Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book)

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Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book)
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Claudio Caduff (Hrsg.)

Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule

Festschrift zum 60. Geburtstag von Christoph Städeli

ISBN Print: 978-3-0355-1938-9

ISBN E-Book: 978-3-0355-1939-6

1. Auflage 2021

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 hep Verlag AG, Bern

hep-verlag.ch

Inhalt

Vorwort

Claudio Caduff

Einleitung

Peter Egger

Christoph Städeli hat als Autor die Berufsbildung stark geprägt

Die Rolle der Berufsfachschulen in der Berufsbildung und Kompetenzorientierung

Josef Widmer

Herausforderungen als Positionierungschance nutzen

Franz Eberle

Zur Kompetenzorientierung an der Berufsfachschule

Nicole Ackermann

«Fit für die digitale Arbeitswelt»: Didaktische Implikationen der Reform «Kaufleute 2022» für die kaufmännischen Berufsfachschulen und die Lehrerinnen- und Lehrerbildung

Lehrerinnen und Lehrer in der Berufsbildung

Markus Maurer

Zur Anrechnung von Bildungsleistungen in der Ausbildung von Berufsfachschullehrpersonen in der Schweiz

Walter Mahler

Weiterbildung von Lehrpersonen der Sekundarstufe II im Kanton Zürich

Martin Berger

Glaubwürdige Lehrpersonen

Michael Prusse

Fachdidaktik Englisch für die Berufsmaturität

Das Konzept des allgemeinbildenden Unterrichts (ABU)

Philipp Gonon

Wird ABU (allgemeinbildender Unterricht) an Berufsfachschulen überleben?

Claudio Caduff

Subjektorientierte Allgemeinbildung

Fachdidaktische Perspektiven auf den allgemeinbildenden Unterricht (ABU)

Daniela Rossetti

Literatur: Ein Recht für alle

Saskia Sterel

Leseförderung – so wird’s gemacht und deshalb gelingt’s

Manfred Pfiffner

Diagnostische Kompetenz – Schlüssel zur Lesekompetenzförderung mit dem JugendDiagnoseTool «JuDiT®»

Chiara Argentini

Wenn die Muse nicht küsst …

Susanne Schrödter

Kunst im berufsbildenden Unterricht – Skizzen einer Didaktik der Kreativkompetenz

Claudio Caduff

Politische Fehlvorstellungen von Berufslernenden

Historische Perspektiven auf die Berufsbildung

Silvano Sarno

Die Einführung von Informatiklektionen in der beruflichen Ausbildung der MEM-Branche in den frühen 1980er-Jahren – kontraproduktiv oder notwendig?

Dario Venutti

Bildung in Serbien: (K)ein Motor der inneren Entwicklung

Autorinnen und Autoren

Vorwort

Im Jahr 2006 starteten die ersten von Christoph Städeli neu konzipierten Studiengänge für Berufsfachschullehrpersonen am Zürcher Hochschulinstitut für Schulpädagogik und Fachdidaktik (ZHSF), einem Institut, das von der Pädagogischen Hochschule Zürich, der Universität Zürich und der ETH Zürich gemeinsam getragen wurde. Damals lehrten sechs Dozierende im altehrwürdigen Gebäude des Beckenhofs. In der Folgezeit und besonders seit ihrer Integration in die PH Zürich hat sich die Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung stark entwickelt. Heute bietet die PH Zürich in der Berufsbildung als einzige und grösste Bildungsinstitution der Deutschschweiz alle anerkannten Studiengänge an. Die Abteilung besteht aus 17 Dozierenden, und mit drei Professuren werden im Bereich der Berufspädagogik zahlreiche Forschungs-, Entwicklungs- und Dienstleistungsprojekte durchgeführt.

Die stark praxisorientierte duale Berufsbildung in der Schweiz ist geprägt von ständiger Anpassung und Innovation. Diese Grundhaltung prägt auch die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für Berufsfachschulen an der PH Zürich. Seit zwei Jahren werden die angehenden Lehrerinnen und Lehrer nach dem neuen Studienmodell 4K ausgebildet: Kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation, Kreativität und Innovation.

