Finn und das Geheimnis des Rhönpaulus

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Finn und das Geheimnis des Rhönpaulus
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Annett Wittmann

Finn und das Geheimnis des Rhönpaulus

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte bei der Autorin

Titelzeichnung © Erica Guilane-Nachez

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

www.engelsdorfer-verlag.de

Für meinen Enkel Finn

Vergangenheit

Der Neuberg bei Glattbach, 1780

DER STURM

Ein grauer, wolkiger Himmel, spannte sich über dem Neuberg bei Glattbach. Es war ein kalter Herbsttag. Die Sonne hatte sich schon seit Stunden hinter den Wolken verkrochen, als wollte sie nicht mit ansehen, was hier und heute geschehen sollte.

Auf dem Berg erhob sich das unheimliche Gerüst eines Galgens. Darunter stand leicht erhöht auf einem Podest, ein grob zusammen gezimmerter Holzkasten. Und in diesem Holzkasten, befand sich ein Mensch. Es war der Rhönpaulus.

Viele nannten ihn „Der Schwarze“, weil er immer dunkel gekleidet war, einen dunklen Schlapphut trug und einen schwarzen Bart hatte.

Sogar seine Augen waren schwarz wie Kohle. Begegnete man ihm des Nachts, konnte man schon mal leicht das Fürchten kriegen.

Fürchten allerdings, mussten ihn nur die Reichen und hohen Herren, jene, die von der Arbeit anderer lebten und das Volk auspressten bis aufs Blut. Die hasste Paulus und mehr als einmal bekamen sie diesen Hass zu spüren. Er bestahl die Reichen, wann immer er die Gelegenheit dazu hatte und verteilte es an die Armen. Dafür liebte ihn das einfache Volk. Doch nun war alles zu Ende. Heute sollte der Rhönpaulus hingerichtet werden. Seit Stunden schon harrte er in seinem engen Gefängnis aus. Dieser Kasten, in dem er steckte, war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Schon mehr als einmal war er seinen Häschern entkommen.

Ein scharfer Wind fegte über den Neuberg und ließ die Gewänder der Anwesenden flattern. Die Kälte, die er mitbrachte, drang den Leuten bis in die Knochen und ließ manchen unter ihnen erschauern.

Und während ein Richter die Anklage verlas, steigerte sich der Wind zu einem schaurigen Heulen. Der Himmel verdüsterte sich, lose Blätter und Äste wehten davon und plötzlich zuckten grelle Blitze am Himmel auf. Paulus, der regungslos in seinem Kasten hing, beobachtete dieses Schauspiel verwundert aus seinen dunklen Augen.

Die Menschen ringsum schrien ängstlich auf und bekreuzigten sich. Doch der Sturm ließ sich nicht besänftigen. Längst war der Richter verstummt, denn der Wind hatte ihm die Worte förmlich von den Lippen gerissen.

Plötzlich spaltete ein riesiger Blitz den Himmel, ein grelles Licht tauchte den Berg in gleißende Helligkeit. Ein ohrenbetäubendes Brausen und Zischen erfüllte die Luft. Was geschah hier? Vergeblich versuchte Paulus sich aus seinem Gefängnis zu befreien. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die Bretter, die ihn umgaben. Schweiß rann ihm die Stirn herab, doch die Furcht vor dem unfassbaren Geschehen da draußen, verlieh ihm übermenschliche Kräfte.

Keiner achtete mehr auf ihn, die Menschen waren wie von Sinnen. Angstschreie erfüllten die Luft, jeder versuchte nur noch die eigene Haut zu retten. Schweiß überströmt warf sich Paulus (soweit es die Enge des Kastens zuließ), immer wieder gegen die Bretter. Seine Schulter schmerzte, doch er gab nicht auf. Mittlerweile war es so dunkel, als sei die Nacht hereingebrochen. Nur das ununterbrochene Zucken der Blitze, erhellte die Dunkelheit sekundenlang.

