"Morden ist leichter, als Sterben."

Text
Aus der Reihe: Authentische Kriminalfälle #2
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
"Morden ist leichter, als Sterben."
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Anna Marie B

„Morden ist leichter,

als Sterben.“

Eine Sammlung

Historischer Kriminalfälle

Juliane Hummel

- Die Kindesmörderin -

(Wien 1900)


Allgemeines

Aus meiner Sammlung "Authentische Kriminalfälle" habe ich einen Teil (von 1800 – 1950) spektakulärer Fälle ausgewählt, deren Veröffentlichung ich unter der Rubrik „Morden ist leichter, als Sterben“ als separate Reihe fortsetzen werde.

Alle Straftäter die in dieser Sammlung aufgeführt werden, wurden aufgrund ihrer begangenen Verbrechen ausnahmslos zum Tode verurteilt. Teilweise unterzog man, bevor sie mit ihrem Leben büßen mußten, sie noch schwersten Verhören.

Alle dargestellten Kriminalfälle enthalten nur sachliche Informationen, die zusammengetragen und eingearbeitet worden sind. Hauptsächlich dienten Bücher, Zeitungen, Akten, Verhörprotokolle, Autopsieberichte und andere verfügbare Medien als Basis.

Sämtliche Kriminalfälle sind auf den derzeitigen Stand gebracht und mit teilweise vorhandenem Bildmaterial belegt worden, zumal sich bei einigen, auf der Grundlage neuer sachlicher Quellen, inzwischen Veränderungen ergaben.

Hinweise zu Quellen findet der Leser jeweils im Anhang des jeweiligen Bandes. Ich bemühe mich möglichst unbekannte und außergewöhnliche Straftaten zu dokumentieren, um das breite Spektrum der Kriminalität aufzuzeigen.

Eingang in diese Reihe erhalten nur Fälle die aus wahrheitsgemäßer und sachlicher Recherche stammen. Der an "Authentischen Kriminalfällen" interessierte Leser erhält somit den zutreffenden Sachverhalt vermittelt und nicht irgendeine Phantasieversion, welche letztendlich mit dem wahren Fall kaum noch etwas zu tun hat.

Verbrechen mit politischem oder terroristischem Hintergrund wird der Leser in dieser Fallsammlung nicht finden.

Diese Reihe beinhaltet teilweise Kriminal- und Todesfälle, deren Text- und Bilddarstellungen nicht für jeden erträglich und geeignet sind. Sollten Sie zu der Leserschaft mit schwachen Nerven gehören, dann verzichten Sie bitte auf den Kauf, denn es könnten Ihre Gefühle verletzt werden.

Ich bedanke mich für Ihr Verständnis.

Anna Marie B

Der Mittelpunkt alles Menschenverderbens

ist Verhärtung des Herzens.

Johann Heinrich Pestalozzi

(1746 - 1827), Schweizer Pädagoge und Sozialreformer

Quelle: »Über Gesetzgebung und Kindermord. Fünfte Quelle des Übels«, 1783

Vorwort

In allen Herzen klang noch die Erregung über die grauenhaften Einzelheiten nach, welche 1899 die Gerichtsverhandlung in der Reichshauptstadt Wien gegen das entmenschte Ehepaar Josef und Juliane Hummel zu Tage gebracht hatte, die ihr eigenes Kind, die kleine Anna, in grausamster Weise Jahre hindurch zu Tode marterten . Dieser Fall entrollte ein grauenvolles Bild entmenschten Wütens gegen das eigene Blut, das himmelschreiende Martyrium eines unschuldigen Kindes, das von seinen leiblichen Eltern zu Tode gequält wurde. Dafür ist in den Gerichtschroniken kaum ein Beispiel vorhanden.

Die Verurteilung Beider zum Tode wurde deshalb auch mit allgemeiner Genugtuung aufgenommen. Die Volksstimme hatte in seltener Einmütigkeit die Befreiung der Menschheit von diesen "Eltern"gefordert. Keine Stimme des Mitleides hatte sich für die Verurteilten erhoben.

Juliane Hummel hatte die letzte Nacht ihres Lebens in einem unterbrochenen Halbschlaf zugebracht. Manchmal stöhnte sie schwer auf und warf den Körper dabei unruhig auf dem Ruhebett umher. Gegen 4 Uhr morgens betrat der Inspektionsarzt des Inquisitenspitals die Armensünderzelle. Er fand Juliane Hummel bereits wach und ganz apathisch, doch konstatierte er völlig normalem Puls. Nachdem sie die Kommunion empfangen hatte, brachte man sie wieder zurück in die Armensünderzelle und reichte ihr ein kleines Frühstück. Schließlich sackte sie auf dem Stuhl vor dem Tisch, auf welchem sie saß, völlig in sich zusammen. Dabei hielt sie den Blick auf das Fenster gerichtet, durch welches bereits das Tageslicht hereindrang. Als die Turmuhr dreiviertel acht zu schlagen begann, zuckte sie ängstlich zusammen, erhob sich und ging mit schweren Schritten durch das Zimmer.

