Mehr als ein Gefühl

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Reinhold Ruthe

Mehr als ein Gefühl

Liebe. Wunschdenken und Wirklichkeit


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 9783865065445

© 2013 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Überarbeitete Neuauflage des Titels „So stell ich mir die Liebe vor.

16 Wege zum Du“ (Brendow, 1995)

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelfoto: shutterstock

Satz: Harfe PrintMedien, Bad Blankenburg

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Ausdrucksform Nr. 1 Der Lebensstil bestimmt die Art der Liebe

Einführung

Wie entsteht Lebensstil?

Charakteristische Leitmelodien der Liebe

Ausdrucksform Nr. 2 Liebe ist Erotik

Einführung

Ich liebe dich, weil du so bist

Erotik bei Frauen und Männern

Liebeskunst oder der erotische Ingenieur

Mein Mann ist plump und direkt

Das Vorspiel und die Erotik

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 3 Liebe ist Chemie

Einführung

Verschiedene Liebestypen

Hormone

Positive und negative Gefühle

Das Zauberwort heißt Oxytocin

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 4 Liebe heißt Selbstannahme und Annahme des Anderen

Einführung

Wenn wir uns nicht selbst akzeptieren können

So, wie ich bin, bin ich gut genug

Wer sich bejaht, bejaht auch den anderen

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 5 Liebe ist Gefühl

Einführung

Die Liebe ist mehr als ein Gefühl

Der Unterschied zwischen Gefühlen und Emotionen

„Was sind Gefühle, und wo im Gehirn sitzen sie?“

Gefühle sind Werkzeuge – auch in der Liebe

Liebe ist die Summe aller göttlichen Forderungen

Der Unterschied zwischen Liebe und Gefühl

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 6 Liebe lebt von Anerkennung

Einführung

Liebe lebt von Anerkennung

Sind wir bestätigt worden?

Stephanie ist anerkennungssüchtig

Zuwendung ist Anerkennung

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 7 Liebe lebt von Geborgenheit

Einführung

Vernachlässigung – Verkümmerung – Hospitalismus

Nähe und Distanz

Orte der Geborgenheit

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 8 Liebe ist Überwindung von Einsamkeit

Einführung

Liebe ist Überwindung von Einsamkeit

Wie entwickeln sich Einsamkeit und Isolation?

Einsamkeit ist ein Syndrom

Einsamkeit und sexuelle Begierde

Klammeräffchen

Können diese Menschen nicht aus ihrer Haut?

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 9 Liebe ist Geben und Nehmen

Kurzinformation

Liebeswährung und Leistungswährung

Geben und Nehmen bei Männern und Frauen

Das ergänzende Zusammenspiel

Bemuttern wollen

Haupt und Herz

Der Partner gibt sich selbst

Die bedürftige Liebe

Der Christ und die bedürftige Liebe

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 10 Liebe ist Verliebtheit

Einführung

„Jetzt ist es amtlich: Liebe macht doof!“

Verliebtheit ist nicht Liebe

Verliebte und ihre Bindungsfreude

Verliebtheit macht blind

Verliebtheit als Selbsttäuschung

Verliebt in einen Typ

Zusammenfassung

 

Ausdrucksform Nr. 11 Liebe ist Liebe auf den ersten Blick

Einführung

Was spielt sich in Herzen und Hirnen ab?

Was sagt die innere Stimme?

Auch bestimmte Hormone beeinflussen die ­Liebe auf den ­ersten Blick

Die tiefe Stimme als Liebesauslöser

Mitleid als Motiv

Die erste Filterstufe

Die Königsklasse der Verliebtheit

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 12 Liebe ist Freundschaft

Einführung

Freundschaft statt Kampf

Die Bedeutung der ehelichen Freundschaft

Was ist Freundschaft?

Was uns ein Freund bedeutet

Jeder Mensch muss mein Freund sein

Freundschaft kann man nicht erzwingen

Freundschaft dient der Einübung von ­Gemeinschaftsgefühl

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 13 Liebe ist Vertrauen

Kurzinformation

Vertrauen und Misstrauen

Bedeutung des Vertrauens

Vertrauen mit Einschränkungen

Liebe vertraut und verzeiht

Liebe verlangt Offenheit

Welche Selbstoffenbarungen helfen, ­Vertrauen zu ­stärken?

