Fire&Ice 13 - Alex Altera

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Fire&Ice 13 - Alex Altera
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Allie Kinsley

Fire&Ice 13 - Alex Altera

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Bereits erschienen:

1 Wiedersehen

2 Gedankenstrudel

3 Wiedersehen 2.0

4 Immer besser

5 Getrennte Wege

6 Boston

7 Neubeginn

8 Familie

9 Immer mehr

10 Vergangenheit

11 Familie

12 Schmerz

13 Nur du

14 Abschiede

15 Zurück

16 Freunde

17 Zufälle

18 Entscheidungen

19 Erdulden

20 Epilog

Bonuskapitel

Leseprobe

1. Durchs Leben stolpern … kann ich

2. Der Morgen danach

Für C.

Rechtliches, oder was keiner lesen will und trotzdem drin stehen muss ...

Impressum neobooks

Bereits erschienen:

Fire&Ice

Band 13

Alex Altera

Allie Kinsley

Fire&Ice 1 - Ryan Black

Fire&Ice 2 - Tyler Moreno

Fire&Ice 3 - Shane Carter

Fire&Ice 4 - Dario Benson

Fire&Ice 5 - Brandon Hill

Fire&Ice 5.5 - Jack Dessen

Fire&Ice 6 - Chris Turner

Fire&Ice 6.5 - Gregor Zadow

Fire&Ice 7 - Logan Hunter

Fire&Ice 7.5 – Jonas Harper

Fire&Ice 8 - Julien Fox

Fire&Ice 9 - Luce Suarez

Fire&Ice 10 - Joey Parker

Fire&Ice 11 - Matthew Fox

Fire&Ice 12 - Fabio Bellini

Fire&Ice 13 - Alex Altera

Fire&Ice 14 - Taylor Falk

Sweet like Candy

Divided like Destiny

Protect Me - Brian

Protect Me - Ash

Protect Me - Ray

Protect Me - Dante

Protect Me - Chase

Protect Me - Levin

Protect Me - Dean

Protect Me - Thomas

Yearn for Adam

Yearn for Slade

Copyright © 2016 Allie Kinsley

All rights reserved.

www.doctor-lektor.de

Cover Foto: shutterstock.com, ID: 181429196, G. Georgescu

1 Wiedersehen

CAT

Mühsam schluckte Cathrin Black gegen die Übelkeit an, die beim Landeanflug des Flugzeugs in ihr aufstieg. Es war nicht so, dass ihr das Fliegen generell etwas ausmachte, es war mehr das Reiseziel, das dieses Unwohlsein in ihr auslöste.

Sie blickte hinunter auf ihre zitternden Finger und konnte noch immer nicht glauben, dass sie das wirklich tat. Wie zum Teufel hatte sie Sky Black, ihrer Schwägerin, nur versprechen können, diese Angelegenheit zu regeln.

Alexander Altera war der einzige Mann, den sie nie in ihrem Leben hatte wiedersehen wollen. Leider war er auch der älteste Freund ihres Bruders.

Ryan Black wünschte sich seit Jahren, dass Alex zurück nach Boston kam.

Bislang war Cat immer froh darüber gewesen, dass Alex sich so standhaft geweigert hatte. Genau genommen so lang, bis sie aus einem blödsinnigen Impuls heraus Sky versprochen hatte, dass sie Alex nach Boston bringen würde, damit Ryan zusammen mit seinem ältesten Freund die Geburt seines zweiten Babys feiern konnte.

Aus irgendeinem Grund war es ihrem Bruder verdammt wichtig und Cat würde alles dafür tun, ihren Bruder und seine Familie glücklich zu sehen.

Selbst wenn das hieß, ihre eigenen Gefühle zurückzudrängen und diesen Idioten Alex Altera nach Boston zu schleppen.

Mit etwas Anstrengung würde es ihr durchaus möglich sein, so zu tun, als belaste sie die ganze Situation nicht. Ihre Freunde nannten sie nicht ohne Grund die Eisprinzessin. Sie hatte das völlige Abstellen von Gefühlen perfektioniert.

Sie hatte nicht mitbekommen, wie die Maschine auf deutschem Grund gelandet war, bemerkte nun aber den Trubel um sich herum, den die aufstehenden Passagiere verursachten.

Cat rollte die Vogue, ein Magazin über die neusten Trends, zusammen und steckte sie in die Miu Miu-Handtasche.