Wie eine Ewigkeit und doch wie rasch werden ihr die letzten 15 Minuten, die sie noch zu leben hatte, vorgekommen sein!


BQ - AMB

Juliane Hummel

Die Kindesmörderin (Wien 1900)

Der furchtbare Akt der Hinrichtung wurde in den ersten Morgenstunden des 2. Januar 1900, im sogenannten Leichenhofe des Landgerichtsgebäudes (ein extra hierfür reservierter Hof des Landgerichtsgebäudes in der Alsterstraße) in Wien vollzogen. Justifizierungen kamen in Österreich hin und wieder vor und nur in den ungeheuerlichsten Fällen wurde ein Weib „vom Henker“ vom Leben zum Tod gebracht. Juliane Hummel, die Frau des Hausknechtes Josef Hummel, führte man an diesem trüben Dienstagmorgen zum Galgen. Sie war eine der wenigen Frauen in Öesterreich, die am Galgen ihr Verbrechen sühnte.

Der Fall Hummel war bei der Bevölkerung noch in aller Erinnerung. Am 9. März 1899 starb das am 27. März 1892 geborene Kind Anna Hummel, in der Wohnung ihrer Eltern Josef und Juliane Hummel im 18. Bezirk, Paulinengasse Nummer 6.

Der Arzt der die Totenschau vornahm, fand an der Leiche auffällige Verletzungsspuren. Der Mediziner erkannte sofort, daß es sich hierbei nicht um einen natürlichen Todesfall handelte. Er erstattete umgehend eine Anzeige bei der Polizeibehörde. Die polizeilichen Untersuchungen ergaben, daß die Todesursache bei der kleinen Anna Hummel keinesfalls klar schien. Auffällige sichtbare Spuren erlittener Mißhandlungen lagen vor. Aber ob ein ursächlicher Zusammenhang dieser Verletzungen mit dem eingetretenen Tode in Verbindung standen war unklar. Auszuschließen sei diese Tatsache allerdings nicht.

Am 11. März 1899 verhaftete man deshalb das Ehepaar. Bereits die Voruntersuchung hatte mit überraschender Klarheit ergeben, daß an dem Mädchen von den leiblichen Eltern das schwerste Verbrechen, nämlich das des Mordes begangen worden war.

Über ein Jahr lang hatten Josef und Juliane Hummel, Tagelöhner von niederer Bildung und Gesinnung, an ihrem Kinde die verschiedenartigsten und grausamsten Mißhandlungen begangen. Schließlich starb das gequälte Kind infolge der fortgesetzten Quälereien. Die Obduktion der Leiche der kleinen Anna Hummel bot ein geradezu entsetzliches Bild von dem Martyrium, daß das unschuldige, unglückliche Kind über diesen langen Zeitraum erdulden mußte. Sie war vollkommen abgemagert. Die Leiche des Kindes wog nicht einmal mehr neun Kilogramm (8850 g), bei einer Körperlänge von 88 cm. Über den ganzen Körper verteilt konnte man eine Anzahl von Verletzungen erkennen und das Haar des Kindes war auf der Scheitelhöhe gelichtet.

Die Untersuchungen zu diesem Mordfall wurden in hervorragender Weise geführt, sodaß am Ende der Ermittlungen eine Menge erdrückendes Material gegen Josef und Juliane Hummel gesammelt vorlag. Der Öffentlichkeit hatte man vorsorglich den Stand der Nachforschungen vorenthalten. Teilweise gelangten aber doch Teile der Vernehmungen an die Bevölkerung und die wartete mit Ungeduld auf den Gerichtsprozeß. Man wollte das Mörderpaar endlich vor dem Richter sehen. Schließlich war es soweit!

Am 14. November 1899 begann der Prozeß vor dem Wiener Schwurgericht.

Der Andrang des Publikums zur Verhandlung war enorm. Ein riesiges Aufgebot von Sicherheitwachleuten und Justizsoldaten genügten kaum, um die Ordnung am Eingang des Gerichtsgebäudes aufrecht zu erhalten. Der Schwurgerichtssaal war völlig überfüllt und mit mehr als zwei Drittel von Frauen besetzt.

