12 Jesse Trevellian FBI Thriller August 2021: Krimi Paket

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Orry und Clive hatten ihre Durchsuchung von Craig Lopez' Wohnung abgeschlossen. Unter den Telefonnummern, die sie gefunden hatten, waren eine ganze Reihe, die alten Bekannten gehörten.

Bekannte, die seit der Schießerei vor dem BIG DEAL als Dossiers in den FBI-Archiven präsent waren.

Kriminelle, die nach dem Ende des Puertoricaner-Syndikats neue Auftraggeber gesucht - und leider auch gefunden hatten. Jetzt lief eine großangelegte Verhaftungs- und Durchsuchungswelle an.

Die Scientific Research Division hatte ja inzwischen an verschiedenen Tatorten eine große Menge an Spuren sichergestellt. Vorwiegend handelte es sich um Geschosse, aber wenn die passenden Waffen dazu gefunden wurden, brachte uns das ein Stück weiter.

Orry und Clive waren gerade auf dem Weg ins Hauptquartier, als sich Agent Carter aus dem Innendienst per Handy meldete.

"Was gibt es?", fragte Orry.

"Agent Galway ist es gelungen, den Hackerangriff auf unsere Computersysteme zurückzuverfolgen. Die haben den Fehler gemacht, es noch einmal zu versuchen... Der Telefonanschluss, über den der Angriff erfolgte gehört einem gewissen Kenneth Ross. Er ist in der Hacker-Szene bekannt. Bislang allerdings eher als Spaßmacher. Seine Spezialität war es, Viren in die Datenverbundsysteme von Banken und Versicherungen einzuschleusen..."

"Eine feine Art von Humor", kommentierte Orry.

"Ross wohnt in der Lower East Side, Ecke 8.Straße/Avenue D! Ihr seid am nächsten dran! Ihr müsst ihn sofort festsetzen, bevor er den Braten riecht und jemanden warnen kann."

"Wir sind schon da!"

Clive trat das Gaspedal des Fords voll durch, Orry setzte das Blaulicht aufs Dach.

In Rekordzeit erreichten die beiden die Lower East Side.

Schon in der Houston Street fuhren sie ohne Blaulicht weiter.

Schließlich sollte niemand vorzeitig gewarnt werden.

Wenig später parkte Clive den Ford in der 8.Straße.

Vor dem Haus an der Ecke stand weißer Mitsubishi.

Die Heckklappe stand hoch.

Ein schmächtiger Mann mit dicker Brille lud ein paar Pappkartons ein. Sie waren bis zum Rand gefüllt. Aus einem der Kartons ragte eine halbe Computer-Tastatur empor.

Orry und Clive stiegen aus.

"Da hat es einer ziemlich eilig!", stellte Clive fest. Orry nahm das Handy und rief nochmal im Hauptquartier an.

"Wie sieht Kenneth Ross aus?", erkundigte er sich bei Agent Carter.

Die Beschreibung passte.

"Das ist er", sagte er dann mit Bestimmtheit.

Vorsichtig näherten sich die beiden G-men dem Gesuchten.

Ross war beinahe fertig.

Er wollte die Heckklappe schließen, hatte aber die Kartons ungeschickt gepackt.

"FBI Special Agent Medina", stellte Orry sich vor, während er den Ausweis hochhielt und die Hand am Griff seiner SIG hatte.

Der Mann mit der dicke Brille zuckte zusammen. Orry schätzte ihn auf Ende zwanzig.

"Sie sind Mister Kenneth Ross?", fragte Clive Caravaggio.

"Was wollen Sie?", presste Ross hervor. Eine dunkle Röte überzog sein Gesicht. Er war nervös.

Orry fragte: "Wollen Sie verreisen?"

"Was geht Sie das an!"

"Sie sind verhaftet und haben von nun an das Recht zu schweigen... Sollten Sie auf diese Recht verzichten, kann alles, was Sie von nun an sagen..."

"Schenken Sie sich Ihren Spruch!", zischte Ross. "Was soll das denn? Ich habe niemandem etwas getan."

