Erfolgreich als Solo-Trainer und -Berater

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Erfolgreich als Solo-Trainer und -Berater
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DR. ROLF TH. STIEFEL

ERFOLGREICH ALS

SOLO-TRAINER UND -BERATER

Strategieumsetzende PE und Führungskräfte-Entwicklung

Hg. Rolf Th. Stiefel

Der Autor

DR. ROLF TH. STIEFEL, Stammhauslehre bei Siemens, Dipl.-Kfm., Dipl.-Hdl., Dr. rer. comm.; mehrjährige Lehr- und Forschungstätigkeit an einer Business School in Genf und Durchführung von Forschungsprojekten mit finanzieller Unterstützung des Canada Council, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Konrad Adenauer-Stiftung an verschiedenen Universitäten in USA und Kanada. Seit 1975 selbstständiger Management-Trainer und FKE-Berater; 1986 Gründung der Dr. Rolf Th. Stiefel & Partner AG in St. Gallen, die sich mit der Entwicklung und Realisierung von strategieumsetzenden Lernsystemen spezialisiert hat. Während seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit hat der Autor verschiedene Projekte der Führungskräfte-Entwicklung für zahlreiche deutsche DAX-Unternehmen und Schweizer SMI-Unternehmen durchgeführt und auch die öffentliche Verwaltung in der Führungskräfte-Entwicklung beraten. Er ist Autor zahlreicher Aufsätze in in- und ausländischen Fachzeitschriften und von über 20 Büchern zu Themen der Management-Weiterbildung (in diesem Verlag: Führungskräfte-Entwicklung – Worüber man in der Praxis ungern spricht. Ein Insider berichtet, 2018, und Schneller lernen als die Konkurrenz – Personalentwicklung als Instrument der Strategieumsetzung, 2019); bis 2017 Herausgeber von MAO. Kontakt: stiefel@stiefel-rolf-th.ch

Rolf Th. Stiefel

Erfolgreich als Solo-Trainer und -Berater

Geschäftsideen für Solo-Unternehmer in der Personal- und Führungskräfte-Entwicklung

– EHP 2020 –

© 2020 EHP – Verlag Andreas Kohlhage, Gevelsberg

www.ehp-verlag.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagentwurf: Uwe Giese

– unter Verwendung von Fotos von Beate Claus, Bildpixel / pixelio.de und Rolf Handke / pixelio.de –

Satz: MarktTransparenz Uwe Giese, Berlin

E-Book-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Alle Rechte vorbehalten

All rights reserved. No part of this book may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying, recording or by any information storage and retrieval system, without permission in writing from the publisher.

print-ISBN 978-3-89797-122-6

epub-ISBN 978-3-89797-656-6

pdf-ISBN 978-3-89797-657-3

Inhalt

Einführung

Mein Weg als Solo

Ausgangssachverhalte

Strategische Positionierung

Einige Überlegungen zur Wahl der strategischen Positionierung

Mögliche Zielgruppen im Markt mit ihrer veränderten Bedeutung

Design und Durchführung von Trainingsprojekten

Coaching

Karriereberatung

Andere Ausrichtungen in der strategischen Positionierung

Strategieumsetzung und Marktauftritt

Kommunikation und Marktbearbeitung

Honorargestaltung und Honorardurchsetzungsrhetorik

Umgang mit Konkurrenten

Eigene Weiterbildung und berufliche Revitalisierung

Situative Besonderheiten in der Solo-Tätigkeit

Führung einer Solo-Praxis

Ein Blick in die Zukunft der Solo-Tätigkeit

Anhang

Abkürzungen

Literatur

»I … took the leap into an independent existence. After a difficult start it has worked wonderfully … I can only encourage others to try it and to persevere, to find their own formula and their own mix, to move away from what they are not, until they discover what it is that they can uniquely do …«

Charles HANDY: The elephant and the flea,

London (Hutchinson) 2001, S. 186

Einführung

Als ich Mitte der 70er-Jahre als Solo-Trainer nach einem Karriereunfall mehr ungewollt in der Selbstständigkeit begann, konnte ich mir zunächst nicht vorstellen, dass diese Art »Notselbstständigkeit« von längerer Dauer sein könnte. Ich hatte bereits früher Freiberufler in der PE- und FKE-Szene erlebt und hatte mit meinem soliden akademischen Hintergrund etwas Mühe, mich zukünftig in diesem neuen Kollegenkollektiv anzusiedeln.

