Was wäre, wenn ...?

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Inhalt

Andrea Römmele Was wäre, wenn …? Drei Szenarien zum Überleben der Demokratie

Die Autorin

Impressum

Andrea Römmele

Was wäre, wenn …?

Drei Szenarien zum Überleben der Demokratie

Wir Menschen neigen gerne dazu, manche Dinge verhältnismäßig schnell für selbstverständlich zu halten. Wir gewöhnen uns etwa an einen bestimmten Lebensstil, ein Gehalt oder unseren Partner. Vor allem bei Kindern lässt sich beobachten, wie die volle Aufmerksamkeit oft auf ein bestimmtes Spielzeug gerichtet wird, dessen Erhalt für kurze Zeit als Erfüllung erlebt wird. Schnell verblasst jedoch die Erinnerung an das Verlangen, das mit dem Wunsch verbunden war. Die Folge: Die Aufmerksamkeit richtet sich auf etwas Neues, oder das Erhaltene verliert langsam an Reiz. Man möchte es zwar nicht unbedingt missen, aber es fällt einem zunehmend schwer, die eigene Faszination, die ursprünglich damit verbunden war, nachzuvollziehen.

Das gilt auch für unsere Demokratie. Damit meine ich allerdings nicht, dass wir ihr gerade überdrüssig werden, sondern dass sie uns als etwas Gegebenes erscheint. Folgt man dem Democracy Index, lebt nicht einmal die Hälfte der Weltbevölkerung aktuell in einer Demokratie. Auch in Deutschland stellt die Demokratie (noch) historisch betrachtet eher die Ausnahme als die Regel dar. Wir sollten deshalb unbedingt Abstand nehmen, die Demokratie und ihr Fortbestehen als etwas Selbstverständliches zu betrachten. Vieles, was für heutige Generationen quasi natürlich erscheint, ist und bleibt politisch. Und was politisch ist, ist immer in Bewegung. Unser Parlament selbst wählen zu können, ist für den Großteil unserer Gesellschaft nichts Besonderes. Machen wir uns aber bewusst, wie verhältnismäßig kurz der Zeitraum ist, seit dem uns allen (Männern und Frauen, im Westen und im Osten) dieses Recht zusteht, wird deutlich, dass das, was uns alltäglich erscheint, nicht die Regel, sondern eine gewaltige Ausnahme ist.

Die letzten Jahre im Allgemeinen und das Jahr 2020 im Besonderen haben uns (mal wieder) mit voller Wucht vor Augen geführt, dass unser Leben – auf individueller, gesellschaftlicher und politischer Ebene – nicht wirklich planbar ist. Nicht zuletzt die rasante Ausbreitung des Corona-Virus und seine unabsehbaren Folgen haben gezeigt, dass wir nichts für selbstverständlich nehmen können. Quasi ohne Vorwarnung hat ein Virus dazu geführt, dass Grenzen in Europa geschlossen, Einreiseverbote verhängt und elementare Grundrechte eingeschränkt wurden. Dinge, die zuvor noch unvorstellbar erschienen, waren plötzlich Teil unseres neuen Alltags. Zwei Dinge wurden uns rasant vor Augen geführt:

1.Was uns selbstverständlich erscheint, ist es nicht.

2.Was uns alternativlos erscheint, ist es nicht.

Das hat Folgen. Alles, was politisch beschlossen wurde, kann wieder revidiert werden, und alles, was politisch beschlossen werden könnte, kann auch beschlossen werden. Darin steckt Chance und Gefahr zugleich. Es macht Hoffnung, dass die großen Herausforderungen und Krisen, vor denen wir zweifellos stehen, bearbeitet werden können, es unterstreicht aber auch die Fragilität all dessen, was uns wichtig ist. Wer hätte Ende 2019 voraussagen können, was uns 2020 in welcher Radikalität beschäftigen wird? Und wer könnte mit Gewissheit sagen, dass der nächste radikale Bruch nicht kurz bevorsteht? Genau hier liegt der interessante Ausgangspunkt weiterführender Überlegungen, um unsere Gegenwart besser zu verstehen. Auch wenn Covid-19 hoffentlich bald aus unserem alltäglichen Leben verschwindet, werden wir uns in der nahen und fernen Zukunft mit großen Umbrüchen auseinandersetzen müssen, die uns vor Augen führen werden, dass Selbstverständlichkeit und Alternativlosigkeit in der Politik immer nur Konstrukte sind. Immer wieder werden wir mit Ereignissen konfrontiert werden, die uns ihrerseits mit Fragen konfrontieren, wie sie unser Zusammenleben verändern werden. Wie wird sich unsere Gesellschaft verändern? Wird es noch eine Demokratie sein? Wird unsere Demokratie dadurch bedroht oder vielleicht sogar gestärkt?

Eines ist sicher: Unsere Demokratie wird auf die Probe gestellt werden. Durch Veränderungen von innen und von außen. Demokratie kann letztlich durch demokratische Entscheidungen sogar abgeschafft werden. Wie könnte ein demokratischer Angriff auf die Demokratie aussehen? Hätte unsere Demokratie etwas entgegenzusetzen? Und wie widerstandsfähig oder – wie man in der Politikwissenschaft sagt – »resilient« ist unsere Demokratie? Wir können uns nicht einfach auf die Demokratie verlassen, sondern müssen versuchen, sie möglichst widerstandsfähig zu machen. Wir müssen uns heute mit den potenziellen Bedrohungen von morgen auseinandersetzen, um möglichst gut vorbereitet zu sein.

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