"Sie stehen im Verdacht, in die Computer den FBI eingedrungen zu sein und sich illegal Daten beschafft zu haben. Sie hatten doch schonmal wegen ähnlicher Delikte Ärger..."

"Hören Sie, ich..."

"Außerdem ist da noch Beihilfe zum Mord in einigen Dutzend Fällen!"

Ross wurde bleich.

Widerstandslos ließ er sich die Handschellen anlegen.




27


"Ich habe damit nichts zu tun!", zeterte Kenneth Ross, als er von Agent Baker auf seine Verwicklung in die Mordserie unter den Tunnelmenschen angesprochen wurde.

Orry und Clive waren bei dem Verhör auch anwesend.

Sie hatten Ross ins Hauptquartier an der Federal Plaza gebracht. Um die EDV-Ausrüstung des Computer-Freaks kümmerten sich unsere Spezialisten eine Etage höher.

"Hören Sie, Sie sollten mit uns jetzt keine Spiele mehr spielen", sagte Baker ernst. "Wenn Sie an einen Deal mit der Staatsanwaltschaft auch nur denken wollen, dann packen Sie jetzt aus - und zwar komplett!"

Kenneth Ross atmete hörbar aus.

Sein Gesicht war aschfahl geworden.

"Ich gebe ja zu, dass ich mich in Ihre Rechner eingeklinkt habe..."

"Für wen arbeiten Sie? Vielleicht sind Sie ja wirklich nur ein harmloser Handlanger..."

"Ich kann es nicht sagen..."

"Natürlich können Sie!"

"Er wird mich umbringen..."

"Von wem sprechen Sie?"

Kenneth Ross machte eine Pause. Er blickte ins Nichts. Der Adamsapfel hüpfte auf und nieder, als er schluckte.

Dann flüsterte er: "Ich spreche von meinem Bruder. Michael Ross.Ich habe ihm einen Gefallen getan..."

"Sie haben sich nichts dabei gedacht, unsere Dienstpläne downzuloaden?"

"Michael hat mich gut dafür bezahlt. Und außerdem war es eine Art Sport..."

"Wo ist Ihr Bruder jetzt?"

"Ich habe keine Ahnung."




28


Dr. Jameson hatte Milo und mir die Pistolen abgenommen. Er hielt die beiden SIGs in der Hand und richtete sie auf uns.

"Und jetzt vorwärts!", zischte Ross. "Und versuchen Sie keine Tricks. Wir haben nichts mehr zu verlieren..."

"An Ihrer Stelle würde ich mir schonmal einen Anwalt suchen, der sich darauf spezialisiert hat, Todeskandidaten vor der Giftspritze zu bewahren...", meinte Milo.

Ross grinste.

"Zerbrechen Sie sich mal nicht unsere Köpfe, G-man!"

"Ich hoffe für Sie, dass Sie sich auch überlegt haben, wie es weitergehen soll..."

"Man muss auch improvisieren können..."

Ich fühlte Ross' Waffe hart im Rücken. Er nahm mir die Handschellen ab, die zu meiner Ausrüstung gehörten. Einen Augenblick später steckten meine Hände darin. Milo erging es nicht besser.

Mit auf den Rücken gebundenen Händen waren unsere Chancen, der Gewalt der beiden zu entkommen, beträchtlich gesunken.

Wir wurden durch einen Flur geführt.

Schließlich erreichten wir die Praxis-Räume.

Ein hochmoderner OP war das Zentrum. Es gab Krankenhäuser, die weniger gut ausgestattet waren...

Ich fragte mich, ob die Unglücklichen, die von den maskierten Killern entführt oder getötet worden waren, auf diesen Tischen gelegen hatten, um auseinandergeschnitten zu werden.

Eine schauderhafte Vorstellung.

Einer der Tische war mit einem weißen Laken abgedeckt.

Darunter hob sich deutlich die Gestalt eines menschlichen Körpers ab.

"Ist das Lopez?", fragte ich.

"Ja", sagte Ross.

Jameson zog inzwischen eine Spritze auf.

 

"Sie sind wahnsinnig, wenn Sie uns jetzt und hier ausweiden wollen", meinte ich. "Wir waren Lopez sehr dicht auf der Spur und unsere Leute wissen, dass wir hier sind..."