Allmählich entstand bei mir jedoch der Eindruck, dass der schwach ausgeprägte Professionalisierungsgrad in der Szene und die professionelle Obsoleszenz in PE- und FKE-Abteilungen der Wirtschaft nicht unter dem Aspekt einer vermeintlich neuen beruflichen Identität für mich gesehen werden durfte, sondern eher als Chance, mit attraktiven Produkten daran etwas zu verändern. Die Neubewertung meiner ungewollten Solo-Selbstständigkeit entstand dann im Laufe der Zeit aus der Einsicht, dass mein im Hinterkopf immer vorhandener Lebensentwurf aus Zeitsouveränität, »flow« in der Arbeit und einem attraktiven Einkommen als Solo in der PE- und FKE-Szene am ehesten realisiert werden konnte.

Für meinen Entschluss, mich als Solo beruflich etwas endgültiger einzurichten und nicht mehr auf andere berufliche Optionen zu schauen, gab es keine Wegleitung, an die ich mich anlehnen konnte. Zwar gab es auch zu der damaligen Zeit Bücher, wie man sich selbstständig macht, ich habe mich an dieser für mich eher drögen und unspezifischen Sachbuchliteratur jedoch nicht orientiert. Die einzig wirkliche Hilfestellung kam aus meiner Beschäftigung mit nordamerikanischen »Life work-planning«-Veröffentlichungen, in denen man mit »Karriere« als Konstrukt ganz offen und aktiv umging. Vordem war die berufliche Karriere einer Person für mich eher ein Ergebnis, das sich irgendwie als Folge von Fleiß und Engagement einstellt. Dass ich nach einiger Zeit in meiner ursprünglichen »Notselbstständigkeit« dann meine berufliche Solo-Tätigkeit innerlich angenommen und bejaht habe, führe ich im Wesentlichen auf meine Beschäftigung mit Karrierefragen zurück, mit der ich erkannt habe, dass die Solo-Arbeit für mich das ideale berufliche Terrain abgibt.

Müsste ich eine bestimmte Methode für die Ausfaltung meiner Solo-Karriere nennen, dann war es ein konsequent reflektierendes, erfahrungsbasiertes Handeln, mit dem ich meinen Weg zum erfolgreichen Solo gegangen bin. Auf diesem Weg habe ich zahlreiche Erfahrungen gemacht, die ich dann in das Coaching anderer Solos eingebracht habe, die in unterschiedlichen Situationen ihrer Solo-Existenz meine Unterstützung in Anspruch genommen haben.

Jeder Solo hat zwei Arten von Kompetenzsträngen für sich zu managen, um in seinem neugewählten Berufsfeld erfolgreich zu werden. In Anlehnung an das in der Fachliteratur bekannte ältere DREYFUS-Modell der professionellen Kompetenzentwicklung, das ich dem Buch von CHEETHAM / CHIVERS (2005, S. 62 f.) entnommen habe, kann man bei Professionals fünf Entwicklungsstufen unterscheiden (s. S. 11).

• Bei den Kompetenzen eines Solos, die sich in seinen Produkten und Serviceleistungen für Klienten niederschlagen, verfügt ein Solo in der Regel mindestens über einen mittleren Entwicklungsstand. Dieses Wissen hat ihn ursprünglich überhaupt erst veranlasst, sich selbstständig zu machen. Allerdings reicht dieser fachliche Entwicklungsstand nicht aus, um zu einem absoluten Könner in seinem Arbeitsfeld zu werden. Um hier die fünfte Entwicklungsstufe eines »Experten« oder – in meiner späteren Terminologie im Buch – »Profi-Solo« zu erlangen, muss man aus seinen Praxiserfahrungen ständig Lernimpulse für die eigene Weiterentwicklung destillieren.

