So klappt's mit dem Welt-Retten: Kompakt-Ratgeber

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So klappt's mit dem Welt-Retten: Kompakt-Ratgeber
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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Anja Haider-Wallner · Mona Haider

So klappt’s mit dem Welt-Retten

Kleine Veränderungen mit großer Wirkung

Kompakt-Ratgeber

E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-552-3

(Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-550-9, 1. Auflage 2020)

Mankau Verlag GmbH

D-82418 Murnau a. Staffelsee

Im Netz: www.mankau-verlag.de

Internetforum: www.mankau-verlag.de/forum

Redaktion: Tanja Braune, Redaktionsbüro »Die Schnatterei«

Lektorat: Redaktionsbüro Julia Feldbaum, Augsburg

Endkorrektorat: Susanne Langer-Joffroy M. A., Germering

Cover/Umschlag: Andrea Barth, Guter Punkt GmbH & Co. KG, München

Layout: X-Design, München

Satz und Gestaltung: Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich

Energ. Beratung: Gerhard Albustin, Raum & Form, Winhöring

Konzeption Spiel: Hans Glück, Tobias Trübenbach; KBW Traunstein

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

Bildnachweis:

© Birgit Machtinger, www.birgitmachtinger.com 4 o., 5 m., 6, 8, 14–15, 52, 80, 83, 98, 101, 102, 104–105, 111, 120, 124, 126, 149o., 154

© stock.adobe.com 4 u., 5 o., 34–35: Felix; 5 u., 130: Rawpixel.com; 10: Jenny Sturm; 43: Klanarong Chitmung; 46: ximich_natali; 60: JeanLuc; 71: New Africa; 95: Peeradontax; 112: contrastwerkstatt; 123, 149: Daniel Berkmann; 129: t4nkyong; 137: Photobank; 143: Africa Studio

© Michael Messal 20; © Christoph Krug 66; © Foto Schreiner 69; © privat 88

Hinweis für die Leser:

Die Autorinnen haben bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Verlag und Autorinnen können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch vorgestellten Anwendungen ergeben.

Vorwort

Welt-Retten klingt nach einer großen Aufgabe, vor der viele Menschen schnell in die Knie gehen. Ich und die Welt retten? Das hört sich ein wenig vermessen an. Was soll ich schon groß machen?! Ja, die großen Schrauben können wir, jeder Einzelne von uns, sicher nicht drehen. Politische Rahmenbedingungen für die Industrie, den internationalen Handel und die weltweite Mobilität müssen von den Mächtigen dieser Welt gesetzt werden. Fast alle Klima-Expert*innen proklamieren, dass nur eine global umgesetzte CO2-Steuer oder der erweiterte Handel mit CO2-Zertifikaten die Klimakatastrophe bremsen und das Erreichen der Klimaziele gewährleisten wird. Dazu kannst du vielleicht nicht direkt etwas beitragen, aber indirekt sehr viel. Wenn du dein Leben veränderst, wenn du dich engagierst in der »Fridays for Future«- Bewegung, politisch oder einfach nur in deinem Freundeskreis, dann setzt du kleine Schritte und motivierst auch andere dazu. Viele kleine Schritte versetzen Berge.

Welt-Retten darf Spaß machen. Welt-Retten, das sind auch die ganz kleinen Veränderungen. Welt-Retten beginnt heute. Mit dir?

Inhalt

Vorwort

Unser Fußabdruck in der Welt

Anja Haider-Wallner: »Ich genieße den nachhaltigen Lebensstil sehr.«

Mona Haider: »Es muss sich etwas verändern!«

Selbsttest: Und wie lebst du?

Gemeinwohl-Selbsttest

Ökologischer Rucksack

Ein guter Tag hat 100 Punkte


»Enkeltauglich Leben«

Ein Spiel, das deine Welt verändert

Die Gemeinwohlökonomie als Wurzel

»Enkeltauglich Leben« entsteht

Spielerisch die Welt retten

So geht’s zum Selberspielen


Ökologische Nachhaltigkeit

Kochen und Essen

Umweltschonend zubereiten

Regional ist das neue Bio

Der Trend zum Selbstversorgen

Einkochen und Haltbarmachen

Vegetarisch und vegan versus Fleischkonsum

Nachhaltiger Fisch

Bio & Fairtrade

Infoseite: Die liebe Ernährung

Wohnen

Stadt versus Land

Bauen und Instandhalten

Ökologisch reinigen

Muss es immer groß sein?