Jameson lächelte.

"Das wird weder hier noch jetzt geschehen. Wir bringen Sie an einen Ort, an dem sie gewissermaßen aufbewahrt werden, bis wir Sie gebrauchen können." Er lachte zynisch. "Ich weiß ja noch nichtmal Ihre Blutgruppe. Und wer weiß, wann wir genau Ihr Herz oder Ihre Nieren gebrauchen können!"

Ein Handy schrillte.

Ross griff in seine Jackentasche und holte ein besonders zierliches Exemplar hervor.

"Hier Ross, was gibt's?" Er machte eine Pause und hörte zu.

Dann sagte er. "Der Wagen ist unterwegs? Okay, sagen Sie dem Fahrer, dass er noch zwei weitere Körper mitnehmen muss... Nein, nein, keine Leichen... Wie? Nein, sagen Sie ihm, dass er damit nicht warten kann. Die beiden müssen ins Depot."

Einen Augenblick lang überlegte ich, Ross mit einem Karatetritt anzugreifen. Aber er hatte mich die ganze Zeit über gut im Auge. Der Lauf seiner Waffe zielte auf meine Brust und selbst wenn er den Tritt mit voller Wucht abbekam, würde er vermutlich noch schießen und mich oder Milo treffen können.

Jameson näherte sich mit der Spritze.

Ross legte das Handy auf einen der Tische. "Ich persönlich wäre ja dafür, Ihnen beiden einfach eins über den Schädel zu ziehen, aber die Gefahr innerer Blutungen ist dabei zu groß, wie ich von Dr. Jameson weiß... Schließlich wollen wir ja nicht, dass Sie eines Tages, wenn wir Sie in diesem Raum wiedersehen, vorzeitig den Geist aufgeben... Und was Ihre Leute angeht... Für die werden Sie einfach verschwunden sein..."

Ross setzte mir die Waffe an meine Schläfe.

Er sagte dann an Milo gewandt: "Wenn Sie irgendwelche Schwierigkeiten machen, hat Ihr Freund hier keinen Kopf mehr!"

Milo schluckte.

Jameson sagte: "Auf die Liege da vorne!" In der einen Hand hielt er die Spritze, in der anderen eine SIG. Die zweite steckte hinter seinem Gürtel.

Milo sah kurz zu mir herüber.

Dann machte er einen Schritt auf die fahrbare Liege zu, die Jameson gemeint hatte.

In Fuß-, Hüft- und Brusthöhe befanden sich breite Riemen, mit denen man einen Menschen fixieren konnte.

Dies ist die letzte Chance!, dachte ich. Sobald Milo erst einmal festgeschnallt war, konnte man jeden Widerstand vergessen. Selbst wenn ich es dann schaffte, den riesigen Ross niederzukämpfen, konnte Jameson mich dann jederzeit dadurch stoppen, dass er Milo die SIG an den Kopf setzte.

Ross stand ziemlich nah vor mir.

Auf eine Armlänge.

Das war mein einziger Vorteil.

Ich stieß einen martialischen Schrei aus, um Milo zu warnen.

Mein Knie schnellte hoch.

Ross brachte einen gurgelnden Laut hervor. Ich sprang vor, ließ die Stirn mit voller Wucht gegen Ross' Nase knallen. Das Blut schoss aus ihm heraus. Beinahe gleichzeitig hakte ich den linken Fuß in seine Kniekehle. Er taumelte nach hinten.

Ein Schuss löste sich aus seiner Waffe, pfiff haarscharf an meinem Kopf vorbei und brannte sich dann in die helle Styropor-Decke des OP.

Ich holte mit dem rechten Bein aus und kickte ihm die Waffe aus der Hand. Sie wurde im hohen Bogen durch den Raum geschleudert, zertrümmerte einen der Hochleistungsscheinwerfer und kam dann zu Boden.

Ich kam hart auf die Fliesen auf.

Ross ächzte.

Milo hatte sich indessen auf Jameson gestürzt. Gemeinsam waren sie zu Boden gegangen. Die Spritze rutschte über die Fliesen.

