geSUCHT und NICHT GEFUNDEN

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geSUCHT und NICHT GEFUNDEN
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Anton Weiß

geSUCHT und NICHT GEFUNDEN

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Sehnsucht des Menschen

Die Bedeutung des Siegens

Ziele werden hinausgeschoben

Die ersehnte Erfüllung bleibt aus

- auch in der Liebe

Sehnsucht nach Anerkennung

Sehnsucht nach Befreiung

Warten auf das große Glück

Sehnsucht nach Bedeutung

Die Illusion des Ichs

Das unendliche Verlangen

Suche auf dem spirituellen Weg

Illusionen

Die Suche nach Lust

Exzessives Lustverlangen

Gier und Sucht

Jede Sucht ist eine Flucht

Schwachheit

Der Tyrann „Ich“

Ein Volk von Süchtigen

Nicht man selbst sein wollen

Hektik und Stress

Flucht vor sich selbst

Flucht vor der Realität

Jagd nach Erfüllung

Der Mensch als Getriebener

Die Wendung ins Geistige

Einswerden mit sich selbst

Wir haben kein Problem, wir sind eines

Folgen der Verzweiflung

Unzufriedenheit

Die Unmöglichkeit der Erfüllung

Der grundlegende Irrtum

Die Notwendigkeit der Erschütterung

Worum es geht

Verzicht ist not-wendend

Die Spaltung

Literatur

Impressum neobooks

Die Sehnsucht des Menschen
Sehnendes Verlangen

Natürlich hängt „Sucht“ sprachgeschichtlich nicht mit „suchen“ zusammen, sondern mit „siech“, einem alten Wort für krank. Sucht wurde also sehr früh schon als krankhaftes Verhalten verstanden. Dennoch steckt in jeder Sucht die Suche nach etwas, was der Mensch im Leben braucht und glaubt, auf diese Weise finden zu können oder sich mit der Sucht davon ablenkt, dass er das nicht findet, was er sucht. Der Mensch ist auf der Suche. Jeder sucht im Leben nach dem, was sein Leben erfüllt, was ihn glücklich macht. In dem Wort „Sehn-sucht“ kommt dieses Suchen am besten zum Ausdruck, und diese Art von Sucht, die in dem Wort Sehnsucht steckt, durchzieht das Leben des Menschen.

Wir sehnen uns nach einem erfüllten Leben. Worin das die Menschen sehen, ist sehr unterschiedlich: Die einen glauben, in einer Frau/einem Mann und Kindern das zu finden, was sie suchen, andere in Freundschaften oder durch die Mitgliedschaft in einem Verein, wo man sich mit Gleichgesinnten trifft, wieder andere darin, möglichst viel an Konsumgütern zu haben. Manche glauben, in einem möglichst umfassenden Wissen Erfüllung zu finden oder in Erfolg im Beruf, im künstlerischen Schaffen oder im sportlichen Erfolg und andere im Streben nach persönlicher Vollendung.

Dass ein Mensch nicht zufrieden ist mit dem Leben, das er führt, dass er immer auf der Suche ist, scheint mir ein entscheidender Unterschied zum Tier zu sein. Ein Tier ist mit dem Leben, in dem es sich befindet, zufrieden. Es verwirklicht sich in dem Maße, in dem es sich in seinen Gegebenheiten vorfindet: Ein Löwe jagt, eine Kuh grast, ein Vogel fliegt durch die Lüfte und ein Fisch schwimmt im Wasser - und sie scheinen in der Erfüllung ihrer Gegebenheiten ein befriedigendes Leben zu führen. Anders der Mensch: Er ist nicht zufrieden mit dem Zustand, in dem er sich vorfindet: Er will den Luftraum erobern, er will die Hintergründe der Welt wissen, er strebt danach, mehr zu werden, als er ist – mehr zu haben, mehr zu sein und auch mehr zu scheinen. Er ist nicht zufrieden mit den Gegebenheiten, in denen er sich vorfindet. Es scheint ein Wesensmerkmal des Menschen zu sein, nicht zufrieden zu sein. Er strebt nach etwas, was er gar nicht benennen kann. Alles Streben nach mehr Wissen, mehr Haben, mehr Sein scheint nur Ausdruck eines Verlangens zu sein, von dem der Mensch letztlich nicht weiß, wonach ihn verlangt.

