Albtraum

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Aaron Aalst

Albtraum

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Albtraum

Impressum neobooks

Albtraum

Von der Menschenmenge, die sich in Berlin über den Kurfürstendamm wälzt, geht etwas Unheimliches aus. Schweigend, die Gesichter gegen den Boden gerichtet, schreiten sie mit wiegenden Schritten voran. Niemand schaut auf, kaum jemand nimmt den anderen wahr. Im Umfeld der Menge herrschen Unsicherheit, Resignation und Angst. Es sind einige Tausend Menschen, die sich spontan eingefunden haben.

Ich gehe mittendrin, werde von den Massen vorwärts gedrückt. Dicht an mich gedrängt versucht ein Mädchen, den Platz neben mir zu behaupten. Wir haben uns in diesem Gedränge kennengelernt. Ohne viele Worte und Gehabe haben wir uns in dieser Situation zusammengetan. Ihr Name ist Petra.

Die Polizei will die Menge unter Kontrolle halten. Es gelingt in den meisten Fällen, denn die Menschen die hier demonstrieren sind keine randalierenden Randgruppen oder Chaoten, sondern normale Bürger. Die Ungewissheit, die Angst um Kinder und Besitztum, einfach um ihre Existenz, hat sie auf die Straße getrieben. Noch haben sie ihren Zorn unter Kontrolle. Noch beherrscht die Menschen Hilflosigkeit. Es gibt niemanden, der sich in eine Führungsposition gebracht hat und die Menge steuert. Je nach Entwicklung der Dinge kann sich das ändern. Der Mensch lernt blitzschnell. Hilflosigkeit kann innerhalb weniger Minuten in grenzenlosen Hass umschlagen. Natürlich sind auch Chaoten auf der Straße und diejenigen, die es immer gewusst haben und sich aufspielen wollen. Von den organisierten Gegnern, die schon seit Jahren öffentlich auf Möglichkeiten von gefährlichen Geschehnissen hingewiesen haben, ist keiner zu bemerken. Auch sie haben, wie es scheint, die Vorgänge bislang nicht begriffen. Der größte Teil von den hier versammelten Menschen hat die wahre Bedeutung der Ereignisse noch nicht einordnen, geschweige denn verstehen können. Ausschlaggebend für den spontanen Aufruhr, der nicht nur durch die Hauptstadt, sondern durch alle Städte, Dörfer und Gemeinden von Nord nach Süd strömt, war eine nüchterne Mitteilung. Die wurde gestern am späten Abend über die Nachrichtensender ausgestrahlt und hat die Menschen aufgeschreckt. Terrorgruppen haben zeitgleich zwei Atomkraftwerke gestürmt, übernommen und einige Stunden später zur Explosion gebracht. In beiden Werken wird es zum Super-GAU kommen. Es handelt sich um die Atommeiler Brunsbüttel an der Elbe und Gundremmingen an der Donau.

Beide Kernkraftwerke arbeiten mit Uran, Reaktortyp Siedewasser. Dass diese Kernkraftwerke von den Terroristen ausgesucht wurden, lassen die Verantwortlichen mutmaßen, dass wenigstens einer der Terroristen mit der Technik dieser Reaktoren vertraut ist.

Die ausgewählten Standorte weisen auf eine gezielte Attacke gegen die Bundesrepublik hin. Vermutet werden Racheakte islamischer Fanatiker, die nach der Vernichtung ihrer Armee (IS), ihren Hass gegenüber dem Westen in Taten umsetzen. Hinzu kommt der religiöse Aspekt, in dem alle Andersgläubigen als Ungläubige satanisiert werden.