• Bei den Kompetenzen eines Solos, die mit seiner neuen beruflichen Rolle als Selbstständiger zu tun haben, beginnt ein Solo fast immer auf dem Entwicklungsstand eines »Frischlings« oder »Novizen«. Da es bislang so gut wie kein kodifiziertes Lehrbuchwissen für Solo-Unternehmer in der PE und FKE gibt, wie man sich in diesem Entwicklungsstrang vom Novizen zum Experten weiterentwickelt, braucht es hier insbesondere die von SCHÖN propagierten Lernwege, die er als »reflection-in-action« und »reflection-about-action« in seinen beiden Meilenstein-Publikationen mit vielen Beispielen unterlegt (SCHÖN 1983; 1987).


LevelCharacteristics
1 – Novice• rigid adherence to taught rules or plans• little situational perception• no discretionary judgement
2 – Advanced Beginner• guidelines for action based on attributes or aspects• situational perception still limited• all attributes and aspects ofwork are treated separately and given equal importance
3 – Competent• coping with crowdedness (multiple activity / information)• now sees action, at least partially, in terms of longer-term goals• conscious, deliberate planning• standardized and routinized procedures
4 – Proficient• sees situations holistically, rather than in terms of aspects• perceives deviations from the normal pattern• decision making is less laboured• uses maxims for guidance whose meanings vary according to the situation
5 – Expert• no longer relies on rules, guidelines or maxims• intuitive grasp of situations based on deep, tacit understanding• analytical approaches used only in novel situations or when problems occur• vision of what is possible when problems occur

Ich sehe mich heute gegen Ende eines langen Berufslebens in der Nähe eines Profi-Solos oder auf dem Entwicklungsstand eines »Experten« in dem vorgestellten Stufenmodell. Das, was ich ursprünglich als eine Art »kanonisches Wissensgebäude für Solo-Unternehmer in der PE und FKE « vergeblich gesucht und das ich mir dann mühsam über Jahre hinweg erarbeitet habe, wollte ich in diesem Buch zusammentragen, um es einem Solo-Novizen in seiner neuen Rolle leichter zu machen. Aber auch der bereits länger als Trainer und Berater tätige Solo wird mit Sicherheit von meinen Erfahrungen profitieren. Meine Arbeit befasst sich im Wesentlichen mit dem zweiten Kompetenzstrang.

 

Das Buch ist auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich angelegt, weil es als Beantwortung von Praxisfragen aus dem Solo-Alltag konzipiert ist. Diese Fragen haben sich mir, aber vor allem meinen Klienten, die ich betreut, und Solo-Kollegen, mit denen ich mich ausgetauscht habe, gestellt. Mit dieser Form der Bearbeitung eines Themenbereichs möchte ich meine Arbeit mehr an die tatsächliche Praxis heranführen, zumal die konkrete Beantwortung von Fragen aus der Praxis immer auch als ein Beitrag zum Lernen von Professionals im Sinne von SCHÖN verstanden werden kann. Eine epistemologische Ausfaltung der relevanten Themengebiete eines Solos in der PE und FKE im klassischen Lehrbuchformat könnte die diesbezüglichen Erwartungen aus der Praxis nicht im gleichen Maße einlösen. Ich möchte hier noch einmal den bekannten Fall eines Augenarztes erwähnen, von dem SCHÖN sagt:

»An ophtalmologist says that a great many of his patients bring problems that are not in the book. In 80 or 85 percent of the cases the patients’ complaints and symptoms do not fall into familiar categories of diagnosis and treatment.« (SCHÖN 1983, 64)

Obwohl die Fragen konkrete Situationen und Probleme in der Praxis abbilden, habe ich versucht, die Fragen auch thematisch zu ordnen und dafür jeweils Gliederungspunkte zu finden. Damit lässt sich nicht ganz vermeiden, dass überlappende Praxisfragen in der Beantwortung beim Leser zu einer – hoffentlich noch positiven – Redundanz führen.