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 14 Liebe ist genitale Sexualität

Einführung

Genitale Sexualität

Verlorene Lust

Körperlich-sexuelle­ Beziehungen und­ Bindungs­erfahrungen

Was beinhaltet Intimität?

Sexualität wird benutzt

Wenn Jugendliche Liebe mit Geschlechtsverkehr verwechseln

Die gewachsene Zweierbeziehung

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 15 Liebe ist Treue

Einführung

Warum Treue sich lohnt

Treue ist wie ein Muskel

Treue in der Ehe ist gut für die Gesundheit

Untreue Phantasien

Das Wort „Treue“ in der deutschen Sprache

Die Treue ist doch kein leerer Wahn

Ist Egoismus Untreue?

Ursachen der Untreue

Untreue nach biblischem Verständnis

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 16 Liebe ist Vergebung

Einführung

Liebende leben von der Vergebung

Vergeben und vergessen

Vertrauen wächst aus der Vergebung

Vergeben Sie sich selbst!

In Liebesbeziehungen kommt es ­unweigerlich zu ­Verletzungen

„Ich habe dir unrecht getan!“

Zusammenfassung

Ausdrucksform Nr. 17 Liebe ist Agape (Liebe aus Gott)

Einführung

Die geistliche Kraftquelle

Die schenkende Liebe

Ich liebe dich, weil du da bist

„Einfach Liebe“

Die Agape hört niemals auf

Literaturverzeichnis

Vorwort

Der wichtigste Faktor im Leben eines Menschen ist die Liebe. Sie wird tausendfach besungen und tausendfach beschrieben. Wenn in der deutschen Sprache jemand nach dem

■ schönsten und missbrauchtesten,

■ einfachsten und vieldeutigsten,

■ stärksten und zartesten

■ begehrtesten und heikelsten Wort sucht, stößt er auf das Wort Liebe.

Dieses geheimnisvolle und unbegreifliche Gefühl

■ soll beglücken und berauschen,

■ soll entzücken und verzaubern,

■ soll Wohlgefühle und Innigkeit bereiten.

Liebe kann eine Zweierbeziehung, wenn sie falsch verstanden und falsch gedeutet wird, zur Hölle machen, kann zerstören und verderben.

Liebe ist ein Wort und hat viele Gesichter.

Liebe ist eine Kraft und setzt sich aus vielen Kräften zusammen.

Liebe ist ein Begriff und zeigt viele Missverständnisse.

Was drücken wir alles mit dem einen Wort Liebe aus? Wir sprechen

■ von Liebe zu Blonden und Schwarzen,

■ von Liebe zu Sommer und Winter,

■ von Liebe zu Musik und Sport,

■ von Liebe zu Sauerkraut und Bratkartoffeln,

■ von Liebe zur Prostituierten und von Liebe zu Gott.

Der Begriff ist vieldeutig: Wir sprechen von Elternliebe, von Nächstenliebe, von Selbstliebe, von Freundesliebe, von Feindesliebe, von Freiheitsliebe, von Tierliebe und von platonischer Liebe.

Der Unterschied kann nicht krasser sein. Jeder hat ein anderes Bild von Liebe vor Augen.

Jeder hört mit seiner Wahrnehmung,

jeder sieht mit seinen Augen,

jeder empfindet mit seinen Vorstellungen,

jeder beschreibt mit seinen Gefühlen.

Als Seelsorger, Berater und Therapeut war ich über 40 Jahre tätig und habe immer wieder über diese wunderbare Kraft der Liebe nachgedacht. Schon früher habe ich ein „Modell der Liebe“ beschrieben und die wichtigsten 16 Erscheinungsformen formuliert. Dieses Modell, das mich vor wie nach überzeugt, habe ich gründlich überarbeitet und möchte es hier dem Leser vorstellen.