Diese Terrorgruppen wollen den Westen und insbesondere das deutsche Volk treffen. Dabei sind sie absolut skrupellos vorgegangen. Bei Erstürmung der Atomkraftwerke wurde der überwiegende Teil der Angestellten sofort getötet. Die wenigen Menschen, die den ersten brutalen Ansturm überlebt haben, sind - ebenso wie die Attentäter selbst - bei den Sprengungen ums Leben gekommen. Die letzten, erschütternden Informationen konnte ein Kernphysiker des Kraftwerkes Brunsbüttel über Funktelefon absetzen. In der Zwischenzeit haben Polizeitruppen sowie Einheiten der Bundeswehr den Schutz der anderen Atommeiler, insbesondere der Reaktortypen Siedewasser, übernommen. Die Gebiete um Brunsbüttel und Gundremmingen wurden weiträumig abgesperrt. Die Bevölkerung dort wird evakuiert. Die Atombrände sind bislang nicht aufzuhalten. Alle europäischen Nachbarstaaten wurden von der Bundesregierung unmittelbar nach Bekanntwerden der Katastrophe informiert. Die Empörung über diese Schandtat hat weltweit zu Hilfsangeboten geführt. Spezialeinheiten aus mehreren europäischen Staaten sind zur Hilfe unterwegs. Überrascht wurde die deutsche Bevölkerung über die Reaktion aus dem Vatikan. Der seit einem Jahr residierende, aus Deutschland stammende Papst hat in seiner Ansprache, die über den Fernsehsender des Vatikans via Satellit aus dem Petersdom in alle Welt ausgestrahlt wurde, ungewöhnlich deutliche Worte für diese Tat gefunden. Seine Ansprache im Wortlaut: „Menschheit auf allen Erdteilen und aller Religionen. Von unserem Herrn, unser aller Gott, wie immer er auch von den einzelnen Glaubensgemeinschaften genannt werden mag, haben wir den Auftrag erhalten: Wachset und mehret Euch, bestellt das Land zu meinem Wohlgefallen. Achtet und liebt Euren Nächsten. Was heute im Herzen Europas passiert ist, steht dem Gebot des Herrn nicht nur zuwider, sondern verhöhnt den Herrn in unfassbaren Maßen. Jeder Gläubige ist davon betroffen, egal, zu welchem Gott er seine Beziehung aufgebaut hat und welchen Namen sein Gott trägt. Menschen, die für so etwas die Verantwortung tragen, dürfen ihre Tat nicht hinter dem Deckmantel der Religiosität verstecken. Dies ist der absolute Hohn gegenüber unserem Herrn! Das sind keine Gläubigen! Nicht Islams, Mohammedaner, Hindus, Christen und Andere. Das sind Individuen, die dem Satan verfallen sind. Ich rufe daher alle Staaten, insbesondere Libyen, Iran und Irak, die bisher dem Terrorismus wohlwollend zugeneigt waren auf, sich von solchen Menschen zu distanzieren und sich solidarisch mit uns im Kampf gegen diese Geißel der Menschheit zu erklären. Bedenkt alle, es gibt nur einen Gott, einen Herrscher, einen Propheten, der für alle Glaubensgemeinschaften da ist. Schon in kurzer Zeit wird man in Erfahrung bringen, wer für diese Anschläge verantwortlich zeichnet. Menschen der westlichen Staaten, ich verstehe allzu sehr eure Empörung, eure Verzweiflung über das Kommende, rufe euch aber zu: Bleibt besonnen, glaubt und vertraut auf den Herrn, unseren Gott. In Kürze erwarten wir Forderungen für Vergeltungsmaßnahmen gegen die Schuldigen und deren Verbündete. Allzu leicht kann es so zu einem Atomkrieg kommen. Eine Vernichtung der gesamten Menschheit ist dann nicht mehr auszuschließen. Dazu darf es nicht kommen. Das dürfen wir im Namen unserer Kinder nicht zulassen. Die Schuldigen sollen gerichtet werden. Wenn nicht von einem irdischen Gericht, dann von einem Himmlischen. Jetzt ist nicht die Zeit an Rache zu denken. Jetzt müssen wir gemeinsam die schwierige Situation in den Griff bekommen. Lasst uns alle zu unserem Herrn beten, dass wir die Kraft finden, unseren Hass zu unterdrücken und das Leid und Elend zu ertragen. Der Herr sei mit euch!“

