Das Tagebuch der Mademoiselle S.

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Aus der Reihe: Cupitora #35
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Ich erfuhr genau, wie die Natur beide Geschlechter gestaltet, wie die Vereinigung geschieht, durch welche kostbaren Säfte der Zweck der Natur – die Fortpflanzung des Menschengeschlechts – und der Zweck der meisten Menschen – das höchste irdische Vergnügen – erreicht wird; – warum die menschlichen Einrichtungen alle diese Dinge mit einem sorgfältig bewachten Geheimnisse umgeben; – wie bei der Gefahr, die in der unbeschränkten Vereinigung liegt, bei der Geschlechter sich wenigstens eine annähernde Befriedigung ihres natürlichen Triebes verschaffen können, und welche Folgen es hat, wenn ein Mädchen sich rücksichtslos diesem Trieb überlassen wollte. Wozu ich ihr eben noch durch meine unerfahrene Hand verholfen und was ich bei meinem Cousin belauscht, sei eine solche annähernde Befriedigung gewesen, und obgleich sie die vollen Freuden der Liebe in den Armen eines jungen und schönen Mannes in ihrer ganzen Stärke kennengelernt, so sei sie doch mit dem beschränkten Genüsse durch sich selbst zufrieden, da sie durch die Geburt eines Kindes auch die für eine Unverheiratete traurigen Folgen der ganzen Hingebung an einen Mann erkannt. Auch mich warnte sie auf das Eindringlichste davor. Mit Vorsicht und Selbstbeherrschung könne man vieler Freuden teilhaftig werden, das bewies sie mir durch die Erzählung dessen, was sie selbst erlebt und erfahren, und es war so interessant, zugleich aber auch so belehrend und maßgebend bis zu meinem dreißigsten Jahre, daß ihre Erzählungen in meinem nächsten Briefe eine ausführliche Stelle finden sollen. In vielen Dingen sagte Marguerite mir nur, was ich mir selbst schon kombiniert; in andern aber doch Neues und Überraschendes.

Das war nun alles recht schön und gut, aber es war doch immer nicht die Sache selbst. Ich brannte nun auch, selbst die Empfindungen kennenzulernen und zu teilen, von denen ich jetzt schon vier so ganz verschiedene Menschen bis zur Ohnmacht berauscht gesehen. Während Marguerite sprach, hatte ich keinen Augenblick die Hand von der Stelle fortgelassen, die bei ihr so überaus wollüstig war. Ich hatte in den krausen Haaren gespielt, so oft sie recht lebhaft schilderte, die Lefzen zärtlich gedrückt und ihr deutlich genug zu verstehen gegeben, daß zur vollständigen Belehrung mir nun auch noch die Praxis fehle. Als sie mir schilderte, was sie empfunden, als sie sich zum ersten Male dem jungen Manne hingegeben, der sie später durch fortgesetzten Umgang zur Mutter gemacht, als sie mir deutlich machen wollte, welch ein himmlisches Gefühl es sei, wenn man jenes wunderbare Glied in seiner ganzen Kraft und seinem Feuer nach und nach in sich eindringen fühle, wenn man fast in einander verschmelze, wenn endlich jener so beruhigende Balsam gleichzeitig aus dem tiefsten Innern beider Liebenden hervorsprudelt, – da fühlte ich recht gut, wie sie wieder warm dabei wurde, wie es in meiner Hand zuckte und schwoll, wie sie unwillkürlich ihre Schenkel über meiner Hand zusammendrückte. Nun dachte ich, wäre es Zeit, ihr die Erinnerung daran noch lebhafter zu vergegenwärtigen, und als sie eben sagte: »Das muß man selbst gefühlt haben, um es zu verstehen!« fuhr ich mit dem Finger so tief ich konnte in die ganz offenstehende und erwartende Spalte, worauf ein tiefer Seufzer augenblicklich ihr Sprechen unterbrach. – Einige Male rieb ich mit größter Heftigkeit die aufgequollenen und sich fast an meine Hände ansaugenden Lefzen auf und nieder, dann aber hielt ich plötzlich inne und sagte: »Wenn ich aber fortfahren soll, dann müssen Sie mir auch einen Vorgeschmack von dem verschaffen, was ich einst zu erwarten habe und was Sie so schön beschreiben!« Wie der Blitz war ihr Finger an meiner kleinen aufrührerischen Öffnung, und aus dem Feuer ihrer Küsse, die mir den Mund verstopften, merkte ich, daß ich ihr mit meinem Verlangen die größte Freude gemacht hatte. Sie zog meinen Finger aus ihrem Körper, fuhr tief mit dem ihrigen hinein, um ihn anzufeuchten und kam dann wieder zu mir, wo sie nun einzudringen versuchte. Das ging aber nicht; so weit ich auch meine Schenkel auseinanderspreizte, so sehr ich ihr auch durch Entgegendrängen zu Hilfe kam. Ganz traurig sagte sie: »Es geht nicht, mein liebes hübsches Paulinchen! Dein Schoß ist noch verschlossen! Aber ganz leer sollst du doch nicht ausgehen. Komm‘, setze dich über mich, so daß mein Mund gerade an deine wunderniedliche Liebesmuschel kommt. Ich werde versuchen, ob dir meine Zunge das ersetzen kann, was deine Jungfernschaft dir noch versagt.« Das hatte mein Vater der Mutter auch getan. Ich ließ mich also nicht lange bitten, setzte mich rittlings über sie, so daß ihr Kopf gerade zwischen meine Schenkel zu liegen kam. Kaum konnte sie mich erreichen, so fühlte ich die Spitze ihrer Zunge auch schon an der Stelle, wo mir das versuchte Eindringen ihres Fingers wehe getan hatte. Aber welch eine andere Empfindung war das gegen alles, was ich bisher versucht hatte! Mit den ersten Berührungen der schlüpfrigen, gespitzten und dadurch harten Zunge Margueritens kam ein so wonnevolles Gefühl über mich, daß ich gar nicht wußte, wie mir geschah. Wegen der Hitze hatten wir längst die Decken abgeworfen und unsere nackten Körper lagen dicht übereinander. Ich stützte mich vornübergebeugt auf die linke Hand, während die rechte anfing, ihr vorhin so plötzlich unterbrochenes Spiel tief in ihrer Muschel – so hatte sie es ja genannt – fortzusetzen. Schon die erste unvollkommene Ahnung der Wollust, die mich in reiferen Jahren erwartete, erfüllte mich mit ganz unnennbaren Gefühlen. Sie fuhr mit der Zunge auf und nieder, kitzelte oben, saugte unten, lutschte an den Lippen, schlürfte an jedem kleinen Fältchen, küßte dann feurig das Ganze, benetzte das Innere mit Speichel und war dann gleich mit der Zunge wieder an dem eigentlichen Eingange, wo sie mir einen unbeschreiblich heftigen, aber auch süßen Kitzel verursachte. Ich fühlte, daß etwas Wunderbares, nie Gekanntes in mir vorging, daß meine Säfte einer Entladung entgegendrängten, daß ich trotz meiner Jugend auch schon zu den höchsten Empfindungen berechtigt sei. Was ich empfand, wollte ich wiedergeben und der Freudenbringerin unter mir vergelten, was sie mir tat. Mit einer förmlichen Wut stieß ich erst zwei, dann drei Finger, dann die ganze, damals noch so schmale Hand tief in die feuchte Grotte, welche jedem Stoße nachgab, ja ihn verschlang. Wir gerieten beide ganz außer uns, alle Sinne waren nur auf einen Moment gedrängt und – wie selten hatte ich das später erlebt! – in demselben Augenblicke, wo ich fühlte, daß mein Inneres von einer warmen Feuchtigkeit überströmt wurde, schoß ein solcher Strahl ihres Lebenssaftes über meine Hand, daß ich alle Besinnung verlor, auf das bebende Mädchen niedersank und gar nicht wußte, was mit mir vorging.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich vorsichtig zugedeckt neben Margueriten, die mich mit rührender Zärtlichkeit liebkoste. Bis dahin nur Feuer und Sehnsucht, war ich mir plötzlich bewußt, doch wohl etwas Unrechtes getan zu haben. Eine außerordentliche Mattigkeit lag in allen meinen Gliedern, und obgleich ich fühlte, daß eine lindernde Feuchtigkeit herabfloß, empfand ich doch ein heftiges Brennen an den Teilen, die Marguerite vorhin so reizend geliebkost. Mir war zu Mute, als habe ich ein Verbrechen begangen, und ohne daß ich es wollte, fing ich bitterlich zu weinen an. Marguerite mochte wohl wissen, daß in solchen Fällen nicht viel mit einem jungen, unerfahrenen Dinge anzufangen sei, sagte kein Wort, drückte mein Gesicht auf ihren Busen, ließ mich ruhig ausweinen und dann einschlafen.

