziehen der eingewebten Ruten die Schlingen aufgeschnitten, und es entsteht ein Velours.

3.1.3 Jacquard-Ruten-Webverfahren


Im Schaft-Ruten-Webverfahren können die den Pol bildenden Fäden nur in der Gesamtheit gehoben und gesenkt werden. Mit dieser Technik können demnach maximal klein gemusterte Beläge gewebt werden. Zur Herstellung einer groß gemusterten Qualität muss jeder Faden einzeln und unabhängig voneinander für die Musterbildung gesteuert werden. Im Jahr 1805 setzte der Franzose Joseph-Marie Jacquard seine Erfindung der Lochkartensteuerung erstmalig in seinem maschinell angetriebenen Webstuhl ein. Nun war es möglich, zur Herstellung einer gemusterten Ware jeden Faden einzeln und unabhängig voneinander für die Musterbildung zu heben und zu senken.

Heute ist es möglich, Muster mithilfe eines Computers zu entwerfen. Diese können dann auf einem Bildschirm dargestellt oder ausgedruckt werden. Ferner wird heutzutage eine moderne Jacquard-Maschine durch Computer elektronisch gesteuert.

Wenigstens zwei verschiedenfarbige Polgarne müssen zur Herstellung einer farbig gemusterten Ware eingesetzt werden. Da der Garnverbrauch zur Musterbildung unterschiedlich groß ist, kann die Zuführung der Garne nicht vom Kettbaum erfolgen, sondern jeder Faden kommt von einer Spule aus den sogenannten Kantergestellen (Spulengatter), die hinter dem Webstuhl stehen. Durch ein U-förmiges Gewicht wird jeder einzelne Faden gleichmäßig straff gespannt.


Kantergestell. Das Polgarn wird von Spulen abgezogen.

Jeder Faden wird über Führungsstäbe durch die Öse einer Litze (Fadenauge) zum Webstuhl geführt. Die Litzen sind nicht in einem Schaft befestigt, der es nur erlauben würde, die Fäden in der Gesamtheit zu heben und zu senken, sondern jede Litze hängt an einer sog. Harnischschnur, die wiederum mit den Platinen und Steuerungsnadeln in der Jacquard-Maschine verbunden ist. So kann jeder Faden einzeln und unabhängig voneinander gesteuert werden. Die Anzahl der Litzen richtet sich nach der Anzahl der Fäden, mit denen auf einem Jacquard-Webstuhl gearbeitet werden kann.

Während z. B. zur Herstellung einer 200 cm breiten einfarbigen Schaft-Ruten-Ware 600 Polkettfäden Verwendung finden, werden folgende Fäden für eine 200 cm breite Jacquard-Ware benötigt:

2-chorig: 1.200 Polkettfäden

3-chorig: 1.800 Polkettfäden

4-chorig: 2.400 Polkettfäden

5-chorig: 3.600 Polkettfäden


Mehr als 3.600 Fäden bewegen sich in Richtung Webmaschine.

Gesteuert durch elektrische Impulse arbeitet die Jacquard-Maschine so, dass sie für jede Noppenreihe die zur Musterbildung benötigten Fäden hochhebt. Dabei werden die im Augenblick nicht benötigten Fäden so gesteuert, dass sie als „Tote Chore“ im Grundgewebe unsichtbar mitgeführt werden.

Von den in einem Kettkurs liegenden Polfäden wird also immer nur ein Faden zur Musterbildung gehoben. Die Polnutzschicht ist also immer „einchorig“, sie besteht jedoch aus den Polkettfäden verschiedener Chore. Die Zahl der Chore von 2 bis 5 ist aber erforderlich, um die in der Jacquard-Ruten-Technik höchstmögliche Anzahl von Farben zur Musterbildung zum Einsatz zu bringen.

Es ist nun nicht grundsätzlich so, dass in einer 2-chorigen Ware nur zwei Farben, in einer 3-chorigen drei Farben, in einer 4-chorigen vier Farben verarbeitet werden könnten. Durch „abgestreifte“ Chore (aufgesteckte andersfarbige Spulen) können auch über die Zahl der Chore hinaus weitere Farben verwendet werden.

Zur Feststellung, „wie viel chorig“ eine Ware ist, muss die Zahl der sich wiederholenden, unterschiedlich gefärbten Garne in einem Kettkurs (Polfäden zwischen zwei Bindekettfäden) gezählt werden. Diese Zählung ist an mehreren Stellen auf die Breite verteilt durchzuführen, da je nach Art des Dessins die volle Chorzahl nicht in jedem Kettkurs sichtbar sein kann.

