Handbuch Eigentumswohnung

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Vorläufer: Das Stockwerkseigentum



Der Prager Schriftsteller und promovierte Jurist Max Brod (1884–1968) beschreibt in seinem Roman „Ein Sommer, den man sich zurückwünscht“ die Verhältnisse im Jahr 1899; er beschreibt unter anderem eine Besonderheit, ein bestimmtes Wohngebäude, an das sich der Romanheld erinnert: „Es war ein sogenanntes ‚Teilhaus’; denn in diesem Stadtviertel, nur hier, gab es noch die Besonderheit, die später den Grundbüchern und Juristen einige Kopfschmerzen machte: Man konnte auch einzelne Stockwerke erwerben, ohne den Boden selbst in Eigentum zu bekommen. Man lebte also eigentlich im wahren Sinn der Worte in der Luft, in einem Luftschloss.“



Das hier leicht ironisch beschriebene Eigentumsverhältnis war früher unter dem Namen Stockwerkseigentum bekannt. Nicht nur in Österreich-Ungarn, auch im Deutschen Reich – besonders in Süddeutschland, im früheren Geltungsbereich des Code civile – gab es das Stockwerkseigentum, das Eigentum an einem Gebäudeteil ohne das zugehörige Grundeigentum. 1900 beseitigte das Bürgerliche Gesetzbuch die Möglichkeit, Stockwerkseigentum neu zu begründen. Das bestehende Stockwerkseigentum wurde damit aber nicht automatisch aufgehoben. In der Mehrzahl der Fälle hat man in den folgenden Jahren die Rechtsverhältnisse an die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs angepasst, in einzelnen Fällen unterblieb das aber, und die eigentlich unmögliche Eigentumsform bestand fort – oftmals ohne dass die Nutzer davon wussten. Das ist auch nachvollziehbar, wenn man unterstellt, dass innerfamiliäre Regelungen den scharfen Blick ins Grundbuch obsolet machten. Wenn aber der Familienfrieden einmal gestört war und ein Rechtsstreit um eine Immobilie entstand, lebten die längst tot geglaubten Rechtsverhältnisse wieder auf und führten durch die Instanzen das Leben eines gleichsam juristischen „Wiedergängers“.








Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg lebte die Idee des Stockwerkseigentums wieder auf.



Wo ist solches Stockwerkseigentum potenziell heute noch anzutreffen? Im württembergischen Landesteil Hohenzollern betrifft es zum Beispiel die Keller. Reicht der Keller des eigenen Hauses teilweise unter das Haus des Nachbarn, mit oder ohne Verbindung zu dem darüber befindlichen Gebäude, so durfte von der Existenz eines Stockwerkseigentums ausgegangen werden, wenn der Keller nur vom eigenen Haus aus zugänglich war.



Relativ häufig musste Stockwerkseigentum auch angenommen werden, wenn bei aneinandergebauten Häusern eine Überbauung der Grundstücksgrenze vorgenommen worden war. Häufig standen ja die Gebäude schon Jahrzehnte oder Jahrhunderte, bevor im 19. Jahrhundert die Vermesser loszogen und neue Kataster erstellten.



Gerade bei vermeintlichen „Schnäppchenhäusern“ kann man auf Überraschungen stoßen. So ist oft nicht nur die Bausubstanz über Jahrzehnte vernachlässigt worden, sondern auch die juristische Substanz. Das bemerkte zum Beispiel eine junge Familie, die ein Doppelhaus mit zugehörigem geteilten ehemaligen Stallgebäude erwarb und im Grundbuch den Vermerk fand: „Ohne den ganzen Keller.“ Der ungeteilte Keller unter den Stallungen hatte, wie sich herausstellte, einen anderen Eigentümer, dessen Eigentum mit dem Vermerk „Keller unter dem Stall“ beschrieben war. Zuweilen wird noch heute um Zahlungen aus der Ablösung von Rechten an Gebäuden gestritten, die schon vor Jahrzehnten abgerissen wurden.



Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg lebte die Idee des Stockwerkseigentums wieder auf. Nach 1945 (namentlich vor der Währungsreform) stellte man verschiedene Überlegungen an, wie der Wiederaufbau der zerstörten Wohnungen in Deutschland am besten zu finanzieren sei. „Es muss ein Weg gefunden werden, um den dann noch vorhandenen Besitzern von verhältnismäßig kleinen Kapitalien dazu zu verhelfen, Grundbesitz zu erwerben und damit die Finanzierung des Wiederaufbaus zu sichern. Dieses könnte im Wege des Erwerbs einer Wohnung oder einer Etage erfolgen. Voraussetzung hierfür ist die Schaffung von Stockwerkseigentum“ hieß es in einem Beitrag der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 13. Juni 1946. Bei diesen Überlegungen war auch bereits daran gedacht worden, intakte (beispielsweise am Stadtrand gelegene) und im Gemeindeeigentum befindliche Wohnanlagen etagenweise an die Mieter zu verkaufen, um auf diese Weise Geldmittel für den Aufbau der zerstörten Innenstädte zu beschaffen. Als Modell stellt der Verfasser die Eigentumsverhältnisse in den westeuropäischen Staaten vor, in denen sich das Stockwerkseigentum großen Zuspruchs erfreue, sich bewährt habe und gesellschaftlich weitgehend akzeptiert sei.



Der Unterschied zwischen dem Stockwerkseigentum und der heute üblichen Form des Wohnungseigentums besteht – einfach gesprochen – im Verhältnis mehrerer Eigentümer zu einer Sache. Beim Stockwerkseigentum wird eine Sache, also ein Gebäude, real geteilt (was nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch dem Grundsatz nach nicht möglich ist). Jeder einzelne Eigentümer hat dann das volle Eigentumsrecht an dem ihm gehörigen Teil des Hauses, während ihm an den Teilen der anderen Eigentümer keinerlei Recht zukommt. Eine solche Regelung schließt nicht aus, dass gewisse Gebäudeteile (beispielsweise der Keller oder das Dach) dennoch als Gemeinschaftseigentum aller Eigentümer behandelt werden.





Begriffsverwirrung bei Eigentumswohnungen





Im allgemeinen Sprachgebrauch und in der Literatur werden die Begriffe Eigentumswohnung und Wohnungseigentum weitgehend gleichwertig verwendet. Beide Begriffe sind aber eigentlich nicht identisch.



Eigentumswohnung

 ist ein Sachbegriff; er bezeichnet ein Objekt, das hergestellt, erworben oder veräußert werden soll. Im Wohnungseigentumsgesetz kommt dieser Begriff nicht vor. Doch erwies sich der Begriff „Eigentumswohnung“ als so griffig und nützlich (und letztlich unverzichtbar), dass er 1994 in das 2. Wohnungsbaugesetz aufgenommen wurde. Dieses Gesetz (außer Kraft gesetzt 2002) definiert: „Eine Eigentumswohnung ist eine Wohnung, an der Wohnungseigentum nach den Vorschriften des Ersten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes begründet ist.“



Wohnungseigentum

 dagegen ist der Rechtsbegriff, der den Sachbegriff „Eigentumswohnung“ juristisch definiert.





Lösung: Das Wohnungseigentumsgesetz



Mit dem Wohnungseigentumsgesetz von 1951 fand man in der Bundesrepublik Deutschland schließlich eine Alternative, die nicht das alte Stockwerkseigentum im Sinne einer Realteilung wieder aufleben ließ, sondern das „Sondereigentum an einer Wohnung“ schuf, das nur „in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört“ bestand. Das Programm, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln, setzte sich als Trend der allmählichen Veränderung der Eigentumsverhältnisse dennoch durch.



Die Rechtsform des Wohnungseigentums begründet ein echtes, reales Eigentum. Erstmals seit dem Jahr 1900 (dem Jahr der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs) war damit eine Möglichkeit eröffnet worden, selbstständiges Eigentum an allen Teilen eines Gebäudes zu bilden. Über dieses Eigentum kann der Eigentümer frei verfügen, es also auch veräußern, selbstständig belasten, vermieten oder vererben.



Beim heutigen Wohnungseigentum verfügt jeder Eigentümer über einen definierten Anteil an der ungeteilten Sache (den Miteigentumsanteil), verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung.



