Ich hab mal einen Killer gekannt: 4 Action Krimis

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Dr. Brent Claus mit erheblicher Verspätung am Tatort ein, was mit den Verkehrsverhältnissen zur Rush Hour zu tun hatte.

Unsere Kollegen Mell Horster und Sam Folder suchten den Tatort und die Wohnung des Opfers nach Spuren ab.

Das Autokennzeichen, das ich mir gemerkt hatte, wurde natürlich sofort durch den Rechner gejagt, aber es stellte sich heraus, dass es sich um ein gestohlenes Nummernschild handelte, das eigentlich zu einem blauen Chevrolet gehörte. Die Täter hatten es offenbar vor drei Tagen gestohlen, um damit das Kennzeichen ihres Vans zu verdecken.

Eine Großfahndung setzte natürlich ein, jeder Cop in New York sollte möglichst Ausschau nach diesem Wagen halten, aber realistisch betrachtet waren unsere Chancen, ihn schnell stellen zu können gering.

Unsere Kollegen vom Innendienst unter Agent Max Carter siebten sämtliche Fälle von Autodiebstählen heraus, die von den letzten Tagen bei Vans des betreffenden Fabrikats begangen worden waren.

Innerhalb der Stadt New York traf das nur auf drei Fahrzeuge zu, im Umkreis einer dreißig Meilen Zone um den Big Apple kamen dann noch einmal drei Fälle hinzu. Ein weiteres Aussieben unserer Innendienstler durch genaue Befragung und Abgleich der Daten ergab dann nur noch zwei Fälle. Einer in Union City, einer in der Lower East Side. Auf Grund der örtlichen Nähe war der Wagen vermutlich in der Lower East Side gestohlen worden. Der Besitzer hatte ihn schon vor einer Woche als gestohlen gemeldet.

„Hey, was ist los, Jesse?“, fragte mich Milo zwischendurch, während ich fasziniert dabei zusah, wie Dave Ontario unserem inzwischen eingetroffenen Betriebswirtschaftsspezialisten Nat Norton einen Zugang zu den Online-Konten des Verstorbenen verschaffte. Da Paco von gängigen Sicherheitsmaßnahmen nicht viel zu halten schien, hatte Dave ein leichtes Spiel. Umso besser für uns, konnten wir doch so in der Jagd nach Pacos Mörder etwas aufholen.

Milos Stimme hatte mich aus den Gedanken gerissen.

„Ich habe nur über etwas nachgedacht, Milo.“

„Da ich kein Telepath bin, solltest du es mir sagen“, fand Milo. „Wie heißt es doch immer so schön? Jedes Detail kann wichtig sein. Oder hast du dich gar während der Dienstzeit irgendwelchen privaten Träumereien hingegeben?“

„Mir fiel ein, was McGregor uns sagte.“

„Jesse, der hat geredet wie ein Wasserfall. Was bitte schön meinst du jetzt genau?“

„Er hat doch gesagt, dass er aufgewacht sei, weil jemand ziemlich laut einen Wagen gestartet hätte. Ich dachte gerade an den Kavaliersstart, den der Fahrer dieses Killer-Van hingelegt hat!“

„Willst du behaupten, dass es dieselben Killer waren?“

„Nehmen wir mal an, es waren drei. Einer fuhr den Wagen, zwei verübten den Mord. Von denen ist einer tot, weil Tasha Grath sich gegen ihn wehren konnte. Monty Ribesco, von dem wir erst annahmen, er könnte der Täter sein, starb durch eine Waffe, die auch beim Carter/Fabiano-Mord verwendet wurde. Das ist doch kein Zufall!“

„Was wollte Ribesco dann am Tatort?“

„Er war Fabianos Mitarbeiter, Komplize, - je nachdem, wie du es nennen willst, Milo. Vielleicht war es seine Aufgabe, Fabiano bei dem Treffen unauffällig Deckung zu verschaffen und er hat sich einfach verspätet.“

„Oder er wollte sich verspäten, Jesse, weil er wusste, was passieren würde.“

„Das werden wir vielleicht nie genau herausfinden.“

Ich nickte langsam und fuhr dann fort: „Nach unseren Indizien lässt folgendes vermuten: Brandon Carter stößt bei seinen Skandal-Recherchen auf einen Ring von Leuten, die mit Insider-Geschäften viel Geld machen...“

„Da haben wir wahrscheinlich erst die Spitze eines Eisberges entdeckt!“, mischte sich Nat Norton ein. „Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen würde es mich nicht wundern, wenn Fabiano seine Kontakte genutzt hat, um Mafia-Gelder in diesen dubiosen Fond zu pumpen.“

„Jedenfalls hat sich Carter dort unter falscher Identität eingeschmuggelt“, stellte ich fest.