Dann löste sie den Pferdeschwanz, der ihre langen schwarzen Haare zusammenhielt, und schüttelte die glatte Mähne aus.

Ein attraktiver Mann mittleren Alters lächelte sie an. Cat starrte ihrerseits nur ungerührt zurück und hob dabei eine Augenbraue, als missfiele ihr, was sie sah.

Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, dass das die effektivste Möglichkeit war, sich Männer vom Hals zu halten.

Gib ihnen das Gefühl, nicht gut genug zu sein, und sie verschwinden blitzschnell.

Sie schwang sich die schwarze Miu Miu-Tasche auf die Schulter und folgte ihrem Sitznachbar dann aus dem Flugzeug.

Während der Sicherheitskontrollen und des Abholens ihres Koffers überlegte sie, wann sie zum letzten Mal in Deutschland gewesen war.

Es musste mindestens fünfzehn Jahre her sein, da ihr Vater zu der Zeit noch gelebt hatte. Sie war gerade einmal zehn Jahre alt gewesen und hatte ehrfürchtig zu ihrem sieben Jahre älteren, großen Bruder aufgesehen.

Nur ein Jahr später war ihr gemeinsamer Vater plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben.

Cat schüttelte den Gedanken ab. Der Verlust ihrer damals einzigen Bezugsperson stimmte sie noch immer traurig und für Gefühle hatte sie im Moment absolut keine Zeit.

Sie war eine Frau auf Mission. Wahrscheinlich sogar der schwersten in ihrem Leben. Ab sofort musste sie die Zähne zusammenbeißen, ihre Gefühle ausschalten und ihre Familie glücklich machen.

Danach konnte sie sich in irgendeine stille Ecke zurückziehen und in Ruhe zusammenbrechen.

ALEX

Völlig entnervt suchte er nach seinem Handy, das seit einer gefühlten Stunde ununterbrochen klingelte. Es musste irgendwo in seinem Koffer sein, den er seit der Ankunft am Nachmittag noch nicht ausgeräumt hatte.

Als er es schließlich fand, starrte er ein wenig unschlüssig auf das Display. Er kannte die Nummer nicht und war sich nicht sicher, ob er zu einem Fremden nach diesem stressigen Tag noch höflich genug sein konnte.

Seufzend ließ er sich auf das ordentlich gemachte Bett fallen und zog das grüne Symbol auf dem Smartphone-Display von links nach rechts.

"Altera", brummte er und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Nasenwurzel. Sein Kopf schmerzte und er brauchte dringend eine Pause, ehe sein Körper in den Streik trat.

"Alex?"

Die weiche, nur allzu bekannte Stimme ließ ihn sofort innehalten. Er erstarrte geradezu, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, dass sie es wirklich war, und der Wut, die noch immer tief in ihm schwelte.

"Hallo? Alex?"

Sie war es wirklich. Und er hatte absolut keine Ahnung, wie er ihr begegnen sollte. Er hatte ja noch nicht einmal eine Ahnung davon, was genau er fühlte.

Es war eindeutig zu viel Durcheinander in seinem Inneren. Zu viele Gedanken, zu viel Trauer, zu viel Wut.

"Cat." Seine Stimme klang selbst in seinen Ohren vollkommen emotionslos.

Stille am anderen Ende der Leitung. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er vermuten, dass Cat genauso durcheinander war wie er selbst.

Aber das war sie nicht, das war sie nie gewesen. Sie war schon mit 18 so verdammt abgeklärt gewesen, wie er es heute mit seinen 32 Jahren nicht war.

"Wir müssen uns treffen", sagte sie.

Die Worte waren wie eine Ohrfeige und kamen sieben verdammte Jahre zu spät.

 

"Ich habe keine Zeit", antwortete er deshalb.

Dass er im nächsten Monat Urlaub geplant hatte, musste sie nicht wissen. Niemand sollte es wissen, da er so einmal seine absolute Ruhe haben konnte, während er vorgab, auf Geschäftsreise zu sein.

"Ich denke, dass du dir eine halbe Stunde Zeit für deinen besten Freund nehmen kannst." Eiskalt, schneidend. Sie sagte es, als sei er ein Arschloch, das seine Freunde absichtlich verletze.