Mir ist wichtig:

■ Liebe drückt sich auf mancherlei Weise aus und beschreibt viele Wege zum Du,

■ Liebe kennzeichnet 17 Teilaspekte, die mir bedeutsam erscheinen, sie stehen nicht isoliert da, sondern sind untereinander wie durch ein Netz verknüpft,

■ Liebe ist ein Zusammenspiel dieser 17 Faktoren und beinhaltet eine erfüllte Liebe,

■ Liebe mit ihren 17 Bausteinen meint keine idealistische und vollkommene Liebe, die ist uns Menschen seit dem Sündenfall unmöglich,

■ Liebe ist kein Stoff, den wir im Blut haben und der ein harmonisches Zusammenleben garantiert,

■ Liebe kommt aus dem Gleichgewicht und gerät ins Wanken, wenn das Zusammenspiel der 17 Ausdrucksformen gestört ist.

Selbstverständlich verändern sich im Laufe des Lebens die verschiedenen Faktoren und Kennzeichen der Liebe. In allen Lebensphasen erfahren verschiedene Liebesaspekte eine unterschiedliche Bewertung:

Je jünger die Paare, desto mehr wird sie die Verliebtheit beherrschen,

je jünger die Paare, desto mehr wird sie die Sexualität beanspruchen.

Je älter die Paare, desto mehr werden gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Rücksichtnahme gefordert, desto mehr werden Fürsorge, Einfühlungsvermögen und Ernstnehmen von Einschränkungen die Liebe bestimmen.

Die Bedürfnisse verschieben sich,

die Erwartungen verändern sich,

die Wünsche verlagern sich.

Welche Ausdrucksformen bestimmen in erster Linie Ihre Liebe?

Welche Ausdrucksformen kommen zu kurz?

Welche Ausdrucksformen wollen Sie pflegen, korrigieren oder verändern?

Für wen ist das Buch geschrieben?

Für Menschen, die nach der Verliebtheitsphase erkennen, dass viele Fragen offen bleiben;

für Menschen, die in ihrer Partnerschaft Defizite im Zusammenleben wahrnehmen;

für Menschen, die in der Midlife-Crisis ihre Liebe in Frage stellen;

für Menschen, die in frühen und späten Ehejahren an Enttäuschungen leiden;

für Seelsorger und Berater, die sich mit Ehe- und Partnerschaftsproblemen beschäftigen.

Für Betroffene lohnt es sich, zu zweit jeweils ein Kapitel gründlich zu lesen und sich darüber auszutauschen.

AUSDRUCKSFORM NR. 1

Der Lebensstil bestimmt

die Art der Liebe

Einführung

Jeder Mensch ist eine einmalige Persönlichkeit und hat einen einmaligen Lebensstil, der auch die einmalige Liebe dieses Menschen charakterisiert. Der Lebensstil beinhaltet alle Einstellungs-, Denk- und Verhaltensmuster und alle Überzeugungen dieses Menschen. Dieser Lebensstil prägt auch die Liebe.

Wenn wir die Liebe als Ganzes verstehen wollen, hilft uns der Begriff des Lebensstils weiter.

■ Er beinhaltet das einmalige Bewegungsgesetz dieses Mannes oder dieser Frau,

■ er kennzeichnet das persönliche Denkschema,

■ er kennzeichnet die charakteristische Haltung zum Leben,

 

■ er kennzeichnet die persönliche Note, wie dieser Mensch Schwierigkeiten bewältigt,

■ er zeigt, wie dieser Mensch zupackt, etwas wagt, resigniert, flieht oder angreift, wie er aus Erfahrungen Kapital schlägt,

■ er zeigt, welche Meinung er über sich selbst, über andere, über Gott, über das Leben und nicht zuletzt über die Liebe hat,

■ er zeigt, welche Meinung er über Frauen, über Männer, über Sexualität, über Unter- und Überordnung und über die Liebe hat.

Wie entsteht Lebensstil?

