Buch lesen: «Der Malaiische Archipel», Seite 11

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In meinen mehr speziellen Zielen hatte ich auf dem Berg sehr wenig Erfolg; vielleicht lag der Grund in dem so außerordentlich ungünstigen Wetter und in der Kürze meines Aufenthaltes. Zwischen sieben- und achttausend Fuß erhielt ich eine der lieblichsten kleinen Fruchttauben (Ptilonopus roseicollis), deren Kopf und Nacken ganz von exquisit rosiger Farbe sind, schön mit dem sonst grünen Gefieder kontrastierend; und oben auf dem Gipfel, am Boden Erdbeeren, die dort gepflanzt sind, suchend, fand ich eine matt gefärbte Drossel, von der Gestalt und dem Habitus eines Stars (Turdus fumidus). Insekten fehlten fast ganz, sicherlich infolge der außerordentlichen Feuchtigkeit, und ich erhielt auf dem ganzen Ausflug nicht einen einzigen Schmetterling; dennoch bin ich überzeugt, dass während der trockenen Jahreszeit sich der Aufenthalt von nur einer Woche auf diesem Berg für den Sammler in jedem Teil der Naturgeschichte sehr lohnen würde.

Nach meiner Rückkehr nach Toego versuchte ich einen anderen Ort auszufinden, um zu sammeln; ich begab mich nach einer Kaffeeplantage einige Meilen nordwärts und probierte nacheinander höhere und niedrige Stationen auf dem Berg aus; allein es gelang mir nie, Insekten in irgend nennenswerter Menge zu fangen, und die Vögel waren viel weniger zahlreich als auf dem Megamendong-Berge. Das Wetter wurde jetzt regnerischer als je, und da die nasse Jahreszeit ernstlich eingesetzt zu haben schien, so kehrte ich nach Batavia zurück, verpackte und versandte meine Sammlungen und verließ es per Dampfschiff am 1. November, um nach Bangka und Sumatra zu kommen.

ACHTES KAPITEL
SUMATRA
(November 1861 bis Januar 1862)

Der Postdampfer von Batavia nach Singapur brachte mich nach Muntok (»Minto« auf den englischen Karten), der Hauptstadt und dem Haupthafen von Bangka. Hier blieb ich ein oder zwei Tage, bis ich ein Boot erhalten konnte, das mich über die Meerenge den Fluss hinauf nach Palembang fahren sollte. Einige Spaziergänge über Land zeigten mir, dass es sehr hügelig und von Granit- und Lateritfelsen bedeckt ist, mit einer trockenen und verkümmerten Waldvegetation; ich fand daher sehr wenig Insekten. Ein hübsch großes offenes Segelboot trug mich querüber an die Mündung des Palembang-Flusses, wo ich in einem Fischerdorf ein Ruderboot mietete, das mich nach Palembang, zu Wasser etwa hundert Meilen, bringen sollte. Wir kamen nur mit der Flut weiter, ausgenommen wenn der Wind stark und uns günstig wehte; die Flussufer waren im Allgemeinen überschwemmte Nipa-Sümpfe, sodass die Stunden, in denen wir genötigt waren, vor Anker zu liegen, sehr langsam verflossen. Ich erreichte Palembang am 8. November und wohnte bei dem Doktor, an den ich ein Einführungsschreiben hatte; alsbald suchte ich mich zu vergewissern, wo ich eine gute Lokalität zum Sammeln finden könnte. Jedermann sagte mir, dass ich sehr weit gehen müsse, um einen trockenen Wald zu erreichen, da in dieser Jahreszeit die ganze Gegend viele Meilen landeinwärts überflutet sei. Ich blieb daher eine Woche in Palembang, ehe ich mich in Betreff meiner weiteren Pläne entschließen konnte.