Denn wenn er erreicht hat, was er erstrebt hat, dann ist er nicht, wie man meinen möchte, zufrieden, sondern kaum ist das Ziel erreicht, drängt es ihn schon wieder nach neuen Zielen, die es zu erreichen gilt.

Das sieht man besonders schön in allen sportlichen Ereignissen: Alles Streben z. B. einer Fußballmannschaft in der Bundesliga ist auf das Erreichen des Endspiels ausgerichtet. Wie viel Mühe und Plage wird aufgewendet, um bis zu diesem Punkt zu kommen. Das ganze Leben eines Fußballspielers dreht sich nur darum, dieses Ziel zu erreichen; das Familienleben, die Freunde werden zurückgestellt oder in dieses Streben mit eingebunden, leiden mit oder stehen dem ganzen verständnislos gegenüber. In jedem Fall liegt über dem gesamten Leben eines leidenschaftlichen Fußballspielers der Schatten dieses unbedingten Siegenwollens. Ist dann wirklich das Endspiel erreicht und der Meistertitel errungen, d. h. das so sehnlichst Erstrebte erreicht, dann ist der Betreffende der glücklichste Mensch auf der Welt. Aber nur für ganz kurze Zeit. Denn in wenigen Wochen beginnt das Spiel von vorne. Wieder arbeitet man darauf hin, in das Endspiel zu kommen und Meister oder Sieger zu werden. Jetzt geht es um das neue Ziel, das man sich steckt, das alte ist schon vergessen, und die Frage, ob es eine bleibende Erfüllung hinterlassen hat, wird gar nicht gestellt. Und das geht so Jahr für Jahr und Millionen Fans fiebern mit Jahr für Jahr, erleiden Höhen und Tiefen für etwas – den großen Sieg, auf den sich alles hinstreckt -, was nach ganz kurzer Zeit aber schon wieder verblasst, weil das ganze von vorne beginnt, mit dem gleichen Elan, um dann doch wieder rasch zu verblassen. Und niemand fragt, wofür das ganze steht, worin das eigentliche Ziel besteht.

Weder im Sportjournalismus noch bei Interviews mit einzelnen Sportlern taucht diese Überlegung auf. Gerade wenn man im Fußball das Bundesligageschehen verfolgt, müsste doch irgend jemand einmal darauf zu sprechen kommen, dass im Grunde es ein jährlicher, immer wieder kehrender Kreislauf ist, dass manchmal der Vorjahressieger seinen Sieg wiederholen kann – oder auch nicht. Dann wird eine andere Mannschaft Sieger. Die einen klettern in der Rangliste nach oben, andere fallen nach unten. Was bedeutet es, Sieger geworden zu sein? Wird das nicht völlig relativiert und verliert jeglichen Wert, wenn man sich klar macht, dass nach wenigen Wochen der Sieg bedeutungslos geworden ist, weil alles wieder von Neuem und von vorne losgeht, und erstaunlicherweise Jahr für Jahr wieder mit dem gleichen Elan und Eifer?

Im Tennis-Sport hat Roger Federer jetzt im Jahr 2009 seinen 14. Grand-Slam-Titel gewonnen. Als er den 12. gewonnen hatte, fehlte ihm immer noch der Sieg bei den French Open. Den ersehnte er sich schon seit sehr langem. Dann war das nächste Ziel, Pete Sampras zu übertreffen, was ihm nun mit dem 14. Grand-Slam-Titel gelungen ist. Damit ist er bester Tennisspieler aller Zeiten. Ist er jetzt zufrieden? Ist er jetzt so glücklich, wie er sich erhofft hat? Und wie lange hält es an? Und welches Ziel strebt er jetzt an? Sich so lange an der Spitze zu halten, wie es möglich ist? Und was ist der Sinn darin? Welcher Sportler – im Grunde jeder Mensch, der etwas erstrebt - gibt sich darüber Rechenschaft, was der Sinn seines Strebens ist? Wir nehmen das Streben einfach hin, ohne es zu hinterfragen!