Nachhaltiger Konsum

Exkurs – Exponentielles Wachstum

Teilen statt kaufen

Reparieren

Tauschen

Streaming und Co.

Minimalismus

Plastikfasten

Buy local

 

Infoseite: Das Klima leidet – und die Menschheit mit

Finanzen und Finanzierung

Mobilität

Im Alltag

Auf Reisen


Menschenwürde

Selbstfürsorge und der Blick auf die Mitmenschen

Nach sich selbst schauen

Die Balance halten

Sinnsuche im Beruf

Gelingende Beziehungen

Infoseite: Ertrag versus Menschlichkeit


Solidarität und Demokratie

Einstehen für Solidarität und ein demokratisches Miteinander

Zivilgesellschaftliches Engagement

Politik

Aktivismus

Demokratie im Kleinen

Verteilungsgerechtigkeit

Infoseite: Mangelware Wasser

Faire Arbeitsbedingungen

Schlusswort

Danke

Register

Unser Fußabdruck in der Welt


Anja Haider-Wallner: »Ich genieße den nachhaltigen Lebensstil sehr.«

Ich weiß eigentlich gar nicht genau, wann es begonnen hat. Vielleicht damals im Gymnasium, als ich zehnjähriges Küken

Mitschüler*innen überzeugt habe, Unterschriften gegen ein Atomkraftwerk im grenznahen Ausland zu sammeln, und wir durch alle Klassen tingelten? Oder als ich wieder einmal fast körperlich litt, weil alte Bäume gefällt wurden, und schließlich begann, Bio- und Umweltressourcenmanagement zu studieren, um dem Totschlagargument der Behörden, »Gefahr in Verzug«, stichhaltige Argumente für das Überleben der Bäume entgegensetzen zu können. Irgendwie ging es schleichend …

Mit dem Vater meiner Kinder baute ich ein Niedrigstenergiehaus aus Holz, beheizt wurde es mit einer Erdwärmepumpe, eine Lüftungsanlage sorgte für Wärmerückgewinnung, und gute Dämmung aus nachwachsenden Ressourcen hielt im Sommer Kühle, im Winter die Wärme im Haus. Kluge Beschattung, die sich am Sonnenstand orientierte, ließ die Sonne im Winter tief in die Räume hinein, im Sommer blieb sie draußen. Wir legten einen naturnahen Garten an, ernährten uns biologisch und fleischarm. In den Urlaub fuhren wir mit dem Zug und tauschten unser Haus mit anderen Familien.

In dem Haus lebe ich nicht mehr, dafür fahre ich heute viel mit dem Fahrrad oder nutze mein Elektroauto. Neue Kleidung kaufe ich kaum. Bis auf Unterwäsche und Socken wird fast alles getauscht oder auf Flohmärkten oder in Secondhandshops zusammengetragen. Elektronische Geräte lasse ich reparieren und nutze sie so lang wie möglich.

Ich engagiere mich für grüne Politik und habe ein Socialbusiness mitgegründet, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verpflichtet fühlt. Im »FreuRaum« wird regional, saisonal und vorwiegend biologisch gekocht. Wir bemühen uns, wenig Müll zu verursachen. Als Beraterin begleite ich Unternehmen dabei, nachhaltiger und sozialer zu wirtschaften. Die Ausbildung zur »Enkeltauglich Leben«-Spielleiterin ist ein Sahnehäubchen. Dieses Spiel finde ich wirkungsvoll, weil es Spaß macht, sein Leben zu verändern. Anders geht es nicht aus meiner Sicht.

Ich genieße meine Art zu leben. Keine Spur von Verzicht, sondern ganz viel Glückseligkeit, ein Gefühl von »Beschenkt-Sein« liegt darin. Etwa wenn ich beim Kleidertausch ein Kleid probiere, das wie angegossen passt, und sich die frühere Besitzerin darüber freut. Oder wenn ich eine Karotte aus dem Hochbeet ziehe, sie abwasche und gleich daran knabbere. Ich liebe es, frisches Gemüse mit Kräutern und Gewürzen zuzubereiten. Immer neue Geschmacksexplosionen zu erzeugen und dann mit einem Glas Biowein aus der Region zu verspeisen.