Durch diese für mein ganzes Leben entscheidende Nacht war mein ganzes Wesen verändert worden, so daß es meinen Eltern bei meiner Rückkehr in die Stadt auffiel und dieselben verwundert nach der Veranlassung fragten. Mein Verhältnis zu Margueriten war ebenfalls ein eigentümliches geworden. Bei Tage fremd, so daß wir uns kaum gegenseitig ansehen konnten, bei Nacht die ausgelassenste Vertraulichkeit, die lüsternsten Gespräche, die wollüstigen Liebkosungen. Ich versprach ihr eben so hoch und teuer, mich nie dazu verführen lassen zu wollen, daß ein Mann jenen gefährlichen Saft in mich ausgieße, als ich ihr erklärte, ich wolle alles genießen, was sich ohne Gefahr genießen ließe. Wenige Tage hatten hingereicht, mich zu dem zu machen, was ich noch jetzt bin und was Sie so oft an mir bewundert haben. Ich hatte gesehen, daß alle Welt um mich her sich verstellte, auch die besten, achtungswertesten Menschen, und daß sogar Marguerite, die sich doch ganz in meine Hände gegeben, mir nichts von jenem Instrumente erzählte, oder es mir zeigte, welches doch noch mehr Vergnügen machen mußte, als Zunge oder Hand, da es ja die Hauptsache, jenen Erguß, nach dem meine ganze Seele verlangte, verschaffen konnte. Teils weil ich Margueriten nicht in Verlegenheit setzen wollte, teils weil mich der Gedanke reizte, meiner Schlauheit mehr als dem guten Willen anderer zu verdanken, ließ mich meine unbezähmbare Neugier auf die Idee kommen, den Schlüssel zu dem Schranke in meine Gewalt zu bekommen, ehe ich nach der Stadt zurück mußte. Fünf Tage lang war alle meine List vergebens, dann aber gelang es mir, den Schlüssel zu erhaschen, und ich benutzte die Stunde, wo Marguerite meiner Cousine unten in Gegenwart der Mutter Unterricht geben mußte, um meine Neugierde zu befriedigen. Da hatte ich nun das seltsame Ding in der Hand, besah und befühlte es von allen Seiten, prüfte seine Elastizität; aber es war so kalt, so hart. Ich versuchte mit seiner Spitze an die Stelle zu dringen, wo ich es bei Margueriten fast ganz hatte versinken sehen. Aber vergebens. Davon hatte ich kein Vergnügen, sondern nur Schmerz zu erwarten. Warme Milch konnte ich ohne Aufsehen zu erregen in jener Stunde nicht bekommen; ich mußte mich also begnügen, das Instrument in meinen Händen zu erwärmen. Fest war ich entschlossen, mir den Eingang zu den Freuden zu eröffnen, die ich bis jetzt nur bei anderen in so überwältigender Kraft gesehen, selbst aber nur erst ahnen gelernt. Marguerite hatte mich ja so vollständig unterrichtet, daß die Eröffnung jener geheimnisvollen Bahn zu den höchsten Entzückungen auch in den Armen eines Mannes mit Schmerz verbunden wäre und daß sich bei vielen Frauen erst nach jahrelang fortgesetzter Hingabe an die Zärtlichkeit eines Mannes die volle Empfindung für diese Genüsse einzustellen pflegt. Ich wußte nicht, aber ich konnte mir denken, was ich entbehren mußte, weil ich nicht eindringen konnte, wohin ich mich sehnte und dachte, wenn doch der Schmerz nicht zu ersparen ist, so wollte ich ihn lieber jetzt als später ausstehen. So versuchte ich es denn. Während ich das Instrument noch immer in meinem Busen wärmte, bereitete ich durch die benetzten Finger mein Spältchen auf den unbescheidenen Gast vor und überzeugte mich, daß die vier Nächte, die ich mit meiner Lehrerin zugebracht, schon eine wesentliche Veränderung bewirkt. Ich konnte mit dem kleinen Finger beinahe bis zur Hälfte hinein, fühlte aber deutlich, wie ein Muskel sich fest um den Finger schloß. Diesen mußte ich zur Nachgiebigkeit zwingen, das war mir klar. Marguerite hatte Öl angewendet, also ließ auch ich es daran nicht fehlen, setzte die Spitze genau auf die noch kaum bemerkbare Öffnung, drückte, bohrte und drehte so lange, bis daß der sonderbar geformte Kopf hinein war. Wirklich tat es mir sehr weh! Die Lippen brannten wie Feuer, aber meine Phantasie war nun nachgerade zu solcher Spannung hinaufgeschraubt, daß ich den Schmerz verbiß und niederdrückte. Endlich fühlte ich deutlich, daß etwas zerriß und daß etwas Heißes herausspritzte. Wie ich hinsah, bemerkte ich zu meinem größten Schrecken Blut und daß wirklich das Instrument wenigsten einen Finger lang in der Öffnung steckte. Aber keine Spur von einem so angenehmen Gefühl, wie Marguerite es mir verschafft. Auch das Herausziehen des bösen Gastes war schmerzlich und ich war ganz trostlos über das Erfahrene. Sorgfältig wischte ich das Blut ab, wusch mich wiederholt, fühlte aber den ganzen Tag noch das Brennen und den Schmerz einer Verwundung. Vollkommen enttäuscht schloß ich das Instrument wieder in seinem Versteck ein und war unzufrieden mit mir und Marguerite, daß sie mir nicht geholfen, daß ich etwas hinter ihrem Rücken getan.