"Tja, leider bleibt es nicht bei einer halben Stunde, wenn zwei Mal neun Stunden Flug zwischen uns liegen." Und selbst wenn er die Zeit erübrigen könnte, er würde Ryan nie wieder besuchen, wollte Ryans kleine Schwester nie wieder sehen.

Vielleicht war es kindisch, oder kleinlich, aber diese Frau hatte es geschafft, ihm das Herz zu brechen. Damit war sie für ihn ein für alle Mal gestorben.

Ihr Schnauben klang mehr als nur abfällig.

"Du bist ein viel beschäftigter Mann, schon klar, wie schon immer."

Was zum Teufel sollte das denn bitte heißen? Cat schaffte es in wenigen Minuten, ihn die komplette Palette aller möglichen Gefühle durchlaufen zu lassen. Dieser Umstand war alles andere als angenehm und ließ seine Wut nur noch weiter anwachsen.

Bevor er zu einer geknurrten Erwiderung ansetzen konnte, fuhr sie bereits fort: "Weil ich das aber schon vorher gewusst habe, bin ich nach Deutschland geflogen. Willst du dir auch die Fahrtzeit in ein Restaurant ersparen? Dann komme ich zu dir."

Eher friert die Hölle zu!

Nie im Leben würde er Cat in sein Haus lassen. Nicht in einer Millionen Jahren.

"Restaurant", knurrte er.

Was zum Teufel wollte sie von ihm? Meinte sie ernsthaft, ein Gespräch könnte alles wieder in Ordnung bringen? Das hätte es damals vielleicht, aber nach all der Zeit, in der er seine Wut auf sie stetig genährt hatte, war dieses Unterfangen chancenlos.

"Im Schiffchen." Wenn möglich, war ihre Stimme noch kälter geworden.

"Morgen. 19 Uhr", erwiderte er.

Er brauchte einen Tag, um seine Gefühle einigermaßen in den Griff zu bekommen. Würde sie ihm jetzt über den Weg laufen, würde er sie einfach nur anschreien und alles rauslassen, das sich die letzten sieben Jahre in ihm angestaut hatte.

"Bis morgen."

Das monotone Tuten in der Telefonleitung hallte wie Kanonenschüsse durch seinen Kopf.

Cat. Cathrin Black, der grausame Geist seiner Vergangenheit, die erste und letzte Frau, die jemals sein Herz berührt hatte.

Wie zum Teufel sollte er es schaffen, ihr gegenüber zu treten? Wie sollte er sachlich mit ihr über einen Besuch bei seinem besten Freund sprechen, wenn er ihr ihren Verrat noch immer nicht vergeben hatte?

Nach all den Jahren hatte er es ja noch nicht einmal geschafft, selbst damit Frieden zu schließen. Er ließ niemanden mehr so nah an sich heran, hatte aus dieser bitteren Lektion mehr als nur gelernt.

Nie wieder würde er sich in eine Situation bringen, in der er sein Herz auf einem Silbertablett präsentierte, nur damit die Eisprinzessin es in Stücke reißen konnte.

Nie wieder!

CAT

Keuchend starrte sie auf das Telefon. Sie hätte nicht gedacht, dass ein einfaches Telefonat so viel Kraft kosten konnte.

Seine Stimme riss Wunden auf, von denen sie schon lange gedacht hatte, dass sie verheilt waren. Ihr Herz klopfte so kräftig gegen ihren Brustkorb, als würde es jeden Moment hervorbrechen wollen. Ihre Atmung ging viel zu schnell und die Tränen, die aus ihren Augen liefen, hatte sie schon während des Gesprächs nicht mehr zurückhalten können.

Wie zum Teufel sollte sie den morgigen Abend überstehen?

Cat legte das Telefon zur Seite und rollte sich auf dem Bett zu einem kleinen Ball zusammen. Sie schlang die Arme um die Knie und versuchte, körperlich zusammenzuhalten, was innerlich schon vor vielen Jahren zerbrochen war.

Leise weinte sie, wie sie es immer getan hatte. Still, damit niemand etwas von ihrem Schmerz und ihrer Verzweiflung mitbekam.

Nicht dass es ihre Mutter jemals interessiert hätte, aber Ryan hatte sich immer Sorgen um sie gemacht, obwohl er selbst mehr als genug zu tun gehabt hatte.

Sie hatte ihn niemals belasten wollen, nicht nach allem, was er nach dem Tod ihres Vaters für sie getan hatte.