Das österreichische Wohnungseigentumsgesetz von 1948 regelt, dass jedem Eigentümer eine Quote an der gesamten Liegenschaft zusteht, also an allem, was diese Liegenschaft ausmacht, auch eine Quote an jeder Wohnung, wobei jedem Eigentümer das dingliche Recht eingeräumt wird, eine bestimmte abgeschlossene Wohnung (oder sonstige Räumlichkeit) ausschließlich zu benutzen und darüber allein zu verfügen, ohne dass damit eine Realteilung vorgenommen worden wäre.



Für das Wohnungseigentum von Bedeutung ist die Eigentümergemeinschaft. Diese Gemeinschaft ergibt sich notwendig aus dem Miteigentum aller Wohnungseigentümer am Grundstück und an allen dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Teilen des Gebäudes. Es sind die Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum, die sich quasi gegenseitig Sondereigentum an ihrer Wohnung einräumen. Dadurch wird der Umfang des Gemeinschaftseigentums entsprechend eingeengt. Darum ist das Wohnungseigentum für den Eigentümer rechtlich gesehen ein durch eigenes Sondereigentum gestärktes und durch fremdes Sondereigentum geschwächtes Miteigentum nach Bruchteilen.





In der DDR



In der DDR gab es zwischen 1949 und 1990 keine dem Wohnungseigentum vergleichbare Eigentumsform. Entgegen dem weit verbreiteten Irrtum, sämtlicher Grund und Boden sei sogenanntes Volkseigentum gewesen, gab es privates Eigentum an Grundstücken und den darauf befindlichen Gebäuden sehr wohl. Aber zwei wesentliche Unterschiede bestimmten das Immobilienrecht in der DDR. So fügte § 287 des DDR-Zivilgesetzbuchs (ZGB) dem Eigentumsrecht ein Nutzungsrecht hinzu: „Bürgern kann zur Errichtung und persönlichen Nutzung eines Eigenheims oder eines anderen persönlichen Bedürfnissen dienenden Gebäudes an volkseigenen Grundstücken ein Nutzungsrecht verliehen werden.“ Diese Verleihung eines Nutzungsrechts setzt voraus, dass eine Trennung von Grundstück und den darauf befindlichen Baulichkeiten rechtlich möglich ist. Und in der Tat sagte § 295, Abs. 1 ZGB zwar: „Das Eigentum am Grundstück umfasst den Boden und die mit dem Boden fest verbundenen Gebäude und Anlagen sowie die Anpflanzungen.“ Aber Absatz 2 verfügte: „Durch Rechtsvorschriften kann festgelegt werden, dass selbstständiges Eigentum an Gebäuden und Anlagen unabhängig vom Eigentum am Boden bestehen kann. Für die Rechte an solchen Gebäuden und Anlagen sind die Bestimmungen über Grundstücke entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes festgelegt ist.“

 



Gerade diese Trennung von Grundstück und Gebäude und die „verliehenen“ Nutzungsrechte an Grundstücken führten nach der Vereinigung und der Übernahme des Rechtssystems der Bundesrepublik Deutschland zu Rechtsunsicherheiten und zu zahlreichen Härtefällen bei ostdeutschen „Häuslebauern“. Denn das Problem bei der Verleihung von Nutzungsrechten war nicht der Akt der Verleihung selbst, sondern das sogenannte Volkseigentum, an dem Nutzungsrechte verliehen wurden. Dieses Volkseigentum war oft genug nur angemaßtes Eigentum. Nach der Wiedervereinigung wurde die Trennung von Grundeigentum und Eigentum am Gebäude wieder aufgehoben.



Die Schaffung von Wohnungseigentum ist auch in der DDR bis 1989 immer wieder einmal von Experten diskutiert worden. Aber die Wohnung als Eigentum passte wohl politisch nicht in ein System, das die Wohnung als – nahezu kostenlose – Sozialleistung des Staates für seine Bürger herauszustellen wünschte. Vielleicht spielten auch die negativen Erfahrungen mit, die man in den Fünfzigerjahren mit dem Bausparen gemacht hatte. Die Hoffnung, den Kaufkraftüberhang der Bevölkerung in den Wohnungsbau umzulenken, war schon nach wenigen Jahren gescheitert, weil den Bausparverträgen seitens der Bauwirtschaft weder ausreichend Material noch Baukapazität gegenüberstanden. So wurde das Experiment Bausparen – in der Bundesrepublik eine der tragenden Säulen für den Immobilienerwerb – in der DDR stillschweigend zu Grabe getragen.