In der Verhandlung vor dem Wiener Schwurgericht führte:

* den Vorsitz - Vizepräsident Dr. Feigl,

* die Anklagevertretung - Staatsanwalt Oberlandesgerichtsrat Dr. v. Kleeborn,

* die Verteidigung - Dr. Wolfgang Pollaczet (für Juliane Hummel)

* die Verteidigung - Dr. Barnegg (für Josef Hummel)

Die Jury bestand aus den Herren: Karl Leyner, Karl Horat, Johann Hammer, Josef Klansegger, Karl Höllenthaler, Emil Fey, Georg Hager, Wilhelm Furthner, Victor Eder, Franz Führer, Matthias Krögsamer und Josef Ritter v. Fisch.


BQ – Das interessante Blatt

Pünktlich um 9 Uhr wurde das angeklagte Ehepaar Josef und Juliane Hummel von Justizbeamten in den Saal geführt. Der Angeklagte hinterließ den Eindruck eines rohen, gewalttätigen Menschen. Josef Hummel, ein mittelgroßer, kräftiger Mann mit buschigem Schnurrbart und den dichten dunklen Haaren, blickte fast herausfordernd im Gerichtssaal um sich. Sein Gesicht verriet keinen Zug von Reue über die Tat oder einer etwaigen Furcht vor ihren Folgen. Juliane Hummel war eine eher magere, kleine Person mit unschönen, harten Gesichtszügen. Sie machte einen unattraktiven und unsympathischen Eindruck. Bosheit und Grausamkeit scheinen ihr regelrecht ins Antlitz geschrieben.

Bei der Aufnahme der Personalien erfuhr man, daß der Angeklagte Josef Hummel 38 Jahre, seine Mitangeklagte Frau Juliane Frau 29 Jahre alt waren. Sie hatte bereits einmal einen gerichtlichen Verweis wegen ständiger Mißhandlung ihres Kindes bekommen. Diesen Verweis seitens des Bezirksgerichtes Währing erkannten die beiden Angeklagten natürlich nicht als Strafe an.

 

Zunächst wurde die Angeklagte nach vorn gerufen. Sie trat, in sichtlich gedrückter Haltung, den Blick immer auf den Boden gerichtet, vor den Gerichtstisch. Auf die Fragen des Präsidenten antwortete sie so leise, daß dieser sie auffordern mußte, doch etwas lauter und deutlicher zu sprechen. Sie kam der Aufforderung nach und gab an, daß sie vorbestraft sei.

Präsident: "Was für eine Strafe haben Sie erhalten?"

Angeklagte: "Einen Verweis."

Präsident: "Weshalb denn?"

Die Angeklagte schweigt.

Präsident: "Wollen Sie uns das nicht sagen?"

Angeklagte: "Wegen eines blauen Fleckes."

Präsident: "Wer hat denn den blauen Fleck erhalten?"

Angeklagte: "Mein Kind."

Präsident: "Es sind zwei Kinder da. Eines lebt, eines ist gestorben. Welches hat den blauen Flecke erhalten?"

Angeklagte (mit schwacher Stimme): "Das gestorbene Kind." (Bewegung.)

Präsident: "Es wird Ihnen schwer, auszusagen."

Josef Hummel, der nun aufgerufen wurde, erhob sich wie es schien sehr gleichgültig und trat vor den Gerichtshof. Er erzählte, daß er einmal wegen einer Fahrlässigkeit eine Geldstrafe von zwei Gulden erhielt.

Präsident: "Sie sind noch einmal bestraft worden. Wegen was denn?"

Angeklagter: "I waß nix."

Präsident: "Beim Bezirksgericht Währing."

Angeklagter: "Da bin i gar nöt bestraft worden. Da hab' i nur an' Verweis erhalten."

Präsident: "Sie nennen das leider keine Strafe. Für Sie war es auch keine. Weshalb haben Sie denn den Verweis erhalten?"

Angeklagter (ruhig): "Wegen Mißhandlung des Kindes."

Präsident: "Sie sind schon so verdorben.“

Der Gegenstand des Prozeßes wurde bereits im oberen Abschnitt dargelegt. Als jedoch die Anklage verlesen wurde, ging wiederholt eine hörbare lebhafte Bewegung durch das Publikum.

Der Ausgangspunkt der Anklage war Mord.

Ich (der Verfass.) grenze deshalb die Wiedergabe einiger Details der Anklageschrift verschiedentlich ein, möchte jedoch bemerken, daß viele Momente, die durch das Zeugenverhör bestätigt wurden, bereits in der Anklageschrift fast wortgetreu wiedergegeben worden waren.