Mit einem lauten Schrei und letzter Kraft warf Paulus sich gegen die Wände. Ein lautes, berstendes Krachen ließ das Holz zersplittern und Paulus fiel kraftlos zu Boden. Geschafft! Er war frei! Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, erhob er sich langsam und beobachtete fassungslos das Wüten der Natur. Nie zuvor in seinem Leben hatte er so etwas gesehen. Während er regungslos auf der Stelle verharrte, zuckte ein weiterer Blitz herab, so gewaltig das Paulus die Augen zusammenkniff. Der Himmel riss auf, ein unheimliches Leuchten umgab plötzlich den Berg und mit einem Schlag war es totenstill. Das Tosen des Windes legte sich, kein Blatt bewegte sich mehr und die Menschen erstarrten.

Ungläubig starrten sie auf das Licht, welches den Himmel in zwei Hälften teilte. War dies das Ende der Welt? Paulus war inzwischen wieder etwas zu Kräften gekommen.

So sehr ihm das Geschehen auch Furcht einflößte, so fühlte er sich gleichzeitig davon wie magisch angezogen. Langsam bewegte er sich auf das seltsame Licht zu. Ein merkwürdiges Gefühl hatte sich seiner bemächtigt.

Immer näher kam er dem Leuchten, da sah er es. Etwas wofür er keine Erklärung fand. Ein wirbelnder Strudel bewegte sich im inneren des Lichts auf das Paulus unaufhaltsam zuschritt. Er konnte nicht anders, es war als würde eine fremde Macht seinen Willen steuern. Seltsamerweise fühlte er keine Angst, alle Furcht war von ihm abgefallen, nur die unerklärliche Anziehungskraft blieb. Einige Leute die auf dem Berg geblieben waren, verfolgten dies alles mit vor Angst verzerrten Gesichtern. Ob es die Angst vor Paulus war, vor den Geschehnissen oder eine Mischung aus beiden, wusste niemand zu sagen.

Paulus war nur noch eine Armlänge von dem Licht entfernt, da geschah das Unglaubliche. Ein gewaltiger Sog erfasste ihn und riss ihn von den Füßen, mitten in den Strudel hinein. Ihm blieb nicht einmal Zeit für einen Schrei. Sekunden später war der Rhönpaulus verschwunden. Das unheimliche Licht hatte ihn verschlungen.

Zurück blieb eine Handvoll Menschen, die vor Entsetzten wie gelähmt waren. Ungläubig starrten sie auf die Stelle, an welcher Paulus noch vor wenigen Augenblicken gestanden hatte. Doch er tauchte nicht wieder auf. Noch immer herrschte auf dem Berg eine unnatürliche Stille. Selbst das Rauschen der Bäume war verstummt.

Das Licht aber, in dem Paulus verschwunden war, war erloschen. Während die Menschen noch wie erstarrt auf der Stelle standen, riss plötzlich der Himmel auf und öffnete seine Schleusen.

Der Regen rauschte in einer wahren Sintflut herab, als wolle er die ganze Welt ertränken. Endlich kam Bewegung in die Leute. Schützend rafften sie ihre Umhänge über die Köpfe und rannten davon, weg von dem Grauen des Berges. Zurück blieben der Galgen und die geborstenen Überreste vom Kasten des Rhönpaulus. Die letzten stummen Zeugen in einem schaurigen Spektakel.

Erst Stunden später lebte die Natur wieder auf. Die Bäume begannen zu rauschen und die Tiere des Waldes begaben sich auf Nahrungssuche. Der Frieden des Berges war wieder hergestellt!