 

Nach so vielen angenehmen Erfahrungen war dies auch wieder einmal eine angenehme. Ich fürchtete mich vor der nächsten Nacht, Margueritens Zärtlichkeit und der Entdeckung, die sie dann machen mußte. Hatte ich sie schon einmal getäuscht, so kostete mich das zweite Mal um so weniger Überwindung. Rasch war ich mit einem Vorwande bei der Hand. Nach Tische vertraute ich ihr, daß ich im Garten von einer Leiter gefallen sei, mir beim Ausgleiten des einen Beins sehr wehe getan, sogar geblutet habe. Beim zu Bette gehen untersuchte sie, und weit entfernt, die Veranlassung zu ahnen, bestätigte sie mir, daß jener unglückliche Fall mich um meine Jungfrauenschaft gebracht, bedauerte aber nicht mich, sondern meinen künftigen Mann, der dadurch um den Genuß meiner Erstlinge gebracht sei. Das war mir damals sehr gleichgültig und ist mir auch später sehr gleichgültig geblieben! Aus Schonung für mich litt Marguerite es nicht, daß ich in dieser Nacht zu ihr in das Bett kam, was mir auch sehr willkommen war. Sie legte mir Goldcreme auf, was mir so wohl tat, daß ich schon am andern Morgen nichts mehr fühlte. Für die kurze Entbehrung entschädigten mich aber die beiden letzten Nächte, die ich auf dem Gute meines Onkels zubrachte, desto vollständiger. Zum ersten Male lernte ich die ganze Gewalt der Wollust kennen, die das Eindringen eines fremden, warmen, lebendigen Körpers in das Innere eines Weibes hervorbringt. Zum ersten Male ergossen sich die Quellen des Vergnügens so erschöpfend, daß mir kein Wunsch mehr übrig blieb und die Befriedigung in einem langen, unbeschreiblich süßen Ermatten und Hinbrüten kund gab.

Und das alles schon mit 14 Jahren, bei noch nicht vollkommen reifem Körper! Ja, und was noch mehr ist, es hat mir weder an der Gesundheit geschadet, noch meinem späteren recht genußreichen Leben irgendeinen Reiz verkümmert. Dazu gehört nun allerdings ein so früh entwickelter fester Charakter, wie der meinige. An meinem Cousin hatte ich die Erschlaffung kennen und fürchten gelernt, die einem zu häufigen Selbstgenusse folgt. Mein scharfer Verstand ließ mich jedes Übermaß vermeiden. Immer berechnete ich die Folgen, die entstehen können, und nur einmal in meinem Leben hat mich die Besinnung und Überlegung verlassen. Schon früh wurde mir die Erkenntnis, daß es nach den Gesetzen, welche die menschliche Gesellschaft sich nun einmal gegeben, nur darauf ankommt, mit Vorsicht zu genießen, wenn man ohne Nachteil für sich und andere genießen will. Wer mit starrem Kopfe gegen diese notwendigen Gesetze anstürmen will, zerschellt an ihnen und erntet lange Reue für kurze Befriedigung. Das Glück führte mich allerdings bei meinen ersten Schritten in die Hände eines erfahrenen und gebildeten Mädchens. Hätte ein junger Mann in meiner Nähe gelebt, der sich um mich bemüht, so würde ich bei meinem Temperament und meiner Neugier wahrscheinlich sehr bald ein verlorenes Geschöpf gewesen sein. Daß ich es nicht wurde, verdanke ich den Umständen, unter denen ich die erste Belehrung über Dinge empfing, die sehr viel weniger reizend wären, wenn sie nicht verschleiert würden. Und doch sind sie der Mittelpunkt alles menschlichen Strebens und Seins. Das weiß ich jetzt, während ich es damals nur fühlte und mit dem Takte, den wir Frauen nun einmal vor den Männern voraushaben, ganz richtig ahnte.

Ehe ich in meinem nächsten Briefe weiter gehe, bemerke ich nur noch, daß ich wenige Wochen nach meiner Bekanntschaft mit Marguerite zum ersten Male die Zeichen eines vollständig entwickelten Körpers an mir sah.