Diese 4K beschreiben zugleich die Arbeitsweise von Christoph Städeli: Mit viel Umsicht und Kommunikation leitet er seine Abteilung; mit skeptischem Blick für das Selbstverständliche sucht und findet er Lösungen, bevor Probleme unüberwindbar scheinen; mit Freude am Gestalten entwickelt er kreative Konzepte, die als Innovationen ausstrahlen; und er weiss, dass diese Leistungen auf die Zusammenarbeit in seinem Team und mit externen Partnern angewiesen sind. Christoph Städeli verbindet in ausgeprägter Weise Authentizität mit Cleverness. Darin liegt vermutlich sein «Geheimrezept», um die Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung erfolgreich zu führen.

Ich danke den Initianten dieser Festschrift für die schöne Idee und ihr Engagement und den Autorinnen und Autoren der Beiträge für die facettenreichen thematischen Vertiefungen, die dem Gegenstand und dem Jubilar gerecht werden. Dem Jubilar selbst wünsche ich weiterhin viel Kreativität, Gesundheit und Erfolg.

Prof. Dr. Heinz Rhyn

Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich

Claudio Caduff
Einleitung

Bereits mit der Aufnahme seines Studiums der Psychologie, Pädagogik und Sonderpädagogik an der Universität Zürich im Jahr 1984 begann Christoph Städeli als ausgebildeter Primarlehrer seine Unterrichtstätigkeit an Berufsfachschulen, zunächst als Lehrbeauftragter an der Gewerblich-industriellen Berufsschule St. Gallen und an der Gewerblich-industriellen Berufsschule Uzwil. Ein Jahr später nahm er auch die Unterrichtstätigkeit als ABU-Lehrer an der Technischen Berufsschule Zürich auf. Noch während des Studiums absolvierte Christoph Städeli den Studiengang Höheres Lehramt in den allgemeinbildenden Fächern der Berufsschulen. Nach Abschluss des Studiums arbeitete er – neben seiner Unterrichtstätigkeit an der TBZ und an der Berufsschule für Gestaltung Zürich – als Assistent am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Im Jahr 1991 wurde er mit einer Dissertation zum Thema Berufsausbildung und Persönlichkeitsentwicklung promoviert. Seit 1992 ist Christoph Städeli in der Ausbildung von Berufsfachschullehrpersonen tätig: 1992 bis 2004 am Schweizerischen Institut für Berufspädagogik (SIBP), 2004 bis 2005 an der Universität Zürich, 2005 bis 2010 am Zürcher Hochschulinstitut für Schulpädagogik und Fachdidaktik (ZHSF) und seit 2010 an der PH Zürich als Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung. Gleichzeitig unterrichtete er noch bis ins Jahr 2016 – auch als Professor – in einem kleinen Pensum Allgemeinbildung an der Berufsschule für Gestaltung.

 

Christoph Städeli hat vielen Lernenden – auch Attest-Lernenden – Allgemeinbildung vermittelt. Er hat ebenso zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet. Dabei gelang und gelingt es ihm in einmaliger Weise, die durch seine Biografie quasi inkorporierte Verknüpfung von Theorie und Praxis an die angehenden Lehrpersonen weiterzugeben. Dazu gesellen sich ein positives Menschenbild und eine zuversichtliche Haltung, und auch diese gibt er seinen Studierenden weiter. Ich hatte Christoph Städeli schon sehr gut gekannt, lange bevor ich ihn 2006 persönlich das erste Mal traf. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen in Luzern hatten am SIBP studiert, und sie waren stolz, bei Christoph Städeli studiert zu haben. In der Rückschau erkenne ich, dass ich viele hervorragende professionelle Eigenschaften bei meinen Kolleginnen und Kollegen hoch geschätzt hatte, bevor ich diese bei Christoph Städeli selbst erfahren konnte. Ich habe also den Lehrer zunächst über seine Schüler kennengelernt.

Christoph Städeli ist seit Jahren die prägende Figur in der Ausbildung von Berufsfachschullehrpersonen. Er hat die Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung mit strategischem Geschick, charmanter Beharrlichkeit und geschmeidigem Verhandlungsvermögen aufgebaut und zur Blüte gebracht. Sie wirkt mittlerweile weit über die eigene Institution hinaus.