Für meine Kinder ist dieser Lebensstil eine Selbstverständlichkeit, gegen die sie aber auch immer wieder rebellieren. Ich begegne dieser Rebellion mit Gelassenheit. Sie gehen ins Fast-Food-Restaurant, bestellen bei Amazon, und wir sind auch das eine oder andere Mal geflogen. Meine Kinder wissen: Ich finde das nicht gut, aber sie müssen ihre eigenen Entscheidungen treffen. Dogmatismus bringt niemanden weiter. Heute freut es mich, dass mein Sohn nur noch Vintage kauft und meine Tochter ihre Abschlussarbeit an der Waldorf-Schule über Klimawandel geschrieben hat und jetzt auch dieses Buch mit mir verfasst. Ich habe mich im Sinne der Gemeinschaftlichkeit dafür entschieden, in diesem Buch ein achtsames Du zu verwenden.


Mona Haider: »Es muss sich etwas verändern!«

Schon als ich neun Jahre alt war, beschloss ich, mich vegetarisch zu ernähren, obwohl ich von klein auf Fleisch »liebte«. Bei uns zu Hause gab es generell selten Fleisch, dennoch war die Umstellung nicht leicht. Vor etwa zwei Jahren fingen wir dann in der Schule an, regelmäßig über den Klimawandel zu reden. Ich begann mich für das Thema zu interessieren und wollte schließlich immer mehr darüber wissen. In meiner damaligen Schule hatten wir die Aufgabe, uns für ein Thema zu entscheiden, das wir anschließend über ein ganzes Schuljahr zu einer zwanzigseitigen Arbeit zusammenfassen mussten. Ich überlegte nicht lange und entschied mich für den Klimawandel. Da kaum jemand in der Klasse sich wirklich darüber informiert hatte und die meisten sehr wenig darüber wussten, war es für mich das perfekte Thema. Mir persönlich war es wichtig, dass ich so vielen Menschen wie möglich die Wichtigkeit dieses Themas klarmachen konnte. Je mehr ich recherchierte, desto spannender und schockierender wurde es. Mir war natürlich von Anfang an klar gewesen, wie komplex dieser Themenbereich war, doch bei manchen Punkten erschrak ich und beschloss, mein Leben weiter zu verändern. Gemeinsam mit meiner Klasse war ich auch bei der ersten großen »Fridays for Future«- Demo in Wien dabei. Greta Thunberg versucht, viele Menschen wachzurütteln. Aber sie allein wird die Welt nicht retten können.

Ich finde, wir jungen Menschen können nicht oft und laut genug sagen: »Tut etwas für unsere Erde, sonst ist es zu spät!« Daher habe ich Ja gesagt, als meine Mutter mich gefragt hat, ob ich meine Sicht zu diesem Buch beitragen will.

Selbsttest: Und wie lebst du?

Bevor du dich auf die Reise begibst, die Welt zu retten, ist eine Bestandsaufnahme gefragt. Wie enkeltauglich, also ökologisch nachhaltig, sozial, gerecht, demokratisch und solidarisch lebst du eigentlich? Wenn du weißt, von wo aus du startest, kannst du dich später über die Auswirkungen deiner Welt-Retter-Maßnahmen freuen. Damit diese nicht verpuffen, brauchst du einen Rahmen, um die Verbesserung auch messen zu können. Zum Einstieg in das Buch stellen wir dir einige Tests vor. Welchen du wählst, liegt bei dir. Nur der Gemeinwohl-Selbsttest macht auch soziale und ethische Aspekte sichtbar, bei allen anderen wirken sie dennoch ebenso mit. Denn wer regional einkauft, spart nicht nur CO2 und Ressourcen, sondern unterstützt auch faire Arbeitsbedingungen.

Um die Veränderung sichtbar zu machen, solltest du bei einem Standard bleiben, oder du machst einfach alle Tests für dich durch und entscheidest dann, was dir am ehesten liegt.