Ich rollte mich auf dem Boden herum, kugelte mich wie ein Fötus zusammen und brachte meine zusammengeketteten Hände nach vorn.

Fast gleichzeitig rappelten Ross und ich uns wieder auf.

Er stürzte sich in Richtung seiner Waffe.

Ich ebenfalls.

Gemeinsam hechteten wir nach dem Eisen.

Ross war schneller.

Er riss die Waffe empor, drehte sich herum und richtete sie in meine Richtung.

Ich versetzte ihm einen Schlag mit beiden Fäusten.

Ross sackte bewusstlos in sich zusammen.

Ich entriss ihm die Pistole.

Packte sie mit beiden Händen.

"Jesse!", schrie Milo.

Ich warf mich seitwärts, riss die Waffe herum. Ich sah Jamesons hochaufgerichtete Gestalt. Er hatte eine der SIGs auf den am Boden liegenden Milo gerichtet.

Und feuerte.

Milo drehte sich am Boden herum. Die Kugel schlug keine Handbreit neben ihm in den Fußboden ein.

Ich schoss um den Bruchteil einer Sekunde später und erwischte Jameson an der Schulter. Die Wucht des Geschosses riss ihn zurück. Ich richtete mich auf. Meine Waffe zeigte auf ihn.

Er ließ die SIG sinken.

Sein Arm gehorchte ihm nicht mehr.

"Sie sind verhaftet", erklärte ich. Dann wandte ich mich an Milo.

"Alles in Ordnung?"

"Alles in Ordnung!"

In diesem Moment klingelte es an der Tür am separaten Praxis-Eingang.

"Wer kann das sein?", fragte Milo.

"UNSERE Leute sind das jedenfalls nicht", erwiderte ich.

Wir nahmen Jameson unsere SIGs ab und befreiten uns so schnell es ging von den Handschellen. Ein Paar davon benutzten wir, um Jameson festzuketten.

Bei Ross würde es wohl noch eine Weile dauern, bis er wieder wach wurde.

Milo blieb bei den beiden.

Ich ging zur Tür.

Es gab einen Spion, durch den man hinaussehen konnte.

Auf der Straße befand sich ein Mercedes-Krankentransporter. Die Vorgehensweise der Organräuber war einfach und effektiv. Sie brachten die betäubten oder bereits getöteten Opfer mit einem Krankenwagen hier her. Niemand würde Verdacht schöpfen, wenn Krankentransporter eine chirurgische Praxis anfuhren.

Ich öffnete die Tür.

Die SIG hielt ich in der Rechten.

Die beiden Männer, die mir gegenüberstanden erstarrten.

Unter ihren weißen Kitteln hoben sich Wölbungen ab, wie sie vielleicht Pistolenholster verursachten.

"Treten Sie ein!", sagte ich. "Ich bin Special Agent Jesse Trevellian vom FBI. Sie sind verhaftet."




29


Zehn Minuten später wimmelte es in der Praxis von G-men, Spurensicherern und Angehörigen des Notarzt-Teams, das sich um den verletzten Dr. Jameson kümmerte.

Orry, Clive und Fred waren auch am Ort des Geschehens. Orry berichtete uns von der Festnahme eines gewissen Kenneth Ross, dem Bruder des Mannes, auf dem wir hier in Dr. Jamesons Praxis getroffen waren.

"Kenneth Ross ist ein wahres Computer-Genie. Er hat sich in unsere Rechner eingeklinkt und die Einsatzpläne ausspioniert", sagte Orry.

"Dann stimmt es also. Die Burschen wussten immer über jeden unserer Schritte Bescheid."

"Ja. Kenneth behauptet, sein Bruder habe ihn um seine Hilfe gebeten, ohne dass er genau wusste, worum es ging."

"Das würde ich an seiner Stelle auch behaupten", kommentierte Milo.

Orry zuckte die Schultern. "Immerhin war er sehr redselig."

Ich blickte an Orry vorbei.

Die beiden Männer, die mit dem Krankentransporter gekommen waren, standen in Handschellen da. Fred LaRocca befragte sie gerade.

Ich trat hinzu.

"Sie sollten uns zu einem Depot bringen, nicht wahr?"