WOHNEIGENTUM ALS ALTERSVORSORGE



Die letzte Volks- und Wohnungszählung im Jahr 2011 – die nächste ist für 2021 geplant – hat ergeben: Man zählte 9,3 Millionen Eigentumswohnungen. Das sind rund 43 Prozent mehr als zuvor angenommen. Jede vierte von Eigentümern oder Mietern genutzte Wohnung ist eine Eigentumswohnung. Die Anzahl der Eigentumswohnungen in privater Hand ist mehr als doppelt so hoch wie die Zahl der Genossenschafts- und Gemeindewohnungen.



Die in den 1990er-Jahren bereits totgesagte Eigentumswohnung lebt wieder auf. Vor allem in Großstädten stellt sie für viele Kaufinteressenten schon aus Kostengründen oft die einzige Alternative zu einem Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhaus dar.





Selbstnutzer oder Kapitalanleger



Rund 5,8 Millionen Eigentumswohnungen werden von den Eigentümern selbstbewohnt. Das ist mehr als die Hälfte aller Eigentumswohnungen. Rund 4,3 Millionen Eigentumswohnungen sind vermietet.



Zu den Selbstnutzern als der einen Hälfte von Nutzern gesellt sich also die andere Hälfte der Kapitalanleger, die ihre Eigentumswohnung vermieten. Auch wenn Selbstnutzer und Kapitalanleger im Einzelnen unterschiedliche Interessen haben, eint sie doch das gemeinsame Interesse an einer kostengünstigen Bewirtschaftung und einer guten Verwaltung ihrer Eigentumswohnanlage. Darüber hinaus bilden sowohl Selbstnutzer als auch Kapitalanleger Wohneigentum und damit Grundvermögen, das zum Geldvermögen hinzukommt.



Unter dem Gesichtspunkt der privaten Altersvorsorge stellt die selbstgenutzte oder vermietete Eigentumswohnung zunächst Altersvermögen dar, das zum Beginn des Ruhestands möglichst schuldenfrei sein sollte. Eine schuldenfreie Eigentumswohnung bietet beiden – Selbstnutzern und Kapitalanlegern – im Alter unterschiedliche Vorteile. Der Selbstnutzer genießt das miet- und schuldenfreie Wohnen. Außer der Mietersparnis kommt ihm zugute, dass er seine Hypothekendarlehen vollständig abgetragen hat und weder Zinsen noch Tilgung an seine Bank zahlen muss.



Der Kapitalanleger und Vermieter profitiert mit einer schuldenfreien Eigentumswohnung im Alter vom Mietertrag. Die Mieteinnahmen verschaffen ihm nach Abzug der laufenden Betriebs-, Instandhaltungs- und Verwaltungskosten eine willkommene Zusatzrente.





Förderung des Wohneigentums



Bund, Länder, Kommunen und Kirchen haben sich insbesondere die finanzielle Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums auf ihre Fahnen geschrieben. Die Wohn-Riester-Rente für Selbstnutzer hat die frühere Eigenheimzulage abgelöst und bietet eine günstige Möglichkeit zur schnelleren Entschuldung.



Bundesländer und Kommunen vergeben zinsgünstige Fördermittel in erster Linie an einkommensschwächere Familien mit Kindern, die ihr Einfamilienhaus oder ihre Eigentumswohnung selbst nutzen.



Einige Länder wie Nordrhein-Westfalen bieten Familien, die bereits Mittel aus dem Wohnungsförderungsgesetz erhalten haben, in finanziellen Notlagen zusätzlich auch eine spezielle Wohneigentums sicherungshilfe an. Sie soll helfen, das Wohneigentum der Betroffenen zu erhalten und einer Zwangsversteigerung vorzubeugen.








Unter dem Gesichtspunkt der privaten Altersvorsorge stellt die selbstgenutzte oder vermietete Eigentumswohnung zunächst Altersvermögen dar, das zum Beginn des Ruhestands möglichst schuldenfrei sein sollte.