INFO

ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK

Der ökologische Fußabdruck beschreibt jenen Flächenbedarf, den jeder Einzelne durch sein persönliches Verhalten, seinen Lebensstil und Lebensstandard (Ernährung, Mobilität, Wohnen, Konsum) und den allgemeinen gesellschaftlichen Anteil (»Grauer« Fußabdruck) in Anspruch nimmt.

Obwohl Mona und ich sehr nachhaltig und bedacht im Umgang mit den Ressourcen leben, verbrauchen wir dennoch zu viel. Hätten alle Erdenbürger*innen meinen Fußabdruck, bräuchten wir 2,4 Planeten, um allen den gleichen Zugriff auf Ressourcen und Energie zu ermöglichen.

Österreichischer Fußabdruck-Rechner des Bundesministeriums:

mein-fussabdruck.at

Foodprint-Rechner des WWF:

wwf.ch/de/nachhaltig-leben/footprintrechner

Für Deutschland gibt es einen sehr guten CO2-Rechner:

uba.co2-rechner.de

Gemeinwohl-Selbsttest

Der Gemeinwohl-Selbsttest beruht auf denselben Werten wie das »Enkeltauglich Leben«-Spiel – auf jenen aus der Gemeinwohl-Bewegung. Er wurde von der Regionalgruppe in der Steiermark initiiert und umfasst neben Fragen zur ökologischen Nachhaltigkeit auch solche zu Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit, Mitbestimmung und Demokratie. Das Ergebnis wird als Balkendiagramm dargestellt, das Handlungsfelder sichtbar macht. Die Fragen sind an der Oberfläche, für Details kann man sich vertiefen.

Gemeinwohl-Selbsttest der Gemeinwohl-Ökonomie Steiermark: gwoe-steiermark.at/selbsttest

Ökologischer Rucksack

Das Tool des Wuppertal Instituts liefert eine umfassende Analyse des eigenen Ressourcenverbrauchs.

28 Tonnen Rohstoffe verbraucht der/die durchschnittliche Bundesbürgern jedes Jahr. Der Fragebogen umfasst die Kategorien Wohnen, Konsum, Ernährung, Freizeit, Mobilität und Urlaub. Viele Angaben, wie etwa zum Heizen, müssen nicht hundertprozentig genau sein. Zusammengerechnet ergibt sich daraus, wie viele Tonnen Rohstoffe der Einzelne ungefähr pro Jahr verbraucht - auch solche Rohstoffe, die indirekt am Produktionsprozess beteiligt sind. Wer sein Leben nachhaltiger gestalten möchte, erhält dazu Tipps, wenn er sich erneut durch alle Fragen klickt. Du kannst beim zweiten Durchgang auch bereits Zielwerte eingeben und live sehen, welche Veränderung sie bewirken. Für den Test solltest du dir zehn Minuten Zeit nehmen.

Der »ökologische Rucksack« des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie: ressourcen-rechner.de

Ein guter Tag hat 100 Punkte

Unsere Lebensweise bewirkt einen Ausstoß von Klimagasen – allen voran CO2. Wissenschaftler*innen haben ausgerechnet, dass jeder Mensch 6,8 Kilogramm CO2 pro Tag ausstoßen darf, damit es unserem Klima auch in Zukunft gut geht. Um das einfacher zu machen, wurden die 6,8 Kilogramm in 100 Punkte umgerechnet: Jeder Mensch hat jeden Tag 100 Punkte zur Verfügung. Auf der Website gibt es einen Punkterechner. Du kannst dich registrieren und die Wirksamkeit der kleinen Veränderungen an deinem Lebensstil gleich überprüfen. Gibt’s auch als Handy-App!

 

Ein guter Tag (eine Initiative von Kairos – Institut für Wirkungsforschung & Entwicklung, Bregenz, und Integral Ruedi Baur, Zürich): eingutertag.org Zum besseren Verständnis gibt es auf YouTube ein Erklärvideo: youtu.be/z8RnPzs62Gg


»Enkeltauglich Leben«

Wenn viele Menschen jeden Tag viele kleine Dinge angehen, dann verändern sie nicht nur ihr eigenes Leben, sie verändern die Welt.

Mit dem »Enkeltauglich-Leben«-Spiel geht das einfach und macht richtig Spaß!