"Keine Ahnung, wovon Sie sprechen."

"Es wäre besser, wenn Sie sich ganz schnell erinnern. Ihre ganze Organisation fliegt jetzt nach und nach auf. Es liegt an Ihnen. Morgen ist uns Ihre Aussage vielleicht nichts mehr wert und dann können Sie nur noch wählen zwischen Giftspritze und elektrischem Stuhl!"

"Wir haben niemanden getötet", sagte einer der beiden, ein untersetzter, kräftiger Mann.

"Dann sagen Sie uns, wo dieses Depot ist!"




30


Der Krankentransporter fuhr die schmale Privatstraße entlang, die auf das abgelegene Industriegelände in Ridgefield, New Jersey, führte. Ridgefield lag etwa auf gleicher Höhe wie Harlem, nur auf der westlichen Seite des Hudson River.

Das Industriegelände war seit Jahren nicht mehr in Betrieb.

Lagerhallen rosteten vor sich hin und selbst die Konkursverwalter des Unternehmens, das hier einst seinen Sitz gehabt hatte, schienen das Interesse an dem Gelände verloren zu haben.

Angeblich war das Grundstück mit Schwermetallen verseucht.

Deswegen fand sich auch niemand, der es erben wollte.

Ein ideales Versteck.

Der Krankentransporter fuhr vor ein Lagerhaus, dessen Fenster zugemauert waren.

Zwei bewaffnete Männer in dunklen Lederjacken kamen aus einer schmalen Stahltür heraus. Ihre Maschinenpistolen hielten sie feuerbereit im Anschlag.

"Wieso hat der Transport heute Verspätung?", knurrte einer der Männer.

Er hatte eine sehr heisere Stimme.

Sie gingen an der Fahrerkabine vorbei.

Es saßen zwei Männer darin, die sie noch nie gesehen hatten.

Aber das war in Ordnung.

Vor einigen Minuten hatten sie den Anruf des regulären Fahrers bekommen, der ihnen mitteilte, dass die heutige Tour zwei Neulinge machten.

Der Heisere hämmerte gegen die Fahrertür.

"Na los, kommt raus, ihr faulen Hunde! Oder glaubt ihr, dass wir die Tragen schleppen?"

Die beiden Männer in den weißen Kitteln stiegen aus.

Zusammen mit den beiden Bewaffneten gingen sie zur Rückfront des Transporters.

"Na, was bringt ihr uns denn heute?", fragte der Heisere lachend. "Lopez hat doch gesagt, dass wir mit der Jagd erstmal etwas kürzer treten, bis sich die allgemeine Aufregung gelegt hat..."

"Zwei G-men!", sagte der Fahrer des Transporters, ein Mann mit flachsblondem Haar. "Sie werden noch 'ne ganze Weile schlafen."

"Von mir aus hätte man sie gleich erschlagen können..."

"Schöne Grüße von Lopez, er kommt nachher vorbei."

"Na, wunderbar. Wo hat er die G-men aufgegabelt?"

"Frag Lopez. Ich mach hier nur meinen Job."

"Komisch, ich kenne dich gar nicht..."

"Ich dich auch nicht. Aber irgendwie begrenzt das doch das Risiko für jeden von uns, oder?"

"Auch wieder wahr."

Der Heisere öffnete die Transportertür mit einer ruckartigen Bewegung.

Er zuckte zusammen.

Die beiden G-men kauerten auf den Tragen.

Der Heisere und sein Komplize blickten direkt in die blanken Mündungen ihrer SIGs.

"Keine Bewegung! FBI!"




31


Ich hatte mir geschworen, diese Stimme nicht zu vergessen.

 

Die Erinnerung stieg in mir auf.

Erinnerung an das furchtbare Erlebnis in den Abwasserkanälen, als ich der Meute der maskierten Killer hilflos ausgeliefert war...

Diese Stimme...

Ich war mir sicher, dass dieser Mann dabei gewesen war!

Er gehörte zu den Männern, die auch unsere Freunde Sid und Brett auf dem Gewissen hatten.

Der Heisere wirbelte herum, stieß einen dumpfen Laut aus und riss die MPi herum.