Das Buch erscheint als dritte Veröffentlichung in der EHP-Schriftenreihe »Strategieumsetzende PE und Führungskräfte-Entwicklung«. Es war mein besonderes Anliegen, dem freiberuflichen PE- und FKEler als Solo eine Art fachliterarische Heimat zu bieten. Schließlich haben sich gerade unter meinen Klienten viele Mitarbeiter aus PE-Abteilungen befunden, die nach ihrer Beschäftigung mit der strategieumsetzenden PE Schwierigkeiten bei der Realisierung ihrer neuen innerbetrieblichen Rolle erlebt haben und aus diesen Erfahrungen heraus entschieden haben, zukünftig als externer strategieumsetzender Trainer und PE- / FKE-Berater wirksamer für Unternehmen tätig zu werden.

Und noch etwas ist mir mit dieser Arbeit wichtig. Obwohl freiberuflich tätige PE-ler als Trainer und Berater heute in nahezu jedem größeren und mittelständischen Unternehmen tätig sind, spielen sie in den einschlägigen Lehrbüchern über PE und FKE keine Rolle. Dies ist zum einen dem Umstand geschuldet, dass die Akteursperspektive in der akademisch betriebenen PE eine eher nachrangige Bedeutung hat. Zum anderen aber auch, dass eine intensive Auseinandersetzung mit den freiberuflichen Akteuren eine intensive Kenntnis und Erfahrung mit dieser PE-Population erforderlich macht und einen eigenen methodischen Zugang braucht. Qualitative und ethnologisch eingefärbte Methodologie wird bei den klassischen professoralen »Lehrbuchlieferanten« jedoch nicht besonders geschätzt. Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass mein Buch nicht nur der Praxis weiterhilft, sondern auch einen Beitrag für das Schließen einer Lücke auf dem inhaltlichen Terrain der PE und FKE als Fachdisziplin darstellt.

Mein Weg als Solo

Wenn ein Autor ein Buch über Solos in der PE und FKE verfasst und dabei auch normative Wertungen aus der eigenen empirischen Datenlage vermittelt, möchte man als Leser natürlich auch wissen, welchen Weg der Autor selbst als Solo eingeschlagen hat. Deshalb möchte ich zu Beginn meiner Arbeit die Etappen meiner beruflichen Tätigkeit als Solo skizzieren.

Ich hatte mich während meines Studiums der Wirtschaftspädagogik und der Betriebswirtschaftslehre insbesondere mit der Aus- und Weiterbildung von Führungskräften beschäftigt. Meine Dissertation über »Externe Unternehmerschulung« befasste sich im empirischen Teil mit den europäischen Management-Instituten, die sich als führende Einrichtungen verstanden und sich in der EAMTC (European Association of Management Training Centres) organisierten. Im theoretisch-normativen Teil war es mein Anliegen, eine Art Unterrichtslehre für die institutionelle Management-Bildung zu begründen.

Nachdem ich mich mit Management-Instituten intensiv in meiner Dissertation auseinandergesetzt hatte, lag es nahe, nach dem Studium eine Tätigkeit an einem Management-Institut aufzunehmen. Folglich begann ich zunächst als Forschungsassistent bei einem international tätigen Institut in Genf und hatte nach etwa zwei Jahren den wohlklingenden Titel »Faculty Member – Management Development« erworben.

Meine insgesamt zweieinhalb Jahre an dieser Business School endeten jedoch mit einer Reihe von Desillusionierungen. Ich war als euphorischer Novize in das vermeintliche FKE-Mekka eingetreten und hatte dann eine Form der Hochglanz-Management-Weiterbildung erlebt, bei der der wirtschaftliche Umsatz durch die Seminare im Vordergrund stand. Das substantielle Lernen der Teilnehmer und der anschließende Lerntransfer in ihre Unternehmen spielten keine Rolle. Kognitives Entertainment und subjektive Teilnehmerzufriedenheit waren die vorherrschenden Merkmale in den Veranstaltungen.

