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Zwanzig Jahre nachher

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XXVI
Schluß

Als die zwei Freunde nach Hause kamen, fanden sie einen Brief von Athos, der sie zu einer Zusammenkunft im Grand-Charlemagne auf den andern Morgen beschied.

Beide legten sich frühe nieder, aber weder der Eine noch der Andere schlief. Man gelangt nicht so zum Ziele aller seiner Wünsche, ohne daß dieses Ziel dahin seinen Einfluß ausübte, daß es wenigstens für die erste Nacht den Schlaf verjagt.

Am andern Tage begaben sich Beide zur bezeichneten Stunde zu Athos. Sie fanden den Grafen und Aramis in Reisekleidern.

»Gut,« sprach Porthos, »wir reisen also insgesamt. Ich habe auch bereits diesen Morgen mein Gepäcke gemacht.«

»Oh! mein Gott, ja,« versetzte Aramis; »seit dem Augenblick, wo es keine Fronde mehr gibt, ist in Paris nichts zu thun. Frau von Longueville hat mich eingeladen, einige Tage in der Normandie zuzubringen, und mir den Auftrag gegeben, während man ihren Sohn taufen wird, ihre Wohnung in Rouen in Bereitschaft hatten zu lassen. Ich werde mich dieses Auftrags entledigen, und mich dann, wenn es nichts Neues zu thun gibt, in meinem Kloster Noisy-le-Sec begraben.«

»Und ich,« sprach Athos, »ich kehre nach Bragelonne zurück. Ihr wißt, mein lieber d’Artagnan, ich bin nur noch ein guter, braver Landmann, Raoul hat kein anderes Vermögen, als das meinige; das arme Kind! ich muß darüber wachen, denn ich bin gewissermaßen nur der Namensleiher.«

»Und was wollt Ihr aus Raoul machen?«

»Ich überlasse ihn Euch, mein Freund. Man wird in Flandern Krieg führen; Ihr nehmt ihn mit; denn ich befürchte, der Aufenthalt in Blois ist seinem jungen Kopfe gefährlich. Behaltet ihn bei Euch und lehrt ihn brav und rechtschaffen sein, wie Ihr es seid.«

»Und ich werde Euch also nicht mehr haben, Athos? Aber ich habe wenigstens ihn, diesen theuren blonden Kopf, und obgleich es nur ein Kind ist, so werde ich doch, da Euere ganze Seele sich in ihm wiederbelebt, theurer Athos, stets glauben, Ihr seit, mich begleitend, mich unterstützend, bei mir.«

Die vier Freunde umarmten sich Thränen in den Augen.

Dann trennten sie sich, ohne zu wissen, ob sie sich je wieder sehen würden.

D’Artagnan kehrte in die Rue Tiquetonne mit Porthos zurück. Dieser war beständig in Gedanken versunken und suchte, wer der Mann wäre, den er erschlagen hatte. Als man vor den Gasthof zur Rehziege gelangte, fand man die Equipage des Barons bereit und Mousqueton im Sattel.

»Hört, d’Artagnan,« sagte Porthos, »verlaßt den Dienst und kommt mit mir nach Pierrefonds, nach Bracieux oder in das Vallon. Wir werden von unsern Gefährten sprechend mit einander alt werden.«

»Nein,« sagte d’Artagnan; »den Teufel, der Feldzug eröffnet sich, und ich will dabei sein. Ich hoffe wohl etwas dabei zu gewinnen.«

»Und was hofft Ihr denn zu werden?«

»Marschall von Frankreich, bei Gott!«

»Ah, ah!« rief Porthos und schaute d’Artagnan an, in dessen Gasconnaden er sich nie hatte ganz finden können.

»Kommt mit mir, Porthos, sprach d’Artagnan; »ich mache Euch zum Herzog.«

»Nein,« versetzte Porthos, »Mouston will nicht mehr in den Krieg ziehen. Ueberdies bereitet man mir zu Hause einen feierlichen Einzug, der alle meine Nachbarn vor Aerger bersten machen wird.«

»Hierauf habe ich nichts zu erwidern,« sprach d’Artagnan, denn er kannte die Eitelkeit des neuen Barons. »Auf Wiedersehen also, mein Freund!«

»Auf Wiedersehen, theurer Kapitän,« sagte Porthos. Ihr wißt, daß Ihr, wenn Ihr mich besuchen wollt, stets in meiner Baronie willkommen seid.«

Ja,« erwiderte d’Artagnan, »bei der Rückkehr aus dem Felde stelle ich mich bei Euch ein.«

»Die Equipagen des Herrn Barons warten,« sagte Mousqueton.

Die zwei Freunde trennten sich, nachdem sie sich die Hand gedrückt hatten. D’Artagnan blieb auf der Türschwelle und folgte mit schwermüthigem Auge Porthos, als er sich entfernte.

Aber nach zwanzig Schritten hielt Porthos plötzlich an, schlug sich vor die Stirne, kehrte zurück und rief:

»Ich erinnere mich.«

»Was?« fragte d’Artagnan.

»Wer der Bettler ist, den ich getödtet habe.«

»Ah! wirklich! Wer ist es denn?«

»Jene Canaille von einem Bonacieux.«

Und entzückt, den Geist frei zu haben, eilte Porthos Mouston nach, mit welchem er an der Straßenecke verschwand.

D’Artagnan blieb einen Augenblick unbeweglich und in Gedanken versunken. Dann sich umwendend, erblickte er die schöne Madeleine, welche, beunruhigt durch die neue Größe von d’Artagnan, auf der Schwelle stand.

»Madeleine,« sagte der Gascogner, »gebt mir die Wohnung im ersten Stocke. Nun, da ich Kapitän der Musketiere bin, sehe ich mich genöthigt, meiner Würde gemäß leben. Aber behaltet mir immerhin mein Zimmer im fünften: denn man kann nicht wissen, was geschieht.«

Anmerkung

Hiermit endigt Alexander Dumas seine »Zwanzig Jahre nachher,« die Fortsetzung oder vielmehr die zweite Abtheilung seines geistreichen Romans der »Drei Musketiere.« Vergebens wird der Leser eine. Entwickelung der Geschichte mehrerer in der ersten Hälfte der »Zwanzig Jahre,« flüchtig skizzierten Personen gesucht haben. Der Graf von Bragelonne, der Graf von Guiche, die junge Prinzessin von England sind rasch vor seinem Auge vorübergeführt worden, ohne daß ihnen der Autor später einen festeren Standpunkt zur Beschauung gegeben hätte. Desgleichen war mit ein paar Worten, doch so, daß es sich nicht als zufällig geschehen betrachten ließ, von der kleinen La Vallière die Rede. Nirgends im Verlauf motivierte Andeutungen lassen sich bei einem Alexander Dumas nicht voraussetzen, und der Leser, welcher eine Ausführung jener Skizzen zu finden sich berechtigt glaubte, erhält auch seine Befriedigung, indem der Verfasser am Schlüsse ankündigt, daß demnächst noch eine dritte Abtheilung von ihm erscheinen werde, wonach sich die Drei Musketiere, welche sich sowohl im Original, als in der Übertragung einer außerordentlich günstigen Aufnahme zu erfreuen hatten, zur Trilogie gestalten. Diese dritte Abtheilung bekommt den Titel: »Zehn Jahre später« oder der »Graf von Bragelonne«, und wir werden der Erscheinung derselben im Original so rasch mit unserer deutschen Ausgabe folgen, als man dies nur immer zu thun im Stande ist.

Ende