III

Selten mögen zwei weibliche Wesen in ihrer Entwicklung, in ihren Neigungen und sogar in ihren Schicksalen sich so ähnlich gewesen sein, als Marguerite und ich! Als sie mich damals vor der unbegrenzten Hingabe an einen Mann, anders als in der Ehe, warnte, und mir eindringlich die Folgen vorstellte, die ein solches Vergessen der allerersten Lebensregel oft für das ganze Lebensglück eines Mädchens haben, dachte ich freilich nicht, daß auch für mich einst ein solcher Augenblick des Vergessens kommen würde. Ehe ich aber fortfahre, muß ich zusammenstellen, was ich sowohl in jenen ersten Nächten auf dem Gute meines Onkels, als späterhin im vertrauten Umgange mit Marguerite erfahren. Es erklärt vielleicht besser, als ich es selbst vermag, so manche Erscheinung – vielleicht Verirrung meines späteren Lebens.

In Lausanne geboren und sehr gut erzogen, verwaiste Marguerite schon im 17. Jahre. Im Besitze eines kleinen Vermögens glaubte sie sich bei mäßigen Ansprüchen gesichert, hatte aber das Unglück, in die Hände eines gewissenlosen Vormundes zu fallen, der sie nicht nur allzu sehr mit der größten Strenge behandelte, sondern sie später auch um ihr kleines Kapital brachte. – Bald nach dem Tode ihrer Eltern brachte der Vormund sie in den Dienst einer sehr reichen Baronin aus Wien, die auf einem schönen Landgute bei Morges am Genfer See lebte. – Ihr Dienst beschränkte sich fast ausschließlich auf die Toilette der Baronin, die sie mir als die eleganteste und raffinierteste schilderte. Stundenlang brachte ihre ungefähr dreißigjährige Herrin damit zu. In den ersten Tagen ihres Dienstes fühlte sich Marguerite etwas fremd behandelt; nach und nach gestaltete sich aber das Verhältnis sehr angenehm. Die Baronin fragte sie nach allen Richtungen hin aus. Ob sie schon einen Liebhaber gehabt? und als sie sich überzeugt, daß Marguerite noch ganz unschuldig sei, wurde sie viel zutraulicher und nach ungefähr vierzehn Tagen fragte sie, ob Marguerite sich auch auf die Toilette »de la Motte« verstünde? Da Marguerite recht gut verstand, was in der französischen Schweiz »la Motte« genannt wird, so sagte sie errötend: »Nein!« Nun meinte die Baronin, daß sie das notwendig in ihrem Dienst erlernen müsse, wenn sie ihre Vorgängerin ersetzen und auf die Dauer ihr Vertrauen gewinnen wolle; setzte sich auf das Kanapee, die Füße auf zwei Stuhllehnen, so daß die Schenkel ganz geöffnet waren, gab ihr einen Kamm von Schildpatt, der eben so weich als fein war, und zeigte ihr, wie sie frisiert sein wollte.

Marguerite sah hier zum ersten Male ganz unverhüllt vor sich, was sie an sich noch nicht so deutlich gesehen hatte. Mit einem seltsamen Gemisch von Gefühlen begann sie das Kämmen, anfangs ungeschickt, bald aber nach Anweisung der Baronin immer geschickter. Da die Baronin eine sehr hübsche Frau, eine Blondine und von sehr schönem Teint war, auch kurz vorher auf dem Bidet den ganzen Unterleib auf das sorgfältigste gebadet hatte, so bot diese eigentümliche Toilette »de la Motte« weder einen unangenehmen Anblick, noch war sie widrig. Marguerite beschrieb mir auf das Ausführlichste und mit einer gewissen Verliebtheit den Bau ihrer Baronin und gestand mir, daß sie anfangs zwar sehr verschämt dabei gewesen sei, bei einigen Wiederholungen sich aber schon darauf gefreut, namentlich als sie bemerkt, daß das Kämmen weniger eine Toilette, als ein Vergnügen für die Baronin sei, da sie manchmal dabei seufzte, die Schenkel und Hüften bewegte und die anfangs gewöhnlich ganz geschlossene Öffnung sich spaltete, die Lippen sich röteten und der etwas hervorstehende, wie ein Ohrläppchen geformte Teil in eine zitternde Bewegung geriet. Natürlich versuchte Marguerite, als sie auf ihrem Zimmer allein war, an sich selbst das Gesehene. Noch ganz unerfahren, fühlte sie doch, daß die Natur in diesem Fleck des weiblichen Körpers eine Quelle unerschöpflichen Vergnügens versenkt und bald mußte die Hand vollenden, was der Schildpatt-Kamm begonnen. Schlau, wie jedes Mädchen in diesen Jahren und in diesem Punkte, berechnete sie, daß wohl auch die Baronin mehr wünsche, als die bloße Einleitung, aber es nicht von ihr verlangen wolle. Sie sollte sich sehr bald überzeugen, daß wo Lust von beiden Seiten vorhanden und die Gelegenheit günstig ist, die Verständigung endlich erfolgen muß.