Als ich mich nach diesen enttäuschenden Erfahrungen um eine stärkere Professionalisierung in der Erwachsenenbildung bemühte und dann auch ein zunächst einjähriges »Post-doctoral fellowship« in Toronto erhielt, war es meine Absicht, die andragogischen Anforderungen an die FKE später mit einer Anstellung bei einem anderen Institut – besser als ich es in Genf erlebt hatte – einzulösen. An eine eigene Karriere als Solo hatte ich keinen Gedanken verschwendet.

Was ursprünglich nur auf ein Jahr Auszeit angelegt war, hatte ich im Laufe der Zeit mit Forschungsmitteln anderer Einrichtungen und Stiftungen auf über drei Jahre ausgedehnt. Mein temporärer Ausstieg war in die Verfestigung des ungeplanten Geschäftsmodells eines schreibtischforschenden »Visiting Scholar« eingemündet. Ergänzend zu zahlreichen Veröffentlichungen in jener Zeit hatte ich jeweils im Frühjahr und im Herbst eine Art »Gastspielreise« in den deutschsprachigen Raum durchgeführt, wo ich mit vorab kontaktierten Veranstaltern Seminare für PE- und FKE-ler durchführte, um meine entwickelten Konzepte bei dieser Zielgruppe zu testen.

Obwohl ich positive Erfahrungen bei diesen Einsätzen als »Quasi-Solo« gesammelt hatte, lag es mir fern, später eine Selbstständigkeit anzustreben. Ich suchte eine berufliche Identität bei einer international tätigen Einrichtung, in der ich auch meine eigenen internationalen Erfahrungen verwerten konnte. Ein kurzzeitiges Angebot der ILO (International Labour Office) zur Trainerqualifizierung auf den Philippinen sowie ein daran anschließendes längerfristiges UNESCO-Projekt für den Aufbau von Weiterbildungseinrichtungen in Teheran zur Unterstützung der industriellen Entwicklung des Landes waren dann willkommene Chancen für den Start einer neuen Karriere als »International Civil Servant«.

Der Ausflug in das neue berufliche Terrain ging gründlich schief. War mein Einsatz auf den Philippinen noch zu meiner vollen Zufriedenheit und auch zu der des Auftraggebers, dann war das Projekt in Teheran das reine Desaster. Ich verließ das Projekt, bekam jedoch keine Anschlussverwendung mehr und wurde dann auch für andere internationale Organisationen auf eine schwarze Liste gesetzt. So fand ich mich etwa vier Jahre nach meinem Ausstieg aus der Genfer Business School in der Situation eines arbeitslosen FKE-lers, ohne finanzielle Unterstützung und mit dem Gefühl eines erlebten Karriereabsturzes.

Meine jetzt beginnende Zeit der »Notselbstständigkeit« war für mich eine Phase der beruflichen Desorientierung, in der ich gelegentlich Forschungsprojekte für den Wuppertaler Kreis und Seminare für PE- und FKE-Abteilungen in der Wirtschaft übernahm. Allmählich gewöhnte ich mich an das Leben eines freiberuflichen Solo-Trainers und -Beraters. Meine hohe Sichtbarkeit im Markt durch zahlreiche Veröffentlichungen, die guten finanziellen Bedingungen in der damaligen Goldgräberzeit für Solos in der FKE-Szene während der zweiten Hälfte der 70er-Jahre sowie die Life Styling-Komponenten eines Freiberufler-Daseins ließen mir eigentlich keine andere Wahl, als mich nach dem Karriereabsturz für das attraktive Geschäftsmodell eines Solos für die Professionalisierung von FKE-lern zu entscheiden. Dabei spielte sicherlich auch eine Rolle, dass ich nach meinen Fehlerfahrungen mit der Rollenkultur einer internationalen Organisation und nach meiner langen Auszeit in Nordamerika als herumreisender »Visiting Scholar« in einem VW-Camper keine besonderen Neigungen mehr verspürte, mich in eine große Organisation einzufügen.