Die Stadt ist groß und erstreckt sich drei bis vier Meilen einer hübschen Biegung des Flusses entlang, der hier so breit ist wie die Themse bei Greenwich. Der Strom wird jedoch sehr durch die Häuser eingeengt, welche auf Pfählen in ihm stehen, und innerhalb dieser kommt noch wieder eine Reihe Häuser auf großen Bambusflößen, welche mit Rotangtauen am Ufer oder an Pfählen befestigt sind und mit der Flut steigen und fallen. Die ganze Flussfront an beiden Seiten ist hauptsächlich von solchen Häusern besetzt, und es sind meist Läden, die mit ihrer offenen Seite dem Wasser zusehen und nur einen Fuß über demselben liegen, sodass man in einem kleinen Boot leicht zu Markte fahren und alles, was in Palembang zu haben ist, kaufen kann. Die Eingeborenen sind echte Malaien; sie bauen nie ein Haus auf dem Trocknen, wenn sie Wasser finden, und gehen nirgends zu Fuß hin, wenn sie den Ort in einem Kahn erreichen können. Einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung bilden Chinesen und Araber, welche den ganzen Handel innehaben; die einzigen Europäer sind die Zivil- und Militärbehörden der holländischen Regierung. Die Stadt ist am Kopf des Flussdeltas gelegen, und zwischen ihr und der See ist wenig Boden über der Hochwasserlinie; während viele Meilen landeinwärts die Ufer des Hauptstromes und seiner zahlreichen Arme sumpfig und in der nassen Jahreszeit auf beträchtliche Entfernungen hin überschwemmt sind. Palembang steht auf einem einige Meilen großen Fleck erhöhten Bodens am Nordufer des Flusses. Etwa drei Meilen von der Stadt steigt ein kleiner Hügel an, dessen Gipfel von den Eingeborenen heiliggehalten und von einigen schönen, von einer Kolonie halb zahmer Eichhörnchen bewohnten Bäumen beschattet wird. Wenn man ihnen einige Krumen Brot oder etwas Obst hinhält, so kommen sie den Stamm hinunter gelaufen, nehmen den Bissen aus der Hand und stürzen sofort pfeilschnell wieder fort. Ihre Schwänze tragen sie gerade in die Höhe und das grau, gelb und braun geringte Haar läuft gleichmäßig in Strahlen aus und macht sich außerordentlich hübsch. Sie haben in ihren Bewegungen etwas Mäuseartiges, indem sie mit kleinen plötzlichen Bewegungen hervorkommen und mit ihren großen schwarzen Augen eifrig umherschauen, ehe sie es wagen, weiter vorwärtszugehen. Die Art und Weise, in der die Malaien oft das Zutrauen wilder Tiere erlangen, bildet einen sehr gefälligen Zug in ihrem Charakter und ist bis zu einem gewissen Grad eine Folge der ruhigen Beschaulichkeit ihrer Sitten und ihrer größeren Liebe zur Ruhe als zur Tätigkeit. Die Kinder folgen den Wünschen ihrer Eltern und scheinen nicht jene Neigung zu besitzen, Böses anzustiften, wie es die europäische Jugend auszeichnet. Wie lange würden wohl zahme Eichhörnchen in der Nachbarschaft eines englischen Dorfes selbst nahe der Kirche sich behagen? Sie würden weggeschossen oder -getrieben werden oder gefangen und in einen sich herumwirbelnden Käfig gesperrt. Ich habe nie gehört, dass diese hübschen Tiere auf diese Weise in England gezähmt gehalten würden, aber ich meine, es könnte leicht in einem herrschaftlichen Park geschehen, und sie würden sicherlich ebenso gefällig und anziehend wie ungewöhnlich sein.

Nach vielen Erkundigungen fand ich heraus, dass etwa eine Tagesreise zu Wasser oberhalb Palembang eine Militärstraße anfing, welche sich die Berge hinauf und selbst bis hinüber nach Bankahulu erstreckte, und ich entschloss mich, diese Route zu wählen und so weit zu reisen, bis ich einen mäßigen Sammelgrund fände. So würde ich mich an trockenes Land halten und an eine gute Straße und die Flüsse meiden, welche in dieser Jahreszeit wegen der mächtigen Strömungen sehr lästig hinaufzufahren sind und zugleich dem Sammler sehr wenig bieten wegen der bedeutenden Überschwemmungen nach allen Seiten hin. Wir fuhren früh morgens ab und erreichten das Dorf Lorok, an dem die Straße beginnt, erst spät in der Nacht. Ich blieb dort einige Tage, aber fand, dass fast alles nicht überschwemmte Land in der Nachbarschaft bebaut war und dass der einzige Wald in jetzt nicht zugänglichen Sümpfen stand. Der einzige mir neue Vogel, den ich in Lorok bekam, war der schön langschwänzige Sittich (Palaeornis longicauda). Die Leute versicherten mir, dass das Land auf sehr weite Strecken hin genau so beschaffen sei wie hier – weiter als eine Wochenreise, und sie schienen kaum eine Vorstellung von einem hohen waldbedeckten Land zu besitzen, sodass ich zu glauben anfing, es würde nutzlos sein, weiter vorwärtszugehen, da die zu meiner Verfügung stehende Zeit zu kurz war, um mehr von ihr diesem Hin- und Herlaufen zu opfern. Endlich jedoch fand ich einen Mann, der das Land kannte und intelligenter war; er sagte mir sofort, dass ich, wenn ich Wald suchte, nach dem Distrikt Rembang gehen müsse, welcher, wie mir Nachforschungen ergaben, etwa fünfundzwanzig bis dreißig Meilen entfernt lag.