Sie wollte nicht sehen, wie verzweifelt er war, weil er ihr in ihrem Schmerz nicht helfen konnte.

Deshalb hatte sie so viel wie möglich für sich behalten. Nachdem sie gesehen hatte, wie sehr Ryan mit ihr litt, hatte sie versucht zu lächeln, hatte versucht, weiterzuleben und ihm die kleine Cat zu zeigen, die er liebte.

Genauso würde es auch dieses Mal funktionieren. Sie brauchte nur einen Moment für sich, dann würde sie das alles hinbekommen.

Sie würde sich zusammenreißen, die Schultern strecken und der Welt beweisen, dass sie alles schaffen konnte. Dass sie keine Hilfe brauchte und völlig in Ordnung war.

Allein. Wie immer.

ALEX

Mit dem weißen Handtuch, mit dem er sich nach seiner Dusche abgetrocknet hatte, wischte er den Beschlag vom Spiegel seines Badezimmers.

Der Mann, der ihm daraus entgegensah, war ihm fremd.

Selten hatte er abgekämpfter ausgesehen. Nicht einmal nach schweren Verhandlungen oder einer durchzechten Nacht.

Dabei hatte er nichts anderes getan, als die halbe Nacht und den ganzen Tag über Cats Anruf nachzudenken.

Er konnte noch immer nicht verstehen, dass ihr das alles überhaupt nichts auszumachen schien.

Wie zum Teufel konnte es sein, dass er sein Herz an eine Frau verloren hatte, für die er niemals mehr als ein bisschen Spaß gewesen war?

In langsamen, gleichmäßigen Zügen rasierte er sich das Gesicht.

Eher aus Gewohnheit als um sich für Cat herauszuputzen. In den letzten sieben Jahren hatte er sich deutlich verändert. Sein Gesicht war härter geworden, maskuliner, sein Körper breiter und trainierter.

Auch Cat würde sich verändert haben.

Er hatte es immer bewusst vermieden, Bilder von ihr zu sehen. Er hätte es schlicht nicht verkraftet.

Cat war mit 18 schon unglaublich schön gewesen. Die langen schwarzen Haare und die katzenhaften Augen hatten sie exotisch wirken lassen. Um die vollen Lippen war stets ein weiches Lächeln gelegen, das so gar nicht zu der abgebrühten Kälte gepasst hatte, mit der sie ihn hintergangen hatte.

Schon damals hatten ihren schlanken Körper weiche Kurven umspielt.

Ob es heute noch genauso war, wusste er nicht. Er hoffte es nicht. Er hoffte, dass sie nicht mehr annähernd so perfekt war wie damals. Vielleicht würde es ihm dann leichter fallen, sie endlich zu vergessen.

Alex wusch sich das Gesicht und strich die wenige Zentimeter langen, schwarzen Haare zurück. Er beobachtete dabei den tätowierten Engel, der sich unter dem Spiel seiner Schultermuskeln bewegte. Die schöne Frau mit den schwarzen Flügeln erinnerte ihn täglich daran, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Dass keine noch so schöne Verpackung das Innere auf Dauer verbergen kann.

Nach all den Jahren war die Farbe noch kaum verblasst. Er hatte ihn sich noch in China stechen lassen, als er von Cats Verrat erfahren hatte.

Er warf das Handtuch in den Wäschekorb und ging ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Er hatte es bewusst klinisch kalt gehalten. Weißer Boden, weiße Wände, weiße Möbel.

Als er damals zusammen mit Cat Ryans Haus eingerichtet hatte, hatte sie gesagt: "Ein Schlafzimmer muss Wärme ausstrahlen. Es muss gemütlich sein, ein Rückzugsort."

Gott verdammt, er konnte kein einziges Schlafzimmer planen, ohne an ihre kleinen weichen Hände zu denken, die über seinen Oberkörper gestreichelt hatten.

Und genau aus diesem Grund wollte er sein eigenes Schlafzimmer ganz anders haben, als Cat es sich vorgestellt hätte.

Das Ergebnis war, dass er beinahe täglich daran dachte, wie sehr ihr Verrat ihn verletzt hatte, und er nur deshalb ein Schlafzimmer hatte, das vom Boden bis zur Decke nach Trotz schrie.