Gegenwart

Bad Salzungen, 2015

ENDLICH FERIEN

Endlich Ferien! Seit Wochen schon hatte Finn sich auf diesen Tag gefreut. Nun war er da. Es war Sommer und sechs herrliche lange Wochen ohne Klassenarbeiten, Hausaufgaben und andere lästige Pflichten lagen vor ihm. Am liebsten hätte Finn vor Freude einen seiner berühmten Luftsprünge vollführt, doch im letzten Moment verkniff er es sich. Nach den Ferien würde er in die siebte Klasse kommen. Zeit mit den Albernheiten aufzuhören. Obwohl ihm das ziemlich schwer fiel. Er fing an, in seinem Zimmer herumzukramen. Zuerst leerte er seinen Schulrucksack. Den brauchte er ab heute für seine täglichen Streifzüge in die Umgebung. In Windeseile stopfte er das Schulzeug in seinen Schreibtisch, alles auf einmal. Der Tisch protestierte knarrend gegen diese unsanfte Behandlung. Finn achtete nicht darauf, packte immer mehr Dinge in die Schublade, die bereits überquoll. Als schließlich wirklich nichts mehr hineinging, versuchte er den Schreibtisch zu schließen, doch es blieb beim Versuch. Mit lautem Gerumpel brach der Boden der Schublade, Hefte, Bücher, Stifte und eine große Dose mit Gummibärchen fielen unter großem Getöse auf den Zimmerboden.

Vor Schreck machte Finn einen Satz nach hinten, stolpert über den Schreibtischstuhl und ruderte wild mit den Armen in der Gegend herum. In letzter Sekunde fing er sich wieder. Puh, das war knapp, dachte er und sah sich in seinem Zimmer um. „Verdammte Axt“, entfuhr es ihm „jetzt darf ich den ganzen Krempel nochmal wegräumen.“ Suchend sah er sich um. Wohin mit dem ganzen Zeug? Der Schreibtisch war ja wohl hin, so viel war schon mal klar. Die Bescherung, die ihm blühte, wenn seine Mutter dieses Chaos entdeckte, wollte er sich gar nicht erst ausmalen. Es blieb nur eine Möglichkeit.

Finn kroch auf allen Vieren unter den Tisch, raffte alles zusammen, was er zu fassen bekam und schob die ganze Ladung unters Bett.

Zufrieden mit dieser Lösung, zog er die Bettdecke bis auf den Fußboden und vergewisserte sich, dass wirklich nichts mehr hervorlugte.

„Na also, geht doch!“, murmelte er vor sich hin.

Die kümmerlichen Überreste der Schublade versteckte er in seinem Kleiderschrank, darum würde er sich heute Abend kümmern, wenn er wieder da war. Doch jetzt warteten wichtigere Dinge auf ihn.

 

Heute wollte er endlich mal wieder seinen Lieblingsort aufsuchen, den er im letzten Jahr, in den Sommerferien entdeckt hatte. Es war ein alter verwilderter Garten, nahe bei Wildprechtroda. Stundenlang konnte er sich dort aufhalten, ohne gestört zu werden. Das Grundstück war ziemlich groß und es gab eine alte, verwitterte Hütte, die früher wohl als Gartenlaube gedient hatte. Dort lagerte Finn alles, was er interessant fand und nicht mit nach Hause nehmen konnte. Ringsum standen unzählige alte Apfel und Pflaumenbäume, deren Früchte viel besser schmeckten, als alles, was seine Mutter aus dem Supermarkt mitbrachte. Niemand, außer seinem besten Freund Paul, wusste von diesem Ort. Und so sollte es auch bleiben!

Finn fuhr sich durch die dunkelblonden Haare, so dass sie nach allen Seiten weg standen. Er überlegte, was er heute mitnehmen wollte. Schließlich zerrte er seinen Rucksack wieder hervor und begann ihn zu packen. Eine alte Sofadecke, zum Liegen in der Wiese, dann die große Taschenlampe, die sein Vater ihm geschenkt hatte, eine Tüte Kartoffelchips, das Fernglas von Opa und sein Lieblingsbuch „Herr der Ringe“, fanden darin Platz. Sein Handy steckte er in eine kleine Außentasche des Rucksacks.

Mit einem letzten misstrauischen Blick auf den Schreibtisch, warf er die Tür hinter sich zu. Peng! Ein lauter Knall ließ Finn zusammenfahren. Verdattert sah er sich um. Das gab’s doch gar nicht! Neben seiner Zimmertür war ein Bild von der Wand gefallen. Schnell bückte er sich danach und hob es auf. Erleichtert sah er, dass das Bild keine Glasscheibe hatte. Vorsichtig, damit nicht noch etwas herunterfiel oder zu Bruch ging, hängte er das Bild wieder an seinen Platz. Mit einem lauten Seufzer, holte er aus der Küche eine Flasche Cola aus dem Kühlschrank, schnappte sich seinen Rucksack und verließ schnurstracks die Wohnung.