Die Straße ist in regelmäßige Stationen von zehn bis zwölf Meilen geteilt, und wenn man nicht im Voraus Kulis bestellt, so kann man in einem Tag nur diese Distanz zurücklegen. An jeder Station stehen Häuser zur Bequemlichkeit der Passagiere mit Küche und Ställen und stets sechs oder acht Mann als Wache. Es existiert dort ein geregeltes System, um zu bestimmten Preisen Kulis zu bekommen, indem die Eingeborenen der umliegenden Dörfer nacheinander sich sowohl dem Kulidienst wie dem Stationswächteramt unterziehen müssen, und zwar fünf Tage hintereinander. Diese Einrichtung erleichtert das Reisen sehr und war für mich eine große Bequemlichkeit. Ich machte des Morgens eine angenehme Spazierfahrt von zehn bis zwölf Meilen, und den Rest des Tages konnte ich umherwandern und das Dorf und dessen Umgebung durchsuchen, und stets stand ein Haus für mich ohne weitere Förmlichkeiten in Bereitschaft. In drei Tagen erreichte ich Moeradua, das erste Dorf in Rembang, und da das Land trocken und hügelig mit Wald untermischt war, so beschloss ich, eine kurze Zeit zu bleiben und die Nachbarschaft abzusuchen. Gerade der Station gegenüber war ein schmaler, aber tiefer Fluss und ein guter Badeplatz; und jenseits des Dorfes befand sich ein hübscher Fleck Waldes, durch welchen die Straße führte, überschattet von prächtigen Bäumen, welche mich teilweise dazu verführt hatten zu bleiben, aber nach vierzehntägigem Aufenthalt hatte ich noch keinen guten Platz zum Insektensammeln gefunden und sehr wenige Vögel, die von den bekannten Arten Malakkas verschieden waren. Ich ging daher bis zur nächsten Station, nach Lobo Raman, wo das Wächterhaus ganz allein im Wald steht, fast je eine Meile von drei Dörfern entfernt. Das war für mich sehr angenehm, da ich umherwandern konnte, ohne dass jede meiner Bewegungen von einer Menge Männer, Frauen und Kinder überwacht wurde, und ich hatte auch eine viel größere Abwechslung an Spaziergängen zu jedem der Dörfer und den sie umgebenden Pflanzungen hin.

Die Dörfer der sumatranischen Malaien sind eigentümlich und sehr malerisch. Ein Areal von einigen Morgen ist von einem hohen Zaun eingefasst und auf diesem Raum stehen die Häuser eng aneinander ohne das geringste Bestreben nach Regelmäßigkeit. Große Kokosnussbäume wachsen in Menge zwischen ihnen, und der Boden ist glatt und eben von dem Getrampel vieler Füße. Die Häuser stehen etwa sechs Fuß hoch auf Pfosten; die besten sind ganz von Brettern gebaut, andere von Bambus. Die Ersteren sind stets mehr oder weniger mit Schnitzereien geziert und haben hochgipfelige Dächer und überhängende Traufen. Die Giebelenden und die größeren Pfosten und Balken sind oft mit außerordentlich geschmackvoller Schnitzarbeit bedeckt, und das ist noch mehr in dem weiter westlich gelegenen Distrikte Menangkabo der Fall. Der Fußboden ist aus gespaltenen Bambussen gemacht und etwas windbrüchig; aber es findet sich darauf nichts dergleichen, was wir Hausrat nennen könnten: weder Bänke noch Tische noch Stühle, sondern nur der ebene Boden mit Matten bedeckt, auf welchen die Hausgenossen sitzen oder liegen. Der Anblick des Dorfes selbst ist sehr nett; es wird vor den Haupthäusern oft gefegt; aber es riecht überall schlecht, da unter jedem Haus ein stinkendes Schmutzloch ist, in das man alle unbenutzten Flüssigkeiten und allen Unrat durch den Fußboden von oben her schüttet. In den meisten anderen Dingen sind die Malaien ziemlich reinlich – in einigen sogar skrupulös; und diese eigentümliche und garstige Gewohnheit, die fast allgemein ist, kommt, wie ich nicht bezweifle, daher, dass sie ursprünglich ein seefahrendes und wasserliebendes Volk gewesen sind, welches seine Häuser auf Pfosten im Wasser aufbaute und nur allmählich landeinwärts, zuerst die Flüsse und Bäche hinauf und dann ins trockene Innere gewandert ist. Gewohnheiten, welche einst so entsprechend und so reinlich, und welche so lange von ihnen ausgeübt waren, dass sie einen Teil des häuslichen Lebens der Nation bildeten, wurden naturgemäß beibehalten, als die ersten Ansiedler ihre Häuser im Inland aufbauten; und ohne ein reguläres Netz von Abzugskanälen würde auch bei der nun einmal bestehenden Einrichtung der Dörfer jedes andere System sehr unpassend sein.