Ein Spiel, das deine Welt verändert

Die Zahl der Menschen wächst, die sich Gedanken über einen nachhaltigen Lebensstil machen. Was kann ich tun, um die Umwelt zu schonen, nicht zu viel Müll zu produzieren oder Menschen in Armut oder Not zu unterstützen?

Als einzelne Person fühlt man sich bei diesen Fragen oft machtlos. »Enkeltauglich Leben« ist ein intensiver Weg, um den eigenen Lebensstil in Sachen Nachhaltigkeit zu hinterfragen und zu ändern. Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Spiel zu spielen. Eine ist, dir eine Gruppe Gleichgesinnter und einen ausgebildeten Spielleiter zu suchen. Dazu findest du nähere Informationen auf enkeltauglich-leben.org. Oder du startest selbst eine Gruppe!

Aber natürlich kannst du auch das Buch lesen und dich selbst überprüfen, hinterfragen und deinen Lebensstil in Richtung Nachhaltigkeit optimieren. Manche Themen werden hier nur gestreift, andere vertieft, wie es eben im Rahmen eines handlichen Ratgebers möglich ist. Nutze Links, Apps, Buchtipps und Formulare, um selbst weiterzukommen – vertiefe Themen, die dich interessieren, durch eigene Recherche.

Wie auch immer – fang an und sieh es als Startpunkt für eine Veränderung!

Die Gemeinwohlökonomie als Wurzel

Eine Wirtschaft, in der Lebensqualität über dem Profit und das gute Leben von Mensch und Tier im Einklang mit der Umwelt stehen? Eine Wirtschaft, in der Kooperation, Solidarität und Gerechtigkeit, Demokratie und Mitbestimmung die entscheidenden Werte sind? Ist das denn möglich? Und was hat Wirtschaft überhaupt mit dir und mir zu tun?

Wenn man in Gruppen fragt, was Wirtschaft ist und wie wirtschaftlicher Erfolg aussieht, erhält man durchaus unterschiedliche Antworten. Für die einen hat Wirtschaft mit internationalen Konzernen zu tun, den Erfolg zeigt der monetäre Gewinn an. Andere sehen den regionalwirtschaftlichen Aspekt, kaufen am Bauernmarkt oder beim örtlichen Tante-Emma-Laden. Viele jedoch haben ein sehr nebulöses Bild von Wirtschaft und das Gefühl, wenig bis nichts damit am Hut zu haben. Mit Fakten wie Kinderarbeit in Entwicklungsländern, Umweltverschmutzung, ungerechte Verteilung von Vermögen u. v. m. konfrontiert, zucken sie mit den Schultern und meinen: »Was kann ich da schon tun?!«

Seit 2010 gibt es einen alternativen Entwurf zum gelebten System des neoliberalen Kapitalismus. Die internationale Gemeinwohl-Bewegung setzt ausgehend von Wien mit Frontmann Christian Felber Zeichen für eine werteorientierte Wirtschaft, in der Kooperation und gelingende Beziehungen zentral sind. Hunderte Unternehmen und Institutionen wenden dieses Modell bereits an, um Erfahrungen zu sammeln und Vorbild zu sein. Innerhalb der Bewegung gibt es schon lange Bestrebungen, auch Privatpersonen einzubinden. Der Weg zur Veränderung führt – neben einem gemeinwohlorientierten gesetzlichen Rahmen, den die Politik vorgeben soll – über viele kleine Initiativen in Gemeinden, Landkreisen und privaten Haushalten. Gleich einer Grassroot-Bewegung, die von unten nach oben wächst.

»Enkeltauglich Leben« entsteht

Das Katholische Bildungswerk Traunstein ist ein kleiner Verein im südöstlichsten Teil Bayerns und seit 1973 für die offene Bildung von Erwachsenen im Landkreis zuständig. Im Jahr 2014 holte es verschiedenste Visionäre, welche sich zu einer nachhaltigen Zukunft Gedanken machen, im Zuge des »Festivals der Utopie« in den Landkreis.