 

Bei olympischen Spielen ist es ähnlich mit der Erwartung von Medaillen. Es liegen immer große Erwartungen auf den Teilnehmern, für ihr Land Medaillen zu gewinnen. Was bedeutet es für die Menschen in den einzelnen Ländern, dass ihre Sportler Medaillen gewinnen? Was haben sie davon? Für den Sportler verstehe ich es ja – obwohl seine Medaillen spätestens bei der nächsten Olympiade ihren Wert verloren haben -, aber was haben die Menschen seiner Nation davon? Werden sie dadurch größer, bedeutender? Haben sie dadurch mehr Geltung in der Welt? Wenn ja, für wie lange? Hat es drei Jahre später noch irgend eine Bedeutung, was jetzt so wichtig erscheint? Zeigt es nicht Minderwertigkeit, wenn man dadurch erhöht wird, dass Sportler der eigenen Nation Medaillen gewinnen? Und welche Enttäuschung macht sich breit, wenn die erwarteten Medaillen ausbleiben? Was verlieren die Menschen dadurch?

Die Bedeutung des Siegens

Was bedeuten eigentlich Sieg oder Niederlage? Bin ich als Mensch besser, wenn ich siege und schlechter, wenn ich verliere oder bloß Zweiter werde, oft nur mit einer Differenz zum Sieger von kaum messbarer Größe? Geht es mir darum, Bester zu sein und worin bin ich dann bester? Bester Tennisspieler aller Zeiten, bester Schwimmer aller Zeiten? Hängt mein Menschsein davon ab, ob ich gewinne oder verliere, oder bin ich als Mensch nicht genau so gut, auch wenn ich verliere? Oder will ich mein Gutsein den anderen zeigen, dass alle sehen, wie gut ich bin? Verleiht mir das eine Wichtigkeit, eine Bedeutung, die ich ohne den Gewinn nicht habe? Geht es also darum, wichtig zu sein, Bedeutung zu haben? Bin ich nicht wichtig, habe ich keine Bedeutung, wenn ich verliere? Bin ich in meinem Menschsein weniger? Und wenn ich mich minderwertig, unbedeutend fühle, verleiht mir dann der Sieg wirklich die Bedeutung, die ich selber nicht empfinde oder verschleiert er nur meine Bedeutungslosigkeit? Oder werde ich als Mensch ein anderer dadurch, dass ich mich schinde und plage, um zu siegen? Ist der Sieg nur ein äußeres Zeichen für meinen Sieg über mich selbst? Dass ich durchgehalten habe, meinen inneren Schweinehund zu überwinden, dass ich gegen meine Schwachheit gekämpft habe, die mich gern einen einfacheren Weg gehen ließe? Das würde ich für den Spieler verstehen, aber was haben dann die Fans für einen Anteil daran oder die Nation?

Erlebe ich in der Auseinandersetzung mit mir selbst das Drama des Lebens überhaupt, Höhen und Tiefen, die keinem Sportler erspart bleiben? Das ganze Hoffen und Bangen, Freuen und Traurigsein, Begeisterung und Enttäuschung, höchste Anspannung und Mitfiebern – das alles wird im Sport erlebt. In einem einzigen Torschuss ist davon schon viel enthalten: das Hoffen und Bangen, die Vorfreude und Erwartung, dass es ein Tor wird, und die Enttäuschung und Ungläubigkeit, wenn der Ball dann doch nicht im Netz landet oder die Begeisterung, wenn doch. Ist das Durchleiden dieser Höhen und Tiefen das, was die Spieler und Zuschauer fasziniert und haben die Zuschauer in einer geheimnisvollen „participation mystique“, einer unsichtbaren Verbindung daran Anteil?

Welche Faszination geht aber von Spielen aus, bei denen ich gar nicht viel zu Sieg oder Niederlage tun kann, weil es einfach von den von mir unabhängigen und nicht beeinflussbaren Gegebenheiten abhängt und nicht von meinem Willen und Können, wie z. B. beim Kartenspiel oder beim Kniffeln, einem Würfelspiel, bei dem mein Siegen allein vom Fallen der Würfel abhängt. Warum ärgert es mich hier, wenn ich verliere und bin stolz, wenn ich gewinne? Über wen ärgere ich mich und warum bin ich stolz – doch auf mich – der ich gar nichts dazu tun kann, als einen Würfelbecher zu schütteln? Und nun zeigt sich das ganz Verblüffende: Ich erlebe beim Kniffeln genau so Höhen und Tiefen, Hoffen und Bangen, Freude und Enttäuschung wie dort, wo es auf meinen Einsatz ankommt und wo ich glaube, dass ich es in der Hand habe, dass es an mir liegt, die Leistung zu vollbringen.