Wenn er es genau nahm, hatte Cat jeden einzelnen Winkel seines Lebens vergiftet. Alles, außer Talin. Talin gehörte noch immer ihm allein. Es war seine kleine Insel der Glückseligkeit, auf der er völlig ohne Erinnerungen an Cat leben konnte.

Aus Gewohnheit zog er sich ein schwarzes Hemd und eine graue Anzughose an.

Für Cat würde er sich keine Gedanken um seine Kleidung machen. Für sie würde er gar nichts mehr tun, er ging auch nur zu diesem Essen, weil es um seinen besten Freund ging.

Ryan war mehr als nur sauer gewesen, als Alex für die Hochzeit abgesagt hatte. So sauer, dass Ryan ihm dann noch nicht einmal erzählt hatte, dass Sky kurz vor der Geburt ihres zweiten Kindes stand.

Alex hatte es lediglich mitbekommen, weil er mit Dave und Tom telefoniert hatte.

Kopfschüttelnd schlüpfte er in seine Schuhe und legte die Bicolor Rolex an sein Handgelenk. Nachdem er sich das Jackett angezogen hatte, ging er durch die Verbindungstür in die Garage und setzte sich in den silbernen Porsche.

Julien, Mats kleiner Bruder, war ganz vernarrt in das Auto gewesen. Alex auch, vor allem deshalb, weil er nie mit Cat über Sportwagen gesprochen hatte. Der Wagen war eine weitere der kleinen Inseln, die er sich in den vergangenen sieben Jahren zusammengesucht hatte.

Das Restaurant, zu dem er nun fuhr, war eines seiner Lieblingsrestaurants. Das Im Schiffchen musste er also zukünftig leider auch von der Liste streichen. Er hätte darauf bestehen sollen, zu McDonald's zu gehen.

Der Gedanke zauberte ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. Cat wäre es sicher egal gewesen.

Er schluckte krampfhaft und versuchte, sich auf die Straße zu konzentrieren. Es ging nicht darum, was Cat gefiel und was nicht. Es ging auch nicht darum, was ihm selbst gefiel.

Er musste lediglich dieses Essen irgendwie hinter sich bringen. Keine Sekunde gab er sich der Illusion hin, dass sie dieses Gespräch in einer halben Stunde abhandeln konnten.

Cat anscheinend auch nicht, sonst hätte sie ihn nicht in dieses Restaurant bestellt.

CAT

Mit zitternden Fingern kramte sie nach dem Geld in ihrer Clutch, um das Taxi zu bezahlen, das sie zu diesem Restaurant gefahren hatte.

Ihr war klar gewesen, dass Alex sie nicht bei sich haben wollte, daher hatte sie sich vorab an der Rezeption ihres Hotels nach einem guten Restaurant in der Nähe erkundigt.

Sie reichte dem Fahrer das Geld und stieg aus dem Wagen.

Tief durchatmend sah sie an der weißen Fassade hinauf und versuchte, sich innerlich zu sammeln.

Ich schaffe das. Ich bin stark und lasse mich nicht unterkriegen. Ich kann da reingehen, ihm meine Meinung sagen und, ohne ein Quäntchen Stolz zu verlieren, wieder hinausgehen, wiederholte sie ihre Gedanken wie ein Mantra.

Sie straffte die Schultern und machte den ersten Schritt auf das Gebäude zu, während sie sich innerlich weiter motivierte.

Ich werde nicht aufgeben, bis ich mein Versprechen gegenüber Sky eingelöst habe. Ich werde für meine Familie kämpfen und ich werde gewinnen. Und dann kannst du dich wieder ins Hotel verkriechen und dir die Seele aus dem Leib heulen, ätzte ihre innere Stimme, die sie schon den ganzen Nachmittag über verhöhnt hatte, während Cat verzweifelt versucht hatte, die Spuren ihrer Heul-Arie zu beseitigen.

Sie war erbärmlich. Das alles lag schon viel zu weit zurück und sollte sie nicht mehr annähernd so sehr belasten. Auch nicht, wenn sie ihn jetzt wiedersehen musste.

"Willst du noch lange hier draußen rumstehen?" Die Stimme ließ sie zusammenfahren. Es kostete sie all ihre Willenskraft, ein unbeteiligtes Gesicht aufzusetzen, als sie sich zu Alex umwandte.

Auf seinen Anblick, der ihr absolut den Atem verschlug, war sie nicht gefasst.