Nachdem ich im Sommer 1975 als unfreiwilliger Solo in den FKE-Markt eingetreten war, hatte ich nach etwa vier Jahren die Phase als »legitimierter Wertschöpfungspartner« geschafft, eine Schwelle, mit der in dem Entrepreneurship-Fachgebiet die Phase des »Geschafft-Habens« beschrieben wird. Unterhalb dieser Schwelle führt man als neuer Solo alle Arten von Trainings und Projekten durch, um einfach Umsatz zu generieren. Wenn man sich die Legitimation als Wertschöpfungspartner im Markt verdient hat, kann man sein eigentliches Geschäftsmodell fokussieren.

Ich habe Ende der 70er-Jahre den gesicherten Eindruck vom Markt der FKE gehabt, dass ich mir in meinen ersten zehn Berufsjahren nach dem Studium ein enormes Vorsprungwissen aufgebaut hatte, das es nun unter Wahrung eines attraktiven Lebensentwurfs zu vermarkten galt. Dafür habe ich zwei wichtige Entscheidungen getroffen:

• Mit MAO – Management-Andragogik und Organisationsentwicklung – startete ich mein eigenes anspruchsvolles Info-Magazin im bezahlten Abonnement, mit dem ich Leser aus FKE-Abteilungen und freiberufliche Trainer im Markt in die Arkana der FKE als Fachgebiet in vierteljährlichen Dosen einführte.

• Mit einem eigenen überbetrieblichen Qualifizierungsprogramm wollte ich Teilnehmern einen niedrigschwelligen Zugang zur eigenen Weiterbildung in FKE ermöglichen. Da meinen Veröffentlichungen als Folge meiner Forschungsprojekte noch eine recht hochschulnahe Diktion anhaftete und ich im Markt als »Theoretiker« abgestempelt war, weil man mich nicht verstanden hatte, brauchte ich andere Zugänge zum Markt.

Rückblickend führten diese beiden Maßnahmen dazu, dass ich über Jahre und Jahrzehnte hinweg »flow«, ein dauerhaft attraktives Einkommen bei einem hohen Grad an Zeitsouveränität in meinem Lebensentwurf erreichen konnte. Gerade der letzte Punkt war mir als Vertreter von »Life Styling« wichtig, mit dessen Themenkreisen ich auch in einer eigenen Veröffentlichung am Markt sichtbar war (HIRTH / SATTELBERGER / STIEFEL 1981). Da ich in MAO auch regelmäßig über Neuerscheinungen in FKE – insbesondere aus dem nordamerikanischen Raum – berichtete, konnte ich meinen Kunden immer State-of-the-art-Wissen für ihre praktische FKE-Arbeit bieten. Und MAO war für mich ein stetiger Motor des Lernens.

Wenn man sich mit der FKE in ihren vielen Verzweigungen befasst, kann man sich leicht verlieren. Ich habe deshalb in meiner FKE-Ausrichtung den selektiven Fokus auf eine Positionierung der FKE als Instrument der Strategieumsetzung und Mentalitätsveränderung gelegt, was für mich bis heute zur entscheidenden Marke geworden ist. Mit dieser Ausrichtung konnte ich ein überbetriebliches FKE-Qualifizierungsprogramm als Solo mit Partnern und MAO als Marktbearbeitungsinstrument sehr erfolgreich betreiben. Im Jahr 2017 habe ich MAO nach 39 Jahren eingestellt.

 

Da ich mit MAO ständig Nachfrage nach FKE-Leistungen generieren konnte, für deren Bearbeitung ich dann auch Solo-Kollegen einsetzte, die gegen eine Verprovisionierung der Umsätze im Rahmen der Dr. Rolf Th. Stiefel & Partner AG tätig waren, konnte ich meine Positionierung im Markt auch finanziell kapitalisieren, ohne dass ich meine Zeitsouveränität für die Klienten opfern musste.

Ich wollte nie angestellte Trainer führen und konnte mich so auf die Tätigkeiten konzentrieren, bei denen ich besonders »flow« erlebte. Und das war im Wesentlichen das Schreiben der MAO-Beiträge für die vierteljährlich erscheinende MAO-Ausgabe von jeweils 60 bis 70 Seiten sowie die Durchführung eines »Flaggschiff-Seminars« im überbetrieblichen Programm, das ich jedes Jahr mindestens an zwei Terminen durchgeführte – und das immer ausgebucht war.