In allen diesen sumatranischen Dörfern hatte ich beträchtliche Schwierigkeiten, mir Essen zu verschaffen. Es war nicht die Jahreszeit für Gemüse, und wenn ich nach vieler Mühe etwas Jamswurzeln von einer auffallenden Varietät erhalten hatte, so waren sie gewöhnlich hart und kaum genießbar. Hühner waren sehr spärlich vorhanden; und von Früchten gab es lediglich eine untergeordnete Bananensorte. Die Eingeborenen leben (wenigstens während der nassen Jahreszeit) ausschließlich von Reis, wie die ärmeren Irländer von Kartoffeln. Eine Schüssel mit Reis, sehr trocken gekocht und mit etwas Salz und rotem Pfeffer zweimal per Tag gegessen, bildet während eines großen Teils des Jahres ihre einzige Nahrung. Es ist das kein Zeichen von Armut, sondern nur Gewohnheit; denn ihre Weiber und Kinder sind mit silbernen Armspangen vom Handgelenk bis zum Ellenbogen beladen und tragen Dutzende von silbernen Münzen um den Hals und in den Ohren.

Je weiter ich mich von Palembang entfernte, desto weniger rein fand ich, dass das Malaiische von dem gewöhnlichen Volk gesprochen wurde, bis es mir zuletzt ganz unverständlich war, obgleich die beständige Wiederkehr vieler gut bekannter Wörter mir sicher anzeigte, dass es eine Form des Malaiischen sei, und mich in den Stand setzte, das Wesentlichste der Unterhaltung zu erraten. Dieser Distrikt hatte vor einigen Jahren einen sehr schlechten Ruf, die Reisenden wurden oft beraubt und ermordet. Kämpfe zwischen Dorf und Dorf fanden auch häufig statt, und viele Menschen kamen um infolge von Grenzstreitigkeiten oder infolge von Frauenintrigen. Aber jetzt, seitdem das Land in Distrikte unter »Kontrolleure« geteilt ist, welche nacheinander ein jedes Dorf besuchen, um Klagen zu vernehmen und Streitigkeiten beizulegen, hört man nichts mehr von solchen Dingen. Dieses ist eines der zahlreichen mir zu Gesicht gekommenen Beispiele von den guten Wirkungen des holländischen Regimentes. Die Regierung übt eine strenge Überwachung über ihre entferntesten Besitzungen aus, richtet sich in der Form der Verwaltung nach dem Charakter des Volkes, schafft Missbräuche ab, bestraft Verbrechen und setzt sich überall bei der eingeborenen Bevölkerung in Achtung.


Haus eines Häuptlings und Reisschuppen in einem sumatranischen Dorf (nach einer Photographie; Robinson)