Auf den wenig bekannten Lastenzuschuss haben Selbstnutzer einen Rechtsanspruch, falls ihre monatliche Belastung für Kapitaldienst und Bewirtschaftung im Verhältnis zu ihrem Einkommen bestimmte Grenzen überschreitet. Der Lastenzuschuss für bedürftige Wohnungseigentümer ist quasi das Gegenstück zum Mietzuschuss für bedürftige Mieter. Beides wird im Wohngeldgesetz geregelt. Vor allem Selbstnutzer von Eigentumswohnungen, die Einkommenseinbußen durch Arbeitslosigkeit, eine länger andauernde Erkrankung oder Berufsunfähigkeit erleiden, sollten den Weg zum örtlichen Wohnungsamt nicht scheuen. Dort ist auch die Wohngeldfibel erhältlich, der alle weiteren Details für den Erhalt eines monatlichen Lastenzuschusses zur selbstgenutzten Eigentumswohnung zu entnehmen sind.



Die finanziellen Hilfen durch die staatliche KfW Bankengruppe (KfW) gibt es nicht nur für selbstbewohntes, sondern auch für vermietetes Wohneigentum. Unabhängig vom Einkommen hat darauf jeder Wohneigentümer Anspruch, sofern er die Voraussetzungen für die Kreditprogramme erfüllt.





Wohneigentum als Schonvermögen in Notlagen



Langzeitarbeitslose mit Anspruch auf Arbeitslosengeld II (üblicherweise als Hartz IV bezeichnet) müssen ihre selbstgenutzte Eigentumswohnung nicht verkaufen, sofern diese angemessen ist und eine von der Bewohnerzahl abhängige Wohnfläche (zum Beispiel 80 Quadratmeter für ein bis zwei Personen, 100 Quadratmeter für drei Personen plus 20 Quadratmeter für jede weitere Person) nicht überschreitet. Dies hat das Bundessozialgericht bereits Ende 2008 entschieden.



Selbstgenutztes und zugleich schuldenfreies Wohneigentum gilt, sofern es angemessen ist, somit als Schonvermögen. Hartz-IV-Bezieher mit einer selbstgenutzten Eigentumswohnung erhalten infolge der Mietersparnis allerdings nur den Regelsatz von monatlich 439 Euro ab 2021 sowie die Erstattung der angemessenen Bewirtschaftungskosten, sofern ihre Eigentumswohnung bereits schuldenfrei ist. Gleiches gilt für Personen, die eine Grundsicherung wegen Alters oder wegen einer dauernden Erwerbsminderung beziehen.



Eine selbstgenutzte Eigentumswohnung bleibt nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. XII ZB 269/12) beim Elternunterhalt vor dem Zugriff des Sozialamts geschützt, wenn pflegebedürftige Eltern die Kosten für das Pflegeheim nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können und das grundsätzlich unterhaltspflichtige Kind eine schuldenfreie Eigentumswohnung selbstbewohnt. Im Streitfall hatte das Sozialamt den Wert der Eigentumswohnung auf 115 000 Euro geschätzt und forderte eine Verwertung, um die bisher von der Sozialhilfe getragenen Kosten in Höhe von rund 17 000 Euro erstattet zu bekommen.



Dies lehnte der BGH mit der Begründung ab, dass die vom Sohn der pflegebedürftigen Mutter selbstgenutzte Eigentumswohnung angemessen sei und nicht verkauft werden müsse. Lediglich der in Höhe der Mietersparnis errechnete Wohnvorteil von monatlich 339 Euro muss dem erzielbaren Nettoeinkommen hinzugerechnet werden. Sofern aber auch nach Hinzurechnung dieses Wohnvorteils der Mindestbehalt von monatlich 1 500 Euro vom unterhaltspflichtigen Sohn nicht überschritten wird, entfällt jegliche Zahlung von Unterhalt an das Sozialamt.







Kaufnebenkosten oft über 10 Prozent





Die meisten Bundesländer haben die Grunderwerbsteuer in den vergangenen Jahren von 3,5 Prozent auf 5,0 bis 6,5 Prozent des Kaufpreises erhöht.