Die vom Papst genannten Staaten haben sich in kurzer Zeit nach dieser Ansprache von der Tat distanziert. Auch boten sie ihre Hilfe an. Die Folgen dieses Wahnsinns, vermag sich heute noch niemand vorzustellen. Globalisierung, das Schlagwort der sich modern darstellenden Menschen, nimmt grausame Formen an. Der gesamte Erdball wird betroffen sein. Amerikanische und europäische Politiker beraten sich. Das Übel an der Wurzel packen ist die Devise. Eine gemeinsame, gewollte Aktion aller Bündnispartner könnte die Situation entschärfen. Aber noch glaubt die Bundesregierung, mit eigenen Mitteln Herr der Lage werden zu können. Ein Trugschluss, wie sich schon bald zeigen wird.

Währenddessen werden Petra und ich in der Menschenmasse in die Nähe der Gedächtniskirche geführt. Sie steht als Symbol der Mahnung da, ein Symbol, welches heute, durch das aktuelle Geschehen, einen besonderen Wert erhalten hat. Petra an der Hand versuche ich, zum Rand des Menschenstroms zu gelangen, um einen Ausweg aus der Masse zu finden. Endlich, auf Höhe der Rankestraße, können wir ausscheren.

„Wo willst du hin?“, fragt mich Petra völlig außer Atem.

„Es macht keinen Sinn hier herumzulaufen. Lass uns zu mir nachhause gehen. Einverstanden?“

„Wir kennen uns doch kaum. Außer, dass du mit Vornamen Hendrik heißt, weiß ich nichts von dir.“

„Ich glaube, in der Situation, in der wir uns befinden, ich meine alle Menschen in Deutschland, ist das doch völlig egal.“

Die Worte sind kaum verhallt, da kommt uns eine randalierende Gruppe kahlköpfiger entgegen. Sie rufen uns an:

„Eh Mieze! Komm mit uns, wenn du noch ein bisschen Spaß haben willst. Wir werden dich auch beschützen! Komm mit uns!“ Einige der Kerle lachen los, zeigen ihren Mittelfinger und ihr schlechtes Gebiss. Ich raune Petra zu: „Wir verschwinden!“

Dabei fange ich an zu laufen. Petra neben mir. Zum Glück lassen uns die Kerle in Ruhe. Ich glaube, in ein paar Tagen wird das nicht mehr der Fall sein.

„Das ist genau die Situation, in die wir kommen werden, wenn wir auf der Straße bleiben. Bitte komm mit mir!“

Petra gibt mir keine Antwort, läuft aber weiterhin neben mir her. Ich habe den Eindruck, sie ist nachdenklich geworden. Nur langsam kommen wir vorwärts. Die Hauptstraßen sind voller Menschen. Meine Idee, mit dem Bus oder der Straßenbahn zu fahren, erweist sich als nicht durchführbar. Die stecken alle fest.

„Wir müssen uns weiter zu Fuß durchschlagen!“

„Wo wohnst du denn, Hendrik?“

„Normalerweise in Königs Wusterhausen. Hier in Berlin in der Wohnung meiner Schwester, Davoser Straße in Schmargendorf. Bis dahin schaffen wir es schon. Ich komme immer her, wenn meine Schwester nicht in der Stadt ist.“

 