Lobo Raman ist ein Zentralpunkt des Ostendes von Sumatra und liegt etwa hundertundzwanzig Meilen nach Osten, Norden und Westen von der See entfernt. Die Oberfläche des Landes ist wellig ohne Berge oder nur Hügel, und Felsen gibt es auch nicht; im Allgemeinen besteht der Boden aus einem roten zerreiblichen Ton. Viele kleine Bäche und Flüsse durchschneiden das Land, und es zeigt abwechselnd offene Lichtungen und Waldstrecken, sowohl Urwald als auch neuere Pflanzungen mit einer Menge von Fruchtbäumen; auch ist an Wegen nach jeder Richtung hin kein Mangel. Alles in allem ist es eine höchst passende Gegend für einen Naturforscher, und ich bin überzeugt, dass sie zu einer günstigeren Jahreszeit außerordentlich viel bieten würde; aber jetzt herrschte die Regenzeit, in der, selbst an den günstigsten Lokalitäten, Insekten stets spärlich vorhanden sind und, da keine Früchte an den Bäumen hängen, auch Vögel nur selten erscheinen. Während eines Monats Sammeln vergrößerte ich meine Vogelliste nur um drei oder vier neue Arten, obgleich ich sehr schöne Exemplare vieler erhielt, die selten und interessant waren. Bei den Schmetterlingen ging es mir jedoch glücklicher; ich erhielt mehrere schöne, mir ganz neue Arten und eine beträchtliche Anzahl sehr seltener und schöner Insekten. Ich will hier etwas von zwei Schmetterlingsarten erzählen, welche, wenn sie auch in den Sammlungen sehr gewöhnlich sind, uns Eigentümlichkeiten von dem höchsten Interesse darbieten.

Der Erste ist der hübsche Papilio memnon, ein prächtiger Schmetterling von einer tiefschwarzen Farbe mit Linien und Gruppen von Schuppen von einer hellen aschblauen Farbe über und über gefleckt. Seine Flügel messen ausgebreitet fünf Zoll, und die Hinterschwingen sind abgerundet mit ausgeschweiften Rändern. Diese Beschreibung gilt von den Männchen; aber die Weibchen sind ganz anders und variieren so sehr davon, dass man früher meinte, sie gehörten überhaupt einer distinkten Art an. Sie können in zwei Gruppen geschieden werden – solche, welche den Männchen in der Form gleichen, und solche, welche gänzlich von ihm in den äußern Flügelumrissen differieren. Die Ersteren variieren sehr in der Farbe; sie sind oft fast weiß mit dunkler gelber und roter Zeichnung, aber derartige Differenzen kommen bei Schmetterlingen oft vor. Die zweite Gruppe ist viel außergewöhnlicher, und man würde nie in ihr dasselbe Insekt vermutet haben, da die Hinterschwingen in große löffelartige Enden verlängert sind, während weder bei den Männchen noch bei der gewöhnlichen Form der Weibchen Rudimente davon vorkommen. Diese geschwänzten Weibchen haben nie die dunklen und blau polierten Färbungen, welche bei dem Männchen vorwiegen und oft bei den ebenso geformten Weibchen gefunden werden, sondern sind unveränderlich mit weißen und ledergelben Streifen und Flecken geziert, welche den größeren Teil der Oberfläche der Hinterflügel einnehmen. Diese Eigentümlichkeit in der Färbung führte mich darauf, dass dieses ausgezeichnete Weibchen (fliegend) einem anderen Schmetterling derselben Gattung, aber von einer anderen Gruppe (Papilio coön), ähnelt, und dass wir hier einen Fall von Nachahmung (mimicry) ähnlich den Fällen haben, welche so schön von Herrn Bates15 illustriert und auseinandergesetzt worden sind. Dass die Ähnlichkeit nicht zufällig ist, wird genügend durch die Tatsache dargetan, dass im Norden von Indien, wo Papilio coön durch eine verwandte Form (Papilio doubledayi) vertreten wird, die rote Flecken statt der gelben hat, das geschwänzte Weibchen einer nahe verwandten Art oder Varietät von Papilio memnon (P. androgeus) auch rotgefleckt ist. Der Zweck und Grund dieser Ähnlichkeit scheint darin zu liegen, dass die angeähnelten Schmetterlinge zu einer Abteilung der Gattung Papilio gehören, welche aus irgendeinem Grund nicht von Vögeln angegriffen wird, und dass die Weibchen von Memnon und ihre Verwandten, da sie dieser in Form und Farbe so sehr gleichen, auch der Verfolgung entgehen. Zwei andere Arten derselben Abteilung (Papilio antiphus und Papilio polyphontes) werden so genau von zwei weiblichen Formen von Papilio theseus (welcher in dieselbe Abteilung mit memnon gehört) kopiert, dass sie den holländischen Entomologen De Haan vollständig irregeleitet haben und er sie demgemäß zu derselben Art stellte!