Niemand begegnete ihm im Hausflur. Auch seine Eltern würden vor heute Abend nicht zu Hause sein. Er hatte also reichlich Zeit. Auf der Straße war trotz des schönen Wetters nichts los, die Gegend war wie leergefegt. Mit langen Schritten, lief Finn auf die große Wiese am Rand der Straße zu. Die Vorfreude hatte ihn gepackt.

DER FREMDE

Der Rucksack auf seinem Rücken wippte bei jedem seiner Schritte. Der Weg wurde ein wenig beschwerlicher, denn seit Monaten hatte niemand die Wiese gemäht und das Gras stand hüfthoch. Wenn Paul in einer Woche wieder aus dem Urlaub mit seinen Eltern zurück kam, würde es wohl noch ein wenig höher stehen, dann könnten sie sich hier drinnen glatt ein Labyrinth bauen, überlegte er.

Mittlerweile hatte er den Zaun des Gartens erreicht, der sich an einigen Stellen dem Boden zuneigte und an anderen gar nicht mehr vorhanden war. Wenn man auf die Latten trat, zerbrachen sie mit einem leisen Knirschen unter den Schuhen. Das Grundstück wirkte von außen, als hätte es seit hundert Jahren niemand mehr betreten. Zahlreiche Büsche und Sträucher hatten sich ungehindert ausgebreitet und versperrten die Sicht auf den Rest des Gartens. Finn war über den kläglichen Rest des Zaunes einfach drüber gesprungen und suchte sich zielstrebig seinen Weg durchs Gesträuch. Je mehr er sich der Hütte näherte, die er von hier aus noch nicht sehen konnte, umso dunkler wurde es. Die Bäume wuchsen hier so dicht, dass die Sonne kaum eine Chance hatte. Doch Finn hätte den Weg auch gefunden, wenn es stockduster gewesen wäre.

Als er die alte Gartenlaube erreicht hatte, stellte er fest, dass die noch genauso aussah, wie er sie beim letzten Mal verlassen hatte. Geduckt hockte sie unter den Bäumen, ihr Holz war verwittert, an einigen Stellen klafften faustgroße Löcher. Windschief hing die Tür in den Angeln und knarrte bei jedem Luftzug. Das alles war Finn vertraut. Dennoch war heute irgendetwas anders.

Düster sah es hier aus, die Luft schien zu knistern und ein unheimliches Gefühl überkam ihn. Irgendetwas stimmte hier nicht, doch er konnte nicht sagen, was es war. Behutsam legte er seinen Rucksack ins Gras und schlich näher. Außer dem Zwitschern der Vögel und dem Rascheln der Sträucher, war nichts zu hören. Trockne Zweige knackten unter seinen Turnschuhen, während er weiter schlich und sich der Tür der Laube näherte.

Vorsichtig legte er eine Hand um das alte Holz, zog die Tür ein Stück weiter auf und steckte den Kopf durch den Spalt. Seine Augen weiteten sich vor Schreck. Stocksteif stand er da, unfähig auch nur einen Schritt zu tun. In seiner Hütte saß ein Fremder!

Fassungslos starrte Finn den Fremden an. Der Fremde starrte genauso fassungslos zurück. So verharrten sie voreinander. Eine drückende Stille breitete sich aus. Noch immer hatte keiner von beiden ein Wort gesagt. Wie angenagelt stand Finn auf der Türschwelle, sein Herz hämmerte in einem irren Takt und nur langsam wich das Entsetzen. Damit hatte er nicht gerechnet. Ein fremder Mann war in seinen geheimen Schlupfwinkel eingedrungen, nun würden ihn bestimmt auch andere finden. Der Fremde kauerte in einer Ecke und sein Gesicht war bleich wie der Tod. Er sah schrecklich aus. Sein schwarzes Haar war zerzaust und hing ihm wirr in die Stirn, mit einer Hand umklammerte er einen großen, abgewetzten Hut. Ein dichter, schwarzer Bart, verdeckte die untere Hälfte seines Gesichts und ließ die Gestalt noch unheimlicher wirken.