Etwa bis zum Alter von fünf bis acht Jahren hat sich das charakteristische Denk- und Reaktionsschema gebildet. Eltern, Geschwister, Großeltern und andere Erzieher geben dem Kind die Gelegenheit zu einer Vielzahl von Erfahrungen, die es auf seine Weise deutet. Nicht die objektiven Ereignisse sind entscheidend, sondern

■ wie das Kind sie verarbeitet,

■ wie das Kind sie deutet,

■ wie das Kind sie versteht,

■ wie das Kind sie wahrnimmt,

■ wie das Kind darauf häufig reagiert.

Das Kind zieht Schlüsse und betrachtet die Welt und Menschen aus einer bestimmten Warte. Der kleine Mensch gewinnt Überzeugungen, die irrig und falsch sein können, die aber sein Leben und seine Liebe bestimmen. Selbstverständlich kann sich dieser Lebensstil im Laufe des Lebens verändern. Damit wird der Lebensstil zum Zentrum der Persönlichkeit. Er umfasst fünf Aspekte, die jeweils der Liebe einen bestimmten Stempel aufdrücken:

1. Wie sehe ich mich selbst?

Wie schätze ich mich ein?

Wir stark, hilflos oder wehrlos fühle ich mich?

Wie mutig oder angepasst bin ich?

Wie liebenswert oder nicht liebenswert bin ich?

Wie beeinflusst meine Selbsteinschätzung meine Liebe?

2. Wie sehe ich die Anderen? Wie sehen die Anderen mich?

Suche ich den starken Mann oder die starke Frau?

Suche ich einen Partner, der mich verwöhnt?

Suche ich Anerkennung und will im Mittelpunkt ­stehen?

Suche ich den Schwachen, um Stärke zu demonstrieren?

3. Wie fühle ich mich in der Welt?

Fühle ich mich in der Welt wohl?

Fühle ich mich in der Welt geborgen, gehalten und getragen?

Fühle ich mich in der Welt bedroht und angegriffen?

Fühle ich Misstrauen im Zusammenleben mit anderen?

4. Welche Ziele verfolge ich?

Bin ich ein Nehmer, der vom Partner Opfer verlangt?

Bin ich ein Forderer, der andere in Dienst stellt?

Bin ich ein Antreiber, der zu Ehrgeiz und Aktivität anstachelt?

Bin ich ein Strahletyp, der geliebt werden muss?

Bin ich der Mensch, der nicht nein sagen kann, der dem Partner alle Wünsche erfüllt, um nicht abgewiesen zu werden?

5. Mit welchen Mitteln und Verhaltensmustern verfolge ich meine Ziele?

Welche Strategien verfolge ich, um mich in der Liebe zu behaupten?

Welche Verhaltensmuster setze ich ein, um meine Ziele zu erreichen?

Welche Methoden stehen mir zur Verfügung, um meine Wünsche durchzusetzen?

Welche Selbstbehauptungsstrategien habe ich gefunden, um meine Art der Liebe in die Tat umzusetzen?

Die fünf Aspekte des Lebensstils kennzeichnen in jedem Fall meine Liebe.

Es sind Überzeugungen mit allen Vor- und Nachteilen.

Es sind Lebenseinstellungen, die die Liebe fördern oder einschränken.

Charakteristische Leitmelodien der Liebe

Mit einem Satz werden vielfach charakteristische Leitmelodien umschrieben.

Sind Leitmelodien Ihrer Liebe darunter?

Meine Art zu lieben besteht darin,

■ dass ich ungern Fehler mache,

■ dass ich gern die Königin bin und mir die Männer zu Füßen liegen,

■ dass ich gern untertreibe und als Veilchen im Verborgenen blühe,

■ dass ich gern der oder die Erste bin, der oder die Unvergleichliche,

■ dass ich gern die Kontrolle ausübe,

■ dass ich gern intellektuell der oder die Überlegene bin,

■ dass ich gern moralisch überlegen bin,

■ dass der Andere meine Wünsche erraten soll,

■ dass der Andere für mich die Verantwortung trägt,

■ dass ich diene bis zur Aufopferung und auf Enttäuschung liebesunfähig reagiere,

■ dass sich ein Anderer um mich kümmert,

■ dass der Andere mich mitreißt und mich mitzieht,

■ dass der Andere für mich entscheidet und Probleme löst usw.