Mit dabei war auch Christian Felber, der geistige Gründer der Gemeinwohlökonomie. Angesteckt von dessen Ideen wurde im Jahr 2017 ein Projekt zur Gemeinwohlökonomie geplant. Als ein Zufallsprodukt dessen entstand das Spiel »Enkeltauglich Leben«, das vor Ort so viele Menschen begeisterte, dass es bald seine Ausbreitung über die Landkreisgrenzen hinaus fand. Zwei Jahre später, im Jahr 2019, wurde das Spiel bereits 52-mal in ganz Deutschland und Österreich gespielt und findet weiterhin Verbreitung.

Spielerisch die Welt retten

Eine Gruppe von Personen trifft sich über ein halbes Jahr jeden Monat mit einem/einer Spielleiter*in. Die Aufgabe der Teilnehmer*innen besteht in selbst gewählten Vorsätzen und Veränderungen für eine »enkeltauglichere« Zukunft, die sie bis zum nächsten Treffen in ihrer Welt – also bei sich und in ihrer Umgebung – umsetzen wollen. Der Kern des Spiels ist also, aktiv zu werden!

Es gibt bei jedem Treffen Schwerpunktthemen wie ökologische Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Solidarität, Menschenwürde oder Demokratie. Die Mitspieler geben sich gegenseitig Punkte für die einzelnen Aktionen. Es ist erstaunlich, wie die Gruppendynamik die Verhaltensänderung voranbringt und welches Potenzial das Spiel hat: Die Mitspieler*innen in den ersten Runden setzten von 450 selbst gestellten Aufgaben 90 Prozent in die Realität um!

In den bestehenden Gruppen sind schon viele große und kleine Veränderungen passiert, von Knuts Selbstversuch einer veganen Lebensweise über Antons Bürgerinitiative für einen Radweg bis hin zu Sophias Kontowechsel zu einer ökologischen Bank.

Jeder Teilnehmer entscheidet selbst von Monat zu Monat, wie groß oder klein, wie weitreichend die eigene Aktion ist. Wichtig dabei ist der Spaß an der Sache, daher verzichtet »Enkeltauglich Leben« auf den erhobenen Zeigefinger und geht die Veränderungen spielerisch an.

NIKO PAECH, DEUTSCHER ÖKONOM

»Das Projekt ›Enkeltauglich Leben‹ greift den wichtigsten Aspekt einer nachhaltigen Entwicklung auf, nämlich die Herausbildung einer Lebensführung, deren Nebenfolgen mit 7,3 Mrd. (Menschen) multipliziert werden können, ohne dass die Lebensgrundlagen zerstört werden. Die entscheidende Frage lautet: Was steht einem einzelnen Individuum an materiellen Freiheiten zu, sodass es nicht über seine Verhältnisse lebt? Genau darin spiegelt sich der Gerechtigkeits-Imperativ des 21. Jahrhunderts wider. Einen solchen Lebensstil spielerisch zu erarbeiten, ist ein guter Ansatz, weil er die Menschen motiviert.«

HINWEIS FÜR E-BOOK-LESER

Das dem gedruckten Buch beiliegende Spielplanposter können Sie unter mankau-verlag.de bestellen. Außerdem finden Sie es zum kostenlosen Download unter enkeltauglich-leben.org/buchspiel, auf der Produktseite unter mankau-verlag.de sowie als Grafik zum Ausdrucken nach Seite 31 dieses E-Books.

So geht’s zum Selberspielen

Dieses Buch ermöglicht dir, mit einer Gruppe von Freund*innen, Familienmitgliedern, Kolleg*innen oder Interessierten mit Spaß ins Tun zu kommen und dabei der Welt etwas Gutes zu tun.

Deine Rolle als Gastgeber*in

Du hast dieses Buch gekauft oder geschenkt bekommen und findest, dass es an der Zeit ist, Veränderungen in Angriff zu nehmen. In deinem Leben. Und da gehören eben auch Menschen dazu, die dir nahestehen. Immerhin beeinflussen wir einander stets gegenseitig.

Als Gastgeber*in bist du gleichzeitig Teilnehmer*in am »Enkeltauglich Leben«-Spiel, aber du sorgst auch für den nötigen Rahmen, stellst den Raum zur Verfügung und bist der Organisator des Ganzen. Du kannst mit diesem Buch arbeiten, dich von Links und Literaturtipps inspirieren lassen und den Spielplan sowie weitere hilfreiche Materialien auf der Website enkeltauglich-leben.org/buchspiel herunterladen. Zusätzlich zum Spielplan benötigst du nur noch einen Stift.