Es darf als Glücksfall bezeichnet werden, dass Christoph Städeli gerne publiziert (mehr dazu im ersten Beitrag von Peter Egger). So lässt er nicht nur seine Studierenden – und Dozierenden – an seinem Wissen und Können teilhaben, sondern auch weitere Kreise. Aus allen seinen Publikationen ragt jene zum AVIVA-Modell heraus. Es findet weite Beachtung – nicht nur in der Schweiz. So schreibt John Hattie im Vorwort zur englischen Ausgabe:

«My major claim in Visible Learning research is that achievement is maximised when teachers see learning through the eyes of the student and when the students are taught to become their own teachers. The AVIVA model is an excellent example of how to put these ideas into action. It balances the involvement and direction of the teacher with the opportunities for students to explore, see errors as opportunities for learning and learn to think as teachers.»

Trotz höchster Arbeitsbelastung als Abteilungsleiter lässt es sich Christoph Städeli nicht nehmen, sich weitere theoretische Räume für die Lehrerbildung zu öffnen und weiterhin zu publizieren. Das kürzlich absolvierte CAS-Studium Positive Psychologie an der Universität Zürich ist ihm Ideengeber für positive Bildung in der Bildung im Allgemeinen und in der Berufsbildung im Besondern. Man darf gespannt sein auf seine nächsten Publikationen.

Das Engagement für die Berufsbildung von Christoph Städeli geht über die Lehrerbildung und Publikationen hinaus. Er ist Mitglied in der Schulkommission der Schule für Gestaltung Zürich und der kv business school zürich. Per Ende 2019 wählte der Bundesrat Christoph Städeli als Mitglied der Eidgenössischen Bildungskommission. Diese berät das SBFI in Fragen der Entwicklung und der Koordination der Berufsbildung und beurteilt Projekte zur Entwicklung der Berufsbildung.

Christoph Städeli ist mittlerweile ein Monument in der schweizerischen Berufsbildung.

Zum Inhalt der Festschrift

Entsprechend dem Betätigungsfeld von Christoph Städeli in der schweizerischen Berufsbildung kreisen die Beiträge der vorliegenden Festschrift um die Berufsfachschulen, die Kompetenzorientierung, die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen und um das Konzept sowie fachdidaktische Aspekte des allgemeinbildenden Unterrichts in der beruflichen Grundbildung. Zwei Beiträge erweitern den Fokus um die historische Perspektive.

Zum Auftakt würdigt Peter Egger in seinem Beitrag, der mit Fotos von gemeinsamen Motorradausflügen illustriert ist, Christoph Städeli als Verfasser zahlreicher pädagogischer Publikationen, die im hep Verlag erschienen sind.

Die weiteren Beiträge der Festschrift für Christoph Städeli werden in fünf Kapiteln geordnet.

Die Rolle der Berufsfachschulen in der Berufsbildung und Kompetenzorientierung

Josef Widmer stellt eingangs seines Beitrags fest, dass aktuell die digitale Transformation, die Heterogenität der Lernenden sowie die Umsetzung der Handlungskompetenzorientierung die Schweizer Berufsbildung und ihre Akteure beständig vor neue Herausforderungen stellt. Dabei kommt den Berufsfachschulen als einem der drei Lernorte nach wie vor eine wichtige Rolle zu. Damit diese den aktuellen Herausforderungen gewachsen bleiben, muss die Aus- und Weiterbildung der Berufsfachschullehrpersonen entsprechend gestaltet werden. Im Bereich der digitalen Transformation haben die Berufsfachschulen aus Sicht des Bundes einen Kulturwandel im Sinne von Digital Leadership zu vollziehen; es braucht also ein Umdenken in Bezug auf pädagogische Ansätze und Lehrpläne, auf Management und Qualitätssicherung. Bezüglich der Heterogenität der Lernenden müssen Berufsfachschulen einerseits individuelle Stützungsmassnahmen ausserhalb des Unterrichts bereitstellen und anderseits muss im Unterricht sichergestellt werden, dass schwächere Lernende nicht abgehängt und gleichzeitig die stärkeren Lernenden angemessen gefördert werden. Des Weiteren bedarf es einer Verankerung der Handlungskompetenzorientierung in den Schulkulturen, der entsprechenden Aus- und Weiterbildung und der Praxisnähe der Lehrpersonen sowie der Entwicklung geeigneter Lehrmittel. Den Berufsfachschulen verspricht Widmer mehr Mitspracherecht durch deren Einbezug in nationale Gremien. Daneben zeigt er Gestaltungsmöglichkeiten für die Berufsfachschulen auf, und zwar als aktive Treiber und Gestalter der Lernortkooperation, als Kompetenzzentren des digitalen Lehrens und Lernens und als Impulsgeber für neue, innovative Ausbildungsmodelle.