„Was immer man auch über ihn sagen mag, er war eine Wühlmaus“, ergänzte Milo. „Es könnte durchaus sein, dass er im Lauf der Ermittlungen die Identität eines gewissen Dale Edwards knackte und auf diese Weise auf Jack Fabiano stieß.“

„Nein“, widersprach ich. „Fabiano hat sich an Carter gewandt, das scheint mir logischer. Er war todkrank, hat sich nach jemandem umgesehen, der ihm die Beichte nicht nur abnehmen, sondern auch veröffentlichen würde. Aber er wird sich genauestens über seinen zukünftigen Biografen informiert haben und ich könnte mir denken, dass er dabei auf Carters falsche Identität stieß, unter der er sich bei demselben Aktienfond eingekauft hatte.“

„An diesem Punkt hätte Fabiano Carter eigentlich töten müssen“, meinte Milo. „Aber für Fabiano gab es keine Zukunft mehr. Ob die Börsenaufsicht TronikFond in der Luft zerreißen und das ganze in einem juristischen Desaster enden würde, konnte ihm gleichgültig sein. Wichtig war, dass er Carter auf diese Weise notfalls in der Hand hatte. Denn Carter hatte offensichtlich die Recherchen längst aufgegeben und den Insider-Ring nur noch zum Geldverdienen benutzt.“

„Bis er den Anführern dieser feinen Gesellschaft wohl irgendwie aufgefallen ist und ausgeschaltet wurde“, ergänzte ich.

Im nächsten Moment schrillte mein Handy.

Ich nahm das Gespräch entgegen. Es war Mister McKee.

„Tasha Grath hat sich noch einmal gemeldet“, erklärte unser Chef. „Leider konnte sich der zuständige Bezirksstaatsanwalt nicht zu einem Angebot durchdringen. Ich habe etwas versucht, sie hinzuhalten, aber das ist nur bedingt gelungen.“

„Das klingt nicht besonders viel versprechend“, erwiderte ich resigniert.

„Es gibt auch eine gute Nachricht, Jesse!“

„Und die wäre?“

„Sie hat diesmal ihr Handy benutzt. Wir konnten es anmessen. Sie muss sich derzeit ganz in eurer Nähe aufhalten, und zwar an der Ecke Essex Street/Grand Street in der Lower East Side. Ein paar Kollegen sind schon unterwegs, aber ich wette, ihr seid am schnellsten dort.“

„Wir sind schon so gut wie auf dem Weg“, sagte ich.

„Viel Glück, Jesse!“

Milo hatte bereits die Wohnungstür passiert, da hielt mich Nat Norton’ Stimme noch einmal für einen kurzen Moment zurück.

„Jesse!“

„Was noch, Nat?“

„Es überrascht mich nur noch mäßig, aber auch Paco Montoya alias Robert Pakonyovsky war ein fleißiger und ungewöhnlich erfolgreicher Aktiensparer!“




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Wir verzichteten auf das Rotlicht auf dem Dach. Der Sportwagen war schon auffällig genug. So auffällig, dass sich vielleicht auch Tasha Grath an ihn erinnerte. Schließlich hatte sie ihn wahrscheinlich gesehen, als wir vor Brandon Carters Bungalow in Patterson, New Jersey geparkt hatten.

So schnell es der dichte Verkehr erlaubte, versuche ich an jene Ecke in der Lower East Side zu kommen, wo die Essex Street auf die Grand Street trifft.

Den Sportwagen parkten wir in einer Tiefgarage in der Nähe, die zu einem Supermarkt gehörte. Die letzten fünf Minuten gingen wir zu Fuß.

Über Handy meldeten sich unsere Kollegen Jay Kronburg, Leslie Morell und Fred LaRocca. Sie rechneten damit, erst in etwa zwanzig Minuten einzutreffen.

Wir sahen uns an der angegebenen Ecke um. Es gab hier mehrere kleinere Läden. Einen Drugstore, einen Coffee Shop, ein Billard-Lokal, aus dem Heavy Metal Musik ertönte und ein Hotel, das seine besten Tage wohl schon lange hinter sich hatte. Es hatte früher mal schlicht und einfach „Lower Manhattan Hotel“ geheißen. Vor ein paar Jahren war jemand auf die Idee gekommen, ihm einen französischen Namen zu geben und es L’AUBERGE ROUGE zu nennen, was verrucht klingen sollte. Prostitution ist in New York nach wie vor verboten. Also geschieht sie in der Illegalität. Jedenfalls konnte man im L’AUBERGE ROUGE die Zimmer auch stundenweise mieten, aber aus der Sicht der Besitzer ging es sie nichts an, was auf den Zimmern geschah.