Alles andere konnte Finn nicht wirklich erkennen, dafür war es einfach zu finster in der Hütte. Doch allmählich, begannen sich seine Augen an das Dämmerlicht zu gewöhnen und nun sah er auch, dass der Fremde ungewöhnliche Kleidung trug. Nicht nur die Form und den Stoff fand Finn ungewöhnlich, sondern auch die Farbe. Der Mann war ganz in schwarz gekleidet. Er sah aus, als wolle er zu einer Beerdigung.

Langsam erhob sich der Fremde. Finn riss erstaunt die Augen auf. Der Typ war ja ein richtiger Riese. Jetzt machte er einen Schritt auf ihn zu und verließ damit die dämmrige Ecke, in der er soeben noch gehockt hatte. Hastig trat Finn einen Schritt zurück, doch im gleichen Moment ärgerte er sich über sich selber. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, straffte die Schultern, um größer zu wirken und sprach den Fremden mit seiner tiefsten Stimme an, zu der er fähig war. „He Mann, das hier ist meine Hütte! Wer sind Sie und was machen Sie hier?“

Beim Klang von Finns Stimme, zuckte der Fremde leicht zusammen, runzelte die Stirn und betrachtete nachdenklich seinen Hut, den er noch immer umklammert hielt. Dann nickte er leicht, als wäre ihm etwas eingefallen.

„Ich nehme an, wenn all das hier“, er machte eine weitausholende Handbewegung „dir gehört, dann hast du das Recht, mir diese Fragen zu stellen“, sagte er leise und der Klang seiner Stimme überraschte Finn. Sie war tief und wohlklingend.

„Ich heiße Paulus. doch was geschehen ist, das kann ich dir nicht sagen, denn ich weiß es selber nicht genau.“ Ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust. „Der Sturm“, murmelte er gedankenverloren vor sich hin, „das seltsame Licht …“ Verwirrt schüttelte er den Kopf, als könne er so die Geschehnisse abschütteln. Finn kaute auf seiner Unterlippe und betrachtete den Fremden. Er wurde nicht recht schlau aus dem Gemurmel. Und den Namen Paulus, hatte er noch nie im Leben gehört, jedenfalls kannte Finn niemanden, der so hieß.

„Vorsicht ist hier angesagt!“, dachte Finn. Er verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. Da hob der Fremde, der sich Paulus nannte, den Kopf und ihre Blicke trafen sich. Erst viele Jahre später, würde Finn sich an diesen besonderen Augenblick erinnern.

Die Augen von Paulus waren groß und dunkel auf ihn gerichtet. Doch dieser Blick schien Finn gutmütig und voller Wärme. Kein Fünkchen Böses spiegelte sich darin. Nein, dachte Finn, wer solche Augen hat, der kann kein schlechter Mensch sein.

Entschlossen machte er einen Schritt auf Paulus zu und streckte ihm die Hand entgegen.

„Ich bin Finn und das hier … na ja, das ist meine Hütte. Hab ich ja schon gesagt.“

Paulus ergriff die dargebotene Hand und schüttelte sie ein wenig. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Augen, und er nickte leicht. „Nenn mich einfach Paulus, so wie es all meine Freunde auch tun“. Er stockte und sagte dann leise. „Einen Namen, wie du ihn hast, habe ich noch nie gehört. Hat es eine besondere Bewandtnis damit?“, fragte er und betrachtete Finn nachdenklich.

„Hä?“, machte Finn und riss verblüfft die Augen auf. Gleich darauf hatte er sich wieder gefangen. Er antwortete mit einem schiefen Grinsen und so lässig wie möglich. „Na ja, nicht seltsamer als der Name Paulus, würd’ ich jetzt mal sagen. In die Top Ten kommen Sie damit auch nicht.“ Im gleichen Moment tat ihm seine Äußerung leid, denn Paulus blickte ihn verwirrt an.

„Erzählen Sie mir jetzt wo sie herkommen und wie sie den Garten hier gefunden haben?“, fragte Finn und wartete gespannt.

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