Petra gibt keine Antwort. Je mehr wir uns vom Zentrum entfernen, umso weniger Menschen begegnen uns. Mich überkommt ein ungutes Gefühl, ich muss an die Begegnung mit den Kahlköpfen denken. Meine Schritte werden länger. Petra kann nur mit Mühe mithalten, hetzt neben mir her. Trotzdem sagt sie kein Wort, hat sich mir fast willenlos angeschlossen, und geht ihren Gedanken nach. Mich wundert es, dass ich mir Sorgen um einen Menschen mache, den ich durch Zufall erst vor wenigen Stunden kennengelernt habe. Endlich sind wir da. Nachdem ich die Haustür geöffnet habe und wir eingetreten sind, atmen wir, wie von einer schweren Last befreit, auf. Zum ersten Mal nehme ich bewusst diesen Flur wahr. Nie habe ich mir Gedanken über die vergammelten Briefkästen, die in einer langen Reihe aufgehängt sind, gemacht. Dass der Putz rissig ist und die Farbe abblättert, die alten Steintreppen total ausgelatscht sind - nie bemerkt. Jetzt spüren wir beide nur, der Flur gibt uns Sicherheit. Fast wirkt er anheimelnd. Einen Moment schauen wir uns in die Augen. Mir kommt es so vor, als verstünden wir uns, als gäbe es eine Seelenverwandtschaft. Auch Petra ist es anzusehen, sie ist froh, hier im Flur zu stehen, runter von der Straße.

„Komm, wir müssen in den dritten Stock.“

Ich halte ihr meine Hand hin, die sie zaghaft ergreift. Kaum in der Wohnung meiner Schwester stürze ich ins Wohnzimmer und mache den Fernseher an. Petra ist im Flur stehen geblieben. Ich gehe zu ihr zurück und bleibe dicht vor ihr stehen.

„Was schaust du so?“, fragt sie leise.

„Ich habe eine schöne Petra hier im Raum. Da muss ich schon schauen. Lass uns ins Wohnzimmer gehen.“

Sie ist eine Schönheit. Zierlich, ja fast zerbrechlich gebaut, mit schlanker Taille, schmalen Hüften und kleinen Brüsten. Das schmale Gesicht, aus dem die Wangenknochen leicht hervorstehen, ist von langen brünetten Haaren eingerahmt. Genau der Typ Frau, der bei mir den Nerv trifft. Keine Schminke und normale Kleidung.

„Nein warte, ich kann nicht bleiben. Meine Eltern wissen nicht, wo ich bin. Außerdem muss ich auf die Toilette.“

„Die Toilette ist hinter der Tür direkt hier geradeaus. Deine Eltern kannst du nachher anrufen. Jetzt lasse ich dich nicht unbeschützt durch die Straßen ziehen!“

Mit einem Lächeln quittiert sie meine Besorgnis um sie. Dann lässt sie mich stehen und steuert ihre Schritte in Richtung der Toilette.

„Lauf mir bitte nicht weg“, gebe ich ihr mit auf den Weg. Sie hebt nur kurz die Hand, tritt in das Zimmer und schließt mit Schwung die Tür.

Aus dem Fernseher schallt die Stimme des Nachrichtensprechers. Noch nie hat Hendrik es erlebt, dass einer dieser absolut coolen Typen Nerven zeigt. Heute ist es an anders! Ein Wissenschaftler, der die Situation erläutern soll, wird eingeblendet. Er führt aus:

»Ich möchte die Lage darstellen! In Deutschland wird die Verseuchung durch die bodennahe, überwiegend westliche, Luftströmung vorerst den Süden und die Mitte betreffen. Das trifft auch auf unsere Nachbarn zu.

Ein Teil der radioaktiven Wolken steigt bis in die Stratosphäre auf. Dabei kommt es, durch die Zirkulation der globalen Luftströme, zur Verteilung weltweit. Ein weiterer Faktor: Die Erde steht nicht still und ihre Rotation wirkt auf alle Luftteilchen als ablenkende Kraft. Man nennt den Vorgang - Corioliskraft. Hier werden die Luftströme verteilt. Auf der nördlichen Halbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links. Das ergibt mehrere nebeneinanderliegende Zellen, die so genannten Hadley-Zellen. Viele Staate werden kontaminiert. Ich erinnere an die Ereignisse von Tschernobyl. Die Folgen können wir nicht abschätzen. Jeder, ob arm oder reich, wird betroffen sein. Natürlich im Besonderen alle Menschen im westlichen Europa. Bitte halten Sie sich an die Anweisungen der Männer vom THW. Sie sind entsprechend ausgebildet. Schutzkleidung wird ebenfalls von diesen Männern ausgegeben. Normalerweise würde ich Ihnen jetzt sagen: Gott schütze Sie. In Anbetracht der Situation halte ich dies aber nicht für angebracht. Er wird uns nicht helfen können! Jetzt muss es sich zeigen, ob die Solidaritätsgemeinschaft Mensch sich selber helfen kann, ob sie in der Lage ist, mit dieser Katastrophe fertig zu werden.“ Der Sprecher hat die letzten Worte flüsternd gesprochen. Sichtbar erschöpft verlässt er das Studio.