Eingriffe in Wohneigentum bei Sonderfällen



Wohneigentum genießt als Vermögen zwar grundsätzlich einen hohen Schutz. Dennoch kann es in Sonderfällen zu Eingriffen kommen, die bis zum Verlust des Wohneigentums führen. Dazu zählen beispielsweise:



Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung auf Antrag der Gläubigerbank, wenn der Wohneigentümer mit seinen Zins- und Tilgungsraten in Rückstand geraten ist



Teilungsversteigerung einer Eigentumswohnung auf Antrag eines Miteigentümers (z. B. geschiedener Ehegatte oder Miterbe), da die Gemeinschaft nach Scheidung oder Erbfall aufgehoben werden soll



Entziehung des Wohneigentums auf Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft, da der Eigentümer schwere Verfehlungen begangen hat oder hohe Hausgeldrückstände angefallen sind.



Einige Länder wie Nordrhein-Westfalen und Berlin versuchen mithilfe von Wohnungsaufsichtsgesetzen oder verschärften Zweckentfremdungsverordnungen, unerwünschte Zustände (zum Beispiel längerer Leerstand, Überbelegung oder Fehlbelegung, Verwahrlosung von Wohnraum) durch hohe Ordnungsstrafen für Eigentümer zu bekämpfen. Als Selbstnutzer oder Vermieter einer Eigentumswohnung werden Sie es schon im eigenen Interesse zu solchen Auswüchsen gar nicht kommen lassen. Möglicherweise wird Ihnen dies aber unberechtigterweise von Behörden vorgeworfen, die auf entsprechendes Anschwärzen von Anwohnern reagieren. Hierbei sollten Sie einen kühlen Kopf bewahren und mit höflicher Hartnäckigkeit begründen, dass Sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen.





Höhere Steuern und mehr Bürokratie



Seit der Föderalismusreform von 2006 können die Bundesländer die Höhe der Grunderwerbsteuer von seinerzeit 3,5 Prozent des Immobilienkaufpreises (bis Ende 1996 sogar nur 2 Prozent) selbst festsetzen. Inzwischen haben dies bis auf Bayern und Sachsen alle übrigen Bundesländer genutzt, um die Steuersätze teilweise drastisch anzuheben.



In fünf Bundesländern liegt die Grunderwerbsteuer bei 5 Prozent (siehe Tabelle auf

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). Die fünf Spitzenreiter unter den Bundesländern verlangen sogar 6,5 Prozent. Nur die Bundesländer Bayern und Sachsen begnügen sich noch mit 3,5 Prozent.



Käufer von Eigentumswohnungen müssen für Kaufnebenkosten wie Grunderwerbsteuer sowie Notar- und Grundbuchgebühren somit bis zu 8 Prozent einkalkulieren. Kommt dann noch der Anteil der Maklerprovision von maximal 3,57 Prozent des Kaufpreises hinzu, müssen Sie in der Spitze rund 11,5 Prozent des Kaufpreises allein für „Papierkosten“ zahlen.



Auch gestandene Wohneigentümer werden von ihren Gemeinden oder Städten über eine höhere Grundsteuer zur Kasse gebeten. Dies geschieht typischerweise durch Ratsbeschlüsse über die Anhebung der Grundsteuerhebesätze.



Selbstnutzer sind von der höheren Grundsteuer direkt im eigenen Geldbeutel betroffen. Nur Vermieter von Eigentumswohnungen können die höhere Grundsteuer auf ihre Mieter abwälzen, sofern dies im Mietvertrag vereinbart ist. Dies schlägt mit höheren Nebenkosten für die Mieter zu Buche.



Mit höheren Steuern ist es aber nicht getan. Über immer mehr Bürokratie stöhnen viele Wohneigentümer. Ständig werden neue Verordnungen erlassen.

 








VERORDNUNGEN RUND UM DAS WOHNEIGENTUM Darüber sollten Sie als Wohneigentümer Bescheid wissen:



Trinkwasserverordnung mit Prüfung des aus den Leitungshähnen fließenden Trinkwassers auf Legionellen alle drei Jahre



Verordnung über die Prüfung von Abwasserleitungen (beispielsweise müssen in Nordrhein-Westfalen Abwasserleitungen auf dem Grundstück ab 2015 alle zehn Jahre daraufhin überprüft werden, ob sie dicht sind)



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