Verschiedene Weibchen von Papilio memnon (Robinson)


Papilio coön (Robinson)

Aber die seltsamste Tatsache, die mit diesen distinkten Formen zusammenhängt, ist die, dass sie beide Abkömmlinge einer jeden Form sind. Eine einzige Larvenbrut wurde auf Java von einem holländischen Entomologen gezogen und brachte sowohl Männchen als auch geschwänzte und schwanzlose Weibchen hervor, und es ist aller Grund vorhanden zu glauben, dass dieses stets der Fall ist und dass intermediäre Formen nie vorkommen. Um diese Phänomene zu beleuchten, wollen wir einmal annehmen, dass ein in der Ferne weilender Engländer auf einer abgelegenen Insel zwei Frauen habe – eine schwarzhaarige, rothäutige Indianerin und eine wollhäuptige, schwarzhäutige Negerin; und dass, anstatt dass die Kinder Mulatten von braunen oder schwarzen Färbungen wären, welche das Charakteristische ihrer Erzeuger in verschiedenen Abstufungen gemischt besäßen, alle Knaben ebenso hell gefärbt und so blauäugig wie ihr Vater seien, während die Mädchen alle ihren Müttern glichen. So etwas würde man für höchst befremdend halten müssen, und doch ist der Fall bei diesen Schmetterlingen noch außerordentlicher, denn jede Mutter ist imstande, nicht allein männliche Abkömmlinge, die dem Vater, und weibliche, die ihr selbst ähneln, hervorzubringen, sondern auch andere weibliche, die ihrem Nebenweib gleichen und die von ihr selbst ganz verschieden sind!

Die andere Art, auf welche ich die Aufmerksamkeit lenken möchte, ist Kallima paralekta, ein Schmetterling, der zu derselben Gruppe von Familien gehört wie unser Schillerfalter16 und ungefähr von derselben Größe oder größer ist. Seine obere Seite ist reich purpurrot, an verschiedenen Stellen aschgrau gefärbt und quer über die vorderen Flügel geht ein breites tief orangenes Band, sodass er im Flug stets auffällt. Diese Art war in trockenem Gehölz und Dickicht nicht ungewöhnlich, aber ich versuchte oft vergeblich, den Schmetterling zu fangen, denn wenn er eine kurze Strecke geflogen war, schlüpfte er in einen Busch zwischen trockene und tote Blätter, und wie sorgsam ich auch zu der Stelle hinkroch, so konnte ich ihn doch nie entdecken, bis er plötzlich wieder herausflog und dann an einem ähnlichen Ort wieder verschwand. Endlich aber war ich so glücklich, genau den Fleck zu sehen, wo er sich niederließ, und obgleich ich ihn eine Zeit lang aus den Augen verlor, so entdeckte ich ihn schließlich doch dicht vor mir; aber er gleich in seiner Ruhestellung so sehr einem toten, an einem Zweig hängenden Blatt, dass man sich selbst dann täuschen musste, wenn man gerade darauf hinsah. Ich fing verschiedene fliegende Exemplare und war so imstande zu beobachten, wie diese wunderbare Ähnlichkeit hervorgerufen wird.