Wie bereits beschrieben, werden die für jede Noppenreihe zur Musterbildung benötigten Polfäden hochgehoben. Sie fallen in ihre Ausgangsposition zurück, weil am unteren Ende jeder Litze ein Eisengewicht angehängt ist, welches die Aufgabe hat, die Litze und damit den durch die Litze gesteuerten Faden nach unten zu ziehen. Der weitere Webvorgang entspricht dem des Schaft-Ruten-Webverfahrens.

Im Jacquard-Verfahren gemusterte Velours-Ware wird auch Tournay-Ware oder Wilton-Ware genannt, weil diese Art der Herstellung zuerst in der belgischen Stadt Tournay und in der englischen Stadt Wilton erfolgte.

Im Jacquard-Verfahren gemusterte, mindestens 2-chorig gewebte Bouclé-Ware wird Brüssel genannt.


Beim Herausziehen der Schnittrute wird aus einem Bouclé ein Velours.

 

3.1.4 Gripper-Axminster-Webverfahren

Stellvertretend auch für Chenille-Axminster, Royal- bzw. Spool-Axminster, Turkey-Chenille-Axminster.

Unter der Axminster-Webtechnik, benannt nach der gleichnamigen englischen Stadt und erstmals 1880 angewendet, fasst man mehrere Herstellungsverfahren zusammen, obwohl diese sich technisch beträchtlich unterscheiden.

Eines der verschiedenen Axminster-Verfahren ist die Gripper- bzw. Greifer-Technik. Sie ist eindeutig die verbreitetste. Das Flormaterial wird ausschließlich zur Herstellung des Pols verwendet. „Tote Chore“ gibt es bei dieser Webtechnik nicht. Die Farbenanzahl bei dieser Technik beträgt maximal 16 Farben pro Kettkurs.

Aus der Jacquard-gesteuerten Fadenzuführung des Webstuhls, die senkrecht angeordnet ist, zieht jeder der vielen auf einer Achse montierten Greifer – die in ihrer Form einem Vogelkopf ähneln – von den 16 möglichen jeweils ein kurzes Polfadenstück einer Farbe heraus. Ein über die Webmaschinenbreite laufendes Messer schneidet die Fäden kurz vor den Fadenführern auf die gewünschte Länge ab.

Nun schwenken die Greifer um etwa 160° nach hinten weg und legen die Polfadenstücke an den zuletzt gefertigten Doppelschuss, und zwar so, dass etwa die Mitte des Fadenstücks in der Höhe des schon gewebten Grundgewebes steht. Dort bleiben sie, bis der nächste Doppelschuss angelegt ist, um dann die Polfäden durch eine Aufwärtsbewegung nach vorn um diesen zu legen. Danach lösen sie sich und schwenken in die Ausgangsstellung zurück. Auf der gesamten Breite des Teppich-bodens ist für jeden Florfaden ein Greifer angeordnet (bis zu 27 Greifer auf 10 cm).

3.1.5 Nachbehandlung

Wenn der Teppichboden die Webmaschine verlässt, ist er keineswegs ein verkaufsfähiges Produkt, sondern befindet sich in einem Rohzustand.

Folgende Arbeitsgänge sind noch notwendig, damit er als fertiges Erzeugnis in den Handel kommen kann:

In der Rohwarenkontrolle werden Länge und Breite der Ware gemessen und der Warenausfall beurteilt. Das Ausbessern eventueller Fehler, sowohl im Rücken als auch an der Florseite, sind die nächsten Arbeitsgänge.

Bei Velours-Teppichböden erfolgt anschließend das Scheren. Dieser Arbeitsgang gibt dem Teppichboden eine absolut gleichmäßige Florhöhe. Die Ware wird in einem Winkel von 90° unter mehrere hintereinander angeordnete Scherzylindern geführt. Diese bestehen jeweils aus einer sich sehr schnell drehenden Walze, auf der spiralförmig Schneidemesser angebracht sind. Zusätzlich sind Bürsten angeordnet, die sowohl die Rückseite als auch die Vorderseite in Längs- und Querrichtung bearbeiten.

Im Anschluss daran werden alle Webqualitäten rückseits mit einer Latexappretur ausgerüstet, um sie in sich zu stabilisieren und somit für die weitere Verarbeitung durch den Verleger vor Ort gut handhabbar und weitgehend schnittfest zu machen.

3.2 Wirken

Stellvertretend auch für Ara-Loop-Verfahren, Malimo-Verfahren, Malipol-Verfahren, Raschel-Verfahren.

Wirken ist eine Herstellungsart, die dem manuellen Stricken oder Häkeln ähnelt. Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Wirkwaren entwickelt.