Mehrere Male kam es bei der Verlesung der Anklageschrift zu Äußerungen der Entrüstung im Auditorium und zu Gebärden des Entsetzens auf der Geschworenenbank.

"Am 9. März des Jahres 1899 starb das am 27. März 1894 geborene Kind Anna Hummel in der Wohnung seiner Eltern Josef und Juliane Hummel, 18. Bezirk, Paulinengasse 6. Der Totenschauarzt fand an der Leiche auffällige Verletzungsspuren, die ihn veranlaßten, über diesen Todesfall eine Anzeige bei der Polizeibehörde zu erstatten. Die daraufhin eingeleiteten polizeilichen Erhebungen stellten fest, daß die Todesursache bei Anna Hummel nicht klar sei, daß sichtbare Spuren erlittener Mißhandlungen vorlägen und daß ein ursächlicher Zusammenhang dieser Verletzungen mit dem eingetretenen Tode nicht ausgeschlossen sei. Die Sache trat in den Stand gerichtlicher Untersuchung. Am 11. März 1899 wurden Josef und Juliane Hummel verhaftet und die darauf folgende Voruntersuchung hat mit erschreckender Klarheit erschlossen, daß an dem Kinde von den leiblichen Eltern das schwerste Verbrechen, nämlich das des Mordes, verübt worden sei.

Josef und Juliane Hummel sind Tagelöhnersleute von niederer Bildung und Gesinnung; er ist Wäscherhausknecht, sie verdient sich mit Bügeln ihr Brot. Sie hatten zuerst eine Zeit lang im Konkubinat gelebt und sich dann im Jahre 1895 geheiratet. Anna kam noch während des Konkubinats zur Welt und wurde später durch die nachfolgende Ehe legitimiert. Die erste Zeit ihres Lebens brachte Anna Hummel nicht bei den Eltern zu. Sie war zu verschiedenen Kostfrauen in Pflege gegeben worden. Erst 1896 wurde sie wieder von ihren Eltern zurückgenommen. Wenn Anna Hummel es überhaupt in ihrem kurzen Leben einmal gut gehabt hat, so war es dies sicherlich nur an einem der Kostorte, nicht aber bei den eigenen Eltern, denn diese müssen das Kind von allem Anfang an mit Lieblosigkeit und Abneigung, die sich bis zum bittersten Haß steigerten, behandelt haben."

Den schweren Vorwurf, den die Anklage gegen das Ehepaar Josef und Juliane Hummel erhob, sie hätten ihr eigenes Kind ermordet, basierte auf einer breiten Beweislast. Durch das umfangreiche und gewissenhafte Vorverfahren konnte beiden Beschuldigten nachgewiesen werden, daß sie seit mindestens einem Jahr die verschiedenartigsten und grausamsten Mißhandlungen an ihrem Kind begangen hatten. Als Ergebnis, so hofften die Beiden ständig, sollte dieses Kind endlich infolge der fortgesetzten Attacken zu Grunde gehen. Denn diesen Umstand stützte auch die Obduktion und stellte vor allem das Gutachten der Gerichtsärzte fest.

Am 11. März 1899 erfolgte die Obduktion der Leiche der Anna Hummel. Sie bot ein geradezu entsetzliches Bild von den Leiden, die das unglückliche und unschuldige Kind über einen langen Zeitraum erdulden mußte.

Auszug aus dem Obduktionsbericht:

"Die Leiche war vollkommen abgemagert und hatte bei einer Länge von 88 cm nur 8850 g, also nicht einmal 9 kg Gewicht; das Haar auf der Scheitelhöhe war spärlich und gelichtet, am ganzen Körper war eine Unzahl von Verletzungen vorhanden. An schweren Verletzungen wurden festgestellt - an der linken Ohrmuschel eine Rißwunde mit blutiger Unterlaufung des Gewebes, an der Oberlippe links eine Rißquetschwunde, die ganze Dicke der Lippe durchdringend, entsprechend im Oberkiefer fehlten die Schneidezähne und war der vierte gelockert, ein Bruch des rechten Schlüsselbeines, ein Bruch der rechten siebenten Rippe mit Vereiterung der Bruchstelle, der dritte, vierte und fünfte Finger beider Hände verkrüppelt. Außerdem waren noch unzählige Hautabschürfungen und Substanzverluste der Oberhaut an der Stirn, den Schläfen, Wangen, Ohrmuscheln, am Unterkieferwinkel, Kinn und an der Nase, an beiden Ober- und Unterschenkeln, am Rücken und an den beiden Armen sichtbar."

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?