Und doch fand mehrere Wochen lang ein gegenseitiges Täuschen und Verheimlichen des Wunsches statt. Jede wollte, saß die andere den ersten Schritt tun sollte, jede wollte die Überredete, die Nachgebende sein. Endlich trat der Kamm seine Herrschaft an die Hand ab und kaum war die erste Probe gemacht, so warf die Baronin jede Maske der Zurückhaltung ab und zeigte sich ganz als das, was sie war, ein lüsternes, begehrliches, wollüstiges Weib, von quälenden Fesseln eingeengt, aber entschlossen, sich auf jede mögliche Art des Zwanges zu entledigen. Sie war an einen Mann verheiratet, der früh vom Leben entnervt, nur in den ersten Jahren der Ehe ihr gegenüber ein wirklicher Mann gewesen war. Aber selbst in dieser Zeit hatte er wohl Begierden erwecken, sie aber nicht befriedigen können. Wie bei vielen, vielleicht bei den meisten Frauen, hatte sich das Mitgefühl bei den Freuden der Liebe erst spät eingefunden. War es körperliche Schwäche oder Folge des früheren ausschweifenden Genusses bei ihm, kurz, er hatte gewöhnlich geendet, ehe sie noch begonnen, so daß eine verzehrende Sehnsucht bei ihr an die Stelle der natürlichen Befriedigung trat. Schon seit zwei Jahren lebte er in einer diplomatischen Stellung in Paris, und hatte seine Frau, wahrscheinlich in dem Gefühl der endlich eingetretenen vollständigen Unfähigkeit, an den Genfer See gebracht, wo sie höchst elegant und glänzend, aber sehr einsam lebte. – Marguerite bemerkte sehr wohl, daß eine Art von Haushofmeister, ein alter, verdrießlicher Mann als Aufpasser angestellt sei, der alles, was er sah und hörte, nach Paris berichten mußte. In den Familienverhältnissen der Baronin mußte es wohl liegen, daß sie mit äußerster Sorgfalt jeden männlichen Umgang vermied, so daß niemand im Hause oder in der Nachbarschaft etwas von dem ahnte, was Marguerite später von den geheimen Genüssen ihrer Herrin erfuhr. Anfangs schien es, als ließe sie sich an den Vertraulichkeiten mit ihrer Gesellschafterin vollkommen genügen. Als beide erst keine Scheu vor einander mehr hatten, fanden entweder morgens beim Aufstehen oder abends beim zu Bette gehen die ausgelassensten Szenen zwischen der Herrin und Dienerin statt, ohne daß während des Tages die erstere das geringste in ihrer Stellung gegen die letztere vergab.

Waren die Spielereien zuerst nur einseitig gewesen, so wurden sie bald gegenseitig; Marguerite mußte völlig entkleidet zu ihr in das Bett kommen und Marguerite brauchte mir nicht zu erzählen, was sie zusammen trieben, hatte ich es doch selbst an mir erfahren. Nur hatte sie dort meine Rolle gespielt. Die Baronin soll ganz unerschöpflich in neuen Erfindungen gewesen sein und wußte den Berührungen zweier weiblicher Körper immer neue Reize abzugewinnen. Marguerite schilderte mir diese Zeit als die glücklichste, sorgloseste und genußreichste ihres Lebens.

 