Der Anzug saß so perfekt an seinem breiten Körper, dass er aussah, als sei er direkt aus einer Werbetafel gestiegen.

Die dunklen Augen und die hohen Wangenknochen waren ihr noch immer im Gedächtnis. Nur sein Blick war härter geworden und seine früher schön geschwungenen Lippen hatte er zu einen dünnen Strich zusammengepresst.

Das krampfhafte Schlucken konnte sie nicht verhindern, so sehr schmerzte sein Anblick sie.

"Hallo Alex." Ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren rau und voller Schmerz.

Er schien davon nichts mitzubekommen. Oder er wollte es nicht hören, wie damals, als er sie und ihr Leid ignoriert hatte.

 

Er nickte ihr nur knapp zu und wandte sich dann so abrupt ab, als hätte sie ihn geschlagen. Noch immer wollte er nichts von ihr hören, nicht mit ihren Problemen belastet werden.

Wut kochte in ihr hoch, während sie den breiten Rücken dabei beobachtete, wie er zum Eingang des Restaurants schlenderte. Er bewegte sich noch immer mit derselben Selbstsicherheit und Arroganz wie damals. Jeder einzelne Schritt machte klar, dass er sich allen anderen überlegen fühlte.

Er hatte es damals nicht für nötig empfunden, sich um die verletzten Gefühle anderer zu scheren, und tat es auch bis zu diesem Tag nicht.

So gut es ging streifte sie sämtliche Empfindungen ab und hüllte sich in die Eisschicht, die niemand durchdringen konnte.

Sie würde ihm nicht die Genugtuung gönnen, sich über ihre Gefühle lustig machen zu können.

Alex war es nicht wert, auch nur die kleinste Regung von ihr zu sehen zu bekommen.

Sie klemmte sich die Clutch unter den Arm und ging ihm mit sicheren Schritten nach, bis sie ihn am Eingang eingeholt hatte.

Das Klacken ihrer hohen Absätze gab ihr ein gutes Gefühl. Es klang genauso aggressiv wie die Wut, die in ihr schwelte.

Sie würdigte ihn keines Blickes, als er ihr die Tür zum Restaurant aufhielt und bremste erst ab, als sie am Empfang ankam.

"Guten Abend, ich habe reserviert. Cathrin Black", sagte sie in der Hoffnung, dass der Kellner englisch verstand, damit sie nicht auf Alex' Hilfe beim Übersetzen angewiesen war.

Er tat es und führte sie dann zu einem kleinen Tisch an der Fensterfront des Raumes.

Das Plätzchen war ihr ein wenig zu intim, zu gemütlich, zu sehr darauf aus, eine romantische Atmosphäre zu schaffen, die Cat überhaupt nicht haben wollte.

Da Alex ihr aber bereits auffordernd den Stuhl zurechtrückte, wollte sie nicht um einen anderen Tisch bitten.

Sie spürte seine Präsenz in ihrem Rücken, seinen Blick auf ihrer Haut. Die Empfindungen ihres Körpers glichen dabei so sehr jenen von vor sieben Jahren, dass sie für einen Moment die Augen schließen musste.

Er stand noch, als sie die Augen wieder öffnete, und musterte sie forschend. Sie wusste, dass sie den alten Schmerz in diesem Moment nicht verbergen konnte, deshalb wandte sie den Blick ab und beobachtete die vorbeifahrenden Autos auf dem Parkplatz vor dem Gebäude.

Erst als sie sich sicher war, dass nichts mehr in ihren Augen zu lesen war, wandte sie sich ihm wieder zu.

Sein Blick war nicht mehr ganz so kalt, eher neugierig, aber das machte es für Cat nur noch schlimmer. Sie wollte nicht über alte Zeiten reden, oder über ihre Gefühle, sie wollte das alles einfach hinter sich lassen.

"Du wolltest mich sprechen?", fragte er.

Cat konnte sich nicht davon abhalten, mit dem Stil ihres leeren Weinglases zu spielen. Seine Präsenz nahm ihr jegliche Selbstsicherheit, die sie sich in den vergangenen Jahren so hart erkämpft hatte.

Sie suchte nach Worten, aber alles, was sie sich zuvor mühsam zurechtgelegt hatte, war aus ihrem Kopf verschwunden.