Ausgehend von der Feststellung, dass die Ausrichtung von Bildungsprozessen auf den Erwerb von Kompetenzen in der Berufsbildung unumstritten ist und schon seit langer Zeit Geltung hat, stellt Franz Eberle verschiedene Facetten des Kompetenzbegriffs vor. In seiner Auseinandersetzung mit dem Kompetenzbegriff präferiert Eberle die Definition, wonach Kompetenzen erworbene Dispositionen sind, mit denen unterschiedliche Aufgaben und Lebenssituationen bewältigt werden können. Dazu gehören Wissen und kognitive Fähigkeiten ebenso wie Selbstregulation und sozial-kommunikative Fertigkeiten. Nach knappen Darlegungen zu den Kompetenzfacetten kognitiv/nicht-kognitiv und fachlich/überfachlich, zu Kompetenzmodellen sowie zu Kompetenzen und Interdisziplinarität folgt eine Auseinandersetzung mit dem Konstrukt der allgemeinen Studierfähigkeit. Dabei zeigt Eberle auf, dass allgemeine kognitive und nicht-kognitive Kompetenzen unabdingbare, aber nicht hinreichende Voraussetzungen für die Studierfähigkeit sind. Nötig sind zusätzlich studiengangspezifisches Fachwissen und Fachkönnen. Abschliessend stellt der Autor fest, dass die 4K fürs Lernen wichtig sind, allerdings nicht ausreichen – es braucht immer auch noch die Fachkompetenz.

Nach einer kurzen Darstellung der aktuellen kaufmännischen Grundbildung in der Schweiz beschreibt Nicole Ackermann in ihrem Betrag zunächst die relevanten Neuerungen der Reform «Kaufleute 2022». Zentrales Anliegen der Reform ist die Ausrichtung der Ausbildung an allen drei Lernorten auf die Förderung und Überprüfung der beruflichen Handlungskompetenzen. Damit soll etwas vollzogen werden, was in anderen Berufen schon seit Jahren gilt. Als zentrale Auswirkung der Reform für die kaufmännischen Berufsfachschulen stellt die Autorin vor dem Hintergrund einer knappen theoretischen Auseinandersetzung mit dem Konzept der Handlungskompetenzorientierung in der Ausbildung eine Verschiebung vom Wissenschaftsprinzip zum Situationsprinzip im Bildungsplan der Kaufleute fest. Des Weiteren wird das Verhältnis zwischen der Berufskunde und der Allgemeinbildung neu bestimmt. Im Schlussteil setzt sich Ackermann mit den Implikationen der Reform für die Lehrpersonenbildung auseinander. Sie stellt fest, dass die in der Ausbildung der Kaufleute bis anhin traditionelle Orientierung an herkömmlichen Fachdidaktiken durch die Konzeption einer kaufmännischen Berufsdidaktik ersetzt werden soll.

Lehrerinnen und Lehrer in der Berufsbildung

Die Anerkennung erworbener Kompetenzen ist in der beruflichen Grundbildung in der Schweiz mittlerweile bedeutend geworden, vor allem weil die Förderung des Zugangs von Erwachsenen zu Abschlüssen der Berufsbildung aus Sicht der Steuerungsbehörde bildungspolitische Priorität hat. Markus Maurer zeigt auf, dass heute auch in der Ausbildung von Lehrpersonen die Anerkennung von Bildungsleistungen an Bedeutung gewonnen hat. Dabei wird zwischen drei Formen der Anerkennung unterschieden: Anrechnung von Bildungsleistungen, Validation des Acquis de l’experience und Formation par l’emploi. Ähnlich wie im Bereich der Ausbildung der Lehrpersonen für die obligatorische Schulbildung haben sich in der Ausbildung der Lehrpersonen für die Berufsbildung ebenfalls unterschiedliche Formen der Anerkennung bereits erbrachter Leistungen etabliert. Dies sind die folgenden: Anerkennung mit Blick auf die Zulassung zur Ausbildung, Anerkennung zur individuellen Verkürzung der Ausbildungen und Anerkennung von Berufserfahrung als Lehrperson. Grundsätzlich begrüsst Maurer die Entwicklung solcher Validierungsverfahren, gleichzeitig wirft er ein, dass solche Verfahren besonders auf den Erwerb von Reflexionsfähigkeit und von Kompetenzen im Bereich des Unterrichtshandwerks achten sollten. Ansonsten droht den Berufsfachschullehrpersonen, dass ihr Status der Qualifikationen im Vergleich zu den Abschlüssen der Gymnasiallehrpersonen noch weiter sinkt.