 

Wir betraten das Foyer.

Ein riesenhafter, bärtiger Mann saß an der Rezeption.

Wir zeigten ihm zunächst unsere Ausweise und dann ein Bild von Tasha Grath. Er sah nicht einmal richtig hin. „Ich kenne die Lady nicht!“, behauptete der Riese.

„Sehen Sie sich das Bild besser an. Sonst müssen wir in den Zimmern nach ihr suchen. Ich weiß nicht, ob Ihnen das wirklich recht wäre!“, drohte Milo an.

Eine junge Frau kam mit einem wesentlich älteren Mann zur Tür herein. Die beiden machten auf dem Absatz kehrt und gingen wieder hinaus.

„Ihr G-men verderbt mir hier das Fluidum!“, kommentierte der Riese diese Szene. „Was wollen Sie? Mir die Gäste vertreiben? Ich bin ein hart arbeitender Geschäftsmann und zahle meine Steuern! Und die werten Staatsdiener haben nichts anderes zu tun, als dafür zu sorgen, dass potentielle Gäste vertrieben werden.“

Milos Handy klingelte. Milo nahm das Gespräch entgegen und sagte zweimal kurz hintereinander „Ja!“, und beendete anschließend die Verbindung. „Das war das Field Office. Sie ist definitiv innerhalb der Grundmauer dieses Gebäudes, das steht fest!“

Ich sah den Riesen ernst an. „Wir sind nicht vom Vice. Was uns interessiert, ist diese Frau, sonst nichts.“

Der Riese seufzte hörbar und grummelte irgendetwas vor sich hin, was ich nicht verstand. Aber wahrscheinlich war das auch besser so.

Ein Mann im grauen Dreiteiler eines Geschäftsmannes kam mit einer rothaarigen Frau in einem sehr knappen Kostüm aus dem Lift. Die beiden wurden von einem jungen Mann in dunkler Lederjacke überholt.

„Dritter Stock, Zimmer 301“, sagte der Riese.

„Falls Sie die junge Frau warnen sollten, werden wir das feststellen und dann können Sie sicher sein, dass dieser Laden von oben bis unten auf den Kopf gestellt wird!“, drohte ich. „Die Kollegen von der Vice-Abteilung des zuständigen NYPD-Reviers warten doch sicher nur darauf, Ihnen endlich einen Strick drehen zu können!“

Er hob die Hände.

„Immer locker bleiben, G-man!“




32


Fünf Minuten später standen wir mit gezogenen Waffen vor dem Zimmer, in dem sich Tasha Grath befinden sollte.

Die Tür stand einen Spalt offen.

Sie war offenbar eingetreten worden.

Das primitive Schloss war aus der Halterung heraus gebrochen worden. Ich gab der Tür einen Stoß mit dem Fuß. Mit der Pistole im Anschlag trat ich ein. Milo folgte mir. Tasha Grath lag ausgestreckt auf dem Bett. Zwischen den Augen war deutlich ein Einschussloch zu sehen.

„Verdammt!“, murmelte ich.

Die Wunde war frisch.

Das Blut war noch nicht einmal geronnen.

Ich stürzte aus dem Raum, zurück auf den Korridor. Dann rannte ich die Treppe hinunter, weil es mir zu lange gedauert hätte den Lift zu betätigen.

Mit Riesenschritten nahm ich immer drei Stufen auf einmal.

Ich stürmte durch das Foyer, rannte einen dicken Mann um, der gerade mit zwei vor Kälte zitternden und ziemlich leicht bekleideten jungen Frauen im Arm zur Tür hereinkam und befand mich wenig später im Freien. Ich ließ den Blick schweifen.

Der Mann mit der Lederjacke, den ich kurz zuvor aus dem Lift hatte kommen sehen, ging dreißig Yards von mir entfernt auf ein am Straßenrand parkendes Fahrzeug zu. Es handelte sich um einen BMW. Er öffnete die Tür.

Ich spurtete hinter ihm her.

Er drehte sich in meine Richtung.

„Stehen bleiben FBI!“, rief ich.

Der Kerl wirbelte herum, griff unter seine Jacke und riss eine Automatik mit Schalldämpfer hervor.

Ich feuerte. Mein Schuss traf ihn in den Oberschenkel. Die Wucht des Schusses riss ihm das Bein nach hinten. Er taumelte, kam zu Fall und hob erneut die Waffe.