Das unwillige Geräusch, das Alex auf ihr Zögern hin ausstieß, machte es nicht besser. Daher war sie mehr als dankbar, als der Kellner kam, um ihre Getränkewünsche aufzunehmen.

Alex bestellte einen Weißwein, Pichler Smaragd. Cat kannte den Wein, da sie ihn selbst auch in ihrem Hotel anbot.

Es war ein guter Wein und sie konnte sich ein anerkennendes Lächeln nicht verkneifen.

Seine Miene verfinsterte sich sofort. "Jetzt rück schon raus mit der Sprache, Cat. Was willst du von mir?"

Sie richtete sich auf und funkelte genauso wütend zurück.

"Ich will nichts von dir. Ich bin hier, um Ryan einen Gefallen zu tun, mehr nicht."

Alex hob eine Augenbraue. "Ich denke, Ryan ist durchaus in der Lage dazu, seine Kämpfe selbst auszutragen."

Beinahe hätte sie frustriert aufgestöhnt.

Wie zum Teufel konnte dieser Mann so arrogant und herablassend mit ihr reden?

Nach allem, was er ihr angetan hatte, müsste er doch zumindest so viel Anstand besitzen und eine geheuchelte Entschuldigung vorbringen.

Cat richtete sich auf und sah ihn kalt an. "Du weißt genauso gut wie ich, dass nicht Ryan das Problem ist. Ich will nur nicht länger dabei zusehen, wie mein Bruder leidet, weil du ein Arschloch bist."

Seine Kiefer spannten sich an. Es war deutlich sichtbar, wie sehr er versuchte, sich zu beherrschen.

"Weil ich ein Arschloch bin, also … nun ja, es sei mir verziehen, dass ich es einfach nicht mehr ertrage, dich anzusehen", knurrte er.

Der Schmerz, der sich bei seinen Worten in ihrem Herzen ausbreitete, war kaum mit etwas zu vergleichen. Sie war sich bewusst gewesen, dass er sie nicht mehr sehen wollte, aber nicht, wie sehr er sie verabscheute. Sie hatte keine Ahnung, womit sie das verdient hatte, aber sie war nicht hier, um sich mit ihm zu streiten. Sie hatte ein Versprechen einzulösen, mehr nicht.

Seufzend rieb sie sich über die Stirn. "Hör zu, Alex. Es ist mir egal. Ich habe dich aus meinem Leben gestrichen …"

"Ja, ist mir aufgefallen", unterbrach er sie und Cat konnte nicht anders, als ihn wütend anzufunkeln.

Nur leider ließ Alex sich davon überhaupt nicht aus der Ruhe bringen, er musterte sie nur durch die schmalen Schlitze, zu denen sich seine Augen verengt hatten.

Der Kellner kam und goss Alex einen Schluck des Weines ein.

Als Alex zustimmend nickte, befüllte er beide Gläser und überreichte ihnen die Speisekarten.

Aber Cat hatte keine Geduld, sich etwas auszusuchen und beobachtete lieber weiter den Mann ihr gegenüber. "Was ich sagen wollte, es geht hier um Ryan. Ich will dich nicht sehen und ich will mich auch nicht mit dir unterhalten. Wenn du kommst, um Ryan und Sky zu besuchen, werde ich mich nicht einmal blicken lassen."

Alex sah von seiner Speisekarte auf und fixierte sie mit seinem stählernen Blick.

"Ich will noch nicht einmal auf dem gleichen Kontinent sein wie du!"

ALEX

Er hatte es sich also nicht nur eingebildet. Cat war schon wieder zusammengezuckt. Warum zum Teufel machte es ihr etwas aus, ob er sie verabscheute oder nicht? Er hatte sie die vergangenen sieben Jahre verabscheut, was war also auf einmal anders?

Woher der Schmerz kam, der so tief in ihren Augen lag, konnte er ebenfalls nicht verstehen. Bereute sie etwa, wie sie damals mit ihm umgegangen war? Wie sehr sie ihn verarscht und verletzt hatte?

Gut so, er bereute nicht ein Wort, das er an diesem Abend zu ihr gesagt hatte.

Wieder kam der Kellner. Alex bestellte zweimal das Vier-Gänge-Menü, damit sie nicht öfter als nötig in ihrem Gespräch gestört wurden.

Er wollte das hier hinter sich bringen, diesen dunkelsten Teil seiner Vergangenheit abschließen und dieses kalte Miststück für immer loswerden.