Walter Mahler zeigt vor dem Hintergrund seiner langen Erfahrung in der Weiterbildung von Lehrpersonen in der Sekundarstufe II die Herausforderungen für Weiterbildungsinstitutionen auf und skizziert mögliche Entwicklungen in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen an Berufsfachschulen. Die aktuellen gesellschaftlichen und bildungspolitischen Herausforderungen erfordern von allen eine verstärkte Fokussierung auf lebenslanges Lernen. Die Ausbildung von Lehrpersonen in der beruflichen Bildung, wie immer sie ausgestaltet ist, muss daher stets mit systematischer ständiger Weiterbildung der Lehrpersonen, die über ein Berufsleben fünf- bis zehnmal länger dauert als ihre Ausbildung, ergänzt werden. Und diese Weiterbildung beginnt unmittelbar nach der Diplomübergabe. Als Herausforderungen für die Weiterbildungsinstitutionen erachtet Mahler die Bereitstellung eines Bildungsangebots, das sowohl dem Bedarf des Bildungssystems wie auch den Bedürfnissen der Lehrpersonen gerecht wird, sowie den zunehmenden Spardruck und das unklare Verhältnis zwischen Bund und Kantonen.

In seiner theoretischen Auseinandersetzung zur glaubwürdigen Lehrperson zeigt Martin Berger auf, dass Lehrpersonen nicht aufgrund ihrer Berufsrolle Glaubwürdigkeit gegenüber ihren Lernenden erlangen. Dies hat nicht so sehr mit der Erosion der Reputation des Lehrberufs zu tun, denn die Autorität und mithin die Glaubwürdigkeit der Lehrperson hängt viel stärker von der personalen Performanz innerhalb der Berufsrolle ab. Es sind die über längere Zeit im Unterricht und im sonstigen Umgang mit den Lernenden gezeigten Tugenden und Fähigkeiten einer Lehrperson, die für ihre Glaubwürdigkeit entscheidend sind. Nebst den unterrichtlichen Kompetenzen gehören Aspekte der Lehrerinnen- und Lehrerpersönlichkeit, der Haltung gegenüber den Lernenden und der Beziehung zu ihnen. Neben diesen Kompetenzen spielen Vertrauenswürdigkeit und Fürsorge eine bedeutende Rolle. Abschliessend hält Berger fest: Relevante Fächer machen Lehrpersonen nicht glaubwürdig, vielmehr machen glaubwürdige Lehrpersonen Fächer relevant.

Der Beitrag von Michael Prusse ist der fachdidaktischen Ausbildung im Fach Englisch für Berufsmaturitätslehrpersonen an der PH Zürich gewidmet. Zunächst werden knapp die Entstehung des Studiengangs innerhalb der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung an der PHZH und etwas ausführlicher die Lehrgänge der Berufsmaturität im schweizerischen Berufsbildungssystem vorgestellt. Danach folgt die Darstellung der beiden Fachdidaktikmodule. Der zweite Teil des Beitrags stellt die Ergebnisse einer qualitativen Erhebung zur fachdidaktischen Ausbildung vor. Auf der Basis von Interviews mit Studiengangabsolventinnen stellt Prusse fest, dass die Ausbildungseinheiten die Studierenden relativ gut auf ihre Unterrichtstätigkeit vorbereiteten. Und obwohl gewisse Aspekte bei der Ausbildung kritisch überdacht werden müssen, ist ein berufsmaturitätsspezifischer Studiengang sinnvoll.