Das Ende der oberen Flügel geht in eine feine Spitze aus, gerade wie die Blätter vieler tropischen Stauden und Bäume enden, während die unteren Schwingen stumpfer sind und sich in einen kurzen dicken Ausläufer ausziehen. Zwischen diesen zwei Punkten läuft eine dunkle gebogene Linie, welche genau der Mittelrippe eines Blattes gleicht, und von dieser strahlen nach jeder Seite hin einige schräge Striche aus, welche sehr gut die Seitenrippen nachahmen. Diese Striche sind an dem äußeren Teil der Basis der Flügel und an der inneren Seite gegen die Mitte und die Spitze hin deutlicher zu sehen, und sie werden durch Streifen und Zeichnungen hervorgerufen, welche bei verwandten Arten sehr gewöhnlich sind, aber welche sich hier modifiziert und verstärkt haben, sodass sie genauer die Nervatur eines Blattes nachahmen. Die Färbung der unteren Seite variiert viel, aber stets hat sie eine aschbraune oder rötliche Farbe, welche mit der von toten Blättern übereinstimmt. Die Gewohnheit dieser Art ist nun die, stets auf einem Zweig zwischen toten oder trockenen Blättern zu sitzen und in dieser Stellung, mit den Flügeln dicht aneinander, gleichen sie genau einem mäßig großen, leicht gebogenen oder gerunzelten Blatte. Die Enden der Hinterflügel bilden einen vollkommenen Stängel und berühren den Stamm, während das Insekt auf dem mittleren Beinpaar sitzt, das zwischen den umgebenden Zweigen und Fasern nichtbeachtet wird. Der Kopf und die Antennen sind zwischen den Flügeln zurückgezogen, sodass sie ganz verborgen liegen, und gerade an der Basis der Flügel ist ein Ausschnitt, in welchem der Kopf gut zurückgezogen werden kann. Alle diese verschiedenen Einzelheiten kombiniert rufen eine Maskierung hervor, die so vollständig und wunderbar ist, dass sie jeden in Erstaunen setzt, der sie beobachtet; und die Gewohnheiten der Insekten sind der Art, dass sie aus diesen Eigentümlichkeiten Nutzen ziehen und dass sie ihnen so sehr zum Vorteil gereichen, dass jeder Zweifel über den Zweck dieses sonderbaren Falles von Nachahmung schwindet, ein Zweck, der eben zweifellos in einem Schutze für das Insekt zu suchen ist. Sein starker und schneller Flug genügt, um es im Fliegen vor seinen Feinden zu schützen, allein wenn es ebenso in die Augen fallend beim Stillsitzen wäre, so würde es bald ausgerottet sein, da ja insektenfressende Vögel und Reptilien in tropischen Wäldern sehr zahlreich vorkommen. Eine sehr nahe verwandte Art, Kallima inachis, bewohnt Indien, wo sie sehr gewöhnlich ist, und Exemplare davon werden vom Himalaya aus in jede Sammlung versendet. Wenn man eine Anzahl von diesen untersucht, so sieht man, dass nicht zwei gleich sind, aber dass alle Verschiedenheiten denen von toten Blättern entsprechen. Jede gelbe, aschgraue, braune und rote Nuance kann man da sehen und Flecken, welche von kleinen schwarzen Punkten gebildet werden und die so genau Schwämmen auf Blättern gleichen, dass es fast unmöglich ist, zuerst nicht zu glauben, dass wirklich solche Schwämme auf den Schmetterlingen selbst gewachsen seien!


Blattschmetterling, fliegend und sitzend (T.W. Wood)

Wenn solche außerordentliche Anpassung wie diese allein stünde, so würde es sehr schwierig sein, irgendeine Erklärung davon zu geben; aber obgleich es vielleicht der vollkommenste Fall von schützender Nachahmung ist, den man kennt, so gibt es noch Hunderte von gleichartigen Ähnlichkeiten in der Natur, und aus der Gesamtheit dieser Erscheinungen ist es möglich, eine allgemeine Theorie abzuleiten über die Art, wie sie allmählich hervorgebracht worden sind. Das Prinzip der Variation und das der »natürlichen Auswahl« oder des Überlebens des Passendsten, wie es von Herrn Darwin in seiner berühmten »Entstehung der Arten« ausgearbeitet ist, liefert die Grundlage für eine solche Theorie; und ich selbst habe mich bemüht, sie auf alle Hauptfälle von Nachahmung anzuwenden in einem Artikel in der Westminster Review für 1867, betitelt: »Nachahmung, und andere schützende Ähnlichkeiten bei den Tieren« (»Mimicry, and other Protective Resemblances among Animals«), auf welchen ich den Leser verweise, der etwas mehr über diesen Gegenstand zu wissen wünscht.

Auf Sumatra sind Affen sehr zahlreich vorhanden, und in Lobo Raman pflegten sie die Bäume, welche das Wächterhaus beschatten, zu besuchen und gaben mir so eine gute Gelegenheit, ihre Sprünge zu beobachten. Zwei Arten von Semnopithecus waren am zahlreichsten – Affen von einer schlanken Form mit sehr langen Schwänzen. Da man nicht viel nach ihnen schießt, so sind sie ziemlich kühn und bleiben ganz sorglos bei der alleinigen Anwesenheit von Eingeborenen; aber als ich herauskam und sie ansah, starrten sie ein bis zwei Minuten auf mich herab und machten sich dann aus dem Staube. Sie springen ungeheuer weit von den Ästen eines Baumes auf die etwas tieferen eines anderen, und es ist sehr unterhaltend zu sehen, wie, wenn einer der starken Führer einen kühnen Sprung wagt, die anderen mit größerer oder geringerer Hast folgen; es kommt dann oft vor, dass einer oder zwei der Letzten gar nicht sich zum Sprung entschließen können, bis die anderen bald außer Sicht sind; dann werfen sie sich verzweifelt und aus Furcht, allein gelassen zu werden, in die Luft, durchbrechen die schwachen Zweige und stürzen oft zu Boden.