Für einen kurzen Moment hing alles in der Schwebe.

Aber dann sank endlich der Lauf seiner Waffe.

Er war vernünftig genug, einzusehen, dass er keine Chance hatte.

„Die Waffe weg!“

Er ließ sie auf den Asphalt fallen. Ich trat auf ihn zu, kickte die Waffe zur Seite. „Sie sind verhaftet und haben das Recht zu schweigen. Falls Sie auf dieses Recht verzichten, kann alles, was Sie von nun an sagen vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Haben Sie mich verstanden?“

Er blicke auf und schwieg.

Aber ich war mir sicher, dass er mich verstanden hatte.




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Der Gefangene trug einen Führerschein bei sich, der auf den Namen Harry Salgado lautete. Salgado war kein Unbekannter, wie sich später herausstellte. Er war mehrfach vorbestraft, zweimal im Zusammenhang mit Schießereien festgenommen worden. Verurteilungen wegen Drogenbesitz und dem Besitz von illegalen Waffen waren allerdings einzige, was juristisch dabei herausgekommen war.

Harry Salgado verbrachte die Nacht im Kliniktrakt von Rikers Island, wo ihm eine Kugel aus dem Oberschenkel geholt wurde. Er verweigerte bislang die Aussage. Ein Anwalt aus einer sehr renommierten Anwaltskanzlei übernahm ihn als Mandanten.

Da schien jemand sehr darauf bedacht zu sein, dass Salgado gut verteidigt wurde.

Der ballistische Vergleich traf im Verlauf des nächsten Tages ein. Das Ergebnis ließ an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Salgado war der zweite Mann, der an dem Fabiano/Carter-Mord beteiligt gewesen war.

„Jetzt fehlt uns nur noch der Killer, der Paco aus dem Van heraus erschossen hat“, meinte Milo, als wir im Büro von Mister McKee saßen. Wir nahmen nicht an, dass Salgado auch dafür verantwortlich war. Aber die Täter arbeiteten offenbar für dieselbe graue Eminenz im Hintergrund.

„Und natürlich sein Fahrer!“, ergänzte ich. „Dann haben wir das Mörderquartett komplett. Allerdings sind das nur die Handlanger. Werkzeuge, mehr nicht. Die wahren Schuldigen haben sich die Hände nicht selbst schmutzig gemacht.“

Anschließend lauschten wir gespannt den Erkenntnissen, die Nat Norton vorzuweisen hatte. Stück für Stück kam er bei der Verfolgung der Finanzströme vorwärts, die mit einem Umweg über Liechtenstein und die Cayman-Islands irgendwie zurück nach New York führen mussten.

Einen Durchbruch hatte es dabei noch nicht gegeben.

Aber Nat war inzwischen auf immer weitere TronikFond-Konten gestoßen, die offenbar Jack Fabiano eingerichtet hatte. „Ich glaube, wir haben Fabianos Rolle in diesem Spiel bislang völlig falsch eingeschätzt“, äußerte unser Spezialist für Betriebswirtschaft. „Fabiano war nicht nur ein Lohnkiller, der ein paar Cent auf die Seite legen und dabei einen guten Gewinn machen wollte. Er hat extra Scheinfirmen gegründet, um gewaltige Summen zu kanalisieren. Das geht nach meinen Berechnungen in den dreistelligen Millionenbereich.“

„Mafiagelder!“, glaubte Mister McKee.

„Es wird schwer sein, das je zu beweisen“, meinte Nat. „Dazu ist Fabiano viel zu clever vorgegangen. Aber woher er dieses Geld auch immer gehabt haben mag – es war so viel, dass es eine Schlüsselstellung für diesen Fond innehatte. Übrigens habe ich inzwischen herausgefunden, dass der Fond seine Kursgewinne offenbar vor allem mit den Schwankungen einiger weniger Aktienwerte macht. Der wichtigste ist Megatronics Inc., eine Firma, die elektronische Steuersysteme herstellt. In letzter Zeit ist der Kurs mal wieder stark gefallen. Die Branche steckte angeblich in einer Krise. Aber TronikFond kaufte gewaltige Mengen dieser Anteile preiswert auf...“

„Läuft da vielleicht gerade ein Insider-Deal ab?“, fragte ich.