„Was hat er damit gemeint: Jeder wird betroffen sein?“ Petra war von mir unbemerkt in den Raum getreten.

„Es wird uns alle erwischen. Wir werden alle radioaktiv verseucht. Keine Chance zu entkommen“, antworte ich leise.

„Warum? Warum ist das so gekommen?“

„Tja, warum! Der Antrieb, der dazu geführt hat, ist mir völlig unverständlich. Wie hat der Papst ausgeführt: Menschheit auf allen Erdteilen und aller Religionen! Hat sich was mit Menschen aller Erdteile. Scheiß Atomkraftwerke! Jeder wird betroffen sein. Keiner weiß, ob religiöse Fanatiker hinter den Anschlägen stecken und deshalb doch noch ein atomarer Weltkrieg folgt. Viele Völker haben ein anderes Glaubensverständnis als wir in der westlichen Welt. Jetzt kommt das Elend für die Welt von uns aus Europa, den Christen, auf sie zu. Wie leicht wird es den menschlichen Rattenfängern fallen, Andersgläubige gegen uns aufzuhetzen. Denen kommt es nicht auf die momentane Lage in Europa an, die wollen nur die so genannten Ungläubigen vernichtet sehen. Ähnlich wie es bei uns im Dritten Reich mit den Juden geschehen ist.“

Petra hat sich zu mir aufs Sofa gesetzt und ihren Kopf an meine Schulter gelehnt.

„Was soll nur aus uns werden?“

„Ich glaube, es ist besser, wenn wir aus der Stadt verschwinden. Hier werden bald rohe Gesellen ungestört hausen können.“

„Aber meine Eltern! Sie melden sich nicht. Ich kann doch nicht einfach abhauen, ohne sie zu benachrichtigen!“

„Du würdest also mit mir kommen? Ungelogen?“

„Ja, frage mich nicht warum. Es ist halt so!“

Schweigend sitzen wir aneinander gelehnt noch eine Weile auf dem Sofa. In dieser Zeit ist es mir, als würde mich etwas durchdringen. Ein Strom von Sehnsucht, Geborgenheit und Glück, scheint mir, schwappt von Petra zu mir herüber. Nichts wünsche ich mir mehr, als dass dieser Augenblick ewig dauert.

„Woran denkst du?“

„Ich denke im Grunde an nichts, sondern lasse deine Anwesenheit, deine Zuneigung auf mich einwirken. Es ist schön Petra, dass ich dich getroffen habe!“

Ein Nachrichtensprecher unterbricht uns.

„Meine Damen und Herren. Soeben erhalten wir folgende Nachricht: Auf den Meiler Rodenkirchen-Stadtland, wurde ein weiterer Anschlag verübt! Es gibt Tote und Verletzte. Die Rakete wurde von einem Fahrzeug aus abgeschossen, welches sofort danach in Flammen stand. Die Polizei geht davon aus, das die Attentäter sich in dem Fahrzeug befanden und ums Leben gekommen sind. Welche Schäden verursacht wurden, ist noch nicht geklärt.