Vor dem ersten Treffen

Lege Ort und Zeitpunkt des ersten Treffens fest und verteile die Einladung – am besten digital – an interessierte Freunde.

Du kannst dir die Einladungsvorlage unter dem oben genannten Link herunterladen und die Informationen anpassen. Wenn du die Vorlagen nicht benutzen möchtest, denke daran, in deiner Einladung folgende Fragen zu beantworten:

► Wer lädt ein?

► Wann und wo ist das erste Treffen?

► Worum geht es?

Wenn mindestens drei Personen beisammen sind, könnt ihr starten!

Das Wichtigste in Kürze

► Ihr seid 3–6 Teilnehmer*innen.

► Ihr trefft euch viermal, jeweils im Abstand von etwa einem Monat.

► Ihr benötigt pro Treffen etwa 2 1/2 Stunden.

► Ihr besprecht jeweils drei bis fünf Leitfragen aus einem der drei Themengebiete, die auch im Buch behandelt werden.

Das erste Treffen

► Begrüßung und Kennenlernen (etwa 30 Minuten)

► Den Rahmen klären (etwa 15 Minuten)

► Diskussion zu Leitfragen rund um »Ökologische Nachhaltigkeit«, → Seite 103 (etwa 45 Minuten)

► Aufgaben definieren und gemeinsam bepunkten (etwa 45 Minuten)

► Abschlussrunde (etwa 15 Minuten)

Begrüßung und Kennenlernen

Falls ihr euch nicht kennt, empfiehlt sich eine Kennenlernrunde: Erkläre den Teilnehmer*innen den Ablauf des Spiels, deine Rolle und warum du die Gruppe einberufen hast. Bitte alle, ihren Namen und zwei bis drei Sätze zur Person zu sagen und ihre Motivation zu erklären, warum sie am Spiel teilnehmen.

Folgende Umgangsregeln erleichtern das Spiel:

► Lasst einander ausreden!

► Behaltet den Bezug zum Thema!

► Vereinbart ein Zeichen für »Komm zum Punkt«. Von diesem Zeichen darf jede*r Gebrauch machen, wenn er oder sie das Gefühl hat: »Es wird mir zu viel« oder »Das passt nicht zum Thema«.

Den Rahmen festlegen

Tragt alle vier Termine und alle Spielorte (wo ihr euch also treffen wollt) in den Spielplan ein.

TIPP

Kommunikationswege klären

Es macht Spaß, sich zwischen den Treffen »Updates« zu den gestellten Aufgaben zu geben. Wir empfehlen den Gruppen möglichst datenschutzkonforme Messenger-Apps wie Threema oder Signal, aber auch ein E-Mail-Verteiler (z. B. Posteo) ist möglich. Verständigt euch auf eine Kommunikationsmethode, die für alle passt.

Diskussion zu Leitfragen rund um »ökologische Nachhaltigkeit«

Lies als Spielleiter*in laut die Einleitung in das Kapitel »Ökologische Nachhaltigkeit« (→ Seite 35 ff.) vor und kläre etwaige Rückfragen. Greif dann zwei, drei möglichst unterschiedliche Beispiele aus dem Kapitel auf, beispielsweise Kochen, Heizen oder Reparieren.

Am Ende des Kapitels findest du vier Leitfragen als Diskussionsgrundlage und zur persönlichen Einstimmung ins Thema (→ Seite 103). Diese lest ihr euch durch. Dann bildet eine Runde. Jede*r Teilnehmer*in hat ausreichend Raum zum Sprechen.

TIPP

SMART arbeiten in der Gruppe!

Hilfreich für die gute Formulierung der Aktionen im Spiel ist die SMART-Regel:

S-pezifisch: Worum geht es ganz konkret? Achtet darauf, dass jede*r Teilnehmer*in ihren Satz klar und pointiert als Ziel definiert!