Mir würde viel mehr einleuchten, wenn es um etwas ganz anderes ginge. Wenn viel mehr als der Sieg das Auf und Ab, das Bangen und Hoffen, also das Drama des Weges zum Ziel das Entschei- dende wäre. Es spiegelt sich darin das Drama des Lebens überhaupt; das Leben als Wagnis, das den Einsatz des ganzen Menschen erfordert und wo er, auch wenn er diesen Einsatz leistet, dennoch verlieren kann. Und er hofft so sehr zu gewinnen. Jeder möchte Gewinner sein. Das ist im Leben sogar leichter möglich als im Sport, wo immer nur einer Gewinner sein kann. Ist vielleicht das Leben ein Spiel mit hohem Einsatz, wo man gewinnen oder verlieren kann? Das würde erklären, warum so viele Menschen der Spielleidenschaft erliegen. Das Spiel sozusagen als Übungsterrain des Lebens, ein Ort, wo eingeübt werden kann, Niederlagen zu bewältigen, den Ärger, die Wut zu zügeln und mit seinen Emotionen umzugehen. Wo man erleben kann, dass es nicht immer nach seinem eigenen Willen geht und dass Erfolg nicht immer Ergebnis und zwangsläufige Folge eigener Leistung ist.

Ziele werden hinausgeschoben

Wenn ich Schülern dieses Streben nach sportlichem Erfolg aufgezeigt und gefragt habe, was darin der Sinn ist, kam meistens die Antwort: um viel Geld zu verdienen und gut zu leben. Das glaube ich nicht. Natürlich geht es um Geld, denn man muss ja seinen Lebensunterhalt verdienen, was bei Profisportlern durch ihren Sport erfolgt. Aber das macht nicht den ungeheueren Einsatz, den unbedingten Willen verständlich, der bei vielen dahinter steht. Der Siegeswille geht ja so weit, dass viele zu unlauteren Mitteln greifen, wie Doping oder Bestechung von Schiedsrichtern. Ich kann nicht glauben, dass der wahre und einzige Grund dieses unbedingten Verlangens und Strebens nach dem Sieg dieser Sieg als solcher oder das Geld ist. Weil in vielen Sportarten heute so viel Geld zu verdienen ist, glauben viele Menschen, dass dies der Anreiz für die Sportler ist. Aber es gibt viele andere Sportarten, wo die Sportler zum Teil sogar selbst finanzielle Beiträge leisten müssen, sei es für die Ausrüstung oder Unterkunft und Verpflegung an den jeweiligen Wettkampfstätten, zu denen sie fahren. Und dennoch liegt ihnen genau so viel daran, Erster, Sieger zu werden wie in allen anderen Sportarten. Ich möchte nur Bergsteigen als Beispiel anführen. Gerade in dieser Sportart wird deutlich, dass es um mehr gehen muss als nur ums Geld, denn der Bergsteiger riskiert wie kein anderer Sportler sein Leben. Was ist es, was ihm diesen hohen Einsatz wert macht, wofür nimmt er die ungeheuere und gefahrvolle Anstrengung auf sich? Gut, man kann dann sagen, es geht darum, berühmt zu werden, als erster Mensch alle 14 Achttaussender bestiegen zu haben. Aber auch das scheint mir nicht den tiefsten Grund zu treffen. Es muss etwas im Menschen sein, was ihn vorantreibt, was ihn ein Ziel anstreben lässt, von dessen Erreichen für ihn alles abhängt, wo er überzeugt ist, dass, wenn er das erreicht hat, sein Glück vollkommen sein wird. Und das ist das Ziel jedes Menschen, und jeder sieht einen anderen Weg zu diesem Ziel. Aber darüber, worin dieses vollkommene Glück besteht, glaube ich, dass sich die wenigsten Gedanken machen bzw. dass die meisten glauben, dass sich mit Erreichen des gesteckten Zieles dieses vollkommene Glück einstellt. Und genau hier müsste man ansetzen. Jeder erlebt zwar Glück, wenn er ein gestecktes Ziel erreicht hat, aber es ist nicht dieses vollkommene Glück. Es ist nur ein Abglanz davon und verblasst nach einiger Zeit. Der Elan, mit dem das Ziel angestrebt wird, zielt auf das absolute Glück, was aber erreicht wird, ist nur ein relatives Glück. Das absolute Glück stellt sich nicht ein.