Zum einen gibt es das Raschel- und das Kettstuhlverfahren. Bei diesen Techniken werden in einem Arbeitsgang mindestens drei Garne miteinander zu einem Teppichboden verstrickt. Sowohl Pol als auch Träger bestehen aus ein und demselben Material.

Zum anderen existieren daneben weitere Nähwirktechniken. Bei den Malipol-, Malimo- und Ara-Loop-Verfahren handelt es sich um Techniken, bei deren Einsatz zur Bildung des Pols mindestens zwei Materialien (Platine und Unterlage) miteinander verbunden werden.

Die Wirktechniken haben sich in Westeuropa nicht durchgesetzt. Im Gegensatz dazu sind die Verfahren in Osteuropa sehr weit verbreitet. Insofern werden derartige Produkte sehr preisgünstig auch in unseren Regionen vermarktet.

3.3 Klebepoltechnik

Die verschiedenen Verfahren zur Herstellung von geklebten textilen Flächengebilden unterscheiden sich im Wesentlichen nur in der Art und Weise, wie das Polmaterial mit dem Grundmaterial (Träger) verbunden wird.

3.3.1 Elektrostatisches Beflocken

Beim Beflocken wird auf ein Trägermaterial (Gewebe, Vlies, Filz, Folie) zunächst Klebstoff aufgetragen. Nun werden elektrostatisch aufgeladene Kurzfasern (≤ 10 mm) durch eine unter der Belagsunterseite befindliche, anderspolige Platte in den Klebstoff geschossen (Spannung 20.000 – 50.000 Volt).

Überschüssige, nicht im Klebstoff verankerte Fasern werden anschließend elektro-statisch entfernt und mit Vakuum abgesaugt. Das Ergebnis nach dem Trockungsprozess ist ein veloursartiger textiler Belag von hoher Dichte. Allerdings sind Muster ausschließlich durch Bedrucken zu erzielen. Trotz ihrer grundsätzlichen Objekteignung haben elektrostatisch beflockte Böden bisher wegen ihres sehr geringen Komfortwertes auf dem deutschen Markt keine große Bedeutung erlangt.

3.3.2 Ondulé-Verfahren

Stellvertretend auch für Bartuft-Verfahren, Bonded-Verfahren, Brandon-Verfahren, Bigelow-Sandfort-Verfahren, Couquet-Verfahren und Giroud-Verfahren.

Dieses Verfahren wurde von dem Schweizer Paul Reinhard erfunden. Hierbei wird das Polmaterial als Vlies oder Garn von einer Presswalze in eine Ondulierwalze gepresst und so zu Schlingen geformt. Höhe und Abstand der Lamellen auf der Ondulierwalze bestimmen die Polhöhe und Dichte der Ware. Da die Ondulierwalze beheizt ist, findet bereits auf ihr ein Fixieren der Schlingen statt.

Den in die Lamellenzwischenräume eingedrückten Schlingen wird nun ein mit einer pastösen Substanz (z. B. PVC) beschichtetes Grundmaterial (z. B. Jutegewebe) zugeführt und mit diesen zusammengeklebt. Die durch die Einbindungspaste festgehaltenen Schlingen werden noch eine halbe Walzenumdrehung zwischen Ondulierwalze und endlosem Band geführt. Dabei lösen sich die Schlingen aus den Lamellen der Ondulierwalze. Anschließend wird die Ware kantengerade geschnitten und durch einen Trockenkanal geführt, in dem die Verbindung zwischen Einbindungspaste und Flor gefestigt wird. Die Produktionsgeschwindigkeit liegt bei etwa 2 lfdm/​min.

3.4 Tuftingverfahren
3.4.1 Geschichtliche Entwicklung

Der Begriff „Tufting“ kommt aus dem Englischen (to tuft = mit Büscheln verzieren) und entspricht genau dem Ursprung einer solchen Arbeitsweise. Die alte mittelalterliche Handwerkskunst des bestickten Teppichs, bei dem symmetrische Muster mittels Nadeln und farbigen Wollfäden in ein Grundgewebe eingestickt wurden, hatten Auswanderer von Europa nach Pennsylvania (USA) gebracht.

In Dalton, im Norden Georgias, wurden um das Jahr 1900 Bettüberdecken mit der Bezeichnung Candlewick's in Handarbeit nach dem Tuftingverfahren hergestellt. Die Mechanisierung dieses Arbeitsprozesses wurde zunächst mit einer Einnadelmaschine vorgenommen. Um das Jahr 1920 baute man eine Nähmaschine so um, dass 100 Nadeln gleichzeitig nebeneinander arbeiten konnten.