M-essbar: Woran kann die Zielerreichung gemessen werden? Meist ist es eine Größe in Zeit, Geld, Anzahl(z. B.: fünfmal die Woche vegetarisch kochen/zwei Abende die Woche Zeit für ein Ehrenamt nehmen/zwei Euro täglich für ein soziales Projekt beiseitelegen …)

A-ktiv: Ihr müsst selbst etwas tun! Es muss etwas Neues sein, das den Einzelnen herausfordert und aus der Komfortzone lockt. Etwas, das wirklich etwas in eurem Umfeld, in eurer Familie oder am Arbeitsplatz verändert!

Die Aktion muss nichts kosten, darf aber durchaus Zeit in Anspruch nehmen.

R-ealistisch: Habt ihr überhaupt die Möglichkeit, diese Aufgabe umzusetzen? Macht euch Gedanken darüber, welche Zeitressourcen ihr im Alltag habt.

T-erminiert: Zielpunkt ist immer: bis zum nächsten Treffen!


Aufgaben definieren und bepunkten

Ihr seid nun aufgewärmt und bereit, ins Thema einzusteigen. Nun wird’s spannend, denn jeder darf sich Gedanken machen, mit welcher Aufgabe, Maßnahme oder Aktion er/sie bis zum nächsten Treffen zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit beitragen möchte.

Du als Gastgeber*in trägst die Aktionen in den Spielplan ein. Bitte alle, ihre Aktion zu unterschreiben. Das erhöht die Verbindlichkeit. Jeder Teilnehmer gibt an, wie groß die Herausforderung seiner Aktion für ihn ist.

Beispiel: »Ich nehme mir vor, dass ich bis zum nächsten Mal nur mit dem Rad in die Arbeit fahre.« Die Herausforderung kann hierbei erheblich variieren, je nachdem, wie lang die Strecke ist oder wie trainiert der Teilnehmer. Hilfreich bei der Formulierung der Aktionen ist die nebenstehende SMART-Regel.

Spieleinsatz: CO2-Punkte

Mit jeder erfolgreich umgesetzten Aktion erspielt ihr als Gruppe CO2-Punkte, die am Ende des Spiels einem guten Zweck zugutekommen. Ihr könntet zum Beispiel pro erspieltem Punkt drei Cent (aber natürlich auch mehr) an die Initiative klima-kollekte.de oder ein anderes soziales Projekt nach Wahl spenden. Durch die Klima-Kollekte werden Projekte im globalen Süden unterstützt, die Armut mindern und CO2 einsparen. Mit drei Cent kann ein Kilogramm CO2 kompensiert werden. Damit entspricht ein erspielter Punkt einer Kompensation von einem Kilogramm CO2.

Wichtig: Beim letzten Treffen zahlt jeder seinen erspielten Anteil in einen gemeinsamen Topf ein. Legt fest, wer für die anschließende Überweisung des Geldes verantwortlich ist, und tragt den Namen der Person in den Spielplan ein.

CO 2 -Punkte-Vergabe

Gib nun allen Teilnehmer*innen einen Stift. Jede*r hat drei Punkte zu vergeben und darf diese auf alle Aufgaben außer die eigenen verteilen. Die drei Punkte können beliebig verteilt werden, das heißt, alle drei Punkte können auch einer einzelnen Aktivität zugeordnet werden. Die Kriterien für die Punktevergabe liegen in eigenem Ermessen. Häufig wird genannt:

► Schwierigkeitsgrad: Das finde ich anspruchsvoll oder zeitlich aufwendig für den/die Spieler*in.

► Nachhaltigkeitsgrad: Das ist eine besonders wirksame Aktion für eine nachhaltige Zukunft.

► Mitleidsbonus: Da hat eine Aktion noch keinen Punkt, das will ich ändern.

Nimm im Anschluss ein Foto des Spielplans auf und schicke es an alle.

Damit euer »Enkeltauglich«-Spiel besonders weite Kreise ziehen kann, verbreitet eure Aufgaben, euer persönliches Erleben und eure Ergebnisse an eine möglichst breite Öffentlichkeit. Das kann auf Social Media geschehen, über einen eigenen Blog oder ein Interview für eine Regionalzeitung. Überlegt, welche »PR«-Möglichkeiten jede*r von euch hat!

Abschlussrunde

Bei der Abschlussrunde sollte jede*r zu Wort kommen. Diese vier Punkte werden erörtert:

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