Nat zuckte die Achseln. „Jedenfalls wäre der Kurs im Nu auf Spitzenniveau, wenn jetzt nur das Gerücht einer Fusion mit einem potenten Partner in Umlauf käme. Der Kurs könnte explodieren und die Mafia-Gelder, die Fabiano in den Fond gepumpt hat, würden eine enorme Rendite abwerfen!“

„Dann sollten wir die Vorstände aller Unternehmen durchforsten, von denen er TronikFond Aktien gekauft hat!“, schlug ich vor. „Es muss da doch Leute geben, die ihr Wissen nach außen geben!“

„Um diesen Leuten auf die Füße zu treten bräuchten wir etwas mehr, als wolkige Vermutungen“, war Mister McKee überzeugt.

Ein Stück weiter brachte uns ein Abgleich der Handy Menuedaten. In den Handy Menues von Fabiano, Ribesco und Paco Montoya existierte eine Nummer, die zu einem Prepaid-Handy gehörte. Dabei wurde kein Vertrag mit einem Anbieter geschlossen, sodass sich das Gerät nicht eindeutig einer bestimmten Person zuordnen ließ. Für Gangster war der häufige Wechsel eines Prepaid-Handys eine wirkungsvolle Methode, um auch dann noch kommunizieren zu können, wenn man davon ausgehen musste, dass sämtliche Telefonverbindungen und regulären Handyanschlüsse abgehört wurden.

„Diese Nummer scheint recht wichtig gewesen zu sein“, meinte unser Erkennungsdienstler Sam Folder. „Monty Ribesco hat sie eine halbe Stunde vor seinem Tod noch angerufen...“

„Wenn das die graue Eminenz ist, die wir suchen, dann war das vielleicht sein letzter Versuch, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.“

Unsere Techniker wurden mit der Aufgabe betraut, das Handy zu orten, was schließlich auch gelang. Der Apparat war angeschaltet.

Die Spur führte nach Wall Street – und das im wahrsten Sinn des Wortes.

Mit insgesamt einem Dutzend Agenten fuhren wir in den Finanzbezirk von Manhattan. Gegenüber dem Stock Exchange, wie die New Yorker Börse genannt wurde, gab es einen Block mit Luxusapartments. Dort musste sich der Apparat befinden.

Wir standen schließlich vor der Wohnung eines gewissen Dan Ericson. Er war Börsenmakler. Sein Büro befand sich direkt neben der Wohnung. Eine Sekretärin hielt dort die Stellung.

„Mister Ericson ist zur Zeit verreist“, erklärte sie uns.

„Sein wann?“, fragte ich.

„Er hatte einen Flug für gestern Nachmittag nach Zürich gebucht“, lautete die Antwort.

„Ohne sein Handy?“, wunderte ich mich, um die Sekretärin etwas in die Enge zu treiben. Sie hieß Karen Doherty, war sicher nicht älter als 25 und schien mir noch recht unsicher zu sein.

„Was meinen Sie damit?“

„Mister Ericson scheint sein Handy in der Wohnung zurückgelassen zu haben.“

„Das glaube ich nicht – das lässt sich aber rasch feststellen.“

Sie wählte eine Nummer auf dem Telefon, das sich auf ihrem Schreibtisch befand. Ich warf dabei einen Blick auf die digitale Anzeige. Es handelte sich um Ericsons reguläre Handynummer – nicht um das Prepaid-Gerät, das wir suchten.

Karen Doherty legte schließlich wieder auf. „Ist im Moment nicht erreichbar“, murmelte sie.

Eine telefonische Abfrage ergab wenig später, dass Ericson den Flug nach Zürich zwar gebucht hatte, aber nicht eingecheckt war.

Wir drangen in seine Wohnung ein.

Mit Hilfe eines Peilgerätes fand unserer Kollege Sam Folder schließlich das Gerät.

 

Es lag im Wohnzimmer und war unter eine Kommode gerutscht.

„Seltsam“, meinte ich.

„Es sei denn, man nimmt an, dass Ericson dieses Handy bei einem Kampf verloren hat!“, erwiderte Milo.

Mit Hilfe von Luminol, das auch noch kleinste DNS-Reste sichtbar machen kann, fand Sam sehr schnell die Wahrheit heraus. Dan Ericson war vermutlich erschossen worden. Es gab Blutspuren im Teppich, die sich wieder sichtbar machen ließen, auch wenn sich der oder die Täter anscheinend sehr große Mühe gegeben hatten, alles sorgfältig zu einigen, was irgendwie als Beweis hätte dienen können.

In einem der Polstermöbel fand Sam Folder sogar ein Projektil. Das Einschussloch war einfach durch ein Kissen verdeckt worden.

„Ich greife ballistischen Gutachten ja ungern vor“, meinte er, „aber es ist anzunehmen, dass die Kugel aus einer der bereits in diesem Fall bekannten Tatwaffen stammt.“

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