Das ist ein kleiner Strauß von Lebensstilaspekten, die unsere Liebe kennzeichnen.

AUSDRUCKSFORM NR. 2

Liebe ist Erotik

Einführung

Erotik ist im weitesten Sinne die mehr seelische Liebe von Mann und Frau, die seelische Ausdrucksform der Sexualität. Sexualität heißt Geschlechtlichkeit und meint den ganzen Menschen in seinem Frausein und Mannsein. Sie beinhaltet mehr als Geschlechtsverkehr von Frau und Mann.

Liebe ist Erotik. Für Liebe gibt es in der deutschen Sprache nur ein Wort. In der griechischen und lateinischen Sprache wird Liebe mit vier Begriffen charakterisiert. Einer dieser Begriffe und ein wesentlicher Aspekt der Liebe ist die Erotik.

Sie bezeichnet die seelische Liebe der Geschlechtlichkeit. So, wie man an jeder menschlichen Person

■ eine seelische,

■ eine geistige und

■ eine leibliche Dimension

unterscheidet, so kann man auch in der Liebe den Eros, den Sexus und die Agape unterteilen. Während der Sexus die körperliche Beziehung der Liebe verdeutlicht, geht der Eros auf die Seele des Partners ein.

Der Eros-Begriff im Griechischen beinhaltet auch die leidenschaftliche Hingabe:

■ die Hingabe an den Beruf,

■ die Hingabe an eine Aufgabe,

■ die Hingabe an eine Passion,

■ die Hingabe an eine Sache.

Ich liebe dich, weil du so bist

Der Schweizer Theologe Emil Brunner hat einmal sehr treffend die erotische Liebe charakterisiert. Er schrieb: „Wie die Formel für den Eros lautet: Ich liebe dich, weil du so bist – und wir können hinzufügen, solange du so bist –, so lautet die Formel für die Liebe (Agape-Liebe, Anm. R. R.): Ich liebe dich, weil du da bist. Und in diesen zwei kleinen Wörtlein so und da liegt der ganze Gegensatz zwischen der Welt des griechisch-modernen Denkens und des Neuen Testamentes. In ihm liegt der größte Gegensatz, den es innerhalb der menschlichen Existenz überhaupt geben kann: der zwischen einer gottgebundenen und gottlosen Existenz.“1

Erotik liebt also das So-Sein,

Erotik liebt diese langen, blonden oder schwarzen ­Haare,

Erotik liebt diesen so geformten Busen,

Erotik liebt die so gestalteten langen oder schlanken ­Beine,

Erotik liebt diese tiefe oder ruhig klingende Stimme, diesen Charme oder jenen speziellen Humor.

Erotik bei Frauen und Männern

Die Autoren Felicitas A. Lehnert und Dr. A. Lehnert formulieren es in ihrem Buch so: „Für Frauen ist ­Erotik alles, was in der Beziehung stattfindet. Für Männer ist Erotik alles, was im Bett stattfindet (…). Sie (die Frauen) tun fast alles, um Liebe zu erlangen. Sie investieren Erotik, um Beziehung zu erhalten. Frauen, die sich geliebt fühlen, brauchen Sex nicht so häufig (was nicht heißt, dass zurückhaltende Ehefrauen mehr geliebt würden.) (…) Für ihn hat direkte Erotik Priorität, für sie gibt es ein weites Feld indirekter Erotik. Ihn erregt, wenn sie sich vor ihm auszieht, sie erregt, wenn er mal etwas von sich aus mit den Kindern unternimmt. Er begehrt ihren Körper, sie begehrt seine Seele. Er will Sex, sie will ihn. Er fragt: Wie hast du´s gern? Sie fragt: Was denkst du?“ 2

Diese Unterschiede begegnen mir immer wieder in Beratung und Seelsorge.

Diese Unterschiede prägen die Liebe der Geschlechter.