Allwöchentlich fuhr die Baronin nach Genf, um dort Besuche und Einkäufe zu machen usw. Jedesmal ging der Haushofmeister mit und auch Marguerite wurde, als jenes vertrauliche Verhältnis sich erst befestigt hatte, mitgenommen. – In einem der ersten Hotels hatte der Haushofmeister ein Abkommen mit dem Wirte treffen müssen, so daß die Baronin immer dieselben Zimmer bekam. Ein Schlaf- und Wohnzimmer für sie, daneben ein kleines Zimmer für Marguerite und neben diesem eines für den Haushofmeister. Aus jedem dieser Zimmer ging eine Tür auf den Korridor, die Verbindungstüren zwischen den Zimmern selbst waren verschlossen und Möbel davorgestellt. Kaum hatte Marguerite nur einige Male diese Reisen nach Genf mitgemacht, so bemerkte sie auch, daß etwas dort vorgehe, was die Baronin ihr verheimliche. Erstens fand weder abends noch morgens eine Toilette in gewohnter Art, noch irgendeine weibliche Vertraulichkeit statt; zweitens war die Baronin sonderbar ängstlich und unruhig, und drittens bemerkte sie an dem Bett und an dem Nachtkleide der Baronin deutliche Zeichen, daß sie in der Nacht nicht allein gewesen sei, nicht geschlafen haben konnte. Das Bett war in ganz ungewöhnlicher Unordnung. Stühle standen anders, als sie am Abend vorher gestanden hatten, und noch viel unzweideutigere Spuren fanden sich in der Nachtkleidung der Baronin. Mit einer Art von Eifersucht bewachte sie jeden Schritt, den die Baronin tat, jeden Brief, der ankam, jede Botschaft, die gebracht wurde, jede Visite, die empfangen wurde. Aber es war nichts zu entdecken! Und doch mehrten sich mit jeder Reise die Anzeichen, daß die Baronin in der Nacht nicht allein war. Vergebens horchte sie von ihrem Zimmer aus, ob sie etwas wahrnehmen könne. Die Baronin verschloß nicht allein die Tür des Wohnzimmers nach dem Korridor, sondern auch die Tür, welche aus dem Wohnzimmer in das Schlafzimmer führte. Ein Lauschen an der verschlossenen Tür, welche von dem Schlafzimmer auf den Korridor führte, wäre gar nicht möglich gewesen, weil fortwährend Reisende und Dienerschaft in dem Korridor verkehrten. Ebenfalls vergebens blieb Marguerite die halbe Nacht an ihrer offenen Tür stehen, um zu sehen, ob jemand vom Korridor aus in die Zimmer der Baronin träte. Diese Ungewißheit und dieses Lauschen dauerte mehrere Monate, bis endlich der Zufall eine Aufklärung brachte. – In einer Nacht entstand plötzlich Feuer, ganz in der Nähe des Hotels. Der Wirt ließ an alle Türen anpochen, um seine Gäste zu wecken und von der nahen Gefahr in Kenntnis zu setzen, und Marguerite eilte so rasch als möglich an die Tür der Baronin, pochte heftig an und wurde von der zu Tode erschrockenen Baronin eingelassen. Der Feuerschein, welcher in die Fenster schlug, hatte die Baronin so aller Fassung beraubt, daß sie am ganzen Körper zitterte und nur unzusammenhängende Worte sprechen konnte. – Mit einem Blicke übersah Marguerite das Schlafzimmer und hatte nun die langgesuchte Erklärung gefunden. Der Schrank, welcher vor der Türe stand, die in das danebenliegende Gastzimmer führte, war abgerückt, so daß jemand hatte bequem hindurch gehen können. Vor dem Bett lag auf einem Stuhl eine Weste, auf dem Nachttische eine Uhr mit Berloques, so daß kein Zweifel übrig blieb. – Die Baronin sah recht gut, daß Marguerite das alles bemerkte, war aber so erschrocken, daß sie nichts sagte. Schnell packte Marguerite alle Toilettengegenstände zusammen, um schnell fliehen zu können und bemerkte bei dieser Gelegenheit auch eine kleine, sonderbar geformte Blase, die offenbar schon gebraucht war. Als die Baronin etwas Fassung gewonnen, nahm sie gleich jenen Gegenstand aus dem Bette fort, wickelte ihn in ihr Schnupftuch und wollte also ersichtlich etwas vor ihrer Vertrauten verbergen. – Das Feuer wurde gelöscht und der Vorgang brachte vor der Hand keine Veränderung in den Verhältnissen Margueritens zur Baronin hervor. Noch ehe sie aber am andern Morgen Genf verlassen hatten, wußte Marguerite bereits von der Hoteldienerschaft, daß in dem Zimmer neben der Baronin ein junger, russischer Graf wohne. Die Zimmer lagen gerade da, wo der Korridor eine Biegung machte, so daß der Graf bei sich aus-und eingehen konnte, ohne an den Türen zu den Zimmern der Baronin bemerkt zu werden, weil er eine Treppe im Seitenflügel benutzen konnte. Jetzt war ihr alles klar. Zwischen dem russischen Grafen und ihrer Baronin bestand ein so vertrautes Verhältnis, und es kränkte sie, daß ihr das bisher verborgen geblieben war. Desto fester stand aber der Entschluß bei ihr, Mitwisserin des Geheimnisses zu werden. Auf der Rückfahrt nach Morges bemerkte sie auch, daß die Baronin an einer einsamen Stelle des Weges etwas aus ihrem Schnupftuche nahm und verstohlen aus dem Wagen warf. – Nach Morges zurückgekommen, trat das gewöhnliche Verhältnis wieder ein, obgleich die Baronin ersichtlich mit sich kämpfte, ob sie Margueriten in ihr Vertrauen ziehen solle, denn daß diese schon mehr wußte, als ihr lieb war, hatte sie sehr bald erkannt. – Es kam aber zu keinem Aussprechen zwischen den beiden Frauen. Bei der nächsten Fahrt nach Genf brachte Marguerite jede Minute, die sie frei hatte, auf dem Korridor des Hotels zu und begegnete mehrere Male dem jungen Russen, einem sehr hübschen, eleganten Mann, der sie schon beim zweiten Begegnen auf der Seitentreppe besonders freundlich ansah und beim dritten sich in ein Gespräch mit ihr einließ. Als er erfuhr daß sie die Kammerjungfer einer im Hotel wohnenden Dame sei – Marguerite hütete sich wohl, den Namen derselben zu nennen – machte er nicht viel Umstände und fragte, ob sie ihn wohl besuchen wolle? – Nur aus Neugier und ohne alle anderen Absichten – so hat sie mir wenigstens wiederholt auf das treuherzigste versichert – sagte sie nach einigen Weigerungen und kaum die Folgen bedenkend zu! Da gerade niemand auf dem Korridor war, so zog er sie auf sein Zimmer, küßte sie, befühlte ihren Busen und wußte trotz ihres Sträubens sich auch anderwärts zu überzeugen, daß er ein blühendes, wohlgebautes Mädchen in seinen Armen hielt. Während seine Hand auf das angenehmste beschäftigt war, sah sich Marguerite überall nach der Gelegenheit um, bemerkte im zweiten Zimmer die Tür, welche zum Schlafzimmer der Baronin führte, und hatte nun auch ihren Plan fertig. Der Graf wollte zwar sofort Ernst machen, stieß aber auf Widerstand und schien auch