Clive Caravaggio und Orry Medina steckten in den weißen Kitteln der beiden Männer, die den Transporter ursprünglich begleitet hatten.

Blitzschnell hatten sie ihre Pistolen hervorgezogen.

Die Läufe waren auf die beiden MPi-Schützen gerichtet. Sie erstarrten.

"Jeder Widerstand ist zwecklos", sagte ich. "Das Gelände ist im Übrigen weiträumig umstellt. Sie hätten keine Chance zu entkommen..."

"Verdammt..."

"Erinnern Sie sich an mich?"

Der Heisere verzog keine Miene. Seine Nasenflügel bebten.

Orry und Clive nahmen den beiden ihre MPis ab.

"Wie viele von euch sind noch da drinnen?", fragte Orry und deutete in Richtung des Lagerhauses.

"Findet es doch selbst heraus", krächzte der Heisere.

Wir holten die beiden in den Transporter und ketteten sie mit Handschellen fest. Clive blieb bei ihnen und funkte unsere Kollegen an, die sich im Umkreis um das Gelände verteilt hatten.

Orry, Milo und ich stürmten in Richtung der Stahltür, aus der die beiden Bewaffneten gekommen waren.

Sie stand einen Spalt breit offen. Ein Tritt öffnete sie vollends. Ich stürzte mit der SIG in beiden Händen ins Innere.

Milo deckte mich von hinten ab.

Ich blickte einen, langen, kahlen Flur entlang, der durch ein paar vereinzelte Glühbirnen erleuchtet wurde.

Eine MPi bellte auf.

Ich ließ mich seitwärts gegen die kahle Betonwand fallen.

Die Kugeln kratzten am Putz, zerfetzten eine Rohrleitung, die an der Decke entlanggeführt wurde.

Milo und Orry feuerten zurück.

Ich riss die SIG hoch und feuerte ebenfalls.

Ein Bewaffneter tauchte hinter der nächsten Biegung in Deckung.

Wir hörten seine schnellen Schritte.

Er rannte davon.

Orry griff zum Funkgerät, um die Kollegen vorzuwarnen.

Wenn der Kerl nach draußen kam, würden unsere Leute ihn empfangen.

Motorengeräusche dröhnten von dort jetzt auf. Eine Megafonstimme forderte alle, die sich eventuell noch im Inneren des Lagerhauses befanden, auf, sich zu ergeben.

Wir tasteten uns vorsichtig weiter voran.

Eine Explosion war jetzt zu hören.

Unsere Leute hatten eine andere Tür aufgesprengt. Über Funk meldeten sie sich bei uns.

Wir pirschten uns zur Biegung heran.

Rechts und links des Flurs befanden sich feuersichere Stahltüren.

Sie waren abgeschlossen.

Stimmen waren aus den Räumen heraus zu hören.

"Da ist jemand drin", stellte Milo fest.

"Das bekomme ich auf", meinte Orry, griff in die Innentasche und holte aus einem Etui ein Stück Draht heraus.

Augenblicke später sprang die erste dieser Türen auf.

Der Raum dahinter war dunkel.

Aber das wenige Licht, das vom Flur hereinfiel genügte.

Hohlwangige, bleiche Gestalten blickten uns ungläubig und voller Angst an. Einige lagen zusammengekauert auf dem Boden.

Sie wirkten apathisch.

Es waren zweifellos Mole People.

"Wir tun Ihnen nichts", versuchte ich sie zu beruhigen.

Sie wichen scheu zurück.

"Sieht nach einer Art Gefängnis aus", stellte Milo düster fest.

"Hier wären wir auch beinahe gelandet", erinnerte ich ihn.

Das war es, was Dr. Jameson als Depot bezeichnet hatte.

Ein lebendiges Organ-Depot.

Man hielt die Opfer so lange gefangen, bis die Operation tatsächlich durchgeführt wurde. Zumindest, sofern das betreffende Organ schon nach kurzer Zeit nachdem der Tod eingetreten war, nicht mehr verwendungsfähig sein würde.

Orry griff zum Funkgerät.

"Wir brauchen hier ein paar Ärzte", murmelte er.

"Dringend..."