MAO hatte in der Spitze über 800 bezahlte Abonnements, was bedeutete, dass in diesem Klientenkreis ein enormes Nachfragepotential nach FKE-Leistungen mobilisiert werden konnte. Da ein großer Teil der MAO-Leser über ein Budget für die Vergabe von FKE-Leistungen verfügte, war auch die Frage nach einem attraktiven jährlichen Umsatz nie ein Thema.

Mir ging es während der Hochzeit meiner Tätigkeit in den Jahren um 2000 und später nicht darum, die Umsätze kurzfristig zu maximieren, sondern die attraktiven Umsätze auf längere Sicht zu verstetigen. Dazu habe ich versucht, aus dem Kreis der MAO-Abonnenten eine Art unausgesprochenen »Club der MAO-FKE-ler« zu entwickeln, für die im zweijährigen Turnus eine Konferenz veranstaltet wurde, auf der jeweils auch MAO-Leser als Referenten auftraten.

Viele angestellte PE- und FKE-ler haben mit der Lektüre von MAO erfolgreich ihre Karriere in Unternehmen gestaltet. Nicht wenige davon sind dann in späteren Jahren in eine Solo-Tätigkeit umgestiegen und haben dafür auch meine Beratung für eine erfolgreiche Positionierung in der neuen Selbstständigkeit in Anspruch genommen. Insofern habe ich den »Umsteiger-Solo« aus PE-Abteilungen als einen Solo-»player« im Markt in unterschiedlichen Situationen hautnah erlebt und ihn auch als Klienten betreuen können. Da ich diesen neuen Solos in jedem Fall meine »Strategische Woche« als Hintergrund-Folie für ihre Produkte und Serviceleistungen bei Unternehmen empfahl, konnte ich im Laufe der Zeit vielfältige Erfahrungen aus dem Solo-Alltag auch durch diese Teilnehmer in meinen Seminaren sammeln.

Wenn ich ein Fazit ziehe: Ich bin nach einem Karriereunfall gleichsam als Umsteiger-Solo mit Anfang 30 aus einem akademischen Milieu in die »Notselbstständigkeit« gewechselt und habe auf Verdacht eine Tätigkeit als Solo-Trainer und -Berater begonnen – mit eingestandenem offenen Ausgang, denn in der ersten Zeit meiner Solo-Arbeit habe ich mich noch an Fachhochschulen beworben. Mein geringes Startkapital, das im Wesentlichen aus einem nicht zurückgezahlten Einrichtungsdarlehen meines fehlgeschlagenen Teheran-Projekts der UNESCO bestand, das ich als Schadensausgleich für die irreführenden Informationen bei der Rekrutierung über das Projekt kassierte (und das nicht von der UNESCO zurückgefordert wurde), zwang mich, meine Solo-Aufträge in den ersten Jahren nach den Grundsätzen der »schwäbischen Hausfrau« durchzuführen. Gegen Ende eines langen Berufslebens werde ich meine ursprünglich ungewollte Solo-Karriere mit viel erlebtem »flow«, einem hohen Grad an Zeitsouveränität während der gesamten Jahre und einer ursprünglich nicht erwarteten finanziellen Unabhängigkeit langsam auslaufen lassen. Was ich als reflektierender Praktiker aus diesem Berufsleben als Einsichten habe, könnte man im Nachhinein auch als eine »Theorie einer erfolgreichen Solo-Karriere« bezeichnen. Davon handelt dieses Buch. Auch wenn sich der heutige Solo-Alltag im Vergleich zu den Zeiten, in denen ich als Trainer und Berater besonders aktiv war, etwas geändert hat, bin ich überzeugt, dass meine Empfehlungen für eine erfolgreiche Solo-Karriere jetzt und zukünftig noch dauerhaft gültige Leitplanken abgeben.