Vor sieben Jahren hätte er alles für sie aufgegeben. Ein Wort von ihr und er hätte seinen Job hingeschmissen und wäre nach Boston gezogen.

Im Nachhinein gesehen, konnte er mehr als glücklich sein, dass sie ihn bei der nächstbesten Gelegenheit betrogen hatte.

So hatte er zumindest nicht seine Karriere verloren, sondern nur sein Herz und das Vertrauen in die Frauen dieser Welt.

Sie atmete tief ein und schloss die Augen. "Sei bitte vernünftig, Alex, ich …"

Er schlug so fest mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Gläser zitterten.

"Wage es nicht, so von oben herab mit mir zu sprechen. Du hast kein Recht dazu!"

Sie sah ihn erschrocken an. Dann biss sie die Zähne fest aufeinander. "Es reicht. Ich habe nichts getan, um so eine Behandlung von dir zu verdienen. Ich …"

"Du hast nur die Beine für den Nächstbesten breitgemacht, ich weiß. Ich weiß alles!"

Die Tränen, die auf einmal in ihren Augen schwammen, brachten ihn aus dem Konzept.

"Du weißt nichts", zischte sie. Ihre Hände hatten sich so fest um die Serviette geballt, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. "Du hast keine Ahnung, was ich durchgemacht habe."

Er schüttelte seine Verwirrung ab. "Und es ist mir verdammt nochmal egal. Du bist mir egal. Du bist ein Nichts. Eine kleine Schlampe, mehr nicht!"

Cat keuchte und ihre Hand zitterte stark, als sie die Serviette auf den Tisch legte. Langsam schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf.

"Was hast du vor?", fragte Alex.

Sie war kreidebleich, als sie nach ihrer Handtasche griff, und Alex verstand, dass sie vorhatte, einfach zu gehen. Ihn hier sitzen zu lassen und so zu tun, als wäre das alles niemals geschehen.

"Ich gehe. Dieses Gespräch ist sinnlos", sagte sie mit zittriger Stimme.

Alex stand auf und hielt sie am Oberarm zurück, als sie sich zum Gehen wenden wollte.

"Ich bin noch nicht fertig." Alex versuchte zu verstehen, was in ihr vorging.

Hatte sie wirklich erwartet, dass er einfach so tat, als wäre nie etwas geschehen?

"Aber ich, Alex. Ich bin endgültig fertig mit dir. Ich habe meinem Bruder zuliebe versucht, über alles hinwegzusehen, was du mir angetan hast. Ich habe es versucht, aber ich bin nicht dein Fußabtreter."

Die Träne, die dabei über ihre Wange lief, passte genauso wenig zu Cat, wie ihre Worte zum Thema passten. Was er ihr angetan hatte? Sie war es doch. Sie hatte ihn betrogen, kaum dass er im Flugzeug gesessen hatte.

Sie entzog sich seinem Griff. Noch bevor er ihr folgen konnte, kam der Kellner an ihren Tisch und servierte den ersten Gang.

Alex versuchte noch, so schnell wie möglich die Rechnung zu bekommen, um ihr zu folgen, aber es war zu spät. Durch das Fenster beobachtete er, wie sie in das erstbeste Taxi stieg.

Er sollte keine Verzweiflung bei dem Gedanken spüren, dass das ihr letztes Aufeinandertreffen gewesen sein sollte. Eigentlich sollte er sich darüber freuen, dass er sie genauso verletzt hatte wie sie ihn.

Aber er tat es nicht.

Er war verwirrt und gekränkt. Er war wütend auf Cat und auch auf sich selbst.

Er war verzweifelt genug, um sie sich zurückzuwünschen, nur um sie noch ein wenig ansehen zu können, obwohl jede Minute in ihrer Gegenwart ihm in der Seele wehtat.

Kurz gesagt: Er war völlig am Arsch!

CAT

Niemals hätte sie erwartet, dass es etwas geben könnte, das sie mehr verletzen würde als ihr Absturz vor sieben Jahren. Sie hatte immer gedacht, dass sie den tiefsten Punkt in ihrem Leben bereits hinter sich hatte.

Falsch.

Niemals hatte sie sich so schlecht gefühlt wie in dem Moment, als sie nichts als Hass und Abscheu in Alex' Blick gesehen hatte.