Im Jahre 1943 wurde den US-Amerikanern Joe Cobble und George Muse das US-Patent Nr. 2335478 erteilt für die Erfindung einer Vielnadel-Nähmaschine mit 127 cm Arbeitsbreite, die Polgarn in ein Grundgewebe einsticken konnte. Damit war der Anfang der modernen Tufting-Teppichbodenindustrie gemacht, die 1955 erstmalig in der Bundesrepublik eingesetzt wurde.

3.4.2 Tuftvorgang

Während bei der Herstellung gewebter Textilbeläge das Gesamtgewebe einschließlich Grundgewebe in einem Arbeitsgang auf dem Webstuhl entsteht, werden beim Tufting-Verfahren Florfäden in ein bereits fertiges Grundmaterial (Jute- oder Synthese-Gewebe bzw. Spinnfaser-Vliese) eingenadelt.


Seitenansicht einer Tuftingmaschine.

Das Grundmaterial entspricht in seiner Breitenabmessung der des Teppichbodens. Es wird durch eine Abzugwalze der Tuftingmaschine zugeführt, die in ihrem Prinzip einer Nähmaschine gleicht. Dabei läuft es unter den Nadeln hindurch. Die Abzugsgeschwindigkeit bestimmt die Dichte der Polnoppen in Tuftrichtung (Stichdichte) und wird durch ein Getriebe reguliert. Die Polfäden sind aufgebäumt und werden entweder von Kettbäumen abgezogen oder kommen von Spulen (cones), die im Spulengatter (creel) aufgesteckt sind.

Jeder Polfaden wird durch ein eigenes Röhrchen (Garnkanal) der Tuftingmaschine zugeführt. Beim Einrichten des Spulengatters wird der Polfaden mithilfe einer Druckluftpistole von der Spule durch das Röhrchen zur Maschine geblasen. Über ein Walzensystem, das die Fäden unter Spannung halten soll, gelangen diese nun zu den Nadeln und werden dort eingefädelt.

Je nach Teilung und Produktionsbreite stehen zwischen 210 bis 4.900 Nadeln für die Herstellung zur Verfügung. Zur besseren Handhabung und schnelleren Einricht- und Austauschzeit sind Nadelgruppen, deren Größe durch die Teilung bestimmt wird, teilweise in Nadelmodulen zusammengefasst. Um diese Module gleichzeitig bewegen zu können, sind sie an einem Nadelbarren befestigt, mit dem die Produktionsbreite bestimmt wird. Je nach Maschinen- und Warentyp führt dieser in einer Minute 300 bis 1.500 Arbeitstakte aus. So können pro Stunde ungefähr 120 bis 300 m2 hergestellt werden. Damit ist der Warenausstoß beim Tufting-Verfahren bis zu sechs Mal größer als beim Web-Verfahren.


Garn führende Tuftingnadeln unmittelbar vor dem Einstich.

Die Stichdichte gibt, anders als die Teilungsdichte, die Nadeleinstiche auf die Produktionslänge eines Tuftingbelages an. Aus der Teilung und der Stichdichte kann die Noppenzahl errechnet werden. Die Einstellung zur Stichzahl erfolgt über die Veränderung der Durchlaufgeschwindigkeit des Trägermaterials bei gleich bleibender Nadeleinstich-Geschwindigkeit. Je höher die Geschwindigkeit des Trägermaterials, desto geringer wird die Stichdichte, und umgekehrt.

Zur Herstellung von Schlingenflor (Bouclé) durchstechen die Nadeln, durch deren Ösen die Polfäden geführt werden, beim Niedergehen das Grundmaterial. Unterhalb dieses Grundmaterials halten Greifer (hakenähnliche Gebilde), die mit der Produktionsrichtung angeordnet sind, die Polfäden in einer bestimmten Höhe fest und bestimmen damit gleichzeitig die Polhöhe. Die Nadeln gleiten wieder nach oben.

3.4.3 Teilung


Zur Bildung der nächsten Schlinge wird das Trägermaterial um ein kleines Stück vorgeschoben, und der Vorgang wiederholt sich. Da das zugeführte Polgarn unter einer gewissen Spannung stehen muss, wird jede gebildete Schlinge von den Greifern so lange festgehalten, bis die Nadeln die Garne zur Bildung der nächsten Schlingen eingestochen haben.

Zur Herstellung von Schnittflor (Velours) stechen die Nadeln mit den Polfäden genauso durch das Grundmaterial wie zur Herstellung von Schlingenflor. Nur sind hier die Greifer, die jetzt gegen die Laufrichtung angeordnet sind, so ausgebildet, dass sie mit einem von unten aufwärts bewegten Messer eine scherenförmige Bewegung ausführen, wodurch die Schlingen sofort aufgeschnitten werden.

Bei rohweiß gefertigter Ware folgt im Anschluss der Färbe- oder Druckvorgang.

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