Ein sehr seltsamer Affe, der Siamang, war auch ziemlich häufig, aber er ist weit weniger kühn als jene, hält sich mehr in den Urwäldern auf und meidet die Dörfer. Diese Art ist verwandt mit den kleinen langarmigen Affen der Gattung Hylobates, aber ist beträchtlich größer und unterscheidet sich von ihnen durch die Vereinigung der zwei ersten Zehen des Fußes, nahe dem Ende, woher sein lateinischer Name: Siamanga syndactyla. Er bewegt sich viel langsamer als der lebhafte Hylobates, hält sich auf niedrigeren Bäumen und liebt nicht die ungeheuren Sprünge; aber doch ist er sehr lebhaft und kann sich mit seinen sehr langen Armen – der Erwachsene misst fünf Fuß sechs Zoll querüber bei drei Fuß Höhe – zwischen weit auseinanderstehenden Bäumen hin und her schwingen. Ich kaufte einen kleinen, den Eingeborene gefangen und so festgebunden hatten, dass er dadurch verletzt worden war. Er war zuerst ziemlich wild und wollte beißen; aber als wir ihn losgebunden und ihm zwei Stangen unter der Veranda zum Daranhängen gegeben hatten, indem wir ihn an ein kurzes Tau befestigten, das mittels eines Ringes die Stangen entlangglitt, sodass er sich leicht bewegen konnte, wurde er zufrieden und sprang mit großer Schnelligkeit umher. Er aß fast alle Arten Früchte und Reis, und ich hatte gehofft, ihn mit nach England bringen zu können, allein er starb gerade, ehe ich abreiste. Zuerst hatte er gegen mich eine Abneigung, die ich aber dadurch zu beseitigen suchte, dass ich ihn immer selbst fütterte. Eines Tages aber biss er mich beim Füttern so stark, dass ich die Geduld verlor und ihm einen tüchtigen Schlag versetzte, was ich später bereute, da er von da an mich noch weniger leiden konnte. Er erlaubte meinen malaiischen Knaben, mit ihm zu spielen, und konnte sich stundenlang von Stange zu Stange und auf die Dachsparren der Veranda mit so viel Leichtigkeit und Gewandtheit hin und her schwingen, dass er uns eine stete Quelle der Unterhaltung war. Als ich nach Singapur zurückkam, zog er so sehr die Aufmerksamkeit auf sich, da noch niemand vorher einen Siamang lebend gesehen hatte, obgleich er in einigen Teilen der Malaiischen Halbinsel nicht selten ist.

Da der Orang-Utan bekanntlich Sumatra bewohnt und tatsächlich hier zuerst entdeckt worden ist, so zog ich viele Erkundigungen über ihn ein; aber keiner der Eingeborenen hatte je von einem solchen Tier gehört und fand auch keinen holländischen Beamten, der irgendetwas davon wusste. Wir können daher schließen, dass er nicht die großen Waldebenen des östlichen Teils von Sumatra bewohnt, wo man ihn natürlich zu finden erwarten würde, sondern wahrscheinlich auf eine begrenzte Gegend im Nordwesten sich beschränkt – ein Teil der Insel, der vollständig in den Händen der eingeborenen Herrscher ist. Die anderen großen Säugetiere von Sumatra, der Elefant und das Rhinozeros, sind viel weiter verbreitet; aber der Erstere ist seltener, als er es vor ein paar Jahren war, und scheint sich schleunigst vor der Ausbreitung der Kultur zurückzuziehen. Um Lobo Raman findet man gelegentlich Fangzähne und Knochen im Wald, aber das lebende Tier kommt hier nie mehr vor. Das Rhinozeros (Rhinozeros sumatranus) ist noch zahlreich vorhanden, und ich sah beständig seine Spuren und seinen Dung; einmal auch störte ich einen beim Fressen, er rauschte durch den Dschungel, fort und ich sah ihn nur einen Moment durch das dichte Unterholz. Ich erhielt einen ziemlich vollkommenen Schädel und eine Anzahl Zähne, die von den Eingeborenen gesammelt worden waren.

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