ganz zufrieden, als sie versprach, in der Nacht, wenn ihre Herrschaft schliefe, zu ihm kommen zu wollen. Das könne aber erst nach Mitternacht sein, wenn auf dem Korridor alles dunkel wäre. Er schien zu überlegen – und Marguerite freute sich nicht wenig, daß sie wußte, was er überlegte – die neue Bekanntschaft schien aber doch das Bedenken zu besiegen und sie wurden einig, daß sie nur um 1 Uhr kommen solle, er wolle dann seine Tür offen halten. Damit wäre ihr aber nicht gedient gewesen. Sie verlangte daher den Schlüssel, damit sie den rechten Augenblick abpassen könne, und erhielt ihn. Sie triumphierte nicht wenig über ihre Schlauheit und überdachte nun ihren Plan nach allen Seiten. Schon um 10 Uhr hatte die Baronin Nachttoilette gemacht, Marguerite entlassen und wieder vorsichtig hinter ihr beide Türen verschlossen. Statt aber in ihr Zimmer zu gehen, stellte sie sich auf dem Korridor an die Tür zum Schlafzimmer der Baronin und horchte aufmerksam auf alles, was darin vorging. Es dauerte denn auch nicht lange, so hörte sie die Baronin ein Liedchen trillern, was sie sonst nicht tat, dann ein leises Pochen, Abrücken eines schweren Möbels und das kaum hörbare öffnen einer Tür. Nun wußte sie, daß er bei ihr war und eilte zur Tür in die Biegung des Korridors, die zu dem Zimmer führte, in dem sie heute schon gewesen war, überzeugte sich, daß niemand sie sehen konnte, schloß so leise als möglich auf und befand sich am Ziele ihrer Wünsche. Im zweiten Zimmer sah sie einen Lichtschein auf den Boden fallen. Er kam aus der Verbindungstür, die so weit offen stand, als es der halb zurückgeschobene Schrank erlaubte. Rasch zog sie die Schuhe aus und schlich sich an die Tür, von wo sie alles mit der größten Bequemlichkeit übersehen konnte, was im Schlafzimmer der Baronin vorging. Halb lag, halb saß sie auf ihrem Bett in den Armen des Grafen, der ihren Mund mit Küssen bedeckte, während die Hand bald auf den Hüften und Schenkeln, endlich aber zwischen diesen ruhte und von der Baronin jedes Entgegenkommen und Erwidern fand. Eine so hübsche Frau die Baronin auch war, so hatten ihre Reize doch diesmal keinen Reiz für sie, dagegen war Marguerite desto gespannter auf das, was sie noch nicht kannte. Auch damit sollte es nicht lange dauern. Der Graf entkleidete sich rasch und nicht zu seinem Nachteil, denn er war ebenso schön als kräftig gebaut. Hier sah Marguerite zuerst, was wir Frauen wohl fühlen, aber nicht aussprechen sollen. Wie erstaunte sie aber, als die Baronin den stolzen Feind nach vielem Küssen und Liebkosen in ein Etwas einsperrte, das sie aus einem Etwas auf dem Nachttische nahm. Es war eine weiche, weiße, mit einem roten Bändchen verzierte Blase – jene Erfindung des berühmten französischen Arztes Condom – welche sie mit tausend Liebkosungen und Zärtlichkeiten über den Gegenstand ihrer Wünsche zog, so daß er ganz dadurch verhüllt wurde. Als sie seine Toilette gemacht und ihn von außen noch mit einem »l‘huile parfumée« gesalbt hatte, legte sie sich zurecht, der Graf bestieg das Bett, kniete zwischen ihre Schenkel, senkte seine Lanze, während die Baronin mit beiden Händen die Lippen ihres Eingangs öffnete, mit der Spitze in die rechte Bahn. Mit einem Stoße verschwand sie im Innern und beide Körper vereinigten sich auf das innigste. Marguerite sollte es aber nicht so gut haben, als ich es in jenem Alkoven gehabt; denn als der Graf sich nach dem ersten Eindringen zu bewegen begann, zog die Baronin die Couvertüre über ihn her, so daß nichts mehr zu sehen war, als die beiden Köpfe, zärtlich Mund auf Mund gedrückt, Küsse trinkend, bis die Augen sich schlössen, der Graf nach der heftigsten Bewegung tief aufseufzte und dann wie ohnmächtig auf sie niedersank. Fest umarmt lagen alle beide wohl eine Viertelstunde nebeneinander, ohne daß sie die über ihn geschlungenen Schenkel losgelassen hätte, und Marguerite gestand mir, daß sie sich nun nicht mehr halten konnte, weil sie einen außerordentlichen Reiz im Innersten ihrer noch unerfahrenen jugendlichen Reize empfand und ihn durch die Hand zu beruhigen versuchte. Ebenso gestand sie mir aber auch, daß es damit nicht habe gehen wollen und daß sie nach dem, was vor ihren Augen vorgegangen, eine andere Befriedigung herbeisehnte. – Marguerite belehrte mich nun über den Zweck und Gebrauch jener Vorsichtsmaßregel, die so viel Unglück und Schande in der Welt verhütet hat. Sie erklärte sich den Zusammenhang damals zwar nur auf eigene Hand, besonders als sie sah, daß die Baronin, nachdem beide wieder zu sich gekommen, sich aufrichtete und jene Blase, die an der Spitze mit einer Feuchtigkeit gefüllt war, zwischen den Lippen ihres weiblichen Kleinods herauszog und neben sich auf den Tisch legte. Das war also der Blitzableiter gegen die Folgen eines Genusses, der mit Recht nur in der Ehe mit ganzer Fülle und Unbeschränktheit gestattet ist und dem Mädchen, der Witwe, der Frau an der Seite eines verlebten Mannes, Schutz vor den Folgen der Liebe gewährt! – Marguerite überlegte nun, was zu tun sei. Sie hatte vor der Hand genug gesehen, um die Baronin zu einem Geständnis zu zwingen, und obgleich sie ganz in Feuer war, entsagte sie doch für diese Nacht der näheren Bekanntschaft mit dem Grafen, weil sie erst Gewißheit haben wollte, ob er auch bei ihr sich eine solche Vorsichtsmaßregel gefallen lassen würde, denn ohne dieselbe hätte sie zuviel gewagt; dann aber gestand sie mir, daß ihr der Gedanke unangenehm gewesen wäre, die Zweite sein zu müssen. Vorsichtig schlich sie in das andere Zimmer zurück, schloß diesmal aber bemerklich laut mit dem Schlüssel auf, warf diesen in das Zimmer zurück und ging dann aufgeregt und im Triumphe über das Gelingen ihrer List auf ihr Zimmer. Die Überzeugung, daß der Graf sie um 1 Uhr erwarte und vergebens harre, machte ihr unbeschreibliches Vergnügen; hatte sie ja doch nun alle Fäden in der Hand, um sich zum Mittelpunkte und vor allen Dingen zur Teilnehmerin des ganzen Verhältnisses zu machen. Da die Baronin sie nicht zur Vertrauten gemacht, so wollte sie eine kleine Rache an ihr nehmen und überlegte die ganze Nacht, wie sie das am besten und namentlich zu ihrem eigenen Vorteil erreichen könne. Sie werden über die Schlauheit erstaunen, mit welcher Marguerite ihren Plan entwarf und mit welcher Konsequenz sie ihn durchführte. Das ist auch eine Eigenschaft des weiblichen