Deshalb werden die Ziele ständig hinausgeschoben: Zu Beginn einer Bergsteigerkarriere ist es das höchste Ziel, den ersten Achttausender zu bezwingen. Hat er das nach vielen Mühen erreicht, ist der Mensch glücklich. Aber schon greift er nach dem nächsten Ziel, den nächsten Achttausender zu besteigen. Ist das nicht ein deutlicher Hinweis darauf, dass er das vollkommene Glück nicht erreicht hat? Und was kommt, wenn er alle 14 Achttaussender bestiegen hat? Kommt dann die große Leere? Bei vielen Menschen kommt es tatsächlich zu dieser großen Leere, wenn alles, was ein durchschnittlicher Mensch so erstrebt wie Beruf, Familie, Auto, Haus erreicht ist. Da das so um die 40 herum der Fall ist, stellt sich bei vielen die große Krise in der Lebensmitte ein, die Midlife-Crisis. Zeigt das nicht, dass die Menschen sich viel zu wenig Gedanken darüber machen, was der eigentliche Grund ihres Strebens ist?

Um beim Bergsteigen zu bleiben: Es gibt so viele Berge, dass es immer wieder neue Ziele gibt. Gerade das Stecken von immer neuen Zielen zeigt aber, dass die vollkommene Erfüllung ausgeblieben ist.

Wenn eine Frau, die sich jahrelang damit herumgeschlagen hat, abzunehmen, nun tatsächlich es schafft, 40 kg abzunehmen, dann ist sie zwar kurz zufrieden, aber schon meldet sich der Wunsch, noch weiter abzunehmen, es wird ein neues Ziel gesteckt, und anstatt glücklich und zufrieden mit dem Erreichten zu sein, ist man erneut unzufrieden und leidet unter dem Zuviel an Gewicht, das man nun wieder durch die neu hinausgeschobene Grenze hat.

Oder ein Mensch strebt danach, finanziell abgesichert zu sein, was sich die meisten wohl wünschen und was ja durchaus vernünftig ist. Wie viel Geld einer glaubt, dazu zu brauchen, ist aber sehr verschieden. Für alle aber gilt, dass diese Grenze immer weiter hinausgeschoben wird. Hat einer das, was er ursprünglich erstrebt hat, erreicht, so steckt er sich weitere Ziele, die Ansprüche werden immer größer. Er ist nie mit dem Erreichten zufrieden. Hat er kein Auto, so sehnt er sich danach, ein kleines Auto zu haben und ist, wenn er es sich leisten kann, glücklich. Aber nach nicht allzu langer Zeit genügt ihm das kleine Auto nicht mehr, er sieht, wie andere Leute viel größere haben und möchte auch ein so großes Auto haben. So geht es mit den meisten Dingen: Hat er ein kleines Zimmer, so strebt er nach einer größeren Wohnung; hat er eine größere Wohnung, meldet sich nach einiger Zeit der Wunsch nach einem kleinen Häuschen. Und immer verspricht er sich davon, nun glücklicher zu sein als vorher.

Und ganz im hintersten Winkel seiner Seele nistet sich die Erkenntnis ein, dass das so sehr ersehnte Glück immer wieder zurückweicht. Er streckt sich danach aus, und glaubt er es in Händen zu halten, entwischt es ihm wieder. Irgendwo passiert es ganz heimlich und leise, dass man es aufgibt, diese ganz große Erfüllung zu erreichen, es tritt eine stille Verzweiflung ein.

Und kaum einer hält inne und überprüft sein Verhalten, vergleicht seine ursprüngliche Absicht mit dem neuen Streben, kaum einer fragt sich, worin der Sinn dieses Strebens liegt, sei es im Sport oder im Erwerb von Besitz.

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