Die Lage in Europa spitzt sich zu. In Frankreich steigt die Sorge um ähnliche Anschläge wie in Deutschland. Weltweit haben die Vorgänge für Bestürzung gesorgt. Präsident Trump hat mit Vergeltung gedroht, sollte es weitere Anschläge in Deutschland oder Europa geben. Wie bekannt wurde, gibt es intensive Gespräche zwischen Putin und Trump. Die Marine beider Staaten hat Schiffe mit dem Ziel Mittelmeer auf den Weg gebracht. Damit beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Von Experten wird eine Aufgabenteilung der Flotten vermutet. Seitens China gab es noch keine Stellungnahmen.

Meine Damen und Herren! Soeben wurde mir mitgeteilt, dass Bundeskanzlerin Merkel auf dem Weg in unser Studio ist. Sie wird zur Lage berichten! Bitte bleiben sie an ihren Geräten.

„Hat deine Schwester hier Vorräte? Wie sollen wir uns verpflegen? Meine Güte, wie abhängig wir doch sind. Wenn die Energiezufuhr ausfällt, kein Strom, kein Licht, keine Wärme, sind wir völlig am Ende! Überleben wird nur der Stärkere! Gewalt wird das Bild auf unseren Straßen beeinflussen.“

„Langsam Petra! So weit ist es ja noch nicht. Es wird schwer werden. Ich denke aber, in ein paar Wochen wird sich so etwas wie ein Normalzustand eingestellt haben. Vorausgesetzt es gibt keinen Krieg und wir in Europa werden keinen direkten Atomschlag verkraften müssen. Dann werden sich die Menschen an die Situation gewöhnen und lernen mit ihr zu leben. Da kannst du sicher sein, die Deutschen werden die Ersten sein, die alles organisiert haben. Allerdings die Spätfolgen, Krebserkrankungen und Missbildungen bei den Neugeborenen, werden schlimm sein. Das wirkliche Elend trifft uns erst Jahre später. Wenn uns die Menschen fehlen, deren Dasein uns heute selbstverständlich ist – Ärzte, Bauern, Krankenschwestern, Polizisten, Facharbeiter und und und.

Wer wird missgebildete Kinder versorgen? Wer wird alten Menschen helfen? Wer wird forschen und für die Zukunft arbeiten? Wer wird für die Nahrung sorgen? Wer für Medikamente? Wir werden es schaffen müssen, uns zu einem Teil selbst zu versorgen! Wir werden uns vermutlich auch gegen Gewalttäter zur Wehr setzen müssen. Aber das ist die düstere Zukunft. Jetzt, sollten wir Berlin baldmöglichst verlassen!“

„Nicht bevor ich mit meinen Eltern gesprochen habe! Wohin willst du denn?“

„Ich bin mir nicht sicher. Denke schon geraume Zeit darüber nach. Am Liebsten wäre es mir, wir könnten uns in die Alpen absetzen.“

„Warum ausgerechnet dorthin?“

„Ist nur so ein Gefühl. Die Berge haben mir schon in der Kindheit das Gefühl von Geborgenheit gegeben.“

Wir schauen uns einen Moment in die Augen und jeder erkennt die Zuneigung des anderen. Dann meldet sich der Sprecher der Tagesschau.

„Meine Damen und Herren, die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland!“

Der Anblick der Kanzlerin, die wie immer in einer zu kurz erscheinenden roten Jacke vor dem Mikrofon steht, löst bei mir ein Gefühl von Mitleid aus. Trotzdem lausche ich gespannt ihren Worten.

„Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger!

Alles, was gestern noch für uns wichtig war und Schlagzeilen ausmachte, ist in den Hintergrund gedrängt worden. Meine Damen und Herren, der schlimmste aller Fälle ist eingetreten! Verursacht durch Fanatiker, Irre, die nicht wissen, was sie tun. Dies ist der Grund des Elends und dies wird uns erst in den kommenden Wochen in unser Bewusstsein dringen, ja zu spüren sein. Wir alle und dies betone ich extra, wir alle werden fürchterliche Dinge ertragen müssen.

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