Geschlechts, von der ich an mir selbst und an anderen die wunderbarsten Beispiele erfahren! In allem, was den himmlischen Genuß betrifft oder ihn herbeiführt, steigert sich der Scharfsinn oder die Verstellungskunst des Weibes auf einen fast unglaublichen Grad. Auch die Beschränktheit wird erfinderisch und gleichviel, ob Laune, Wollust oder Liebe die Triebfeder ist – in den Mitteln, die endliche Vereinigung zu bewerkstelligen, sind Mädchen und Frauen gleich unerschöpflich! Noch ehe die Baronin aufgestanden sein konnte, klopfte sie am Morgen an die Korridortür des Grafen. Da er glauben mochte, es sei sein Diener oder ein Kellner des Hotels, so öffnete er selbst im tiefsten Negligée und war nicht wenig erstaunt, die nach Mitternacht so lange vergebens Erwartete eintreten zu sehen. Er wollte ihr Vorwürfe machen, sie zu sich auf das Bett ziehen und sofort das Versäumte nachholen, ließ aber sehr bald von seinem Stürmen ab, als sie das Blatt umkehrte und ihm Vorwürfe machte, ihm sagte, sie wäre allerdings etwas früher als verabredet gekommen, habe aber durch die offene Türe sehen müssen, was er mit der Baronin – ihrer Herrschaft gemacht. – Wenn sie dem Baron entdecke, was sie gesehen, so könne sie eine große Belohnung erwarten und die Folgen davon möge er sich selbst ausmalen. Das wolle sie aber nicht, sondern nur Teilnehmerin des Verhältnisses sein, unter der Bedingung, daß er sich bei ihr zu denselben Vorsichtsmaßregeln verstehe, die er bei der Baronin angewandt. Ebenso wenig wolle sie Heimlichkeit für die Zukunft, sondern im Gegenteil seine Wünsche bei der Baronin befördern, wenn sie Teil an ihren geheimen Vergnügungen nehmen könne. – Der Graf sah sie sprachlos vor Erstaunen über diese Erklärung an, war aber zu allem bereit, wenn sie nur schweigen wolle, da in der Tat aus der Entdeckung des Verhältnisses zur Baronin ein großes Unglück für die Familien entstehen konnte. – So teilte sie ihm den Plan mit und verlangte die Ausführung noch vor der Abreise der Baronin nach Morges, die schon nach dem Déjeuner erfolgen sollte. Entzückt über die Aussicht, die sich ihm für ein ganz besonderes Verhältnis bot, ging der Graf auf alles ein, und als Marguerite nun seiner Hand die vollste Freiheit gestattete, war er fast noch erstaunter, daß das eben so unternehmende wie listige Mädchen noch unberührt von einem Manne sei. So unerwartet ihm das alles war, so bereitwillig machte es ihn, alles zu tun, was sie haben wollte, denn eine liebenswürdigere Teilnehmerin an seinen Genüssen mit der Baronin konnte er sich nicht denken. Er wollte ihr sofort den Beweis geben, daß er entzückt von seiner neuen Bekanntschaft sei, Marguerite widerstand aber so entschieden, daß er zu nichts gelangte und seine Leidenschaft dadurch nur noch heftiger angeregt wurde. Doch hatte sie bei diesem Versuche genug gefühlt und gesehen, um sie nur noch fester in ihrem Entschlüsse zu machen, ihrer mißtrauischen Baronin den Besitz, und zwar den gefahrlosen Besitz des schönen jungen Mannes nicht allein zu gönnen. Alles, was kaum eine Stunde nachher geschah, wurde noch einmal verabredet, und nachdem sie dem Grafen alles mögliche, nur nicht das Eine und Letzte, was er verlangte, gewährt und ihn dadurch ganz in Feuer und Flammen gesetzt hatte, entfernte sie sich, ging in ihr Zimmer zurück und erwartete dort die Klingel der Baronin, welche gegen 9 Uhr aufstand, die Tür ihres Vorderzimmers aufschloß, dann klingelte und sich wieder aufs Bett legte, wie sie gewöhnlich zu tun pflegte, während Marguerite alles zur Toilette Nötige im Schlafzimmer ordnete und dann im Vorderzimmer die Sachen zur Rückreise packte, endlich aber das Déjeuner servierte. Das war alles ganz genau verabredet und im Nebenzimmer erwartete der Graf die versprochenen Zeichen, wenn sich Marguerite im Vorderzimmer befinden würde. Es erfolgte, indem Marguerite die Tür zwischen dem Schlaf- und Wohnzimmer geräuschvoll schloß. Zum größten Schrecken der Baronin öffnete sich nun plötzlich die Tür des Grafen, er schob den Schrank zurück, kam in das Schlafzimmer, stürzte auf das Bett zu und bedeckte die Baronin mit seinen Küssen. Keines Wortes mächtig zeigte sie nur zitternd auf die Tür nach dem Vorzimmer, in welchem Marguerite eben mit Geräusch die Sachen packte. Den Wink verstehend, eilte der Graf zur Tür und schob scheinbar den Riegel vor, kam dann zur Baronin zurück und beschwor sie, leise flüsternd, ihm vor ihrer Abreise noch einmal die höchste Gunst zu gestatten. Sie wäre in der letzten Nacht so hinreißend liebenswürdig gewesen, daß er sich gar nicht mehr halten könne und fürchte krank zu werden, wenn sie ihm den Genuß ihrer Reize versagte. Dabei war er so geschäftig, hatte jenes Sicherungsmittel zu ihrer Beruhigung schon übergezogen mitgebracht, daß die Baronin – vielleicht nur, um den unbesonnenen Stürmer rasch wieder los zu werden – die Schenkel öffnete und den Unbändigen in die ersehnte Bahn führte. Anfangs so leise als möglich, wurde bald der verabredete Seufzer ausgestoßen und in diesem Augenblicke trat Marguerite ins Zimmer, denn die Tür war nicht verriegelt worden. Anscheinend vor Schreck über den Anblick keines Wortes mächtig, ließ sie die Toilettengegenstände, die sie in der Hand trug, fallen und starrte auf das Bett, wo die Baronin mit hochschwebenden Schenkeln lag, während der Graf unzweifelhaft im vollsten Besitze des entscheidenden Punktes war. Sie konnte sich unmöglich so erschrocken stellen, als die Baronin es wirklich war, denn ihre Ehre, ihr Vermögen, ihre ganze Stellung in der Gesellschaft stand auf dem Spiele. Mit einem unverständlichen russischen Fluche sprang der Graf zurück, blickte die Eingetretene wütend an und sagte zur Baronin: »Wir sind verloren, wenn ich diese Verräterin nicht ermorde und auf ewig stumm mache! Sie darf dieses Zimmer nicht verlassen, ohne daß wir sicher sind.« Marguerite tat, als wenn sie entsetzt vor dem Wütenden fliehen wollte. Der Graf aber stellte sich mit dem Rücken gegen die Tür und maß sie mit drohenden Blicken, als führe er etwas Schreckliches gegen sie im Schilde. Die Baronin war bei dem allen mehr tot als lebendig. Plötzlich rief der Graf, als habe er einen Gedanken bekommen: »Es gibt nur ein Mittel, dieses Mädchen zum Schweigen zu bringen. Sie muß unsere Mitschuldige werden. Verzeihen Sie mir, geliebte Baronin, was ich tue, tue ich für Sie.«